Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2018

Der Tote von Farleigh Place

Lord Westerhams Töchter
0

1939 Kent. Farleigh Place ist das Gut von Roderick Sutton, dem Earl of Westerham. Der Zweite Weltkrieg hat dafür gesorgt, dass die Familie zusammenrücken muss, denn in einen Flügel des Hauses zieht das ...

1939 Kent. Farleigh Place ist das Gut von Roderick Sutton, dem Earl of Westerham. Der Zweite Weltkrieg hat dafür gesorgt, dass die Familie zusammenrücken muss, denn in einen Flügel des Hauses zieht das englische Militär ein. Die frühere Idylle mit nachmittäglichen Teestunden und sorglosen Abendgesellschaften ist endgültig vorbei. Pamela, eine der fünf Töchter des Earl arbeitet freiwillig als Sekretärin mit Geheimhaltungsstufe in einer Regierungsabteilung in der Nähe von London, während ihr Freund Jeremy bei der englischen Luftwaffe ist. Ihr guter Freund Benjamin ist beim MI5, doch davon weiß niemand etwas. Als die jüngste Tochter Phoebe auf dem Grundstück von Farleigh einen toten Fallschirmspringer findet, ist die Aufregung groß, denn schon bald stellt sich heraus, dass die Uniform des Toten nicht echt ist. Diese Nachricht erreicht auch den englischen Geheimdienst. Pamela wird auf einmal auf Urlaub nach Hause geschickt und auch Benjamin erhält von höchster Stelle den Befehl, verdeckt für den MI5 zu ermitteln. Zu wem wollte der tote Soldat?
Rhys Bowen hat mit seinem Buch „Lord Westerhams Töchter“ einen sehr unterhaltsamen Roman vor historischer Kulisse vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite an zu fesseln weiß. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser schnell in die Handlung eintauchen, um eine Reise durch die Zeit anzutreten und während der Kriegsjahre auf dem Adelsgut Farleigh Place zu landen und dort die Familie des Earls nebst ihren Nachbarn und Freunden bei ihrem Treiben zu beobachten. Die Geschichte wird so erzählt, dass der Leser sämtliche Familienmitglieder gut kennenlernt und sich ein Bild von ihnen machen kann. Der Mix aus Spionage, Liebesgeschichte und Familienleben ist sehr lebendig und kurzweilig. Sehr deutlich zeigt der Autor auf, wie gut es den Menschen auf dem Land noch immer geht im Vergleich zu den Bewohnern von London. Sie müssen sich zwar räumlich einschränken und auch nicht alle Lebensmittel sind verfügbar, dennoch können sie sich noch selbst verpflegen und haben durch Tauschgeschäfte und die Jagd keine großen Mängel zu erleiden. Dennoch verlieren auch sie Familienangehörige und Freunde durch den Krieg. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr malerisch, so dass der Leser sich das Anwesen und die unmittelbare Nachbarschaft wunderbar vorstellen kann.
Die Charaktere sind liebevoll und charmant ausgestaltet, sie sind alle grundverschieden und individuell angelegt, sodass sie sehr authentisch und lebendig wirken. Der Leser kann sich in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen sowie ihre Reaktionen nachvollziehen. Pamela ist eine sehr sympathische Frau, die sich im Krieg nützlich machen will und für die Regierung in London arbeitet. Sie ist hilfsbereit, mutig und mit der richtigen Portion an Herz ausgestattet. Benjamin ist der Sohn des örtlichen Pfarrers. Schon von Kindesbeinen an ist er mit Pamela und Jeremy befreundet, obwohl beide dem Adel entstammen. Er ist intelligent, warmherzig und heimlich in Pamela verliebt, obwohl er um die Aussichtslosigkeit der Situation weiß. Jeremy ist ein Hansdampf in allen Gassen. Er geht gern Risiken ein, ist immer auf der Suche nach einem Abenteuer und der Auserwählte von Pamela. Margot ist eine von Pamelas Schwestern, die in Paris eine Ausbildung als Modedesignerin macht und sich in einen Franzosen verliebt hat, der der Resistance angehört. Auch die übrigen Protagonisten wie Phoebe und Alfie tragen zur Spannung der Handlung bei und machen sie abwechslungsreich.
„Lord Westerhams Töchter“ ist eine spannende Lektüre, die den Leser von Beginn an in die Handlung hineinsaugt und sich als wahrer Pageturner entpuppt. Gute Unterhaltung ist hier garantiert. Absolute Leseempfehlung für eine kurzweilige Lektüre!

