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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Melzer-Frauen

Die Töchter der Tuchvilla
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1916 Augsburg. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wenn in der Melzer’schen Tuchvilla alles seinen normalen Gang geht, doch auch hier sind die Auswirkungen des ersten Weltkrieges zu spüren. Während ...

1916 Augsburg. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als wenn in der Melzer’schen Tuchvilla alles seinen normalen Gang geht, doch auch hier sind die Auswirkungen des ersten Weltkrieges zu spüren. Während Sohn Paul seine Frau Marie kurz nach der Geburt der Zwillinge allein zurücklassen muss, weil er für den Wehrdienst eingezogen wird, dient Kittys Mann bereits an der Front. Auch Elisabeths Ehemann Klaus befindet sich auf dem Schlachtfeld. Ebenso leiden die Dienstboten unter dem Krieg, da die Lebensmittel immer knapper werden und die Versorgung immer schwieriger wird. So bleibt den Frauen nichts weiter übrig, als sich um die Belange des Haushalts zu kümmern. Doch Marie möchte Pauls Bitte erfüllen und ihrem eigensinnigen Schwiegervater bei der Führung der Tuchfabrik unter die Arme greifen, was leider leichter gesagt als getan ist. Elisabeth eröffnet ein Lazarett in der Eingangshalle der Tuchvilla, um sich um die Verletzten zu kümmern, und Kitty widmet sich erst ihrem Nachwuchs und dann entdeckt sie die Kunst neu für sich. Das Schicksal schlägt hart zu, als Paul vermisst wird, Kittys Mann fällt und auch das Familienoberhaupt plötzlich stirbt.
Anne Jacobs hat mit ihrem Buch „Die Töchter der Tuchvilla“ die Fortsetzung zu ihrem Roman „Die Tuchvilla“ vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig zu lesen, nimmt den Leser sofort mit auf eine Reise in die Vergangenheit zu liebgewordenen altbekannten Charakteren, um zu sehen, wie ist ihnen nun in diesen Kriegszeiten ergeht und was sie so erleben. Die Lebensumstände und Entbehrungen wurden von der Autorin sehr lebensnah beschrieben, so dass man sich die Not und Verzweiflung gut vorstellen kann. Da die Familie Melzer privilegiert ist durch ihren Wohlstand, trifft sie die Härte des Krieges nicht so sehr wie die ärmeren Familien und Arbeitern, die zum Teil in der Tuchvilla schuften. Trotzdem empfindet man an der einen oder anderen Stelle Mitleid und kann auch ihren Kummer sehr gut nachvollziehen, wenn es wieder einmal einen Verlust oder eine traurige Nachricht zu beklagen gab. Auch die persönlichen Entwicklungen der einzelnen Charaktere werden im Zuge des langandauernden Krieges von der Autorin sehr anschaulich beschrieben. So wächst Marie regelrecht über sich hinaus, kümmert sich um jegliche Belange in der Fabrik und auch um ihre Schwägerinnen und ihre Schwiegermutter, dabei hat sie noch zwei Kleinkinder zu versorgen und ist auch dem Dienstmädchen Hanna eine wirkliche Freundin. Marie ist eine sehr sympathische Person, die sich nicht in Selbstmitleid ergeht und überall anpackt, wo es nötig ist. Sie besitzt auch den Mut, sich ihrem Schwiegervater entgegen zu stellen. Elisabeth ist eher zurückhaltend, bekommt von ihrem nichtsnutzigen Ehemann Hörner aufgesetzt und wird von ihm und ihren Schwiegereltern nur ausgenutzt. Dabei wünscht sie sich nichts mehr als ein eigenes Kind. Kitty dagegen ist regelrecht überschäumend, laut und von ihren Stimmungsschwankungen abhängig. Sie wirkt oberflächlich und egoistisch, doch dann gibt es wiederum Momente, wo man fast glaubt, dass sie auch anders sein kann.
In „Die Töchter der Tuchvilla“ geht es hauptsächlich um die Frauen der Familie Melzer, deren Schicksal und das ihrer Dienstboten. Anne Jacobs zeigt auf sehr eindringliche Weise auf, wie schwer es die Frauen zur damaligen Zeit hatten und wie sie mit wenigen Mitteln immer wieder versuchten, für alle das Beste herauszuholen. Vielen Fragen bleiben am Ende des Buches noch offen und ungeklärt, so kann man nur hoffen, dass es noch einen dritten Band geben wird, der auch die letzten Fragezeichen ausräumt und die inzwischen vertrauten Charaktere noch einmal zum Leben erweckt. Dieses Buch ist eine sehr schöne Fortsetzung des ersten Romans. Alle, die Familiengeschichten lieben, sind hier bestens aufgehoben. Zur Einstimmung sollte allerdings der erste Band gelesen werden, damit man der weiteren Familiengeschichte auch folgen kann. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Liebe kommt über den Wein

