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Veröffentlicht am 29.05.2023

Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat. (Mark Twain)

Das Kaufhaus – Zeit der Wünsche
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1885 Stralsund. Nachdem Flora und Leonhard Tietz mit Hilfe von Floras Bruder Sally und dessen Verlobter Anna erfolgreich das Kaufhaus Tietz etabliert haben, steht die Expansion des Kaufhauses in anderen ...

1885 Stralsund. Nachdem Flora und Leonhard Tietz mit Hilfe von Floras Bruder Sally und dessen Verlobter Anna erfolgreich das Kaufhaus Tietz etabliert haben, steht die Expansion des Kaufhauses in anderen Städten auf dem Wunschzettel. Sally und Anna sollen sich nach einem geeigneten Platz für eine Dependance in Annas Heimatstadt Schweinfurt umsehen. Währenddessen hat Leonhards Bruder Oskar mit seinem Geschäft in Gera anfangs nur mäßig Erfolg und steht bei der Familie aufgrund seiner Beziehung zu Betty in Misskredit. Doch auch Oscar macht den Laden mit Hilfe seines Onkels Hermann Tietz schließlich doch zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten der Gera-Kaufleute, was ihm erneut Ärger einbringt. Leonhard plant derweil, ein großes Kaufhaus in Elberfeld zu eröffnen…
Susanne von Berg hat mit „Zeit der Wünsche“ den zweiten Teil ihrer historischen Hertie-Kaufhaus-Trilogie vorgelegt, in der sich Wahrheit und Fiktion vermischen zu einer unterhaltsamen und kurzweiligen Lektüre. Der bildhafte, flüssige und gefühlvolle Schreibstil beamt den Leser zurück ins 19. Jahrhundert, wo er sich schnell als Teil der Tietz-Familie wiederfindet und vor allem Flora und deren Ehemann Leonhard auf Schritt und Tritt folgt. Das Ehepaar ist ein eingeschworenes Team, denen Familiensinn und Vertrauen sehr viel wert ist, was sie auch ihren Mitarbeitern vorleben. Während Flora sich mehr um die Kinder sowie die Ausstattung der einzelnen Läden kümmert, liegt es an Leonhard, sich um die Erweiterung des Sortiments zu kümmern. Sally hat sich inzwischen ebenso wie seine Verlobte Anna unentbehrlich für das Geschäft gemacht, so dass den beiden der neue Laden in Schweinfurt zur Leitung übertragen wird. Die Autorin lässt mit ihren farbenfrohen Beschreibungen nicht nur die einzelnen Kaufhaus-Dependancen vor dem inneren Auge des Lesers entstehen, empathisch vermittelt sie auch die zwischenmenschlichen Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder untereinander gut an den Leser. Innovative Ideen nach dem Vorbild amerikanischer Warenhäuser nehmen nach und nach Gestalt an, rufen aber auch alteingesessene Händler auf den Plan, die sich um ihre Existenzen bedroht fühlen und sich zur Wehr setzen. Die Perspektivwechsel zwischen den einzelnen Familienangehörigen und deren Läden halten den Leser trotz mäßiger Spannung bei der Stange, der gleichzeitig den Konkurrenzkampf mit Wertheim beobachten darf.
Die Charaktere wurden lebendig ausgestaltet und mit authentischen Ecken und Kanten versehen, die sie dem Leser schnell ans Herz wachsen lassen. Flora ist eine patente und einfühlsame Frau, die anscheinend alles unter einen Hut bekommt. Sie liebt ihre Familie, aber ebenso ist sie kreativ tätig und wartet immer mit neuen Ideen auf. Leonhard vergöttert seine Ehefrau und liest ihr jeden Wunsch von den Lippen ab. Sally hat sich zu einem verantwortungsbewussten Kerl gemausert, der seine Aufgaben ernst nimmt. Oscar ist das schwarze Schaf der Familie, dabei hat er interessante Ideen und liebt seine Betty sehr. Onkel Hermann ist durch und durch Geschäftsmann, während sein Bruder Chaskiel nur ein Großmaul und Möchtegern ist, der das Sagen haben will über die gesamte Familie.
„Zeit der Wünsche“ erzählt nicht nur von der Expansion der Hertie-Warenhäuser, sondern unterhält den Leser mit einer Mischung aus Familiengeschichte, Liebe und Eifersucht. Kurzweilige Lesestunden mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 14.05.2023

