Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.11.2020

Gefährliche Kettenreaktion

Die Farbe von Glück
0

Nach einigen Fehlgeburten haben Richter Jules und seine Frau endlich den langersehnten Nachwuchs bekommen, doch das kleine Mädchen ist schwerkrank. In seiner Verzweiflung übertritt der Richter eine ethische ...

Nach einigen Fehlgeburten haben Richter Jules und seine Frau endlich den langersehnten Nachwuchs bekommen, doch das kleine Mädchen ist schwerkrank. In seiner Verzweiflung übertritt der Richter eine ethische Grenze und erpresst die für die Neugeborenen zuständige Krankenschwester Charlotte, das kranke Baby gegen ein gesundes auszutauschen. Charlotte hat dem verwaisten Jungen Antoine als Pflegemutter ein Zuhause gegeben und liebt diesen abgöttisch. Die Drohung des Richters, ihr den Jungen wegzunehmen, zwingt sie dazu, seinem Drängen nachzugeben, um nur ja nicht ihren eigenen Pflegesohn zu verlieren. Während Jules‘ Frau überglücklich über das Baby ist, ringen sowohl der Richter als auch Charlotte mit ihrer Tat und suchen eine Lösung aus dem Dilemma, um Frieden zu finden…
Clara Maria Bagus hat mit „Die Farbe von Glück“ die Frage in den Raum gestellt, welche Auswirkungen einmal gefällte weitreichende Entscheidungen auf das eigene Leben haben und wie man mit diesen zurechtkommt, wenn einem ständig das Gewissen dazwischenkommt. Der sprachlich anspruchsvolle und mit vielen Lebensweisheiten gespickte Erzählstil nimmt den Leser direkt mit ins Geschehen, wo er nacheinander alle wichtigen Protagonisten kennenlernt. Erst im Verlauf der Handlung wird er die tiefgreifende Kettenreaktion erkennen, die das Leben aller von Grund auf verändert und sie gleichzeitig auf ewig alle miteinander verbindet, ob sie wollen oder nicht. Schon die Tatsache, seine Macht zu missbrauchen, um die Erfüllung seines eigenen Glücks mit Hilfe fragwürdiger und unethischer Anforderungen an andere zu erlangen ohne Rücksicht darauf, was jene dabei empfinden bzw. diese in ein seelisches Dilemma zu stürzen, ist mehr als fragwürdig. Hier wird die erste Schuld, nämlich die Erpressung, zum Auslöser einer Folge von Ereignissen, die sämtliche Beteiligten ins Unglück stürzen, denn der Gedanke an ihre jeweilige Tat plagt auf Dauer ihr Gewissen, lässt sich weder ignorieren noch verdrängen. So wird die Tat lebensbestimmend und wirft seine Schatten auf das, was danach kommt, während Gefühle wie Freude, Glück und Zufriedenheit nicht mehr stattfinden. Was man zu sehr begehrt und unter fragwürdigen Handlungen erhalten hat, kann einem kein Glück bringen, auch wenn man es sich noch zu sehr einzureden versucht. Ganz im Gegenteil wird das so Erreichte zu einem selbstauferlegten Fluch, den man sein Lebtag nicht mehr loswird und fortan das ganze restliche Leben bestimmt. Das Einbringen von Magie und Übersinnlichem war völlig unnötig und hat der Geschichte eher geschadet. Auch die Vorgänge zum Ende des Buches waren völlig überzogen und wenig glaubwürdig.
Die Charaktere wurden unglücklicherweise nicht sehr gut herausgearbeitet, bleiben farblos, emotionslos und fremd, so dass der Leser die gesamte Geschichte eher mit Abstand betrachtet und aufgrund der fehlenden Nähe wenig eigenes Gefühl investieren kann. Weder Jules, Louise, Florentine noch Marlene wachsen einem ans Herz. Am meisten kann der Leser noch mit Charlotte und Antoine mitfühlen, wobei auch sie eher oberflächlich gezeichnet sind.
„Die Farbe von Glück“ verspricht viel und hält leider wenig. Die Geschichte ist zwar interessant, jedoch fehlt es ihr an den dafür nötigen Emotionen. Die eingestreuten Lebensweisheiten haben durchaus ihre Berechtigung, aber in dieser Anhäufung wirken sie mehr gewollt als gekonnt. Zudem bewirken die blassen und unnahbaren Protagonisten kein Wohlgefühl bei der Lektüre. Keine Empfehlung, schade!