Eine Liebe in der Bourgogne
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Gleich ihren ersten Job vergeigt Johanna als Pressesprecherin des Bürgermeisters, der sich gerade im Wahlkampf befindet und hat nun so gar keine Ahnung, was sie machen soll. Sämtliche Bewerbungen schlagen ...

Gleich ihren ersten Job vergeigt Johanna als Pressesprecherin des Bürgermeisters, der sich gerade im Wahlkampf befindet und hat nun so gar keine Ahnung, was sie machen soll. Sämtliche Bewerbungen schlagen ins Leere, so tritt sie kurzerhand einen Job in einer exklusiven Weinhandlung an, um damit erst einmal die Zeit zu überbrücken. Von Wein und dessen Herstellung hat Johanna keine Ahnung, sie trinkt ihn nur gern. Aber sie spricht fließend Französisch. Als sie mit ihrer Chefin auf ein Weingut in die Bourgogne reist, um für diese als Übersetzerin zu fungieren, lernt sie dort den Weinbauer Luc kennen. Während sie von ihm mehr und mehr in die Materie des Weinbaus und den verschiedenen Reben- und Geschmackssorten eingeweiht wird und an dem Thema wirklich Gefallen findet, entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte zwischen den beiden. Doch Luc entstammt einer Familie aus alten Traditionen und ist zudem verlobt mit der Tochter eines anderen Weingutes. Die Hindernisse scheinen unüberwindbar, und Johanna reist zurück nach Berlin. Aber Luc scheint ein hartnäckiger Bursche zu sein und auch Johanna kann ihn nicht vergessen. Wird sie sich ihren Gefühlen und auch den Widerständen entgegenstellen, um ihr Glück zu finden?
Heike Franke hat mit ihrem Buch „Eine Liebe in der Bourgogne“ ihren Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flockig und wunderbar zu lesen. Direkt ab der ersten Seite taucht der Leser ein und begleitet Johanna auf jedem Schritt. Die Landschaftsbeschreibungen sind der Autorin ebenso gelungen wie die Welt des Weines, angefangen vom Anbau der Reben und den Schwierigkeiten, das Wetter verursachen kann, über die verschiedenen Geschmacksrichtungen, die man bei der Verkostung herausschmecken kann und auch über den Vertrieb und den internationalen Weinhandel erfährt man einiges, sowie die befremdliche Welt des Plagiats, in denen die Etiketten von hochgehandelten Spitzenweinen gefälscht werden und minderwertige Ware damit ausstaffiert wird.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert skizziert, wirken dabei sehr authentisch und lebensecht. Johanna ist eine sehr sympathische junge Frau, die ihren Platz in der Welt erst noch finden muss. Der erste Job war ein Reinfall und nun landet sie über Umwege in einer anderen Welt, die nach und nach zu ihrer wird. Sie ist aufgrund ihrer familiären Situation eher zurückhaltend und sieht die Dinge mehr nüchtern und nicht aus dem Bauch heraus. Doch während der Geschichte kann man beobachten, wie Johanna immer mehr aus sich heraus kommt. Luc ist ein sehr integrer Mann, der sein Handwerk versteht, sich aber auch nicht für das Weingut verbiegen will. Dies bringt ihm so manches Problem mit seiner Familie ein. Johannas Mitbewohnerin Lucie ist eine warmherzige und esoterisch angehauchte Person, die viel Farbe in Johannas Leben bringt und sie aus ihrer selbstgewählten Einsamkeit herausholt. Sie hat so manchen guten Rat parat und ist ein echter Glücksfall in dieser Geschichte. Auch Coco, Lucs Schwester, ist ein bunter Paradiesvogel, die macht, was sie will, aber das Herz am rechten Fleck hat und ihre Talente gut zu verstecken weiß. Auch die anderen Protagonisten bilden ein buntes Bild verschiedenster Charakterzüge, die mal hinreißend und mal unerträglich sind und so den Unterhaltungswert dieser Geschichte noch steigern.
Heike Franke ist mit „Eine Liebe in der Bourgogne“ ein wunderschönes Debüt gelungen. Ein unterhaltsamer Liebesroman, der erst wie aus dem Leben gegriffen ist und am Ende fast wie ein Märchen anmutet. Dieses Buch macht einfach gute Laune und bietet kurzweilige Lesestunden. Absolute Leseempfehlung für alle, die sich eine romantische und auch interessante Lektüre wünschen, bei der man bei einem guten Glas Wein auch ein wenig darüber lernen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein literarische Kleinod