Veröffentlicht am 04.08.2018

Freiheit ist das höchste Gut

Das Mädchen, das von Freiheit träumte
0

Tilli ist erst fünf Jahre alt und lebt mit ihrer Familie in dem kleinen Ort Dörlitz auf einem Bauernhof, als der Zweite Weltkrieg 1939 ausbricht. Ihr Vater ist kein Freund der Nazis und lässt dies auch ...

Tilli ist erst fünf Jahre alt und lebt mit ihrer Familie in dem kleinen Ort Dörlitz auf einem Bauernhof, als der Zweite Weltkrieg 1939 ausbricht. Ihr Vater ist kein Freund der Nazis und lässt dies auch alle wissen, während die Mutter versucht, sie alle zusammenzuhalten und möglichst nicht aufzufallen. Immer mehr Männer aus dem Dorf werden zum Wehrdienst eingezogen, und der Krieg ist in aller Mund. Tilli versteht das alles noch nicht so richtig. Doch sie merkt, dass das normale Leben, so wie sie es kennt, sich verändert. Tilli hat einen kleinen Bruder, der gehörlos ist und durch das Parteiprogramm der Nazis in das Euthanasieprogramm fällt. Je älter Tilli wird, umso mehr wird ihr bewusst, wie sehr ihr Bruder in Gefahr ist. Sie kämpft für ihn, ihre Familie und sich selbst für ein Leben, in dem Freiheit und Träume möglich sind. Je schlimmer der Krieg und danach die russische Besatzung werden, umso verbissener wird Tillis Kampf…
Tilli Schulze hat mit ihrem Buch „Das Mädchen, das von Freiheit träumte“ einen wunderbaren, spannenden historischen Roman vorgelegt, der von der ersten Seite an zu fesseln weiß. Der Schreibstil ist flüssig und bildgewaltig, er nimmt den Leser bereits mit dem Prolog hinein in die Geschichte, um sich an der Seite von Tilli wiederzufinden und sie über lange Zeit hinweg durch den Krieg und ihre Erfahrungen zu begleiten. Die Handlung ist in vier Teile unterteilt, die die einzelnen Zeitabschnitte ab 1939 bis 1952 schildern. Da die Autorin für ihre Geschichte die Ich-Erzählform gewählt hat, kommt der Leser Tilli sehr nah und wird von ihren Erlebnissen, Gedanken und Entscheidungen berührt. Durch das Erzählen von tatsächlichen Erlebnissen bewirkt die Autorin, dass der Leser das Gefühl hat, während der Lektüre einer leibhaftigen Erzählung zu lauschen, wobei das gesamte Gefühlsbarometer angesprochen und die schreckliche Zeit des Krieges und der Besatzung durch die Russen umso lebendiger wirkt. Die Gräueltaten des Krieges, die Angst der Menschen sind so eindringlich beschrieben, dass man als Leser regelrecht selbst Angstzustände und Beklemmungen bekommt, so real wirkt alles. Wenn man sich vor Augen führt, was die Menschen damals durchmachen mussten, kann man sie für ihren Mut, ihre Stärke und vor allem ihr Festhalten an der Hoffnung auf eine Zukunft nur umso mehr bewundern.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie besitzen individuelle Eigenschaften, die sie sehr lebendig und authentisch wirken lassen. Der Leser kann sich gut in sie einfühlen und während der Lektüre mit ihnen leiden, hoffen und bangen. Tilli ist ein tolles Mädchen und später eine imponierende Frau. Sie besitzt Herz, Gerechtigkeitssinn, Mut und eine Stärke, die man nur bewundern kann. Trotz aller Not behält Tilli immer einen Optimismus, der beneidenswert ist. Gleichzeitig kämpft sie sich verbissen durch alle Widrigkeiten, oftmals ohne Erfolg, doch sie gibt einfach nicht auf und versucht immer wieder, sich ihren Traum von Freiheit zu realisieren. Dadurch schleicht sie sich immer tiefer ins Leserherz hinein. Tillis Mutter ist eine sympathische Frau, die alles für ihre Familie tut und versucht, diese zu beschützen. Gleichzeitig ist hat sie ein Herz für ihre Mitmenschen und unterstützt sie mit den wenigen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen. Tillys Vater ist ein lauter polternder Mann, der seiner Familie mit seiner Art nicht gerade einen Gefallen tut. Auch die weiteren Protagonisten geben der Handlung zusätzlichen Input und machen die Geschichte rundum gelungen.
„Das Mädchen, das von Freiheit träumte“ ist ein wunderbarer und emotionaler historischer Roman, der eine grausame Zeit abbildet und gleichzeitig den Mut und die Stärke derjenigen würdigt, die immer an ein besseres Leben geglaubt haben. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 29.07.2018

Loretta - eine starke Frau

Die Frauenburg
0

14. Jh. Grafschaft Sponheim. Als Tochter eines Adligen, der hoch verschuldet ist, wird die junge Loretta mit dem reichen Grafen Martin von Starkenburg-Sponheim zwangsverheiratet. Loretta bleibt nichts ...

