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Veröffentlicht am 15.09.2016

Geschichte hinreißend und fesselnd erzählt

Blut und Seide
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13. Jh Bad Kreuznach. Graf Johann von Sponheim nimmt nach dem feigen Überfall auf seinen Freund Philipp von Montford und seiner Gattin seinen Patensohn Simon bei sich auf und kümmert sich liebevoll um ...

13. Jh Bad Kreuznach. Graf Johann von Sponheim nimmt nach dem feigen Überfall auf seinen Freund Philipp von Montford und seiner Gattin seinen Patensohn Simon bei sich auf und kümmert sich liebevoll um seine Erziehung sehr zum Ärger seines eigenen Bruders Heinrich, der Simon von Beginn an das Leben schwer macht. Während der Ritterausbildung werden Simon und sein Onkel Heinrich zu erbitterten Gegnern, denn während Heinrich sich als Ausbund von Gewalt und Hinterlist entpuppt, entwickelt sich Simon den Tugenden eines Ritters als würdig. Das Verhältnis der beiden verschlimmert sich noch mehr, als Simon sich ausgerechnet in Christina verliebt, die schon als Kind Heinrich als Verlobte versprochen wurde. Und Heinrich kämpft mit allen Mitteln, dass dieses Versprechen eingehalten wird. Darüber hinaus plagt Simon immer wieder der Gedanke an den gewaltsamen Tod an seinen Eltern, er möchte unbedingt herausfinden, wer sie ermordet hat. Wird er die Mörder seiner Eltern finden und eine Zukunft gemeinsam mit Christina haben?
Marita Spang hat mit ihrem Buch „Blut und Seide“ einen sehr spannenden und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der fesselnder nicht sein könnte. Der Schreibstil ist herrlich flüssig, das Buch ist ein regelrechter Pageturner, es nimmt den Leser von der ersten Seite an gefangen und lässt ihn nicht mehr los. Die Verwendung von Redewendungen und Worten des damaligen Sprachgebrauchs hat die Autorin sehr schön in ihren Erzählstil eingepasst und liefert für Unkundige im Anhang ein kleines Nachschlagewerk mit. Die Geschichte wirkt dadurch noch viel authentischer. Der Spannungsbogen wird bereits im Prolog sehr schön angelegt und steigert sich im Verlauf der Handlung immer mehr bis zum großen Finale. Die Landschaftsbeschreibungen und der geschichtliche und politische Hintergrund samt historisch belegter Personen wurden akribisch recherchiert und wunderbar in die fiktive Erzählung mit eingeflochten. So entspinnt sich ein herrliches Bild vor dem inneren Auge und man sieht bei der Lektüre die gesamte Handlung regelrecht vor sich, als folge man den Protagnisten wie ein Schatten bei der Ritterausbildung, aufs Schlachtfeld oder bei den Waffenübungen in einem kleinen Brombeerwäldchen.
