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Veröffentlicht am 16.06.2018

Farbenrausch der Gefühle

Der Sommer der blauen Nächte
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Verhaltenstherapeutin Jule Hansen lebt in München und hat gerade mit dem Ende ihrer Beziehung zu kämpfen, als der plötzliche Tod ihrer Mutter, der Künstlerin Marie, sie hart trifft. Für sie und ihren Bruder ...

Verhaltenstherapeutin Jule Hansen lebt in München und hat gerade mit dem Ende ihrer Beziehung zu kämpfen, als der plötzliche Tod ihrer Mutter, der Künstlerin Marie, sie hart trifft. Für sie und ihren Bruder Thomas war Marie immer eine liebe- und aufopferungsvolle Mutter und ihrem Mann eine gute Ehefrau. Jule übersteht die Beerdigung mehr schlecht als recht, denn die letzten Schicksalsschläge beuteln sie doch sehr. Deshalb ist sie auch recht empfänglich für die Avancen, die ihr ein Mann in einer Bar macht und geht darauf ein, um kurz danach doch wieder an ihren eigenen Gefühlen zu zweifeln. Als sie bei der Sichtung von Maries Nachlass Fotos von einem fremden Mann vor der Kulisse Manarolas in Italien findet, wo sie gemeinsam vor langer Zeit den Urlaub verbracht haben, ist Jule völlig durcheinander. Zudem vermisst Jule die blaue Gemäldeserie ihrer Mutter, die Marie immer behalten wollte. Die Bilder sind spurlos verschwunden und Jule will unbedingt herausfinden, was es mit dem Mann auf dem Foto auf sich hat und wo die Gemälde ihrer Mutter sind. Sie hat schon jetzt das Gefühl, ihre Mutter nicht wirklich gekannt zu haben, deshalb macht sie sich, nachdem sie ihren Job gekündigt hat, auf die Reise nach Italien, um auf den Spuren ihrer Mutter zu wandeln und einige Fragen zu klären…
Stefanie Gregg hat mit ihrem Buch „Der Sommer der blauen Nächte“ einen Roman vorgelegt, der zum Nachdenken anregt und gleichzeitig im Leser auch eine Menge Gefühle weckt. Der Schreibstil ist flüssig, dabei farbenfroh und voller Bilder, die sich im Kopf des Lesers regelrecht festsetzen und die Lektüre recht bunt gestalten. Durch die Erwähnung sämtlicher Farbschattierungen fängt die Autorin Stimmungen ein und transportiert sie direkt an den Leser weiter, wodurch sie indirekt auch die jeweilige Stimmung der Situation oder Aussicht wiedergibt. Die Handlung wird aus der Sicht von Jule erzählt, und der Leser darf Jule unsichtbar auf ihren Wegen, bei ihren Gedanken und Gefühlen begleiten, wobei er eine Achterbahn von Emotionen während einer recht abenteuerlichen Reise nach Italien und nach Frankreich erlebt. Durch kleine Einschübe aus der Vergangenheit bekommt der Leser auch Einblick in Maries Gefühlswelt, die einige Dinge klarer werden lassen. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig und vermitteln dem Leser das Gefühl des Vorortseins, um alles mit eigenen Sinnen zu erleben. Der Spannungsbogen ist zuerst recht niedrig angelegt, um dann ab der Mitte des Buches immer weiter anzusteigen. Die Geschichte lässt leider eine tiefere Auseinandersetzung mit Marie und die Beziehung zwischen Jules Eltern im Besonderen vermissen, während sie sich in Allgemeinplätzen verläuft und weniger wichtige Dinge in den Fokus rückt.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften real und mit Leben versehen. Jule ist eine Frau, die unzufrieden und nicht mit sich selbst im Reinen ist. Gleichzeitig wirkt sie unsicher und verwirrt, denn ihr Leben steht Kopf. Die neuen Erkenntnisse über ihre Mutter kann sie nur schwer verkraften, ihre unterschwellige Wut darüber ist ständig zu spüren. Das neugewonnene Wissen lässt Jule auch an sich selbst zweifeln und zwingt sie dazu, über ihr eigenes Leben nachzudenken und Weichen für die Zukunft zu stellen bzw. neue Wege einzuschlagen oder alte Verhaltensmuster abzulegen. Marie ist eine Frau, die immer für ihre Familie da war, doch sich insgeheim nach etwas anderem sehnte, was auf andere wie Melancholie wirkte. Sie war zwar egoistisch in Bezug auf ihre Kunst, aber auch hingebungsvoll und immer da, wenn sie gebraucht wurde. Gleichzeitig versagte sie sich eine Liebe, die sie von ihrer Familie getrennt hätte, um ein Leben lang darunter zu leiden. Auch die übrigen Protagonisten können durchaus mit ihrem Erscheinen überzeugen und beleben die Handlung.
„Der Sommer der blauen Nächte“ ist ein nachdenklich stimmender und gefühlvoller Familien- und Liebesroman, der vor allem durch seine wunderschöne Sprache besticht. Die Handlung kann allerdings nicht restlos überzeugen, da wichtige Dinge ungesagt bleiben, um Nebensächlichkeiten Platz zu machen. Deshalb gibt es hier nur eine eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 28.05.2018