14. Jh. Grafschaft Sponheim. Als Tochter eines Adligen, der hoch verschuldet ist, wird die junge Loretta mit dem reichen Grafen Martin von Starkenburg-Sponheim zwangsverheiratet. Loretta bleibt nichts anderes übrig, als sich in ihr Schicksal zu fügen. Obgleich ihr Mann nicht attraktiv ist und sogar körperlich versehrt, bekommt Loretta mit ihm drei Kinder, bevor ihr Ehegemahl stirbt. Ab nun ist Loretta gezwungen, das Erbe für ihre Kinder zu sichern, vor allem für ihren ältesten Sohn Johann. Bis Johann mündig und selbst als Regent auftreten kann, übernimmt Loretta als Vertreterin die Regentschaft und hat in einer Männerdomäne als Frau kein leichtes Leben. Aber Loretta wächst über sich hinaus, kann sie doch auf die Unterstützung des Kurfürsten Balduin von Trier zählen. Dieser hat insgeheim ihr Herz erobert und lässt sie endlich die Liebe spüren, die sie bis dahin vermisst hat. Außerdem plant Loretta den Bau einer Burg. Wird es ihr gelingen, dass Erbe ihres Sohnes gegen alle Widerstände zu erhalten und den Burgbau zu realisieren?
Marita Spang hat mit ihrem Buch „Die Frauenburg“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der dem Leser auf spannende Weise in einem Porträt das Leben der historisch belegten Person Loretta von Starkenburg näher bringt. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und fesselt von der ersten Seite, der Leser tritt eine Reise ins Mittelalter an, um dort unsichtbar mit Loretta eine aufregende, aber auch harte Zeit erleben zu dürfen. So erfährt er hautnah Lorettas Gefühls- und Gedankenwelt, was sie sehr lebendig wirken lässt. Die Autorin hat akribisch recherchiert und versorgt den Leser nicht nur mit Informationen über die damaligen Lebensumstände, die Position der Kirche und die gesellschaftlichen Unterschiede, sondern lässt in ihrer Geschichte auch gebräuchliche Redewendungen aufleben, die sie in einem Glossar am Ende des Buches erklärt und die die Handlung noch glaubhafter wirken lassen. Das Verweben von historisch belegten Details und Fiktion sind hier meisterlich gelungen, so dass der Leser das Gefühl hat, Geschichte leibhaftig mitzuerleben. Ein Personenverzeichnis, Karten und ein Nachwort der Autorin vervollständigen das außergewöhnliche Buch und geben dem Leser einen sehr guten Rundumblick.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und mit individuellen Eigenschaften versehen. Sie wirken durchweg sehr real und authentisch und geben dem Leser die Möglichkeit, sich in sie hineinzuversetzen. Loretta ist eine sympathische Frau, die schon in jungen Jahren einige Höhen und Tiefen erleben musste. Sie musste schon früh lernen, dass sie sich den Wünschen anderer zu fügen hat, obwohl sie ganz eigene Träume hat. Als junge Frau wirkt sie oft unbedarft und musste durch eine harte Schule. Nach dem Tod ihres Gatten entwickelt sie neben Diplomatie einen Mut und eine Stärke, die einem Respekt abringt. Gleichzeitig zeigt sie Herz und auch einige Schwächen, doch sie setzt sich über Widerstände hinweg, kämpft für ihre Familie, für ihre Vorstellungen und erlebt endlich auch noch die Liebe, die sie so lange entbehren musste. Balduin ist ein Kirchenmann und schon lange im Herzen von Loretta verankert. Er ist wie ein Chamäleon, mal ist er warmherzig und charmant, dann wieder wirkt er unterkühlt und hart. Auch die weiteren Protagonisten steigern mit ihrem Auftreten die Spannung und geben der Handlung zusätzliche Impulse.
„Die Frauenburg“ ist ein hervorragender und packender Roman über die historisch belegte Person Loretta von Starkenburg. Der Autorin gelingt es mit diesem Buch auf wunderbare Weise, den Leser Geschichte lebendig miterleben zu lassen. Absolute Leseempfehlung für ein außergewöhnliches Buch!

