"Eine Frau, die geliebt wird, hat immer Erfolg." (Vicki Baum)
Vor Frauen wird gewarntDie 1888 in Wien geborene Jüdin Hedwig Baum (Rufname Vicki) war fünf Jahre als Verlagsangestellte für den Berliner Ullstein-Verlag tätig, bevor sie in die USA emigrierte. In den 20er Jahren des vergangenen ...
Die 1888 in Wien geborene Jüdin Hedwig Baum (Rufname Vicki) war fünf Jahre als Verlagsangestellte für den Berliner Ullstein-Verlag tätig, bevor sie in die USA emigrierte. In den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde sie mit ihren erfolgreichen Romanen wie „Menschen im Hotel“ oder „Vor Rehen wird gewarnt“ eine der bekanntesten Schriftstellerinnen der Weimarer Republik. Baum war eine emanzipierte, selbstsichere und vor allem selbstkritische Frau mit beruflichen Ambitionen, die sich von den Nazis als jüdische Asphaltliteratin bezeichnen lassen musste, gerade weil ihre Romane neben Unterhaltung vor allem gesellschaftskritisch angelegt waren. Besonders ihre weibliche Leserschaft war ihr treu ergeben und hegte größte Bewunderung für ihre Selbständigkeit.
Heidi Rehn hat mit „Vor Frauen wird gewarnt“ einen sehr unterhaltsamen biografischen Roman vorgelegt, der das Ausnahmetalent von Vicki Baum, vor allem aber ihre persönliche Seite in den Vordergrund rückt. Der flüssige Schreibstil nimmt den Leser mit in die Vergangenheit, wo er auf Hedwig/Vicki trifft, die in einer von Männern dominierten Welt emanzipiert und selbstbewusst genug ist, als verheiratete Frau und Mutter in Berlin ihr Domizil aufzuschlagen, um sich dort ihren Traum einer eigenen Karriere zu erfüllen, wobei sie von ihrem Ehemann, dem Dirigenten Richard Lert, unterstützt wurde. Die beiden führen eine moderne, offene Ehe, fühlen sich aber gefühlsmäßig fest aneinander gebunden. Berlin ist für Vicki eine Offenbarung, sämtliche Möglichkeiten, die sich ihr bieten, nimmt sie in Anspruch, während sie im Verlagshaus Ullstein als Redakteurin arbeitet und nebenbei auch ihre eigenen Werke verfasst. Ihr Roman „Menschen im Hotel“ wurde 1930 am Nollendorfplatz-Theater uraufgeführt und nach der englischen Übersetzung sogar am New Yorker Broadway inszeniert, was alsbald sogar zur Verfilmung in Hollywood führte und Baum weltbekannt machte. Heidi Rehn hat akribisch recherchiert und sämtliche Informationen in ihren biografischen Roman einfließen lassen. Der Leser bekommt nicht nur eine interessante, schillernde Persönlichkeit präsentiert, sondern schnuppert ins Verlagsleben und auch jede Menge Berliner Luft der 20er Jahre. Die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen sind hervorragend eingearbeitet, so dass der Leser den Umschwung ebenfalls zu spüren bekommt durch die immer mehr an Einfluss gewinnenden Nazis.
Vicki Baum war eine Frau von Format, eine, die weiß, was sie will und kein Blatt vor den Mund nimmt. Sie ist intelligent, selbstbewusst, vor allem aber bodenständig, weshalb sie von ihrer damaligen Fangemeinde angebetet wird. Sie kämpft und erfüllt sich ihren Wunsch nach einer Karriere, von der viele Frauen träumen, es ihnen aber untersagt bleibt, ob aus fehlendem Mut oder einem bevormundenden Ehemann, sei dahin gestellt. Sie verkörperte schon damals das Frauenbild, dass viele Frauen heutzutage anstreben: Karriere, Ehefrau und Mutter zu sein erfolgreich unter einen Hut zu bringen. Dafür bringt sie allerdings auch einige Opfer, die sich aber durch ihren Erfolg und die damit verbundene Zufriedenheit die Waage halten.
Heidi Rehn hat mit „Vor Frauen wird gewarnt“ ein wunderbares Porträt einer außergewöhnlichen Frau geschaffen. Der Roman liest sich nicht nur hervorragend, sondern besticht mit in Worten gemalten Beschreibungen, die das Kopfkino anspringen und der Leser gemeinsam mit Vicki das Berlin der 20er Jahre erleben lassen. Absolute Leseempfehlung!