Veröffentlicht am 09.09.2020

Keine Geschichte von bleibendem Wert

Weil alles jetzt beginnt
0

Die 32-jährige Evvie Drake hat endlich den Mut aufgebracht, ihren Sachen zusammengepackt und will aus dem Leben ihres Mannes verschwinden, als sie durch einen Anruf erfährt, dass ihr Ehemann, der allseits ...

Die 32-jährige Evvie Drake hat endlich den Mut aufgebracht, ihren Sachen zusammengepackt und will aus dem Leben ihres Mannes verschwinden, als sie durch einen Anruf erfährt, dass ihr Ehemann, der allseits beliebte Arzt Timothy Christopher Drake, bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt ist. Evvie steht unter Schock, kommt es ihr doch wie es eine grausame Fügung des Schicksals vor. Während alle Welt denkt, Evvie trauere um ihren geliebten Mann, zieht diese sich immer mehr zurück und lässt nur noch ihren besten Freund Andy Buck an sich heran. Sein Vorschlag ist es auch, dass Evvie den ehemaligen Baseballstar Dean Tenney als Untermieter bei sich aufnimmt. Dean muss sich über den weiteren Verlauf seines Lebens klar werden und braucht dafür etwas Abgeschiedenheit. Evvie lässt Dean bei sich einziehen, die einzige Regel zwischen den beiden ist, dass sie sich nicht über ihre jeweiligen Probleme austauschen. Doch wie das mit Regeln so ist: sie sind schnell gebrochen, während Evvie und Dean sich immer näher kommen….
Linda Holmes hat mit „Weil alles jetzt beginnt“ einen ganz unterhaltsamen Roman vorgelegt, der eine emotionale und tiefgründige Geschichte verspricht, dies allerdings nicht halten kann. Der flüssige, gefühlvolle und teils humorige Schreibstil ermöglicht dem Leser zwar einen schnellen Eintritt in die Handlung, jedoch ist der Spannungsverlauf so niedrig angelegt, was schnell Langatmigkeit aufkommen lässt und zum Querlesen verleitet. Die immer wieder auftauchende Wiederholungen tun ihr Übriges dazu. Was als wohl als hochemotionale Geschichte mit Taschentuchalarm geplant war, entpuppt sich leider als kurzweilige, oberflächliche Lektüre, die man schnell abgehakt hat. Dabei hat die Autorin durchaus Themen parat, die es verdient hätten, tiefgründiger abgehandelt zu werden und so der Geschichte durchaus mehr Wert zu verleihen. Dinge einen übermächtigen Ehemann, der seine Frau unterdrückt und seine Macht ausspielt, oder das Belügen der Außenwelt werden hier nur kurz angerissen und hätten eigentlich mehr Raum einnehmen können, um die Geschichte glaubwürdiger und greifbarer zu machen. So bleibt es leider nur bei einer halbwegs durchschnittlichen Handlung, die keine besonderen Merkmale aufweist.
Auch die Charaktere sind in ihrer Ausgestaltung nicht so überzeugend, sie weisen zwar menschliche Ecken und Kanten auf, bleiben für dem Leser aber eher fremd, was das Mitfiebern und Mitfühlen nicht eben erleichtert. Evvie hat nicht nur einen Schicksalsschlag hinter sich, sondern schon vorher einiges ertragen müssen, so dass sie sich in sich zurückgezogen hat und ihrer Umwelt nur eine Fassade zeigt. Zudem neigt sie zum Klammern und suhlt sich auch etwas in ihrem eigenen Drama, was sie wenig anziehend wirken lässt, weil sie so saft- und kraftlos ist. Dean ist ein netter Kerl, der daran zu knabbern hat, dass seine Karriere ein so plötzliches Ende genommen hat. Er muss sich überlegen, wie es mit ihm weitergehen soll, aber er strahlt wenigstens etwas Lebensfreude aus. Evvies Freund Andy ist ein wirklicher Freund, auf den man sich verlassen kann. Auch seine Freundin Lori hat mehr Eindruck hinterlassen als die beiden Hauptprotagonisten.
„Weil alles jetzt beginnt“ ist ein halbgarer Liebesroman mit einer Story ohne Spannungsmomente oder Tiefgang. Die Geschichte ist zwar einigermaßen unterhaltsam, reicht aber nur zum Lückenfüller ohne bleibende Erinnerungsmomente, leider.

