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Veröffentlicht am 09.08.2020

Etwas zu viel des Guten

Alles, was ich dir wünsche
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Mia Moretti hat immer für die Malerei gelebt, ihre Kunst war das Wichtigste in ihrem Leben. Doch seit bei ihr eine Krebsdiagnose gestellt wurde, ist diese Liebe in der Versenkung verschwunden. Wie weggeblasen ...

Mia Moretti hat immer für die Malerei gelebt, ihre Kunst war das Wichtigste in ihrem Leben. Doch seit bei ihr eine Krebsdiagnose gestellt wurde, ist diese Liebe in der Versenkung verschwunden. Wie weggeblasen sind Inspiration und Leidenschaft, das ändert sich auch nicht nach ihrer Genesung, denn Mia kann die innere Angst vor neuen Rückschlägen nicht überwinden. Um ihr Leben endlich wieder in den Griff zu bekommen, gönnt sie sich eine Auszeit in der toskanischen Stadt Florenz, wo sie sich in eine WG einmietet. Mitbewohnerin Stella wächst ihr schon bald an Herz, denn diese versprüht solch eine Lebensfreude, der sich auch Mia nicht zu entziehen vermag. Die zufällige Begegnung mit Luca lässt Mias Herz schnell höher schlagen, für beide ist es schon bald die große Liebe. Doch wie das Leben so spielt, gilt es erneut, große Hürden zu überwinden und sich dem Schicksal zu stellen, bis das Glück zu einem kommt…
Vanessa Carnevale hat mit „Alles, was ich dir wünsche“ einen unterhaltsamen emotionalen Roman vorgelegt, der den Leser während der Lektüre auf eine Gefühlsachterbahn schickt. Der eingängige und gefühlsbetonte Erzählstil lädt schnell zum Eintauchen ein, so findet sich der Leser alsbald an Mias Seite wieder, erlebt mit ihr Höhen und Tiefen sowie nicht nur eine emotionale Reise zu sich selbst, sondern auch ins malerische Florenz, wo Geschichte und Romantik Hand in Hand gehen. Wenn man eine Krebsdiagnose bekommt, fällt man erst einmal in ein Riesenloch: die Gedanken drehen sich im Kreis und man blendet die Umwelt komplett aus. Die Autorin lässt dies ihre Protagonistin authentisch durchleben, nichts ist mehr wie vor der Diagnose, die Wichtigkeit der Dinge verschiebt sich von einer Sekunde auf die andere völlig. Die Gedanken- und Gefühlswelt von Mia ist hier glaubhaft eingefangen, die Ich-Perspektive gut gewählt, so dass der Leser sich gut in die Protagonistin hineinversetzen kann. Der Aufenthalt in Florenz ist bildhaft beschrieben und transportiert die nötige italienische Lebensfreude, die gleichzeitig für den behutsamen Neubeginn steht, dem Mia sich gegenüber sieht ebenso wie die Liebe, die ihr begegnet. Die allerdings neu aufkommenden Probleme sind schon fast zu viel des Guten, das Thema Krebs nimmt einigen Raum ein, weshalb zusätzliche Niederschläge eher wie unnötige Effekthascherei wirken.
Die Charaktere sind recht ansprechend gezeichnet, wirken menschlich, modern und glaubwürdig. Der Leser allerdings steht trotz der Ich-Perspektive eher am Rand, denn so einige Verhaltensformen der Protagonisten wirken eher aufgesetzt und überspannt, was deutlich macht, wenn jemand nur über Krebs und die Folgen schreibt, ohne ihn selbst erlebt zu haben. Mia ist eine talentierte Frau, die sich ein Leben ohne die Malerei nicht vorstellen kann. Sie drückt ihre Gedanken- und Gefühlswelt in ihren Bildern aus, doch ihre Erkrankung und deren Folgen möchte sie mit niemandem teilen. Sie hat sich irgendwie aufgegeben, braucht Mut und Stärke, um ihr Leben wieder in die Normalität zu bringen. Stella ist eine lebenslustige und fröhliche Frau, die andere zu überzeugen und zu begeistern weiß. Luca ist ein warmherziger und sympathischer Mann, der selbstlos und verliebt ist.
„Alles, was ich dir wünsche“ ist ein emotionaler Liebesroman, der leider zu oft auf die Tränendrüse drückt und den Leser durch ein Wechselbad der Gefühle jagt. Hier wurde zu viel Drama in wenige Seiten hineingepackt, so dass sie sich zum Wohlfühlen nicht mehr wirklich eignet. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.08.2020