Unsichtbare Worte

Die Worte, die das Leben schreibt
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Die junge Litauerin Magdalena ist mit ihrer Freundin Lina nach London gezogen, um ihrem Leben eine neue Wendung zu geben und gleichzeitig ihrer Gabe davonzulaufen, denn sie sieht Botschaften auf der Haut ...

Die junge Litauerin Magdalena ist mit ihrer Freundin Lina nach London gezogen, um ihrem Leben eine neue Wendung zu geben und gleichzeitig ihrer Gabe davonzulaufen, denn sie sieht Botschaften auf der Haut der Menschen um sie herum, die ihr einen Sicht auf deren Schicksal geben. Magdalena fühlt sich von dieser Gabe regelrecht überfordert und will sie nicht, setzt es sie doch irgendwie unter Druck und liefert ihr gleichzeitig Informationen, die sie belasten und die sie gar nicht wissen will. Schon das allein führt dazu, dass Magdalena sich regelrecht fürchtet, Menschen anzusehen. Als sie zufällig auf den Studenten Neil trifft, liest sie überraschenderweise ihren eigenen Namen in seinem Gesicht. Aber auch sie hinterlässt bei Neil einen bleibenden Eindruck, denn er kann sie nicht aus dem Kopf kriegen und fängt an, nach ihr zu suchen. Dabei wollte er doch eigentlich seinem Vater Richard endlich das Weihnachtsgeschenk vorbeibringen. Doch auch Richard hat gerade eine Aufgabe, denn er ist in Paris auf der Suche nach der Wahrheit über seine 1954 verstorbene Mutter, die ihn schon als Kind verlassen hat. Drei Menschen, deren Schicksal irgendwie zusammenhängt…
Adelia Saunders hat mit ihrem Buch „Die Worte, die das Leben schreibt“ einen interessanten Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist poetisch, voller Metaphern und gleichsam gefühlvoll, der Leser kann hier nicht einfach so drüber weglesen, sondern muss sich konzentriert auf die Lektüre einlassen, um bloß kein Detail zu verpassen. Die Geschichte setzt sich aus drei verschiedenen Perspektiven zusammen, die irgendwann ineinanderfließen. So bekommt der Leser nicht nur Magdalenas Lebensgeschichte, ihre Gefühle und Gedanken auf dem Tablett serviert, sondern darf darüber hinaus Neil und Richard ebenso begleiten und sie näher kennenlernen. Gleichzeitig offeriert die Autorin dem Leser eine Reise nach Vilnius, London, Paris und zum Jakobsweg, die alle durchaus ihre Berechtigung haben, um die Handlung zu verstehen. Schwieriger zu handhaben sind die teilweise doch recht extremen Zeitsprünge der Autorin innerhalb der Handlung, die für den Leser oftmals erst einmal so gar keinen Sinn ergeben, was auch gehörig Verwirrung stiftet und man sich dabei ertappt, so manchen Abschnitt nochmals zu lesen um des besseren Verständnisses willen, was die Lesefreude dadurch dämpft. Auch das offene Ende und die vielen nicht beantworteten Fragen lassen einen etwas unbefriedigt zurück.
Die Charaktere wurden von der Autorin sehr unterschiedlich ausgearbeitet, wobei sie mehr Wert auf die emotionale Ebene gelegt hat, denn sie lässt den Leser die Protagonisten hauptsächlich über deren Gefühlswelt kennenlernen. Jedoch fällt es schwer, während der Lektüre eine gewisse Beziehung und Bindung zu ihnen aufzubauen, sie bleiben irgendwie fremd. Magdalena ist eine junge Frau, die einem nicht gerade Sympathien entlockt. Sie hat schon einige Schicksalsschläge durchmachen müssen, doch ihr Handeln ist oft nicht nachvollziehbar und auch ihr Auftreten wirkt oftmals geradezu arrogant und unhöflich. Sie steht ihren Mitmenschen sehr misstrauisch gegenüber, was wohl auch ihrer Angst in Bezug auf ihr besonderes Talent zuzuschreiben ist, worüber aber leider viel zu wenig zu erfahren war. Neal ist der normale Student, der sich etwas von seiner Familie entfernt hat. Er ist zurückhalten und wirkt manchmal wie ein Chaot, doch insgesamt bliebt er eher etwas nebulös. Richard ist ein pensionierter Lehrer und Neals Vater. Er ist ein netter Mann, der etwas verschroben und verwirrt, dabei von allem aber am menschlichsten wirkt.
„Die Worte, die das Leben schreibt“ ist ein Roman zum einen über eine Familiengeschichte, aber auch über das Suchen: nach der Wahrheit, nach etwas Besonderem, nach sich selbst und nach dem Sinn des Lebens. Aufgrund der vielen offen gebliebenen Fragen, dem unbefriedigenden Ende und die doch sehr sprunghaft erzählte Handlung gibt es hier nur eine eingeschränkte Leseempfehlung. Da wäre mehr drin gewesen!