Gott würfelt nicht! – Albert Einstein

Wenn ein neuer Tag anbricht
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1903 England. Seitdem ihre Eltern und ihre ältere Schwester bei einem Bootunglück ums Leben kamen, hadert Maggie Lounsbury mit dem Schicksal, denn sie fühlt sich von Bekannten und Freunden verlassen, zudem ...

1903 England. Seitdem ihre Eltern und ihre ältere Schwester bei einem Bootunglück ums Leben kamen, hadert Maggie Lounsbury mit dem Schicksal, denn sie fühlt sich von Bekannten und Freunden verlassen, zudem zweifelt sie an der Geschichte eines Bootsunfalls. Mit ihrer jüngeren Schwester Violet lebt sie bei ihrer Großmutter und unterstützt diese auch in deren Hutgeschäft. Als ihr Freund aus Kindertagen, Nathaniel Harcourt, nach dem Tod seines Vaters nach Morningside zurückkehrt, um als Erbe die Verantwortung für die Firma und das Gut zu übernehmen, steht Maggie seinem Auftauchen sehr befremdet gegenüber, denn seit dem Tod ihrer Eltern fühlt sie sich von ihm im Stich gelassen. Während Nathaniel sich in der Fabrik großen Widerständen ausgesetzt sieht, versucht Maggie, mehr über das Bootsunglück herauszufinden, was andere allerdings mit aller Macht zu verhindern suchen…
Carrie Turansky hat mit „Wenn ein neuer Tag anbricht“ einen sehr spannenden und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der neben einer traurigen Familiengeschichte auch kriminalistische Elemente enthält sowie eine gefühlvolle Liebesgeschichte. Der flüssige, bildhafte und emotionale Erzählstil nimmt den Leser mit ins England des vergangenen Jahrhunderts, wo er nicht nur wunderbar gestaltete Protagonisten kennenlernt, sondern auch mit Maggie auf Spurensuche geht, um die wahren Umstände aufzuklären, die zum Tod ihrer Eltern und ihrer älteren Schwester führten. Maggie ist aufgrund des Schicksalsschlags, der inzwischen vier Jahre zurückliegt, innerlich so zerrissen, dass sie nicht nur ihren Glauben verloren hat, sondern auch nicht gerade eine Sympathieträgerin ist. Einzig die warmherzige Fürsorge ihrer jüngeren Schwester gegenüber lässt sie menschliche Züge zeigen. Die tiefgläubige Großmutter gibt sowohl Maggie als auch Violet ein liebevolles Zuhause, während sie gleichzeitig der ausgleichende Pol zu Maggies Verzweiflung ist. Auch Nate hat einige Baustellen abzuarbeiten, zum einen ist das einst freundschaftliche Verhältnis zu Maggie gestört, dazu muss er den Tod seines Vaters verarbeiten sowie sich irgendwie gegen die Machenschaften in der Firma durchsetzen. Die Autorin beschreibt die zwischenmenschlichen Beziehungen ihrer Protagonisten untereinander auf sehr natürliche und gefühlvolle Art, so dass der Leser alles gut nachvollziehen kann. Der Leser wird aufgrund der sich immer weiter aufbauenden Spannung rund um die Auflösung des Bootsunglückes mehr und mehr in die Handlung hineingezogen. Der christliche Aspekt wurde wunderbar unaufdringlich in die Handlung eingewoben, der von Gottvertrauen, Vergebung und Verzeihen handelt.
Die Charaktere sind glaubwürdig gestaltet und mit sehr menschlichen Zügen ausgestattet, die sie dem Leser schnell ans Herz wachsen lassen. Maggie ist zu Beginn mit ihrer nachtragenden, sturen Art fast unsympathisch, ihre liebevolle Art gegenüber ihrer Schwester Violet zeichnet dann ein ganz anderes Bild von ihr. Sie ist zutiefst verletzt und versucht mit aller Macht, ihrem Leben wieder Struktur zu geben. Violet ist ein zauberhaftes, fröhliches Mädchen, das allen an der Seele rührt. Maggies Großmutter ist der Fels in der Brandung, zart und doch kraftvoll mit unglaublicher Weisheit. Nate ist ein ehrlicher Mann, auf den man sich in allen Lebenslagen verlassen kann. Er ist vertrauensvoll und empathisch, während Helen eine Natter ist, der man nicht den Rücken zukehren darf.
„Wenn ein neuer Tag anbricht“ überzeugt nicht nur mit einer atmosphärisch-dicht gewebten Handlung, die mit kriminalistischen Elementen die Spannung konstant auf hohem Level hält, sondern neben traurigen Lebenswegen der Protagonisten auch eine Liebesgeschichte enthält, die aus einer alten Freundschaft erwächst. Absolute Leseempfehlung für einen tiefgründigen und sehr unterhaltsamen Roman!