Das Leid der Verstummten

Kein Ort ist fern genug
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1940-1945. Vicente Rosenberg emigrierte 1928 von Warschau nach Buenos Aires, wo er schon bald mit Rosita Szapire, der Liebe seines Lebens, eine Familie gründete. Schnell hat sich Vicente in seiner neuen ...

1940-1945. Vicente Rosenberg emigrierte 1928 von Warschau nach Buenos Aires, wo er schon bald mit Rosita Szapire, der Liebe seines Lebens, eine Familie gründete. Schnell hat sich Vicente in seiner neuen Wahlheimat eingelebt und besitzt neben drei Kindern auch ein gutgehendes Möbelgeschäft. Alles wäre wunderbar, wären da nicht die alarmierenden Briefe seiner Mutter, die die sich zuspitzende Lage in Europa sowie ihr Leben und das seines Bruders im Warschauer Ghetto eindringlich beschreiben und in Vicente übermäßig große Gefühle von Ohnmacht, Schuld und Unvermögen hervorrufen, so dass er sich immer mehr von allem zurückzieht. Doch er hat die Rechnung ohne seine liebende Ehefrau Rosita gemacht, die ihn nicht aufgibt und für die Familie kämpft…
Santiago Amigorena hat mit „Kein Ort ist fern genug“ einen sehr berührenden Roman vorgelegt, in dem er dem Leser die Geschichte seines Großvaters nahe bringt. Mit eindringlichen, ruhigen und bildhaften Worten lässt der Autor Vicente wieder lebendig werden und gibt dem Leser mit einer Zeitreise die Möglichkeit, dessen Schicksal hautnah mitzuerleben. Dabei schildert er nicht nur Vicentes Mut und Tatkraft, sich in einem fremden Land eine neue Zukunft aufzubauen, sondern spiegelt dabei auch die damalige Zeit wunderbar wieder. Im fernen Argentinien war der zweite Weltkrieg für die Auswanderer weit entfernt, das Ausmaß der dort stattfindenden Tragödie kannten Auswanderer nur aus Briefen, die sie zeitverzögert erreichten.
Amigorena gelingt es hervorragend, die Gedanken- und Gefühlswelt seines Großvaters an die Oberfläche zu holen, dessen Zerrissenheit ob der Handlungsunfähigkeit, die ständig weiterwachsenden Schuldgefühle sowie die Frage nach der eigenen Identität, die vorher für Vicente kein Thema war. Obwohl Vicente nicht direkt dem Holocaust ausgesetzt war, fühlt er sich den fernab Leidenden so verbunden, während seine Schuldgefühle ihm zusätzlich zusetzen. Virtuos zeichnet Amigorena das Bild einer Generation, die das Leid der KZs und der Verfolgung zwar nicht selbst erleben mussten, doch in ihren Herzen und Seelen durch Ohnmacht gekennzeichnet wurden und sich selbst dafür bestraften. Besonders interessant ist die Sichtweise, aus der Amigorena erzählt. Sein Großvater kannte die Lage von 1940 bis 1945 nur aus den Briefen seiner Mutter und dennoch hat dies ausgereicht, dass Vicente sich von allem abkapselte, während sein Enkel all die Gräueltaten inzwischen durch belegte Fotos, Augenzeugenberichte etc. kennt und somit viel mehr Zugang zu den Emotionen seines Großvaters hat. Gerade dies macht den Roman so besonders, denn die intensive Recherche nebst der engen familiären Bindung lässt diese sehr berührende Schilderung zu, die Vicente nach Jahrzehnten doch noch zum Leser sprechen lässt.
Absolute Leseempfehlung für ein literarisches Highlight! Ergreifend und einfach wunderbar – Chapeau!