Marita Spang beschränkt sich aber nicht nur darauf, die Männerdomänen sehr genau zu skizzieren, sie zeigt auch die Rolle der Frau auf, wie sie zu dieser Zeit war. Ob es die Verlobung zu Kindeszeiten ist, oder die Ehe mit einem brutalen Ehemann, hier bekommt der Leser Einblick, wie die Zustände zur damaligen Zeit tatsächlich waren. Eine Frau hatte keinen eigenen Willen zu haben, sie war als Eigentum des Mannes zu sehen und hatte sich ihm zu unterwerfen. Allerdings waren auch damals schon einige Männer fortschrittlicher in ihrer Denkweise ebenso wie die Frauen, die sich ihrer Haut erwehren wollten, sollte es dazu kommen.
Die Charaktere wurden sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet, wirken dadurch sehr authentisch und lebensecht. Da gibt es jede Menge Schurken sowie Sympathieträger, es bleibt dem Leser also genügend Raum, mitzuleiden und mitzujubeln, aber auch wütend zu sein ob der Ungerechtigkeiten und der Grausamkeiten, mit der manch einer durchs Leben geht. Simon von Montfort ist ein sehr sympathischer junger Mann, der sich seinen Ängsten stellt. Dabei ist er manchmal ungestüm und unüberlegt, doch je mehr der Leser ihn im Verlauf der Geschichte kennenlernt, umso mehr wird seine persönliche Entwicklung innerhalb der Handlung deutlich. Er ist clever und mitfühlend, hat ein großes Herz und kann Ungerechtigkeiten nicht ausstehen. Christina ist eine junge verwöhnte junge Frau, die erst einige Lehren ziehen muss, um ihren wirklichen Platz im Leben zu erkennen. Sie ist oftmals naiv und spielt mit ihren Reizen, um ihren Willen zu bekommen. Doch auch sie verändert sich deutlich im Verlauf der Geschichte. Michel ist der heimliche Star dieses Buches, ein junger Metzgersohn, der sich als Knappe eines Ritters verdingt und sich als herausragender Kämpfer entpuppt, der nicht nur einmal das Leben der ihm anvertrauten Personen rettet. Dabei hat er ein mitfühlendes Wesen und ist im Herzen bescheiden geblieben. Auch trägt er die ihm auferlegte Verantwortung wie einen Schild vor sich her und lässt sich durch nichts beirren. Dabei zeigt er nicht nur Mut, sondern auch Besonnenheit.
Auch die liebevolle Ausstattung des Buches muss kurz erwähnt werden. Hier gibt es zu Beginn ein Personenverzeichnis sowie Karten über die einzelnen Landschaftsabschnitte. Zudem gibt es am Ende des Romans ein Nachschlagewerk für die benutzten Worte der mittelalterlichen Sprache sowie ein ausführliches Nachwort der Autorin, in dem Marita Spang den Leser über Fiktion und Wahrheit in ihrem Buch aufklärt.
„Blut und Seide“ ist ein herausragender historischer Roman, der alle Geschichtsliebhaber begeistern wird. Das Buch verspricht nicht nur besonders unterhaltsame Lesestunden, sondern besticht auch durch eine besonders gute Hintergrundrecherche und die Verflechtung von Fiktion und Wirklichkeit. Ein absolutes Lesehighlight, besser geht es nicht – Chapeau!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die zweite Chance