Veröffentlicht am 17.08.2020

​"Too much monkey business" (C. Berry)

Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens
0

1979/80 New York City. Nachdem sein Vater, der berühmte Late-Night-Talkshow-Moderator Buddy Winter, vor laufenden Kameras einen Nervenzusammenbruch erlitten hat und als Folge davon die Sendung eingestampft ...

1979/80 New York City. Nachdem sein Vater, der berühmte Late-Night-Talkshow-Moderator Buddy Winter, vor laufenden Kameras einen Nervenzusammenbruch erlitten hat und als Folge davon die Sendung eingestampft wurde, soll Anton seinem Vater nun bei der Wiederbelebung dessen Karriere auf die Füsse helfen. Anton, der sich gerade von einer Malariaerkrankung erholt, hat nun viel Zeit und Muße, sich um seinen Vater zu kümmern. Aufgrund der Tatsache, dass die Winters im Dakota Building wohnen, wo auch John Lennon nebst Frau Yoko Ono ihr Domizil haben, reift die Idee, den Karrierepush von Buddy Winter und seiner Show mit einer Beatles-Reunion voranzutreiben. Tatsächlich sind John Lennon und Paul McCartney von der Idee angetan, aber es kommt doch immer anders, als man geplant hat...

Tom Barbash hat mit „Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der die guten 80er wieder aus der Versenkung hervorholt und sich so einiger Klischees bedient, die die Geschichte am Laufen halten. Der Erzählstil ist gewöhnungsbedürftig, lässt die Geschehnisse aus der Sicht von Anton am Leser vorbeiziehen, ohne diesen direkt mit in die Handlung hineinzuziehen. Zu sehr ist Barbash damit beschäftigt, mit großen Namen um sich zu wedeln und seiner Geschichte einen etwas amüsanten Anstrich zu geben, was ihm leider nur mittelmäßig gelingt und zu ausschweifend und detailverliebt sind seine Ausführungen, die den Leser schnell in die Langeweile treiben. Die schwierige Beziehung zwischen Vater Buddy und Sohn Anton wird zwar auch thematisiert, jedoch eher oberflächlich abgehandelt, während er auf die Nostalgieschiene setzt und den Leser eher mit den Beatles faszinieren will, was jedoch ebenfalls eher ein Fehlgriff ist. Auch wenn Barbash die alten Beatles-Klassiker aus der Trickkiste freisetzt und mit politischen sowie gesellschaftlichen Ereignissen den damaligen Zeitgeist heraufbeschwören will, gleicht seine Geschichte einem wackeligen Konstrukt, ohne wirklich Hand und Fuß zu haben und kann den Leser weder an die Seiten fesseln noch ihn von sich überzeugen, zumal auch die Spannung hier völlig fehlt.

Die Charaktere sind simpel gestrickt, ihnen fehlt das gewisse Etwas, um den Leser an sich zu binden und sie mitzureißen. So bleibt er nur ein Beobachter von Protagonisten, die nicht nur um ihre oberflächliche Karriere bangen, sondern sich auch sonst eher wenig zu sagen haben. Anton wirkt wie ein netter Kerl, der versucht, genügend Abstand zu seinem übermächtigen Vater zu finden, sich jedoch auch um ihn sorgt, als es diesem schlecht geht. Eine Zwickmühle, die merkwürdige Blüten treibt. Buddy ist ein extrovertierter Mann, der sein Leben in der Öffentlichkeit liebt und den das Karriereende Angst einjagt. John Lennon wird nicht als Übermensch und Ikone dargestellt, sondern als ganz normaler Hausbewohner, der im Aufzug mit seinen Nachbarn ein normales Gespräch führt. Das war schon fast sympathisch und einer der wenigen Lichtblicke der Handlung. Weitere Protagonisten ziehen wie eine Karawane durch die Geschichte, ohne bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

„Mein Vater, John Lennon und das beste Jahr unseres Lebens“ ist ein Roman, der keinen bleibenden Eindruck hinterlässt, wirkt er doch zu unausgegoren und unfertig, das plötzliche Ende zeugt davon. Hier wurde zuviel gewollt und wenig gekonnt, schade. Keine Empfehlung!

