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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ermittlungen in der Welt der Mode

Es geschah in Schöneberg
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Berlin 1927. Während einer Modenschau des bekannten Unternehmens Morgenstern & Fink im „Romantischen Café“ kommt es zu einem ungewöhnlichen Zwischenfall, denn zwei Vorführmodelle haben das Gefühl, durch ...

Berlin 1927. Während einer Modenschau des bekannten Unternehmens Morgenstern & Fink im „Romantischen Café“ kommt es zu einem ungewöhnlichen Zwischenfall, denn zwei Vorführmodelle haben das Gefühl, durch die Kleidung regelrecht am lebendigen Leib verbrannt zu werden. Leo Wechsler und sein Team, bestehend aus Jacob Sonnenschein und Robert Walther, werden zum Tatort gerufen und müssen sich zunächst einmal mit dem kapriziösen Verhalten der Beteiligten und der für sie unbekannten Branche auseinander setzten, bevor sie sich Gedanken machen, wer dem Ehepaar Morgenstern & Fink unbedingt schaden will. Oder gibt es andere Gründe für den Anschlag? Hat es mit der unkonventionellen Ehe zwischen Lotte Morgenstern und Carl Fink zu tun? Welche Rolle spielt Lottes Assistentin Anita in dem Unternehmen und in Lottes Leben? Leo und seine Kollegen sind mitten in ihren Ermittlungen, da wird ein Mann namens Rainer Vogt tot in seiner Wohnung aufgefunden. Auch er hatte laut Hinweisen Kontakt zum Modehaus Morgenstern & Fink. Leo Wechsler gräbt immer tiefer und kommt dem Täter bald näher.
Susanne Goga hat mit ihrem Buch „Es geschah in Schöneberg“ den fünften Kriminalroman um ihren Ermittler Leo Wechsler vorgelegt. Die Bücher sind ohne Probleme auch separat gut zu lesen. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und lässt den Leser schnell eintauchen ins Berlin der 30er Jahre, in die damalige Modeindustrie und in die Lebensumstände der Homosexuellen, die nur im Verborgenen leben konnten, da ihre Lebensform damals noch strafverfolgt wurde. Schon damals galt der Berliner Stadtteil Schöneberg als Zentrum der homosexuellen Szene. Auch das langsame Aufstreben der Nazis wird von der Autorin sehr schön mit der Handlung verflochten. Die Charaktere sind wunderbar detailliert skizziert und wirken sehr authentisch und mit Leben erfüllt. Lotte Morgenstern ist eine ehrgeizige Frau, die für die Erfüllung ihres Traumes einiges in Kauf nimmt. Dabei wirkt sie oft skrupellos und beinhart. Leo Wechsler ist ein sehr sympathischer Mann, der unvoreingenommen an die Arbeit geht, dabei seine Umwelt und Mitmenschen sehr genau beobachtet und erst dann seine Schlüsse daraus zieht. Sohnemann Georg fühlt sich einsam und wünscht sich Freunde, doch seine neuen Kontakte sind wohl eher gefährlich und nicht gut für ihn.
„Es geschah in Schöneberg“ ist ein wunderbar geschriebener historischer Kriminalroman, der ohne viel Blutvergießen auskommt, dabei nicht minder spannend ist. Susanne Goga spielt durch ihre Worte mit dem Leser, lässt ihn am Leben der Protagonisten teilhaben und fordert ihn heraus, bei der Suche des Täters ebenso aktiv zu sein. Ein außergewöhnliches Leseerlebnis, für die es nur eine Leseempfehlung geben kann!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Legende von Cantre'r Gwaelod

Sturm über dem Meer
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Dr. Samantha Goodwin ist als Archäologin an der Universität von Oxford tätig und bereitet sich auf eine Exkursion in Baia vor, doch dann wird sie von ihrem Ex-Geliebten Christopher ausgebremst, der ihr ...