Auch morgen werden Rosen blühen
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Es ist Unsinn sagt die Vernunft
Es ist was es ist sagt die Liebe
Erich Fried

Die alleinstehende Mittfünfzigerin Alma arbeitet als Physiotherapeutin zusammen mit ihrer besten Freundin Regina in eigener ...

Es ist Unsinn sagt die Vernunft
Es ist was es ist sagt die Liebe
Erich Fried

Die alleinstehende Mittfünfzigerin Alma arbeitet als Physiotherapeutin zusammen mit ihrer besten Freundin Regina in eigener Praxis und liebt in ihrer Freizeit die Gartenarbeit und ihre Katze Pandora. Auf der Geburtstagsfeier von Reginas Ehemann Wolfgang lernt sie seinen Arbeitskollegen, den verwitweten Bernhard kennen. Die beiden finden sofort einen Draht zueinander und Alma spürt bereits Schmetterlinge im Bauch. Doch sie ist vorsichtig, denn sie wurde schon mehrmals bitter enttäuscht. Als sie sich mit Bernhard in einem Gartencenter zum Blumenkauf verabredet und die beiden den Nachmittag miteinander verbringen, gesteht ihr Bernhard, dass er Gefühle für sie hegt und sich eine Zukunft mit ihr erhofft. Alma schwebt auf Wolke 7 und kann ihr Glück gar nicht fassen. Doch nur einige Tage später bekommt sie während der Arbeit einen Herzstillstand. Alma wird zwar gerettet, aber hinterher ist nichts mehr wie vorher. Alma geht zu Bernhard auf Distanz, denn sie wird von Gefühlen um die Vergangenheit überschwemmt und kann damit nicht umgehen. Wird Alma dem Gefühlschaos entkommen und doch noch eine Zukunft mit Bernhard haben?
Clara Sternberg hat mit ihrem zweiten Buch „Auch morgen werden Rosen blühen“ einen wunderschönen und fesselnden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig, dabei gefühlvoll und einfühlsam und lässt den Leser an Alma und ihrem Leben hautnah teilhaben. Die Landschaftsbeschreibungen sind so schön und detailliert skizziert, wer die Orte persönlich kennt, kann sie in Gedanken mitgehen. Aber auch Unkundige fühlen sich sofort davon angezogen und wohl. Bei den Charakteren hat die Autorin ein besonders feinfühliges Händchen bewiesen, denn die Protagonisten wirken wie aus dem richtigen Leben, mit Ecken und Kanten, mit alltäglichen Sorgen und Nöten. Es könnten Nachbarn, Freunde oder Familienangehörige sein, denen man jeden Tag begegnet. Bereits mit den ersten Zeilen steht man der Hauptprotagonistin Alma als Schatten zu Seite und begleitet sie auf ihren täglichen Wegen, auch ihre Gefühlswelt und ihre Gedanken bleiben einem nicht verborgen. Alma ist eigentlich eine zufriedene Frau, steht mit beiden Beinen im Leben und hat einen guten Freundeskreis. Dabei bleibt aber auch nicht verborgen, dass sie auch einige herbe Enttäuschungen zu verkraften hatte, sich von Dingen verabschieden musste, die sie sich für ihr Leben sehnlichst gewünscht hat. Doch sie ist ein liebevoller Mensch mit einem großen Herzen und geht mit offenen Augen durchs Leben. Erst ein Schicksalsschlag macht ihr deutlich, dass sie mit verschiedenen Dingen in ihrem Leben noch nicht abgeschlossen hat und diese sie in ihren Gefühlen deshalb noch einschränken. Katrin ist Almas Nachbarin und ebenfalls eine angeschlagene Seele, hat sie ihren Vater doch nie kennengelernt und ihre Mutter bis zu deren Tod gepflegt. Nun steht sie allein da und kommt sehr schwer mit der Situation zurecht, doch die Freundschaft zu Alma ist ein Lichtblick in ihrem Leben. Regine und Wolfgang sind Almas beste Freunde, die viel Zeit miteinander verbringen. Sie kennen sich so gut und die Freundschaft ist so tief, dass man sich auch mal anschreien und unbequeme Wahrheiten sagen kann, ohne dass die Freundschaft daran zerbricht. Bernhard ist seit einiger Zeit Witwer, neu in der Stadt und unverhofft kommt noch einmal die Liebe in sein Leben. Max ist ein selbstverliebter, egoistischer Mann, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und den Eindruck hinterlässt, dass ihm nichts im Leben wirklich wichtig ist außer er selbst.
Clara Sternberg hat mit ihrem Roman ein sehr interessantes Thema angepackt. Es geht um eine Nahtoderfahrung, die ein normales Leben auf den Kopf und alles in Frage stellt, was einem vorher wichtig war. Die Gefühlswelt steht Kopf, die Prioritäten verschieben sich und man trauert vielleicht sogar Vergangenem hinterher. Das Zurückkehren in die Normalität ist schwierig, braucht Zeit und ist meist nicht allein zu bewältigen. Die Autorin hat hier auf besonders einfühlsame Weise in Person der Protagonistin die Gewissenskonflikte und Gedanken aufgezeigt, aber auch die Sorgen der Freunde dargestellt.
„Auch morgen werden Rosen blühen“ besticht nicht nur durch einen fesselnden Erzählstil, sondern besonders durch die mitreißende Geschichte und ihre wunderbar skizzierten Charaktere. Ein Buch für alle, die sich mit einem Buch besonders wohl fühlen wollen. Absolute Leseempfehlung für einen besonderen Roman!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Gemälde

Die Frauen meiner Familie
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Die Kunsthistorikerin Elsa ist Ende 30, arbeitet in München für eine Versicherung und führt eine Fernbeziehung mit einem Universitätsprofessor, der in Potsdam lebt. Als ein Gemälde namens „Mon Amour“ von ...