Veröffentlicht am 16.08.2020

Reicht gerade so als Lückenfüller

So schreibt man Liebe
0

Über die Jahre hat sich 26-jährige Meg eine Karriere als Handlettering-Künsterin aufgebaut und ist mit Hilfe eines Zeitungsartikels in New York gefragt wie nie. Bei der Gestaltung von Schriftstücken und ...

Über die Jahre hat sich 26-jährige Meg eine Karriere als Handlettering-Künsterin aufgebaut und ist mit Hilfe eines Zeitungsartikels in New York gefragt wie nie. Bei der Gestaltung von Schriftstücken und Auftragsarbeiten hat sie sich zur Gewohnheit gemacht, kleine versteckte Botschaften zu hinterlassen. So auch bei dem Hochzeitsprogramm für ein junges Paar. Nach längerer Zeit steht plötzlich der ehemalige Kunde und damalige Bräutigam Reid in der Papeterie und konfrontiert sie damit, dass er ihre Botschaft entdeckt hat und die Hochzeit geplatzt ist. Meg sieht schon ihre Karriere den Bach runtergehen, aber dann kommen sie und Reid sich langsam immer näher...

Kate Clayborn hat mit „So schreibt man Liebe“ ihr Debüt vorgelegt und einen Liebesroman vorgelegt, der sich aufgrund des flüssig-leichten und gefühlvollen Erzählstils recht unterhaltsam und kurzweilig lesen lässt. Der Leser heftet sich an Megs Fersen und erlebt die Geschichte aus ihrer Sicht. Die Autorin hat eine recht seichte Liebesgeschichte verfasst, die viel zu vorhersehbar und ohne jegliche Spannung auskommen muss. Dafür ergeht sich sich ausufernd und detailverliebt in der recht ausführlichen Beschreibung über das Handlettering, so dass der Leser oftmals versucht ist, das Buch vorzeitig zu beenden. Überhaut wirkt die gesamte Handlung sehr konsturiert und unwirklich, im wirklichen Leben geht es einfach anders zu. Gegen Märchen und Happy Ends hat niemand etwas, doch sollte die Geschichte spritzig, würzig oder überraschend sein. All dies trifft hier leider so gar nicht zu. Auch die Annäherung der beiden Protagonisten wirkt merkwürdig und irgendwie unbeholfen, so dass das Gefühl für eine romantische Liebesgeschichte schnell verloren geht, hat man doch eher den Eindruck, zwei Teenager vor dem ersten Date zu erleben anstatt erwachsene Menschen.

Die Charaktere sind auch recht eindimensional gestrickt, eine Annäherung an sie fällt dem Leser schwer, er steht mehr oder weniger am Rand, um sie zu beobachten. Meg ist eine völlig verkopfte Frau, die jeden Buchstaben dreißig mal umdreht und jeden Gedanken immer wieder aufs Neue zerlegt und verdreht. Manchmal wirkt sie humorvoll und offen, doch meist kommt sie unsicher und irgendwie gehemmt rüber, zu sehr in ihrer eigenen Gedankenwelt verhaftet, als dass sie die Realität wahrnehmen würde. Reid ist ein Mathegenie, der eher wie ein Elefant im Porzellanladen wirkt. Nüchtern und distanziert betrachtet er die Welt, lässt die Menschen kaum seine richtige Natur erkennen. Aber auch Sibby und weitere Protagonisten haben ihren Auftritt in dieser Geschichte, können sie aber mit ihren Auftritten nicht groß anheben.

„So schreibt man Liebe“ ist eine seichte Liebeskomödie, die sich zwischendurch gut konsumieren lässt, aber kaum im Gedächtnis bleibt, weil es ihr an Tiefe und Realitätssinn mangelt. Verschenktes Potential, keine Empfehlung!

Veröffentlicht am 09.08.2020

Chance verpasst

Margherita
0

1920 Treviso. Die 25-jährige Margherita Trimble lebt mit ihren Schwestern und ihrer Mutter in einfachsten Verhältnissen, als sie den Weg des 36-jährigen adligen Diplomaten Giovanni Antonio Giuseppe Filippo ...