Dr. Samantha Goodwin ist als Archäologin an der Universität von Oxford tätig und bereitet sich auf eine Exkursion in Baia vor, doch dann wird sie von ihrem Ex-Geliebten Christopher ausgebremst, der ihr wegen seiner neuen Verlobten den Auftrag entzieht. Kurzerhand übernimmt Samantha den Auftrag, in dem kleinen Fischerdorf Borth in Wales einen ehemals versunkenen und nun vom Meer freigelegten Wald zu untersuchen und so den Nachweis zu einer alten Burganlage zu belegen, von der in der Legende vom untergegangenem Königreich Cantre’r Gwaelod 600 n. Ch. die Rede ist. Da Samanthas Großmutter Gwen schon ihr lebenlang in Borth wohnt, fühlt sie sich sofort heimisch und macht sich mit ihren zwei Studenten ans Werk. Zu Hilfe bei den Ausgrabungen kommt ihnen der kleine Max, der Sohn des örtlichen Werftbesitzers Luke, der einen antiken goldenen Armreif findet – und einen in Wachstuch geschnürten Toten. Bald stellt sich heraus, dass es sich bei dem Toten um Samanthas Großvater Arthur handelt, den Ehemann von Gwen. Erst nach und nach kommt Samantha mit Hilfe von Luke und den Geschichten ihrer Großmutter aus der Vergangenheit den Geheimnissen auf die Spur. Doch irgendjemand möchte unbedingt verhindern, dass die ganze Geschichte ans Licht kommt.
Constanze Wilken hat mit ihrem Buch „Sturm über dem Meer“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden Roman vorgelegt, der den Leser von Anfang an in Atem hält und zu fesseln weiß. Schon gleich zu Beginn die Legende von Cantre’r Gwaelod klingt mysteriös, traurig und unheilvoll. Die Geschichte wird in zwei verschiedenen Handlungsebenen erzählt, zum Einen begleitet der Leser Samantha in der Gegenwart bei ihren Erlebnissen, zum anderen werden die Erinnerungen von Gwen aus den 1950er Jahren mit dem Handlungsstrang wieder lebendig, der sich mit der Vergangenheit befasst. Der Spannungsbogen wird schön aufgebaut und schraubt sich während der Geschichte immer mehr in die Höhe, um den Leser am Ende zu überraschen. Constanze Wilken hat während der Handlung einige Drehungen und Wendungen eingebaut, die den Leser dazu animieren, bei der Lektüre mit zu kombinieren und sich eigene Gedanken über den Ausgang des Geschehens zu machen, was die Spannung noch unterstützt. Die Landschaftsbeschreibungen, die auch mit einer kleinen Karte zu Beginn des Buches unterstützt werden, sind so bildhaft dokumentiert, dass man sich den versteinerten und moosigen alten Baumstammwald sehr gut vorstellen kann ebenso wie die raue Küste von Wales oder den örtlichen Pub.
Auch mit der Auswahl ihrer Charaktere hat die Autorin ein besonders feinfühliges Händchen bewiesen, so wirken die Protagonisten durchweg mit Ecken und Kanten sehr lebhaft und authentisch wie im richtigen Leben, weshalb es dem Leser schnell gelingt, sich mit ihnen zu identifizieren. Samantha ist eine sehr selbstbewusste, aber auch sture Frau, die das Herz am rechten Fleck trägt und sehr an ihrer Großmutter hängt aufgrund ihrer eigenen familiären Situation. Gwen ist eine freundliche alte Dame, die ein hartes und entbehrungsreiches Leben allein mit drei Kindern gemeistert hat und noch heute die Erinnerung an ihren geliebten verstorbenen Mann aufrechterhält. Luke ist ein Pfundskerl, der schon mal schnell aus der Haut fährt, jedoch immer hilfsbereit und interessiert ist. Auch die Nebencharaktere sind alle so wunderbar gestrickt, dass sie mit ihren kleinen Geschichten und Erlebnissen zur Untermalung des Romans beitragen.
Constanze Wilken ist mit „Sturm über dem Meer“ wieder ein außergewöhnlich spannender und sehr fesselnder Roman gelungen, der mit einem geheimnisvollen Familiengeheimnis und einer Liebesgeschichte aufwartet, die man schöner nicht erzählen kann. Absolute Leseempfehlung für alle, die sich durch Worte davontragen lassen wollen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Hölle auf Erden

Sturm im Paradies
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2004. Die 26-jährige Luftrettungsassistentin Rebecca ist bei der Rettung und Bergung des schwerverletzten Amerikaners Marty beteiligt. Nach seiner Genesung lädt er sie und alle Beteiligten zu einem Fest ...