Veröffentlicht am 11.05.2018

Brautparadies in Cornwall

Der kleine Brautladen am Strand
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Poppy Pickering ist eine leidenschaftliche Bäckerin und wohnt allein in einer kleinen Dachwohnung direkt über dem örtlichen Brautgeschäft „Brides by the sea“ in Cornwall, wo sich alle Frauen kurz vor ihrer ...

Poppy Pickering ist eine leidenschaftliche Bäckerin und wohnt allein in einer kleinen Dachwohnung direkt über dem örtlichen Brautgeschäft „Brides by the sea“ in Cornwall, wo sich alle Frauen kurz vor ihrer Hochzeit einfinden, um sich alles für den schönsten Tag ihres Lebens auszusuchen. Doch dann gibt es einen Notfall, denn die Hochzeitsplanerin lässt Poppys Freundin Cate hängen. Ein Fall für Poppy, die sofort einspringt, um Cate einen unvergesslichen Tag zu bescheren. Leider ist es nicht so leicht wie gedacht, denn die Hochzeit soll auf einer Farm stattfinden und der Besitzer Rafe ist alles andere als ein umgänglicher Zeitgenosse. Poppy läuft mit ihrer freundlichen und netten Art bei Rafe gegen eine Wand und macht es ihr immer wieder schwer, ihre gute Laune zu behalten. Aber mit Hilfe von guten Freunden gewinnt die Planung immer mehr an Kontur. Blöd nur, dass ausgerechnet jetzt Rafe so anhänglich wird, was ist mit dem los?
Jane Linfoot hat mit ihrem Buch „Der kleine Brautladen am Strand“ den ersten Teil ihrer „Wedding-Shop“-Reihe vorgelegt, einen herzerfrischenden und humorvollen Roman. Der Schreibstil ist flüssig, locker-flockig und gut zu lesen. Kurzerhand findet sich der Leser in Poppys Welt wieder, die sich um das Kreieren von Hochzeitstorten dreht und in der sie oftmals als „Feuerwehr für Notfälle“ bei ihren Freunden agiert. Gleichzeitig erfährt man alles über das Brautmodengeschäft und die Wünsche der zukünftigen Ehefrauen, aber vor allem taucht der Leser ein in eine wunderbare Gemeinschaft von Freunden, die sich gegenseitig unter die Arme greifen und in jeder erdenklichen Situation unterstützen. Die Beschreibungen von Cornwall und auch des Brautladens sind so plastisch und farbenfroh, dass der Leser sich alles wunderbar vor dem inneren Auge vorstellen kann. Viele Dinge sind zwar vorhersehbar, tun der Geschichte aber keinen Abbruch. Einige Verwicklungen und Überraschungen sorgen für ein wenig Chaos, was durchaus seinen eigenen Charme hat.
Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und besitzen aufgrund ihrer individuellen Ecken und Kanten Persönlichkeit. Poppy ist eine sympathische Frau mit viel Kreativität und Eigenwillen. Sie ist hilfsbereit und besitzt ein fröhliches einnehmendes Wesen, was sie schnell Freunde finden lässt, die ihr ebenfalls allzeit zur Seite stehen. Sie hat ziemlich mit einer Trennung zu kämpfen und hält sich von Männern erst einmal fern, was sie sehr menschlich erscheinen lässt. In Immie und Cate hat Poppy wahre Freundinnen gefunden, die ihr immer beistehen. Dazu gehört auch der etwas exzentrische Fotograf Jules. Rafe ist ein attraktiver Mann, der allerdings ständig schlecht gelaunt zu sein scheint. Er ist wortkarg und nicht leicht zu handhaben. Die weiteren Protagonisten bereichern die Handlung durch kleine Episoden ebenso.
„Der kleine Brautladen am Strand“ ist ein lustig-flockiger Frauenroman über Freundschaft, Liebe und andere Schwierigkeiten. Keine besonders ausgefallene Story, aber für den Urlaub nett zu lesen. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 06.05.2018