Veröffentlicht am 14.05.2023

Die Familie ist die Heimat des Herzens. - Giuseppe Mazzini

Der Salon am Rosenplatz
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1966 Bremen. Nach dem Tod des Vaters erbt Gisela als älteste Tochter den familieneigenen Friseursalon Fellbach, in dem auch ihre Geschwister, Bruder Kurt und die 15 Jahre jüngere Schwester Ruth, mitarbeiten. ...

1966 Bremen. Nach dem Tod des Vaters erbt Gisela als älteste Tochter den familieneigenen Friseursalon Fellbach, in dem auch ihre Geschwister, Bruder Kurt und die 15 Jahre jüngere Schwester Ruth, mitarbeiten. Der Salon lebt allerdings nur noch von der alten Stammkundschaft, denn immer mehr modernere Friseurläden öffnen in Bremen ihre Tore, die mehr zu bieten haben. Gisela ist nach dem Tod ihres Mannes in ihrer Trauer gefangen und hat kaum noch Interesse an dem Geschäft, während Schwester Ruth gern viele neue Ideen ausprobieren würde. Als Giselas Tochter Marianne als Fotomodell entdeckt wird und nach London zieht, gibt Gisela Ruth die Schuld an deren Weggang und entlässt sie aus dem Salon. Ruth findet schnell eine neue Stelle bei einem der modernen Konkurrenten, wo sie sich bald gut einlebt. Als der alte Friseursalon eines Tages buchstäblich in Rauch aufgeht, kommen vor allem bei den Schwestern Gisela und Ruth endlich viele Dinge an die Oberfläche, über die Jahre geschwiegen wurde…
Caroline Jansen hat mit „Frauen wie wir“ einen unterhaltsamen Auftaktband für ihre „Salon am Rosenplatz“-Serie vorgelegt, der den Leser nicht nur auf eine Zeitreise in die späten 60er des vergangenen Jahrhunderts einlädt, sondern auch eine typische Familiengeschichte der damaligen Generation erzählt. Der flüssige und farbenfrohe Erzählstil lässt den Leser nicht nur in die Vergangenheit reisen, sondern zaubert während der Lektüre auch lebhafte Bilder vor das innere Auge. Schnell schlüpft er an die Seite von Ruth, um sich im alten Friseursalon Fellbach umzusehen, die alten Waschbecken und Trockenhauben in Augenschein zu nehmen sowie gleichzeitig einen ersten Eindruck über das Verhältnis der Geschwister untereinander zu erhalten. Ruth ist als Nachzüglerin 15 bzw. 14 Jahre jünger als ihre ältere Schwester und ihr Bruder. Nach dem Tod der Mutter wuchs Ruth bei Gisela und ihrer Familie auf, was das Verhältnis zwischen Gisela und ihr veränderte. Während Ruth und Giselas Tochter Marianne eher wie Freundinnen miteinander umgehen, ist