1920 Treviso. Die 25-jährige Margherita Trimble lebt mit ihren Schwestern und ihrer Mutter in einfachsten Verhältnissen, als sie den Weg des 36-jährigen adligen Diplomaten Giovanni Antonio Giuseppe Filippo Maria Revedin Marquis di San Martino, genannt Antonio, kreuzt. Nach einem halben Jahr Paris, in dem sie nicht nur die nötigen Umgangsformen erlernt, sondern auch auf einige namhafte Künstler trifft steigt Margherita durch eine Heirat mit Antonio in die höchsten Gesellschaftskreise auf. Die adlige Verwandtschaft rümpft bei der Eheschließung der beiden die Nase, denn die Braut wird als nicht standesgemäß erachtet. Derweil bezieht das junge Paar einen venezianischen Palazzo, wo Margherita sich bald ihre Bekanntschaft mit den Künstlern wie Jean Patou, Coco Chanel, Peggy Guggenheim oder Pablo Picasso zunutze macht, um Venedig als Dreh- und Angelpunkt für große gesellschaftliche Ereignisse zu machen…
Jana Revedin hat mit „Margherita“ einen historischen sowie biografischen Roman über die Großmutter ihres Ehemannes vorgelegt, der nicht nur unterhaltsam ist, sondern eine fast vergessenen Persönlichkeit wieder zum Leben erweckt, um ihr Tribut zu zollen für ihr Lebenswerk. Der pragmatisch-kühle und sehr detailverliebte Schreibstil ist für den Leser eine echte Herausforderung, die Geschichte bis zum Ende durchzuhalten, zu oft verliert die Autorin sich in Nichtigkeiten und streift die wirklich wichtigen Informationen nur am Rande. Auch den Zugang zu Margherita findet man als Leser leider gar nicht, obwohl die Handlung aus ihrer Perspektive geschildert wird, es kommt einfach viel zu wenig Gefühl zum Einsatz. Deshalb bleibt Margherita für den Leser fremd und unnahbar. Revedin gelingt es weder, ihrer Protagonistin ein Herz zu geben noch die Stadt Venedig auf wundervolle Art und Weise vor dem inneren Auge des Lesers entstehen zu lassen. Die Aneinanderreihung von wichtigen belegten Persönlichkeiten wirkt eher wie Aufschneiderei als das Gefolge einer Mäzenin. Auch wichtige Stationen wie die ersten Filmfestspiele 1932 finden nur kurz Erwähnung und spielen weiter keinerlei Rolle. Gerade ein biografischer Roman lebt von den Tätigkeiten der Persönlichkeit, das geht hier leider völlig unter. Dafür wird mehr Wert auf das Privatleben von Margherita gelegt, damit kann man ihr kein Denkmal erschaffen, denn viele Menschen werden vom Schicksal gebeutelt und raffen sich wieder auf. Die Vermengung von Fiktion und Realität ist fließend, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass man von Margherita am Ende auch nicht mehr weiß als zuvor.
Mit ihren Charakteren konnte die Autorin auch keine Punktlandung hinlegen. Sie alle wirken durchweg oberflächlich und farblos, so dass sie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Zudem fehlt die Nähe zum Leser, der hier nur als Beobachter fungieren darf. Durch die eher unpersönliche wie nichtssagende Schilderung wird dem Leser sowohl Mitfühlen als auch Mitfiebern verwehrt. Margherita wirkt wie Aschenputtel, das seinen Prinzen gefunden hat. Im Märchen heißt es dann jedoch „sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Ende“, was bei Margherita nicht der Fall ist. Revedin konnte ihr weder Charisma noch eine besondere Persönlichkeit verleihen, so dass man als Leser über diese 08/15-Entwicklung doch sehr enttäuscht ist.
„Margherita“ war wahrscheinlich als Homage für eine Frau gedacht, die sich um die Kunstszene ebenso verdient gemacht hat wie um den Einfluss, den Venedig in der internationalen Künstlerwelt in vielen Jahrzehnten ausgeübt hat. Leider ist das gar nicht gelungen, die Person Margherita Revedin bleibt so leblos und unbekannt wie vorher, schade. Keine Empfehlung.