Schicksalshafte Kindheit

Die letzten Tage meiner Kindheit
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April 1939. Am letzten Tag des Spanischen Bürgerkriegs wird die Mutter des achtjährigen Lluc vor seinen Augen erschossen. Da Lluc sonst keine Familie mehr hat, kommt er in einem kleinen Ort bei Senyora ...

April 1939. Am letzten Tag des Spanischen Bürgerkriegs wird die Mutter des achtjährigen Lluc vor seinen Augen erschossen. Da Lluc sonst keine Familie mehr hat, kommt er in einem kleinen Ort bei Senyora Stendal und ihrem Sohn Dani unter, die fortan seine neue Familie sind. Senyora Stendal behandelt Lluc wie ihren eigenen Sohn, auch Dani wird für Lluc schnell zu einem engen Freund und Vertrauten, bei dem er sich sicher und geborgen fühlt. Eines Tages verschwindet Dani spurlos und Lluc verliert erneut sein gerade gewonnenes Zuhause, um in einem Internat zu wohnen. Da er keine Familie und kein Geld hat, gehört er dort der niederen Gruppe an, die ihren Platz durch harte Arbeit sichern müssen. Der Krieg um ihn herum und die politische Lage reißen ihn immer wieder aus gerade gewonnener Sicherheit. So beschließt Lluc, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und geht in den Untergrund, um gegen Franco zu kämpfen. Er erhofft sich, endlich irgendwo dazuzugehören und für etwas zu kämpfen, dass sich lohnt: die Freiheit.
Rafel Nadal hat mit seinem Buch „Die letzten Tage meiner Kindheit“ einen eindrucksvollen und gefühlvollen historischen Roman vorgelegt, der vor der Kulisse des Spanischen Bürgerkrieges und vor allem während des Franco-Regimes stattfindet. Der Schreibstil ist detailliert und verlangt Aufmerksamkeit und Konzentration vom Leser, um all den politischen Details während der Handlung folgen zu können. Der Autor hat den historischen Hintergrund gut recherchiert, er dient gleichzeitig der Geschichte, um die verzweifelte Lage der Menschen zur damaligen Zeit aufzuzeigen und wie es vielen Familien und Angehörigen ging, die alles verloren haben, um sich in einer zerrissenen Welt wiederzufinden und ständig in Angst zu leben, darauf bedacht, bloß kein falsches Wort oder eine falsche Ansicht preis zu geben. Die Geschichte wird rückblickend von Lluc erzählt, der sich 1990 Erinnerungen hingibt.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Lluc ist noch ein kleiner Junge, als er seine Mutter verliert und sein Leben fortan immer wieder vom Schicksal gebeutelt wird durch die Auswirkungen des Krieges und durch verbotene politische Gesinnungen, die die Verfolgung und Inhaftierung derjenigen zur Folge hatte. Freiheit im Denken und Handeln gab es zur damaligen Zeit im Franco-Regime nicht, sondern nur Unterdrückung und Diktatur. Lluc muss früh erwachsen werden, denn auch seine Pflegefamilie verliert er und muss sich dann allein durchs Leben schlagen. Die ständigen Rückschläge und Verluste lassen ihn hart werden, aber auch mutig und kämpferisch, so dass es nur eine logische Folgerung ist, in den Untergrund zu gehen, um sein Leben dem Freiheitskampf zu verschreiben. Die Entwicklung von Lluc während der gesamten Geschichte ist sehr schön zu beobachten.
„Die letzten Tage meiner Kindheit“ ist ein eindringlicher Roman über die Zeit während der Franco-Diktatur und über eine Kindheit und Jugend, die niemals eine war. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 05.05.2018

Lebensbilanz auf Sizilien

Die Lichter unter uns
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Für Anna, Ehemann Jo und die Kinder Bruno und Judith steht ein gemeinsamer Urlaub in Taormina auf Sizilien an. Dort wollen sie abschalten und ihre Sorgen hinter sich lassen, die ihnen das tägliche Miteinander ...