die Beziehung zwischen Ruth und Gisela eher schwierig. Der Tod ihres Ehemannes stürzt Gisela in Depressionen und Apathie, sie sitzt in ihrem Trauerkokon fest, verschließt sich dem Fortschritt völlig und ertränkt ihre Einsamkeit mit Alkohol. Tochter Marianne macht ihre eigenen Erfahrungen als Fotomodell in London, während Ruth in einem neuen Salon endlich aufblüht und vielleicht auch ihre große Liebe findet. Sogar Kurt ist mutig genug, etwas Neues zu wagen. Die Autorin hat die 60er Jahre sehr schön wieder aufleben lassen, aber auch ihren Protagonisten Gesichter gegeben, die für viele Menschen der damaligen Zeit stehen. Manchen konnte der Fortschritt nicht schnell genug gehen, andere kamen mit den Veränderungen nicht so gut zurecht. Auch die innerfamiliären Konflikte werden gut und nachvollziehbar beschrieben und dringen erst an die Oberfläche, als der alte Salon einem Brand zum Opfer fällt.
Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig in Szene gesetzt, mit ihren menschlichen Ecken und Kanten nehmen sie den Leser schnell für sich ein, der ihnen gern über die Schulter schaut. Ruth ist eine modern denkende junge Frau, die ihre Arbeit als Friseurin liebt und gern Neues ausprobieren würde. Sie ist liebenswert, hilfsbereit und offen. Schwester Gisela ist das genaue Gegenteil, wirkt eher verschlossen, uninspiriert, unterkühlt und ertrinkt schon fast in Selbstmitleid. Sie will, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen und ist gegenüber allen Argumenten verschlossen. Kurt ist ein stiller, in sich gekehrter Mann, der erst am Ende zu überraschen weiß. Marianne ist abenteuerlustig und mutig, auch wenn sie dabei Lehrgeld wird zahlen müssen.
„Frauen wie wir“ spiegelt das Gesellschaftsbild der 60er Jahre sehr schön wieder. Unterhaltsam und gefühlvoll lässt die Autorin die alte Zeit wieder aufleben und zeichnet gleichzeitig eine interessante Familiengeschichte auf. Kurzweilige Lektüre für entspannte Lesestunden. Verdiente Empfehlung!

Veröffentlicht am 01.05.2023

Qualität ist, wenn der Kunde zurückkommt, aber nicht das Produkt. (Hermann Tietze)

Das Kaufhaus – Zeit der Sehnsucht
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1879 Stralsund. Mit ihrem Verlobten Leonhard Tietz hat sich Flora in Stralsund niedergelassen, um sich dort eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Als Flora für ihr Brautkleid das geeignete Material sucht, ...