2004. Die 26-jährige Luftrettungsassistentin Rebecca ist bei der Rettung und Bergung des schwerverletzten Amerikaners Marty beteiligt. Nach seiner Genesung lädt er sie und alle Beteiligten zu einem Fest ein, um sein neues Leben zu feiern. Dort trifft Rebecca auf Martys besten Freund Luke, der sich sofort in die junge Frau verguckt. Marty hat für alle Beteiligten noch eine große Überraschung parat, denn er lädt sie alle dazu ein, Gäste auf seiner Hochzeit in Thailand zu sein. Rebecca überlegt, ob sie der Einladung folgen soll, doch dann entscheidet sie sich, die Reise anzutreten, auch um einmal ihrer liebevollen, aber auch manchmal erdrückenden Familie zu entfliehen. Thailand entpuppt sich als Paradies, und Rebecca entspannt sich regelrecht beim Anblick des weiten Horizonts, des Meeres und der wundervollen Vegetation. Aber auch die neue Bekanntschaft von netten Menschen und die Wiederbegegnung mit Luke lassen Rebecca den Urlaub genießen. Am Morgen des zweiten Weihnachtstages, einen Tag nach Martys Hochzeit, fährt Luke mit Freunden zum Tauchen raus aufs Meer, während Rebecca einen Tag am Strand plant. Doch dazu soll es nicht mehr kommen, denn eine riesige Welle, die sich nach einem nächtlichen Seebeben gebildet hat, überrollt das Urlaubsparadies…

ElisabethBüchle hat mit ihrem Buch „Sturm im Paradies“ einen emotionalen und reflektierenden Roman vorgelegt, der den Tsunami vom 26. Dezember 2004 nach einem Erdbeben im Indischen Ozean thematisiert. Der Schreibstil der Autorin ist fesselnd und wunderbar flüssig, der Leser ist von Beginn an der stumme Begleiter von Rebecca und den anderen Protagonisten und muss sich auf ein Gefühlsbarometer der besonderen Art einstellen. Während sich auf der einen Seite langsam eine zarte Liebesgeschichte entspinnt, setzt die Natur zu einem Schlag an, der die Menschheit sehr hart treffen und viel Leid und Schmerz verursachen wird. Die Spannung steigt langsam an, um dann recht schnell steil nach oben zu schießen und den Leser atemlos, unruhig und wie unter Schock weiterlesen zu lassen auf der Suche nach so etwas wie einem Happy End.
Die Charaktere wurden wunderbar ausgestaltet, zeigen Ecken und Kanten, weshalb sie auch so natürlich und authentisch wirken und sich jeder mit ihnen identifizieren kann. Rebecca stammt aus einer großen Familie, fühlt sich oftmals allerdings von all der Fürsorge erdrückt, ist sie doch die einzige, die noch nicht verheiratet ist. Sie hat einen anspruchsvollen Beruf, der sie aus- und erfüllt, aber innen spürt sie oftmals eine Leere, die sie sich wohl selbst nicht so genau erklären kann. Luke ist ein sehr sympathischer Mann, der behutsam und bedacht handelt, dabei hilfsbereit, tatkräftig und offen für alles ist. Marty mag ein exzentrischer Millionär sein, doch er ist gutmütig, großzügig und dankbar, ein neues Leben geschenkt bekommen zu haben. Auch die weiteren Charaktere wie z.B. die schwedische Familie mit den drei Kindern oder auch die einheimischen Hotelbesitzer und ihre Angestellten sind mit ihren Sorgen und Nöten sehr lebensecht beschrieben und leisten innerhalb der Handlung einen wertvollen Beitrag für die sehr realitätsnahe Geschichte.