Für Anna, Ehemann Jo und die Kinder Bruno und Judith steht ein gemeinsamer Urlaub in Taormina auf Sizilien an. Dort wollen sie abschalten und ihre Sorgen hinter sich lassen, die ihnen das tägliche Miteinander schwer machen. An jenem Ort war Anna nach ihrer Hochzeit mit ihrem Mann in den Flitterwochen. Doch kaum sind sie dort angekommen, verfällt Anna ins Grübeln, stellt sie doch Überlegungen an, was von ihren damaligen Träumen und Plänen Wahrheit geworden ist und was in all den Jahren auf der Strecke geblieben ist. Eines Tages lernt sie Alexander kennen, der so unbeschwert sein Leben genießt zusammen mit seinem Sohn und seiner Freundin Zoe, die mit dem gemeinsamen Kind schwanger ist. Anna verfällt immer mehr in eine Sinnkrise und macht es dadurch gleichzeitig ihrer Familie schwer, die Ferien als Auszeit zu genießen. Wird sich Anna wieder fangen und ihrem Leben eine neue Chance geben?
Verena Carl hat mit ihrem Buch „Die Lichter unter uns“ einen recht komplizierten Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und teilweise sogar melancholisch zu nennen, fängt er doch die Grundstimmung des Grübelns und die Selbstzweifel der Protagonisten auf. Allerdings kann die Handlung nicht richtig fesseln aufgrund der Oberflächlichkeit in der Ausarbeitung, wodurch sich schnell Langeweile einstellt. Durch die wechselnden Erzählperspektiven erfährt der Leser viel über das Gefühlsleben von Anna und ihre Frustration in Bezug auf das Leben, das sie führt sowie über Alexander und dessen Familienleben, wobei der Leser immer auf Distanz bleibt. Aufgrund von Reflexionen erfährt man auch einiges aus der Vergangenheit der Charaktere. Anstatt den Urlaub wirklich als Ferien zu betrachten, verfallen die Protagonisten in eine regelrechte Sinnkrise oder geben Dinge vor, die nicht so sind. Einzig die stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen des Urlaubsortes auf Sizilien können überzeugen und spiegeln ein wenig die Ferienstimmung wieder.
Die Charaktere sind recht schlicht gehalten, sollen sie doch alltägliche Personen darstellen, mit denen sich der Leser identifizieren kann, was leider gar nicht gut gelingt. Keiner von ihnen strahlt viel Sympathie aus, so dass man sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen kann. Anna ist Mitte Vierzig und mit ihrem Leben unzufrieden, sie wirkt ständig genervt von Mann und Kindern und wünscht sich, aus allem ausbrechen zu können. Gleichzeitig hinterlässt sie das Bild einer missgünstigen Frau, die anderen ihr Glück neidet. Die Blicke eines fremden Mannes lassen ihr Herz höher schlagen und sich erniedrigen, nur um dieses Kribbeln nochmals zu empfinden. Ehemann Jo ist ein Langweiler, der ständig im Netz unterwegs ist, sich allerdings rührend um die gemeinsame Tochter kümmert. Er lebt selbst ein unehrliches Leben, denn er wagt nicht, zu dem zu stehen, wer er ist. Alexander ist ein erfolgreicher Anwalt, der auf andere selbstsicher und unbeschwert wirkt. Aber insgeheim fürchtet er sich vor dem Altern und auch sonst ist in seiner Familie nicht alles zum Besten bestellt.
„Die Lichter unter uns“ ist ein Roman mit wenig sympathischen Charakteren und zähem Handlungsverlauf. Durch die durchweg hadernden und frustrierten Gefühlswelten der Protagonisten wird das Gefühl von etwas Harmonie und Feriengefühl übermächtig und das Ende des Buches regelrecht herbeigesehnt. Nicht für jeden geeignet, deshalb eine eingeschränkte Leseempfehlung.