Die Kunsthistorikerin Elsa ist Ende 30, arbeitet in München für eine Versicherung und führt eine Fernbeziehung mit einem Universitätsprofessor, der in Potsdam lebt. Als ein Gemälde namens „Mon Amour“ von einem Mandanten als gestohlen angezeigt wird, weckt dies Erinnerungen in Elsa. Sie übernimmt den Versicherungsfall, denn sie kennt das Gemälde seit ihrer Kindheit, hat es doch vor langer Zeit in der Wohnung ihrer Großeltern gehangen. Bei ihren Nachforschungen stößt Elsa auf Widersprüchlichkeiten, was die Besitzverhältnisse betrifft. Aber auch die Informationen über die Darstellung des Gemäldes sind ganz andere, als Elsas Großmutter ihr erzählt hat. Immer tiefer gräbt Elsa in ihrer eigenen Familiengeschichte, in alten Fotos und Archiven, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Dabei erfährt Elsa viel über ihre eigene Verwandtschaft, aber auch die Sichtweise auf ihr eigenes Leben verändert sich.
Tanja Weber hat mit ihrem Buch „Die Frauen meiner Familie“ einen sehr spannenden und unterhaltsamen Roman über ein Familiengeheimnis vorgelegt, der durchaus auch ins historische Genre eingeordnet werden könnte. Der Schreibstil ist schön flüssig und vermag den Leser von Beginn an zu fesseln. Die Geschichte teilt sich in zwei Handlungsstränge, der eine erzählt von Elsa, ihrer Arbeit und ihrem Leben in der Gegenwart. Der andere behandelt die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ab 1912 bis ins Jahr 1943 und lässt den Leser am Leben von Elsas Urgroßmutter Anneli und ihrer Familie und deren Weggefährten teilhaben. Auch die damalige Künstlerszene um den „Blauen Reiter“ wird sehr schön in die Geschichte mit eingefügt. Die beiden Handlungsstränge wechseln sich gegenseitig ab, Informationen die man in der Gegenwart erhält, bekommen teilweise ihre Erklärung durch die Vergangenheit. Der Spannungsbogen wird gemächlich aufgebaut, doch schraubt er sich während der Geschichte immer mehr in die Höhe. Man kann als Leser gar nicht anders, als immer weiter durch die Kapitel zu laufen, um endlich der Lösung näher zu kommen.
Die Autorin hat besonderen Wert in die Ausgestaltung ihrer Charaktere gelegt und um sie herum eine sehr fesselnde Geschichte gesponnen. Die Protagonisten sind sehr detailliert und authentisch dargestellt und wirken mit ihrem Verhalten, ihren Sorgen und Nöten wie Menschen, die jeder von uns kennt. Elsa ist kein einfacher Charakter, wirkt auch nicht sehr sympathisch, dabei ist sie sehr komplex und vor allem vorbelastet durch ihre eigenen Eltern und das Verhältnis zu ihnen. Elsa hat ihre eigenen Wünsche nie wirklich definiert, gibt sich mit dem zufrieden, was sie hat, bis dieser Auftrag sie vor eine besondere Herausforderung stellt. Sie forscht innerhalb ihrer eigenen Familiengeschichte und entdeckt dabei viele Ungereimtheiten. Erinnerungen jagen durch ihren Kopf, dabei werden auch Wünsche entdeckt, die völlig verschüttet waren, aber die in Elsa eine Entwicklung bewirken, die den Leser erstaunt zurück lässt. Urgroßmutter Anneli wuchs in einer behüteten Familie auf, die allerdings schon zur damaligen Zeit recht fortschrittlich wirkte. Anneli hatte einigen Freiraum, aber auch einen eigenen Kopf, sie ist oftmals stur und eingefahren in ihrer Sichtweise. Obwohl sie sich für so fortschrittlich hält, ist sie doch von Vorurteilen geprägt. Auch die Nebenprotagonisten fügen sich mit ihren eigenen Geschichten und ihren Verwicklungen und Beziehungen untereinander wunderbar in die Handlung ein und bereichern das Gesamtbild des Romans.
„Die Frauen meiner Familie“ ist ein sehr fesselnder Roman um Familiengeheimnisse und die Kunstszene einer vergangenen Zeit. Alle Liebhaber von gut ausgedachten Geschichten, die auch historische Aspekte in sich vereinen, werden an der Lektüre dieses Buches ihre Freude haben. Eine ausdrückliche Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ermittlungen in der Welt der Mode

Es geschah in Schöneberg
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Berlin 1927. Während einer Modenschau des bekannten Unternehmens Morgenstern & Fink im „Romantischen Café“ kommt es zu einem ungewöhnlichen Zwischenfall, denn zwei Vorführmodelle haben das Gefühl, durch ...