Veröffentlicht am 29.07.2018

Eine neue Zeit bricht an

Die Stimmlosen
0

Endlich ist der Krieg vorbei, Hamburg gleicht einem Trümmerhaufen. Das Ärzteehepaar Paula und Richard Hellmer leben mit dem gemeinsamen Freund Fritz Ellerweg und acht anderen in ihrem Elternhaus, das glücklicherweise ...

Endlich ist der Krieg vorbei, Hamburg gleicht einem Trümmerhaufen. Das Ärzteehepaar Paula und Richard Hellmer leben mit dem gemeinsamen Freund Fritz Ellerweg und acht anderen in ihrem Elternhaus, das glücklicherweise intakt geblieben ist. Lebensmittel sind knapp, und der nahende Winter setzt ihnen allen zu, doch für die Versorgung ihrer Patienten nehmen sie allerlei Hürden auf sich. Wenigstens ist die Nazizeit vorbei und alle können aufatmen. Doch so einfach ist es dann doch nicht, denn Richard hat in seiner Funktion als Psychiater schon immer gegen das Regime gekämpft und versucht hat, Menschen zu retten, muss leider miterleben, dass sich Anhänger der alten Regierung mühelos unter den neuen Machthabern integrieren konnten. Als Richard als Zeuge gegen seinen früheren Vorgesetzten aussagen muss, wendet sich das Blatt und es sieht fast so aus, als wenn Richard der Angeklagte wäre…
Melanie Metzenthin hat mit ihrem Buch „Die Stimmlosen“ den Nachfolgeband ihres historischen Romans „Die Lautlosen“ vorgelegt, der dem Vorgänger an Gefühl, Dichte und Atmosphäre in nichts nachsteht. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, schnell wird der Leser in die Geschichte hineingesogen und kann sich der fesselnden Handlung bis zum Ende nicht entziehen. Die Autorin erzählt ihre Geschichte so packend und lebendig, dass der Leser die entbehrungsreiche und harte Zeit nach dem Krieg regelrecht vor Augen hat und die leeren Lebensmittelläden, das ausgebombte Hamburg und die obdachlosen Menschen während der Lektüre plastisch vor sich sieht. An der Seite von Paula, Richard und Fritz erlebt der Leser den Versuch eines Neuanfangs in einem zerstörten Land, wobei die Sorge für die Patienten genauso im Vordergrund steht wie der mühsam hochgehaltene Optimismus und die Hoffnung für ein besseres Leben nach dem Schreckensregime. Ebenso steht einem deutlich vor Augen, dass sich alte Schergen des Nazi-Regimes über Beziehungen, Lügen und Betrug in neue Positionen mogeln und ohne Reue ein normales Leben ohne Repressalien führen konnten, was einem ein angewidertes Kopfschütteln entlockt. Mit geschickten Wendungen gelingt es der Autorin, die Spannung innerhalb der Handlung immer weiter zu steigern.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgearbeitet und besitzen neben individuellen Eigenheiten vor allem Persönlichkeit. Sie wirken durchweg authentisch und sehr lebendig, wodurch es dem Leser leicht fällt, sich in sie hineinzuversetzen und sich ihnen verbunden zu fühlen. Richard ist ein sympathischer Mann, der mit Ruhe und Empathie seine Patienten versorgt und sich um seine Familie kümmert. Er ist allerdings auch ein Mann, der wohlüberlegt Missstände anprangert und Ungerechtigkeiten ans Licht bringt. Er kämpft für ein Recht auf Leben und lässt sich davon durch niemanden abbringen. Durch seine optimistische Art ist ihm der Rückhalt seiner Familie und seiner Freunde sicher. Ehefrau Paula hält alle zusammen und versucht, ihrem Mann eine Stütze zu sein. Freund Fritz ist ebenfalls ein Mann voller Hoffnung auf eine Zukunft. Gemeinsam mit Robert und Paula bildet er ein tolles und enges Team, die jederzeit zusammenhalten, welche Schwierigkeiten und Gefahren auch auf sie zukommen. Auch die weiteren Protagonisten wie z.B. Arthur tragen mit ihrem Erscheinen zur Bereicherung der Handlung bei.
„Die Stimmlosen“ ist ein wunderbarer historischer Roman, der nicht nur ein Stück Zeitgeschichte wieder lebendig werden lässt, sondern den Leser hautnah daran teilhaben lässt. Absolute Leseempfehlung für eine fesselnde und spannende Geschichte!