1879 Stralsund. Mit ihrem Verlobten Leonhard Tietz hat sich Flora in Stralsund niedergelassen, um sich dort eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Als Flora für ihr Brautkleid das geeignete Material sucht, wird sie in dem Textilgeschäft von Alfred Holst fündig, das schon bessere Tage gesehen hat und kurz vor dem Ruin steht. Alfred hat seit dem Tod seiner Frau nicht mehr Fuß fassen können und Schulden angehäuft, die ihm nun das Wasser bis zum Hals stehen lassen. Flora, die nicht nur mit Alfred Mitleid hat, sondern auch von dem Laden angetan ist, springt Alfred zur Seite und hilft ihm, den Laden etwas auf Vordermann zu bringen. Währenddessen kündigt Leonhard seine Beteiligung an einer Textilwarenfirma und geht auf Geschäftsreise, um sich von seinen alten Kunden zu verabschieden. Als Flora ihm nach seiner Rückkehr von ihrem Einsatz bei Holst erzählt, keimt in Leonhard eine Idee auf, die er mit Hilfe von Flora schon bald in die Tat umsetzt…
Susanne von Berg hat mit „Zeit der Sehnsucht“ den Auftaktband ihrer Kaufhaus-Trilogie vorgelegt, deren Handlung die Entstehungs- und Erfolgsgeschichte des Hertie-Konzerns wiederspiegelt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil erlaubt dem Leser eine Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert, wo er neben Flora und Leonhard auch Floras Bruder Sally sowie Alfred Holst kennenlernt. Flora und Leonhard leben verlobt, jedoch unverheiratet, gemeinsam in einer Wohnung, was zur damaligen Zeit unüblich war. Jedoch liegt die Hochzeit nicht mehr fern, und Flora möchte sich ihr Kleid selber schneidern. Während Leonhard auf Geschäftsreise ist, wird Floras Besuch in Alfred Holsts Textilgeschäft der schicksalhafte Moment, dem die Begründung des eigenen Kaufhausunternehmens zugrunde liegt. Flora ist eine moderne Frau, die selbst mitanpackt und in Leonhard einen Partner hat, der sie in allem unterstützt. So nimmt sie ihren Bruder Sally auf, der aufgrund seiner Flausen im Kopf von zuhause getürmt ist und nun sein Glück im Hafen sucht, was ihm aber nicht so gut bekommt. Alfred Holst seit dem Tod seiner Frau kein glückliches Händchen fürs eigene Geschäft, dazu lässt ihn sein eigener Sohn Julius im Stich. Die Autorin beschreibt nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen der Protagonisten untereinander warmherzig und nachvollziehbar, sondern lässt den Leser auch intensiv an der Modernisierung des neuen Ladens teilhaben. Bodentiefe Schaufenster sowie Schaufensterpuppen sollen den Kauflustigen die Ware schmackhaft machen, ebenso sind feste Preise, Umtauschrecht und Barzahlung neu. Die Kunden dürfen den Laden betreten und sich umsehen, ohne zum Kauf genötigt zu werden. Die neuen Ideen von Leonhard und Flora sind revolutionär und lassen den größten Konkurrenten Wertheim aufhorchen. Auch wenn es kaum Spannungsmomente in der Geschichte gibt, ist die Story doch recht kurzweilig.
Die Charaktere wurden liebevoll in Szene gesetzt und überzeugen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften. Der Leser heftet sich schnell an ihre Fersen und schaut ihnen bei ihren Unternehmungen über die Schulter. Flora ist eine liebevolle Frau, die das Herz am rechten Fleck trägt. Sie ist mitfühlend und hilfsbereit, packt mit an und ist sich für nichts zu schade. Leonhard ist ein feiner Kerl, der bedacht handelt und viele Ideen im Kopf hat. Sally ist anfangs ein Windhund, doch mausert er sich zu einem vertrauenswürdigen jungen Mann. Alfred Holst ist ein alter Herr, der sich fast seinem Schicksal ergeben hätte und nun wieder Licht am Ende des Tunnels sieht. Alfred Wagner ist ein Mistkerl, der nur seinen Vorteil im Sinn hat und über Leichen geht.
„Zeit der Sehnsucht“ ist ein Mix aus Familiengeschichte, Unternehmensgründung, Frauenpower sowie Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund. Die ersten Grundschritte zur Entstehung des Hertie-Kaufhauskonzerns werden dem Leser hier sehr lebhaft vor Augen geführt. Verdiente Leseempfehlung für eine kurzweilige Lektüre!

Veröffentlicht am 16.04.2023

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. (Friedrich Halm)

Mein wildes, mutiges Herz
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1875 Kalifornien. Als Kathryn Walsh nach dem Tod ihres Onkels Casey dessen angestaubte Zeitung „Voice“ und eine unberührte Mine erbt, lässt sie in Boston alles hinter sich und macht sich auf nach Calvada/Sierra ...