Berlin 1927. Während einer Modenschau des bekannten Unternehmens Morgenstern & Fink im „Romantischen Café“ kommt es zu einem ungewöhnlichen Zwischenfall, denn zwei Vorführmodelle haben das Gefühl, durch die Kleidung regelrecht am lebendigen Leib verbrannt zu werden. Leo Wechsler und sein Team, bestehend aus Jacob Sonnenschein und Robert Walther, werden zum Tatort gerufen und müssen sich zunächst einmal mit dem kapriziösen Verhalten der Beteiligten und der für sie unbekannten Branche auseinander setzten, bevor sie sich Gedanken machen, wer dem Ehepaar Morgenstern & Fink unbedingt schaden will. Oder gibt es andere Gründe für den Anschlag? Hat es mit der unkonventionellen Ehe zwischen Lotte Morgenstern und Carl Fink zu tun? Welche Rolle spielt Lottes Assistentin Anita in dem Unternehmen und in Lottes Leben? Leo und seine Kollegen sind mitten in ihren Ermittlungen, da wird ein Mann namens Rainer Vogt tot in seiner Wohnung aufgefunden. Auch er hatte laut Hinweisen Kontakt zum Modehaus Morgenstern & Fink. Leo Wechsler gräbt immer tiefer und kommt dem Täter bald näher.
Susanne Goga hat mit ihrem Buch „Es geschah in Schöneberg“ den fünften Kriminalroman um ihren Ermittler Leo Wechsler vorgelegt. Die Bücher sind ohne Probleme auch separat gut zu lesen. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und lässt den Leser schnell eintauchen ins Berlin der 30er Jahre, in die damalige Modeindustrie und in die Lebensumstände der Homosexuellen, die nur im Verborgenen leben konnten, da ihre Lebensform damals noch strafverfolgt wurde. Schon damals galt der Berliner Stadtteil Schöneberg als Zentrum der homosexuellen Szene. Auch das langsame Aufstreben der Nazis wird von der Autorin sehr schön mit der Handlung verflochten. Die Charaktere sind wunderbar detailliert skizziert und wirken sehr authentisch und mit Leben erfüllt. Lotte Morgenstern ist eine ehrgeizige Frau, die für die Erfüllung ihres Traumes einiges in Kauf nimmt. Dabei wirkt sie oft skrupellos und beinhart. Leo Wechsler ist ein sehr sympathischer Mann, der unvoreingenommen an die Arbeit geht, dabei seine Umwelt und Mitmenschen sehr genau beobachtet und erst dann seine Schlüsse daraus zieht. Sohnemann Georg fühlt sich einsam und wünscht sich Freunde, doch seine neuen Kontakte sind wohl eher gefährlich und nicht gut für ihn.
„Es geschah in Schöneberg“ ist ein wunderbar geschriebener historischer Kriminalroman, der ohne viel Blutvergießen auskommt, dabei nicht minder spannend ist. Susanne Goga spielt durch ihre Worte mit dem Leser, lässt ihn am Leben der Protagonisten teilhaben und fordert ihn heraus, bei der Suche des Täters ebenso aktiv zu sein. Ein außergewöhnliches Leseerlebnis, für die es nur eine Leseempfehlung geben kann!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Legende von Cantre'r Gwaelod

Sturm über dem Meer
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Dr. Samantha Goodwin ist als Archäologin an der Universität von Oxford tätig und bereitet sich auf eine Exkursion in Baia vor, doch dann wird sie von ihrem Ex-Geliebten Christopher ausgebremst, der ihr ...