Veröffentlicht am 22.07.2018

Medizinische Sternstunden

Die Charité: Hoffnung und Schicksal
0

1831 Berlin. Im Stadt- und Universitätskrankenhaus Charité haben die Ärzte und auch die Krankenwärter alle Hände voll zu tun, denn in Berlin ist die Cholera ausgebrochen. Die Menschen sterben wie die Fliegen ...

1831 Berlin. Im Stadt- und Universitätskrankenhaus Charité haben die Ärzte und auch die Krankenwärter alle Hände voll zu tun, denn in Berlin ist die Cholera ausgebrochen. Die Menschen sterben wie die Fliegen und kaum jemand überlebt die Seuche. Der Chirurg Professor Johann Friedrich Dieffenbach und seine Kollegen haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Ursachen der Krankheit zu erforschen und ein Heilmittel zu entwickeln. Darunter leidet seine Ehe, doch findet er in der verheirateten Gräfin Ludovica seine Muse, die im sowohl die finanziellen Mittel für das Krankenhaus zur Verfügung stellt, als auch sein Herz höher schlagen lässt. Währenddessen muss sich die Hebamme Martha Vogelsang allein um das Überleben für sich und ihren kleinen Sohn kümmern, weil ihr Mann sie verlassen hat. Sie entscheidet sich dafür, den Dienst als Hebamme aufzugeben und im Totenhaus der Charité zu arbeiten. Ihre Freundin Elisabeth Bergmann hat ihre ganze Familie verloren und beginnt ihre Ausbildung als Krankenwärterin, wo sie den Ärzten schnell durch ihre Fürsorge für die Patienten und ihre Sorgfalt auffällt, besonders einem…
Ulrike Schweikert hat mit ihrem Buch „Die Charité – Hoffnung und Schicksal“ einen sehr fesselnden historischen Roman vorgelegt, der den damaligen medizinischen Alltag über einen Zeitraum mehr als von 10 Jahren in dem noch heute berühmten Berliner Krankenhaus beleuchtet. Der Schreibstil ist flüssig, atmosphärisch dicht und spannend, der Leser wird regelrecht in die Seiten gesogen, um als stiller Beobachter im Berlin des 19. Jahrhunderts durch die Gänge der Charité zu wandeln und den Ärzten, Krankenwärtern und Patienten über die Schulter zu sehen. Die Handlung wird aus den verschiedenen Perspektiven der Protagonisten erzählt und lässt den Leser so eine rundum gelungene Geschichte mitverfolgen. Die Autorin versteht es geschickt, historische Zeitgeschichte mit Fiktion dicht zu verweben und dem Leser so ein gutes Gesamtbild der damaligen Lage zu vermitteln, wo mit einfachsten medizinischen Utensilien zu Werke gegangen wurde und man eigentlich nur froh sein kann, in der heutigen Zeit die moderne medizinische Versorgung zu haben. Sehr plastisch werden Operationen, Behandlungen, Lehrveranstaltungen sowie Forschungsversuche geschildert, so dass der Leser das Gefühl hat, genau daneben zu stehen. Dabei wird einem bewusst, wie hoch die damalige Sterberate war und dass die Ärzte auch bei so vielen Misserfolgen weiterhin unermüdlich nach einer Lösung geforscht haben.
Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Durch ihre individuellen Eigenschaften wirken sie lebhaft und authentisch. Professor Dieffenbach ist ein unermüdlicher Mann, der Kampf für seine Patienten hat oberste Priorität. Dass sein Privatleben darunter leidet, nimmt er in Kauf. Er besitzt einen wachen Geist und ist energisch, aber auch mitfühlend und offen für Neuerungen. Gräfin Ludovia ist eine freundliche Frau, die mit einem Ehemann geschlagen ist, der egoistisch und selbstbezogen ist. Maria ist eine mutige und starke Frau, die für sich und ihren Sohn ums Überleben kämpft. Elisabeth ist interessiert an allem Medizinischen, sie ist intelligent und sieht schnell, wo die Missstände liegen, um diese dann gegen den Widerstand auszumerzen. Sie hat eine eigene Meinung, die sie auch kundtut und sich den Mund nicht verbieten lässt. Auch die übrigen Protagonisten lassen die Handlung durch ihr Erscheinen lebendig und realistisch wirken, wobei man so bekannte Namen wie Heinrich Heine und Alexander von Humboldt erleben kann.
„Die Charité – Hoffnung und Schicksal“ ist ein großartiger historischer Roman über das Leben und Wirken an dem bekannten Krankenhaus, durch dessen Forschung und Entwicklung über die vergangenen Jahrhunderte die Medizin wahre Fortschritte für die Menschheit erreicht hat. Absolute Leseempfehlung für einen Erlebnisroman erster Klasse!