Veröffentlicht am 08.08.2020

"An seinen Vorfahren kann man nichts ändern, aber man kann mitbestimmen, was aus den Nachkommen wird." (F. de La Rochefoucauld)

Das Vermächtnis der Seidenvilla
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Turbulente Zeiten stehen Angela und Vittorio ins Haus, denn sie wollen nicht nur mit einer Hochzeit ihre Liebe besiegeln, sondern auch Nathalies Sohn kommt auf die Welt. Doch dann werden dem Paar erneut ...

Turbulente Zeiten stehen Angela und Vittorio ins Haus, denn sie wollen nicht nur mit einer Hochzeit ihre Liebe besiegeln, sondern auch Nathalies Sohn kommt auf die Welt. Doch dann werden dem Paar erneut Steine in den Weg zu ihrem Glück gelegt, denn nicht nur Vittorios Sohn stellt sich gegen ihn, sondern auch Lorenzos Versäumnis wird ihnen zum Verhängnis, denn die Familie seiner ersten Frau tritt auf den Plan, um Angela die Seidenvilla zu nehmen und an sich zu reißen. Anstatt sich also endlich auf ihr gemeinsames Glück zu besinnen, müssen Angela und Vittoria mit allen Kräften das verteidigen, was sie sich so mühsam aufgebaut haben…
Tabea Bach hat mit „Das Vermächtnis der Seidenvilla“ den finalen Band ihrer Trilogie um die venezianische Seidenweberei vorgelegt, der auch diesmal mit einigen Überraschungsmomenten und Spannungselementen punkten kann. Der locker-flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil schickt den Leser erneut ins italienische Venezien, um in malerischer Kulisse endlich das Glück von Angela und Vittorio mitzuerleben. Doch vorher gilt es, noch einiges an Neid, Intrigen und Boshaftigkeiten aus der Welt zu schaffen, die von allen Seiten auf die beiden Liebenden hereinprasseln und ihnen das Leben schwer machen. Hier trifft das Zitat von Jean de La Bruyère wie die Faust aufs Auge: „Im Schoß der Familien herrschen oft Misstrauen, Eifersüchtelei und Abneigungen, während uns ein zufriedenes, einträchtiges und heiteres Äußeres täuscht und einen Frieden vermuten lässt, der gar nicht vorhanden ist.“ Zum Finale fährt die Autorin noch einmal sämtliche Geschütze auf und lässt mit geschickten Wendungen die Spannung innerhalb der Geschichte ansteigen, so dass der Leser nur so durch die Seiten jagt, während er sich an einer wunderschönen Hintergrundkulisse nebst italienischer Lebensart erfreuen darf. Die zwischenmenschlichen Beziehungen sind mal impulsiv, mal gefühlvoll gehalten, so dass der Leser während der Lektüre ein Wechselbad der Gefühle miterlebt, vor allem, wenn man die ältere Generation dabei beobachtet, wie sie der jungen ihren Stempel aufdrücken wollen.
Die Charaktere haben sich weiterentwickelt und versprühen mit ihren menschlichen Eigenschaften Lebendigkeit und Glaubwürdigkeit. Der Leser fühlt sich ihnen verbunden und nimmt Anteil an ihrem Schicksal. Die warmherzige und hilfsbereite Angela wächst einem immer mehr ans Herz, denn mit ihrer Stärke und ihrer offenen Art nimmt sie die Menschen schnell für sich ein. Vittorio hat sich endlich etwas von seiner Mutter abgenabelt. Er ist ein sympathischer, freundlicher Mann, der Angela in allen Belangen unterstützt. Constanza ist und bleibt eine Furie, die gern manipuliert und intrigiert, um ihren Willen zu bekommen. Tiziana hat auch nicht gerade ein leichtes Los. Sie ist eigentlich eine selbstbewusste Frau, die sich jedoch nur schwer gegen die eigene Familie durchsetzen kann. Aber auch Nathalie, Tess, Lorenzo und weitere Protagonisten sorgen innerhalb der Handlung für einige Spannungsmomente.
„Das Vermächtnis der Seidenvilla“ ist ein gelungenes und unterhaltsames Finale, in dem neben Intrigen, Neid und Familienbande auch die Liebe eine größere Rolle spielt. Verdiente Leseempfehlung für einen kurzweiligen Roman mit italienischer Lebensart!