Stille Nacht
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Es gibt Lieder, die einen von der Kindheit an das ganze Leben hindurch begleiten. „Stille Nacht“ des Priesters Joseph Mohr ist so ein Lied und der Autor Titus Müller hat ihm und der Entstehung des Liedes ...

Es gibt Lieder, die einen von der Kindheit an das ganze Leben hindurch begleiten. „Stille Nacht“ des Priesters Joseph Mohr ist so ein Lied und der Autor Titus Müller hat ihm und der Entstehung des Liedes einen kleinen, aber sehr feinen historischen Roman gewidmet
Joseph Mohr war ein katholischer Priester, der in Österreich lebte und wirkte. Zeit seines Lebens trug er die Last mit sich herum, ein uneheliches Kind zu sein und seinen Vater nie kennengelernt zu haben, aber für immer gezeichnet zu sein als Bastardkind. Seine Mutter hatte mehrere Kinder von mehreren Männern, doch brachte sie alle allein als Näherin durch. Joseph Mohr war sehr musikalisch, ein Erbe seines Vaters, so fand er einen Gönner, der ihm die Türen zu einer guten Bildung öffnete, für die Joseph Mohr hart arbeiten musste, um im Priesterseminar zu bestehen. Eines Tages macht sich Joseph auf den Weg, seinen Vater und seine Wurzeln zu suchen, doch er wird zu spät kommen, da der Vater vorher stirbt. So begibt er sich auf die Suche nach Verwandten und findet in einer einsamen Gegend in einer Holzhütte seinen Großvater, der ihm erst unwirtlich und barsch gegenüber tritt, doch je mehr Zeit die beiden Männer miteinander verbringen, umso mehr wachsen sie zusammen bis der Großvater stirbt. Das Einzige was Joseph vom Großvater bleibt, ist die Gitarre seines Vaters, die dieser aufgehoben und ihm vermacht hat.
1818 lebt Joseph Mohr in Österreichisch Laufen und tritt dort seine Stelle als neuer Pfarrer an. Seine Gemeinde besteht hauptsächlich aus ärmlichen Familien, die von der Flussschifffahrt leben. Er muss sie als Pfarrer durch seine Predigten von seinen Qualitäten überzeugen und möchte dies auch durch seine Musik tun, die ihm besonders am Herzen liegt. Die Besucher seines Gottesdienstes pflegen noch einigen Aberglauben an Geister, die sie in ihrem täglichen Leben beschützen sollen und können mit seinen Worten nicht viel anfangen. Joseph Mohr nimmt die Herausforderung an und kümmert sich um seine Gemeindemitglieder, lernt ihre Sorgen kennen und versucht, ihnen den richtigen Rat zu geben. Dabei sucht er in stillen Momenten Hilfe bei der Musik. Als sein Pfarrprovisor sich gegen ihn und seine Musik stellt, will er sich dennoch nicht davon beirren lassen. Gemeinsam mit dem Kirchorganisten Franz Gruber spielt er am 21. Dezember 1818, am Thomastag, sein eigens geschriebenes Lied „Stille Nacht“, für die Gruber die Melodie lieferte, und die Menschen im Gottesdienst hören ihm aufmerksam zu. Mit diesem Lied hat er seine Gemeinde wohl für sich gewonnen, denn am Ende waren die Menschen ergriffen und dankten ihm dafür.
Titus Müller hat einmal mehr sein wunderbares Schreibtalent unter Beweis gestellt, indem er eine sehr gut recherchierte Handlung mit poetischen, feinfühligen Worten zu einer wirklich schönen Geschichte erzählt, die den Leser von der ersten bis zur letzten Minute fesseln. Im Anhang bereitet der Autor für den Leser den historischen Hintergrund auf und unterstützt mit Faktenwissen über die Biografie von Joseph Mohr.
„Stille Nacht“ mag vielleicht ein Weihnachtslied sein, doch es ist auch ein Lied der Hoffnung und des Glaubens. Man kann das Büchlein somit immer wieder in die Hand nehmen und der Handlung einen Platz im Herzen einräumen. Wenn man es erst einmal gelesen hat, wird man sich dieser wunderschönen Geschichte immer wieder erinnern, besonders, wenn man die wunderbare Melodie von „Stille Nacht“ hört. Absolut empfehlenswert, ein wahrer Lesegenuss von einem Meister der Wortkunst!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zwei wie Katz' und Maus