Der christliche Bezug innerhalb des Romans wirkt unaufdringlich, passt aber sehr gut zur Handlung, in der es um Hoffnung, Liebe und Verzeihen geht. Es geht um die Zweifel der Menschen, warum ihnen dies zugestoßen ist, warum der eine sterben muss, der andere am Leben ist. Viele Menschen haben in dieser furchtbaren Tragödie zum Gebet gefunden, viele hat es auf besondere Art getröstet und ihnen Hoffnung gegeben. Die Hilfsbereitschaft unter den Fremden, die grenzenlose und unermüdliche Unterstützung und das Miteinander zeugen in solch einer Situation vom Guten im Menschen und lässt einen die Hoffnung wiederfinden, sollte sie verloren gegangen sein.

Jeder Mensch wird sich an die Ereignisse erinnern können, denn es gab einfach zu viele Bilder davon überall zu sehen, und auch zu viele Menschen, die verschwanden, starben oder gebrochen zurückgelassen worden sind. Jedes dieser Leben, ob direkt beteiligt durch Verlust oder auf Nachrichten hoffend in der fernen Heimat, ob Einheimische oder Urlauber, ist durch dieses Ereignis für immer gezeichnet und wird diesen Einschnitt nie vergessen. Elisabeth Büchle geht innerhalb ihrer Handlung sehr behutsam, aber auch soweit wie möglich realitätsnah vor. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und gibt auch einiges an Hintergrundinformationen, die dem Leser im Vorfeld vielleicht nicht so bekannt waren.

„Sturm im Paradies“ ist ein Roman, den man lange nicht vergessen wird, besonders wenn man selbst dieses Grauen überlebt hat. Es war heilsam, aber auch beklemmend, es zu lesen. Umso mehr gilt der Autorin der Respekt, dieses Thema so mutig als Handlung gewählt und in seinen Facetten ausgearbeitet zu haben. Absolute Leseempfehlung – Chapeau!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine wirklich "nette" Familie

Als meine Schwestern das Blaue vom Himmel holten
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Die Journalistin Mia hat ihre feste Stelle gekündigt, um mehr schlecht als recht als freie Journalistin zu arbeiten, aber sie landet nur Aushilfsjobs als Garderobiere und lässt sich treiben. Freund Lars ...