Veröffentlicht am 08.08.2020

Ein Kind ihrer Zeit

Das Haus an der Grand Avenue
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1917 Oklahoma. Lydie und ihr älterer Bruder George wuchsen in ärmlichen Verhältnissen auf, doch durch glückliche Verbindungen werden sie von dem reichen Ölbaron Ernest Marland und seiner Frau Virginia ...

1917 Oklahoma. Lydie und ihr älterer Bruder George wuchsen in ärmlichen Verhältnissen auf, doch durch glückliche Verbindungen werden sie von dem reichen Ölbaron Ernest Marland und seiner Frau Virginia adoptiert. Dadurch erhalten die beiden Eintritt in die privilegierten Kreise und besuchen gute Schulen. Schon bald nach ihrer Adoption wird Virginia schwer krank, so dass Lydie immer mehr ihre Rolle bei gesellschaftlichen Ereignissen übernimmt. Aus der zufälligen Begegnung zwischen Lydie und dem angehenden Bohringenieur John Caldwell entwickelt sich schon bald eine tiefe Liebe, die dem Patriarchen Ernest ein Dorn im Auge ist. Er unternimmt alles erdenklich Mögliche, um diese Beziehung zu unterbinden, denn er selbst hat bereits ein Auge auf seine Adoptivtochter geworfen…
Joy Renner hat mit „Das Haus an der Grand Avenue“ einen kurzweiligen historischen Roman vorgelegt, der recht unterhaltsam ist und sich an wahre Begebenheiten anlehnt. Der flüssige Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise antreten und nach Ponca City reisen, um dort Lydies Schicksal zu verfolgen. Die Autorin hält sich in Bezug auf die Person Ernest Marland sehr an die historische belegten Tatsachen und spinnt ihre fiktive Geschichte drum herum. Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt, wobei die Gegenwart der Handlung in der Vergangenheit einen Rahmen gibt und einen erfundenen Kreis schließt. Eigentlich hätte es der Gegenwartsebene nicht bedurft, sie kommt hier sowieso zu kurz und ist eher Effekthascherei. Viel interessanter sind die historisch belegten geschäftlichen Interessen Marlands und sein kompletter Sturz durch J.P. Morgan während der Weltwirtschaftskrise. Marland lebte auf großem Fuß und warf mit dem Geld nur so um sich, ob durch größenwahnsinnige Bauten oder beim Spielen. Die Rolle der Frau wird ebenfalls in diesem Roman thematisiert und welche Rechten und Pflichten sie hat. Zudem spielt auch die zweierlei Maßmessung in Bezug auf die Partnerfindung eine größere Rolle, die allerdings eher Unverständnis hervorruft. Die Handlung selbst plätschert leider eher vor sich hin, Spannungsmomente werden hier vergebens gesucht.
Die Charaktere sind eher oberflächlich skizziert, hier fehlt es eindeutig an etwas mehr Wärme und Gefühl, um glaubhaft zu sein. So findet sich der Leser eher am Rand der Szenerie wieder auf Beobachtungsposten. Lydie und ihr Bruder George haben mit der Adoption durch die Marlands einen Sechser im Lotto erhalten. Während George eher eine Randfigur abgibt, ist Lydie neben Ernest die zentrale Person. Lydie ist jung, lebenslustig, offen, freundlich und oftmals leider auch sehr naiv. Das ändert sich mit ihrem Alter, doch kann sie sich nicht gegen ihren Adoptivvater durchsetzen, verpasst immer wieder die Chance, ihr Glück zu finden. Ernest ist ein aufgeblasener und berechnender Mann, der alle Strippen in der Hand halten will, wobei er leider so einfältig wie dumm ist, sich von J.P. Morgan über den Tisch ziehen zu lassen, während er sich allzu sehr in Lydias Leben einmischt und dabei auch nicht vor Unterschlagung zurückschreckt. John ist ein sympathischer, ehrgeiziger und treuer Mann, der seine Prinzipien hat. Virginia hat ihren Mann durchschaut und muss sich deshalb auf dem Abstellgleis wiederfinden.
„Das Haus an der Grand Avenue“ mischt historische Fakten mit einer Liebesgeschichte. Kurzweilige und unterhaltsame Lektüre ohne größere Ansprüche. Für zwischendurch ganz angenehm.