Weihnachtszauber wider Willen
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Das Snow Crystal Resort der Familie O’Neils ist nach einem Jahr fast saniert und endlich steigen die Buchungszahlen. Brenna ist seit ihrer Kindheit mit den O’Neil-Brüdern befreundet und wird von allen ...

Das Snow Crystal Resort der Familie O’Neils ist nach einem Jahr fast saniert und endlich steigen die Buchungszahlen. Brenna ist seit ihrer Kindheit mit den O’Neil-Brüdern befreundet und wird von allen als Familienmitglied angesehen. Alles in ihrem Leben dreht sich um Skifahren und vor allem um Tyler O’Neil, in den sie schon seit ihrer Kindheit verliebt ist. Doch Tyler hat bis heute keine Ahnung davon. Seitdem er nach einem schweren Unfall wieder in Snow Crystal wohnt, kümmert er sich neben seinem Job im Resort um seine Teenagertochter Jess und versucht sich als alleinerziehender Vater. Als das Resort ausgebucht ist, muss Brenna eine neue Bleibe suchen und zieht kurzfristig als Gast in Tylers Haus. Das ist genau im Sinne der Kupplerinnen Kayla und Elise, die die beiden endlich als Paar sehen wollen. Aber auch Jess hat in Brenna eine gute Freundin gefunden und freut sich, dass Brenna erst einmal bei ihr und Tyler wohnt. Auf so engem Raum können sich Tyler und Brenna kaum aus dem Weg gehen. Wird aus besten Freunden nun doch noch ein Liebespaar?
„Weihnachtszauber wider Willen“ von Sarah Morgan ist der dritte Band rund um die Brüder O’Neil. Wie jeder Roman steht dieser auch für sich und kann gut ohne Vorkenntnisse gelesen werden. Der Schreibstil der Autorin ist wunderbar flüssig, die Dialoge sind mit Witz und Humor gespickt, so dass der Leser das Gefühl hat, bei jedem Schlagabtausch dabei zu sein und darauf zu warten, was als nächstes passiert. Die Spannung wird gleich zu Beginn gut aufgebaut und durchgängig gehalten bis zum Ende. Die Charaktere sind liebevoll und ausdrucksstark skizziert, wirken sehr lebendig und authentisch. Ihre Gefühle und Gedanken bleiben dem Leser nicht verborgen, so dass man sich mit ihnen freuen, lachen und auch leiden kann. Brenna ist eine sehr sympathische Frau, die durch eine schwierige Zeit in ihrer Vergangenheit nicht genügend Selbstvertrauen entwickelt hat, um sich gegen andere zu stellen oder offen ihre Meinung zu sagen. Sie wirkt eher zurückhaltend und wie ein Kumpeltyp, dabei ist sie ebenso romantisch und gefühlsbetont wie andere Frauen. Tyler ist ein sportbesessener Kerl, der sich auf seine Vaterrolle konzentriert, um nicht darüber nachdenken zu müssen, wie sehr ihm der Sportzirkus seit seinem Unfall fehlt. Brenna ist für ihn die Einzige, die seinen Verlust versteht und mit der er gerne zum Skilaufen geht, denn er hält sie für ebenbürtig. Allerdings sieht er sie seit einiger Zeit auch mit anderen Augen, nämlich als Frau, doch Tyler hat Angst sich zu binden. Auch die anderen Protagonisten unterstützen die Romantik dieses wunderbaren Romans mit ihren Eigenheiten und kleinen Nebengeschichten, so dass das Buch zu einem echten Dauerbrenner wird, den man nicht aus der Hand legen kann.
Sarah Morgan ist mit „Weihnachtszauber wider Willen“ ein wunderbarer Liebesroman gelungen, der sehr unterhaltsam und spannend zugleich ist und der durch die entworfene Hintergrundkulisse ganz herrlich in die Weihnachtszeit passt. Ein richtiger Pageturner, der allen gefallen dürfte, die romantisch-spritzige Liebesgeschichten lieben und sich davon verzaubern lassen wollen. Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wenig überzeugend

Wintergäste
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Als Kerrin ihre Schwiegermutter Inge Boysen nach den Weihnachtstagen in deren Reetdachhaus auf einer Nordseeinsel gelegen leblos auffindet und annimmt, dass diese gestorben ist, informiert sie sofort sämtliche ...