Die Journalistin Mia hat ihre feste Stelle gekündigt, um mehr schlecht als recht als freie Journalistin zu arbeiten, aber sie landet nur Aushilfsjobs als Garderobiere und lässt sich treiben. Freund Lars wird es zu bunt und tauscht Mia gegen eine neue Freundin aus und aus der Wohnung muss sie auch raus. So packt Mia ihre Sachen und kommt bei Schwester Paula und ihrer Familie unter. Doch in der steht es auch nicht zum Besten, denn Paulas Ehemann Matthias geht fremd und Sohn Per ist nicht wie andere Kinder. Sobald Mia Paulas merkwürdigen Ehestatus durchschaut hat, trommelt sie die anderen beiden Schwestern herbei, um mit ihnen Paula Schützenhilfe zu leisten. Lucy und Sophie lassen nicht lange auf sich warten, und schon herrschen ein rauer Ton und das Chaos….
Susanna Mewe hat mit ihrem Buch „Als meine Schwestern das Blaue vom Himmel holten“ ihren Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und sehr gut zu lesen. Die Handlung dreht sich rund um Mia, deren drei Schwestern und ihr Leben, welches allerdings sehr überspitzt und oftmals mit so vielen Banalitäten und Nebengeschichten angefüllt ist, dass man ständig von dem eigentlichen Thema, der Beziehung der Schwestern untereinander, abgelenkt wird. Zu allem Überfluss wird das Verhältnis der Frauen auch noch so überspitzt dargestellt, das es schon absurd wirkt. Dazu kommen jede Menge kreisende Gedanken um Dinge, die völlig unwichtig sind und einen nur den Kopf schütteln lassen ob dieser doch eher sinnleeren Passagen. Statt das Verhältnis der Schwestern mehr zu beleuchten, wird mehr Aufwand mit unnötigem Kram betrieben, der das Buch langatmig und langweilig werden lässt.
Der Leser begleitet von Beginn an Mia durch ihre doch recht unkonventionellen Tage und wundert sich immer wieder, wie sie sich durchs Leben mogelt. Die Charaktere sind recht unterschiedlich angelegt, jedoch bleiben sie seltsam farb- und emotionslos, können deshalb dem Leser weder Mitgefühl noch Sympathie entlocken. Mia benimmt sich wie ein Teenager, der nicht weiß, was er wirklich will. Oftmals handelt sie einfach aus dem Bauch raus und recht naiv. Schwester Paula macht lieber die Augen zu und einen auf heile Welt, anstatt sich gegen den Zustand ihrer Ehe zur Wehr zu setzen und sich um eine Änderung der Situation zu bemühen. Sohn Per ist zwar krank, aber dies wird sehr wenig bis gar nicht thematisiert, eine liebenden Mutter oder besorgte Eltern stellt man sich dann doch anders vor. Lucy ist selbstsüchtig, erfolgsverwöhnt und lügt ihre Schwestern an, um nicht als Versagerin dazustehen. Einzig Sophie, die ebenfalls ihre Macken hat, entlockt einem etwas Sympathie, da sie sich als einzige um die schwerkranke Mutter kümmert. Sämtliche Schwestern haben einen Hang zur Naivität und dem Chaos, das einen nur die Augen verdrehen lässt. Schade, dass die Autorin die Charaktere so oberflächlich wirken lässt und sich keine Mühe gegeben hat, etwas mehr Emotion oder Gefühl hineinzubringen.
„Als meine Schwestern das Blaue vom Himmel holten“ verspricht laut Klappentext viel und hält leider bis auf einen sehr gefälligen Schreibstil sehr wenig. Wer einen spritzigen oder aber nachdenklichen Familienroman erwartet, der wird sehr enttäuscht sein. Obwohl die Geschichte wirklich Potential hätte, wirkt sie hier unausgegoren und flach. Sie kann den Leser in keiner Weise fesseln und lässt ihn unzufrieden und enttäuscht zurück.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Durch Sturm und Wind, weil wir Schwestern sind

Als wir Schwestern waren
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Hamburg 2013. Simone arbeitet als selbständige Auktionsagentin und lebt mit ihrem Freund Jens in Hamburg. Die Beziehung der beiden ist schwierig, Jens lebt in den Tag hinein, während Simone mit ihrer Arbeit ...

Hamburg 2013. Simone arbeitet als selbständige Auktionsagentin und lebt mit ihrem Freund Jens in Hamburg. Die Beziehung der beiden ist schwierig, Jens lebt in den Tag hinein, während Simone mit ihrer Arbeit für die Kosten aufkommt. Eines Tages bekommt Simone einen Brief mit Bargeld und der Aufforderung, zwei Schrankkoffer und einen Sattel auf einer Privatauktion in Hamburg zu ersteigern. Unterzeichnet ist dieser Brief mit C.C. und enthält keinerlei Adresse. Simone kommt der Aufforderung nach, denn sie braucht jede Einkommensquelle. Als die Koffer und der Sattel an ihre Privatadresse in Berlin angeliefert werden, ist Simone doch neugierig, was die Koffer wohl beinhalten könnten. So öffnet sie diese mit schlechtem Gewissen ihrem Klienten gegenüber, der sich noch nicht gemeldet hat und findet neben bunten Zirkusgewändern in einem Geheimfach einige alte Tagebücher und alte Briefe, manche noch ungeöffnet. Während Simone die Fundstücke durchliest, wird sie immer mehr gefangen genommen von der dort erzählten Geschichte von Elisabeth und Viviane, sie macht sich am Ende auf die Suche nach den eigentlichen Besitzern, denn der Auftraggeber hat sich noch immer nicht gemeldet. Wird sie die rechtmäßigen Eigentümer finden?