Dr. Samantha Goodwin ist als Archäologin an der Universität von Oxford tätig und bereitet sich auf eine Exkursion in Baia vor, doch dann wird sie von ihrem Ex-Geliebten Christopher ausgebremst, der ihr wegen seiner neuen Verlobten den Auftrag entzieht. Kurzerhand übernimmt Samantha den Auftrag, in dem kleinen Fischerdorf Borth in Wales einen ehemals versunkenen und nun vom Meer freigelegten Wald zu untersuchen und so den Nachweis zu einer alten Burganlage zu belegen, von der in der Legende vom untergegangenem Königreich Cantre’r Gwaelod 600 n. Ch. die Rede ist. Da Samanthas Großmutter Gwen schon ihr lebenlang in Borth wohnt, fühlt sie sich sofort heimisch und macht sich mit ihren zwei Studenten ans Werk. Zu Hilfe bei den Ausgrabungen kommt ihnen der kleine Max, der Sohn des örtlichen Werftbesitzers Luke, der einen antiken goldenen Armreif findet – und einen in Wachstuch geschnürten Toten. Bald stellt sich heraus, dass es sich bei dem Toten um Samanthas Großvater Arthur handelt, den Ehemann von Gwen. Erst nach und nach kommt Samantha mit Hilfe von Luke und den Geschichten ihrer Großmutter aus der Vergangenheit den Geheimnissen auf die Spur. Doch irgendjemand möchte unbedingt verhindern, dass die ganze Geschichte ans Licht kommt.
Constanze Wilken hat mit ihrem Buch „Sturm über dem Meer“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden Roman vorgelegt, der den Leser von Anfang an in Atem hält und zu fesseln weiß. Schon gleich zu Beginn die Legende von Cantre’r Gwaelod klingt mysteriös, traurig und unheilvoll. Die Geschichte wird in zwei verschiedenen Handlungsebenen erzählt, zum Einen begleitet der Leser Samantha in der Gegenwart bei ihren Erlebnissen, zum anderen werden die Erinnerungen von Gwen aus den 1950er Jahren mit dem Handlungsstrang wieder lebendig, der sich mit der Vergangenheit befasst. Der Spannungsbogen wird schön aufgebaut und schraubt sich während der Geschichte immer mehr in die Höhe, um den Leser am Ende zu überraschen. Constanze Wilken hat während der Handlung einige Drehungen und Wendungen eingebaut, die den Leser dazu animieren, bei der Lektüre mit zu kombinieren und sich eigene Gedanken über den Ausgang des Geschehens zu machen, was die Spannung noch unterstützt. Die Landschaftsbeschreibungen, die auch mit einer kleinen Karte zu Beginn des Buches unterstützt werden, sind so bildhaft dokumentiert, dass man sich den versteinerten und moosigen alten Baumstammwald sehr gut vorstellen kann ebenso wie die raue Küste von Wales oder den örtlichen Pub.
Auch mit der Auswahl ihrer Charaktere hat die Autorin ein besonders feinfühliges Händchen bewiesen, so wirken die Protagonisten durchweg mit Ecken und Kanten sehr lebhaft und authentisch wie im richtigen Leben, weshalb es dem Leser schnell gelingt, sich mit ihnen zu identifizieren. Samantha ist eine sehr selbstbewusste, aber auch sture Frau, die das Herz am rechten Fleck trägt und sehr an ihrer Großmutter hängt aufgrund ihrer eigenen familiären Situation. Gwen ist eine freundliche alte Dame, die ein hartes und entbehrungsreiches Leben allein mit drei Kindern gemeistert hat und noch heute die Erinnerung an ihren geliebten verstorbenen Mann aufrechterhält. Luke ist ein Pfundskerl, der schon mal schnell aus der Haut fährt, jedoch immer hilfsbereit und interessiert ist. Auch die Nebencharaktere sind alle so wunderbar gestrickt, dass sie mit ihren kleinen Geschichten und Erlebnissen zur Untermalung des Romans beitragen.
Constanze Wilken ist mit „Sturm über dem Meer“ wieder ein außergewöhnlich spannender und sehr fesselnder Roman gelungen, der mit einem geheimnisvollen Familiengeheimnis und einer Liebesgeschichte aufwartet, die man schöner nicht erzählen kann. Absolute Leseempfehlung für alle, die sich durch Worte davontragen lassen wollen.