Als Kerrin ihre Schwiegermutter Inge Boysen nach den Weihnachtstagen in deren Reetdachhaus auf einer Nordseeinsel gelegen leblos auffindet und annimmt, dass diese gestorben ist, informiert sie sofort sämtliche Familienmitglieder, die nach und nach im Haus Tide hinterm Deich eintreffen. Während jeder gedanklich mit seinen eigenen Sorgen und Nöten beschäftigt ist und seinen Gefühlen freien Lauf lässt, liegt Inge aufgebahrt da und kann sich nicht verständlich machen. So erfährt sie ungewollt alles, was die Familie von sich zum Besten gibt, aber auch, was man über sie denkt. Dabei tun sich einige Abgründe und Baustellen auf, von denen sie wahrscheinlich in ihren kühnsten Träumen nichts geahnt hat. Dann stellt sich heraus, dass Inge doch nicht tot ist, so dass alle wieder abreisen wollen. Als sich draußen ein Wintersturm anbahnt, der nun allen die Möglichkeit der vorzeitigen Flucht aus Haus Tide nimmt, sind die Familienmitglieder gezwungen, sich miteinander auseinander zu setzen.
Sybil Volks hat mit ihrem Buch „Wintergäste“ einen Familienroman vorgelegt, für den anscheinend noch ein weiterer Nachfolgeband geplant ist. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen, dabei manchmal sogar poetisch zu nennen. Dabei sind einige Stellen auch sehr humorvoll ausgelegt und entbehren nicht einer gewissen Komik. Schön auch die Beschreibung der Landschaft, die dem Leser die Liebe der Autorin zur Nordsee nicht verbergen. Doch schon die Aufteilung des Romans ist eine Herausforderung. Die 5 einzelnen Buchabschnitte sind sehr lang, in denen zu Beginn noch Absätze einen Szenenwechsel anzeigen. Doch schon bald wird alles aneinander gereiht und der Leser hat wirklich Mühe, die einzelnen Handlungen auseinander zu halten, da es durch die vielen Familienmitglieder ebenso viele Handlungsstränge gibt, die sich abwechseln, aber sich nicht ergänzen oder miteinander verbunden werden. Dadurch fehlt dem Roman eine gewisse Struktur, die man als Leser meist gewohnt ist. Neue Wege und Überraschungen sind normalerweise nichts Schlechtes, doch in diesem Fall einfach zu viel des Guten, wird der Lesefluss dadurch doch sehr erschwert. Auch der fast durchgängige Einsatz von Monologen macht die Lektüre zu einer Herausforderung. Bei so vielen angesetzten Themen innerhalb einer Familie wären Dialoge, die in Disputen, Streitgesprächen oder Versöhnungen münden, wesentlich interessanter gewesen und hätten der Handlung eine gewisse Spritzigkeit verliehen.
Die einzelnen Charaktere wurden von der Autorin sehr detailliert ausgearbeitet, jedoch fehlt es allen an Wärme und Sympathiepunkten, um sich wirklich in sie hineinversetzen zu können oder sie zu mögen. So bleiben alle recht unnahbar und fremd, obwohl einzelne Schicksale durchaus interessante Ansätze haben. Aber gerade die fehlende Identifikation mit den Protagonisten führt dazu, dass einen die Gefühle, Gedanken und Sorgen nicht wirklich berühren. Und der Schicksale, Nöte und Sorgen gibt es in diesem Buch viel zu viele, alle werden eigentlich nur gestreift, allenfalls etwas weiter ausgeführt, doch es kommt kaum zu einer Lösung. Dies frustriert und macht einen eher teilnahmslos, es kommt Langeweile auf, da alles auf Längen ausgebreitet wird.
„Wintergäste“ birgt eigentlich eine Menge Potential für eine spannende und unterhaltsame Familiengeschichte, doch dies wurde hier nicht umgesetzt und konnte als Roman nicht überzeugen. Am Ende ist man nicht schlauer als zu Beginn. Sehr schade für die vergeudeten Möglichkeiten, hierfür gibt es keine Empfehlung!