Hamburg 1916. Die Schwestern Elisabeth und Viviane Berentsch wachsen behütet in einem gutbürgerlichen Unternehmenshaushalt auf. Beide sind vom Wesen her grundverschieden, doch sind sich die Schwestern eng verbunden. Eines Tages reist die jüngere Schwester Viviane aus und schließt sich der Liebe wegen einem Wanderzirkus an. Fortan wird ihr Name im Elternhaus nicht mehr erwähnt und Elisabeth bleibt allein zurück. Es ist die Zeit des ersten Weltkrieges und Deutschland kommt nicht zur Ruhe…

Marie Jansen hat mit ihrem Roman „Als wir Schwestern waren“ einen sehr unterhaltsamen, berührenden und spannenden Familienroman vorgelegt, der sich über viele Jahrzehnte spannt und in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und bildhaft, der Leser wird mal in das eine Jahrhundert mal in das andere katapultiert und begleitet die Protagonisten auf ihren abenteuerlichen Wegen. Das Einstreuen von Tagebucheintragungen ebenso wie von Briefen geben der Handlung Einblicke in ein Leben des vergangenen Jahrhunderts zu Kriegszeiten. Ebenso ist zu erwähnen, dass sich die Eintragungen und Briefe gegenseitig ergänzen und Fragen, die bei dem einen entstehen, im anderen teilweise beantwortet werden. Der Handlungsstrang, der in der Gegenwart spielt, steht dem in der Vergangenheit in nichts nach. Beide wissen zu fesseln und zu begeistern. Die Landschaftsbeschreibungen sind malerisch und sehr detailliert, wer die französische Küste kennt, wird sich schnell heimisch fühlen und vor dem inneren Auge Bilder hervorrufen können, die das Fernweh aufkommen lassen.

Die Charaktere wurden sehr authentisch und lebensecht skizziert, die Protagonisten haben ihre Ecken und Kanten, Sorgen und Nöte, so dass man sich sehr gut mit ihnen identifizieren kann, weil sie glaubhaft wirken. Simone ist eine sympathische Frau, die mit ihrer momentanen Lebenssituation hadert. Sie liebt ihren Beruf, aber ihre Beziehung zu Jens macht ihr zu schaffen, schon lange leben sie nebeneinander her und das Gefühl, von Jens ausgenutzt zu werden, lässt sich nicht vertreiben. Auch ihre eigene familiäre Situation ist schwierig, der Kontakt zur Mutter nur sporadisch und wenig herzlich, ansonsten ist sie auf sich allein gestellt. Die ersteigerten Gegenstände werden ihr Leben verändern und sie mit Dingen konfrontieren, die sie sich nicht hätte vorstellen können. Elisabeth ist eine Frau, die durch eine Krankheit in der frühen Kindheit entstellt wurde und somit ihren Eltern eher als Last gilt, da man sie nicht mehr standesgemäß verheiraten kann. Ihr Leben besteht aus der Erfüllung der Erwartungen anderer, während ihre eigenen Wünsche außen vor bleiben. Als sich ihr doch noch ein wenig Glück am Horizont zeigt, greift sie zu und verteidigt dieses mit allen Mitteln, ohne an die Folgen zu denken. Viviane ist jung und ungestüm, ohne jeden Standesdünkel. Sie will ihr Leben frei gestalten und ergreift die erste Möglichkeit, aus dem elterlichen Käfig auszubrechen und sich für die Freiheit zu entscheiden, auch wenn dieser Weg mit vielen Entbehrungen und schmerzhaften Erfahrungen gepflastert ist. Pascal ist ein sympathischer Mann, der sich erst einmal im Hintergrund hält, dabei hat er mehr zu sagen, als auf den ersten Blick zu ersehen ist.

„Als wir Schwestern waren“ ist ein Roman, der ein lange gehütetes Familiengeheimnis aufdeckt und dessen Folgen bis in die Gegenwart reichen. Ein absolut spannender und unterhaltsamer Schmöker für alle, die dieses Genre lieben und sich in verschiedenen Zeitepochen verlieren können. Unbedingte Leseempfehlung für eine tolle Geschichte, die noch ewig hätte so weitergehen können!