Veröffentlicht am 02.08.2020

Ist ein alter Fall der Schlüssel?

Die verstummte Frau
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Für Will Trent und die Pathologin Dr. Sara Linton ist es wie ein Déjà-vu-Erlebnis, denn ein Inhaftierter im Staatsgefängnis von Atlanta möchte mit ihnen einen Deal aushandeln und stellt dafür Informationen ...

Für Will Trent und die Pathologin Dr. Sara Linton ist es wie ein Déjà-vu-Erlebnis, denn ein Inhaftierter im Staatsgefängnis von Atlanta möchte mit ihnen einen Deal aushandeln und stellt dafür Informationen zur Verfügung, die den aktuellen Fall einer toten Studentin betreffen. Der neue Mordfall hat große Parallelen zu alten Fällen, die Sara mit ihrem bereits verstorbenen Ehemann Chief Tolliver untersucht hat und sie anscheinend den falschen Täter verhaftet haben. Die Konfrontation mit der Vergangenheit macht Sara zu schaffen, doch mit Will an ihrer Seite konzentriert sie sich darauf, endlich den wahren Täter von unzähligen brutalen Mordfällen zu überführen, die sich jetzt erst offenbaren…
Mit „Die verstummte Frau“ legt Karin Slaughter den 8. Band ihrer Georgia-Reihe mit Will Trent und Dr. Sara Linton vor und überzeugt einmal mehr mit viel Atmosphäre, Direktheit und einem extrem hohen Spannungslevel. Der flüssige und sehr bildhafte Schreibstil lässt den Leser nicht nur als unsichtbaren Ermittler an der Handlung teilnehmen, sondern bewirkt auch, dass während der Lektüre vor dem inneren Auge auch ein regelrechter Film abläuft. Die Autorin bringt die Vergangenheit ihrer Protagonisten wieder an die Oberfläche und jongliert zwischen damals und heute hin und her. Dadurch wird der Leser noch einmal mit alten Protagonisten konfrontiert, aber auch mit Ereignissen, die vor allem Sara auf der Seele liegen, da sie die Erinnerungen an ihren ersten Ehemann wieder hervorrufen. Besonders interessant sind die Ermittlungen des 8 Jahre zurückliegenden Falls, denn die Spur ist inzwischen recht kalt und ein möglicherweise Unschuldiger sitzt dafür hinter Gittern. Der Wechsel zwischen den Zeiten sowie die jeweiligen Ermittlungen sind gut konzipiert und in sich schlüssig, so dass sie die Spannung auf ein recht hohes Niveau pushen. Ebenso interessant wie die Mordermittlungen sind die zwischenmenschlichen Beziehungen der Beteiligten untereinander, die sich stimmungsmäßig auch auf die Arbeit niederschlagen und zusätzlichen Sprengstoff bieten.
Die Charaktere haben erneut eine glaubhafte Entwicklung erfahren, wirken lebendig und authentisch, so dass der treue Leser der Reihe sich freut, wieder unter ihnen zu sein, um mit ihnen auf Mörderjagd zu gehen. Sara Linton hat schon einiges an Schicksalsschlägen hinnehmen müssen. Gerade in diesem Fall holt sie die Vergangenheit doppelt ein, denn nicht nur ihr verstorbener Ehemann Chief Tolliver ist wieder präsent, sondern auch die Jahre zurückliegende Vergewaltigung. Doch Sarah ist sehr professionell und geradezu unnahbar, lässt sich ihre Gefühle nicht anmerken. Will ist wie eine Bulldogge, er verbeißt sich in den Fall und lässt nicht locker. Kollegin Faith Mitchell hat es nicht immer leicht mit ihm. Aber auch Lena und Jeffrey Tolliver, Amanda und Daryl sind wichtige Protagonisten in dieser Handlung.
„Die verstummte Frau“ ist ein hochexplosiver Psychothriller, der den Leser mit in die Ermittlungen hinein nimmt. Vergangenheit und Gegenwart werden sehr gut miteinanderverknüpft und bieten einen intelligent durchdachten Fall, der den Leser von der ersten bis zur letzten Seite nicht loslässt. Ein Pageturner mit absolut verdienter Leseempfehlung!