1875 Kalifornien. Als Kathryn Walsh nach dem Tod ihres Onkels Casey dessen angestaubte Zeitung „Voice“ und eine unberührte Mine erbt, lässt sie in Boston alles hinter sich und macht sich auf nach Calvada/Sierra Nevada, wo sie sich alsbald in einem Umfeld aus Bordellen und Saloons wiederfindet und sich nicht nur erstmal einen Überblick über ihr Erbe verschaffen, sondern auch als Fremde und Freigeist mit den Stadtbewohnern zurechtkommen muss. Schon bald eckt sie mit ihren offenen Zeitungsartikeln an, in denen sie die Zustände und mangelnden Rechte von Frauen vor Ort anprangert, dabei stößt sie auch Saloon-Eigentümer Matthias Beck vors Knie. Der möchte sich als Bürgermeister aufstellen lassen und hat in Minenbesitzer Morgan Sanders einen harten Konkurrenten. Beide Männer buhlen um Kathryns Gunst, doch Kathryn hat gar nicht die Absicht, einen von ihnen zu erhören, zu sehr ist sie mit ihrer Zeitung beschäftigt. Doch als es für sie brenzlig wird, unterstützt sie ausgerechnet Matthias…
Francine Rivers hat mit „Mein wildes, mutiges Herz“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der vor der historischen Kulisse des Wilden Westens spielt und eine starke junge Frau in den Vordergrund rückt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser mit auf Zeitreise ins 19. Jahrhundert, um dort auf Kathryn zu treffen, die aus eine gutsituierten Familie stammt, sich aber dem gesellschaftlichen Korsett, das diese ihr auferlegt, nicht fügen will. Das Erbe ihres verstorbenen Onkels eröffnet ihr eine Möglichkeit, sich endlich selbst zu verwirklichen und den Zwängen ihrer Familie, vor allem ihres Stiefvaters, zu entfliehen und sich auf eigene Beine zu stellen. Im Bergarbeiterstädtchen Calvada warten Gesetzeslosigkeit und raue Sitten auf Kathryn, die sich davon allerdings nicht einschüchtern lässt. Schon bald prangert sie mutig die Rechtlosigkeit der Frauen und die Zustände im Ort an, was schnell Widersacher auf den Plan ruft und sie ein ums andere Mal in Gefahr bringt. Die Autorin weiß nicht nur mit spritzigen, humorigen Dialogen zu punkten und eine schöne Liebesgeschichte zu spinnen, sondern auch sehr farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen zu Papier zu bringen, so dass beim Leser während der Lektüre schnell das Kopfkino einschaltet. Der christliche Aspekt wurde von Rivers wunderbar in die Geschichte mit eingeflochten, es geht um Mitmenschlichkeit, Vertrauen in Gott, Mut und Hilfsbereitschaft.
Die Charaktere sind lebendig und facettiert ausgestaltet und überzeugen den Leser mit ihren authentischen Eigenheiten. Kathryn ist ein Freigeist: mutig, selbstbewusst, mit dem Herz auf der Zunge, temperamentvoll und sehr offen mit ihrer Kritik. Sie lässt sich nicht verbiegen und geht zielstrebig ihren Weg, was ihre Widersacher schnell auf den Plan ruft. Matthias Beck ist ein ehemaliger Soldat, der nun als Saloon- und Hotelbesitzer auftritt. Durch seine ehrliche Art ist er bei den Ortsbewohnern sehr beliebt, insgeheim kämpft er mit seinen eigenen Dämonen. Bei Kathryn offenbart sich sein Temperament, was er sonst gut zu kaschieren weiß. Cafébesitzerin Ronya ist eine gute Seele, die Kathryn immer unterstützt. Aber auch Scribe, Morgan Sander sowie weitere Protagonisten tragen zur Unterhaltung der Handlung bei.
„Mein wildes, mutiges Herz“ ist ein wunderschöner historischer Roman mit einem Mix aus Wildem Western, Familiengeschichte und Romantik sowie über den Weg einer starken jungen Frau, die mit ihrem mutigen Handeln den Weg für ein besseres Leben für Frauen ebnet. Absolute Leseempfehlung für wunderbar spannende Lesestunden!