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Veröffentlicht am 29.03.2020

Zwei Frauen suchen ihr Glück in Indien

Die Rückkehr nach Assam
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1922 Edinburgh/Schottland. Clarissa kam vor einigen Jahren mit ihrer Schwester Olive aus Indien nach Schottland und mussten schwierige Zeiten durchleben. Nun stehen Verwandte von ihr vor dem Aufbruch nach ...

1922 Edinburgh/Schottland. Clarissa kam vor einigen Jahren mit ihrer Schwester Olive aus Indien nach Schottland und mussten schwierige Zeiten durchleben. Nun stehen Verwandte von ihr vor dem Aufbruch nach Indien: Sophie, die ihrer Liebe Tam dorthin folgen will und ihre Cousine und gleichzeitig beste Freundin Tilly, die mit ihrem Ehemann in die britische Kolonie umzieht. Obwohl Sophie nur ganz wage Erinnerungen an ihre Kindheit in Assam hat, fällt es ihr sehr schwer, sich in Indien einzuleben. Tilly dagegen versucht, ihre Einsamkeit und Langeweile damit zu kompensieren, Sophies Vergangenheit und deren Erinnerungen zu einem Bild zusammenzufügen und stößt dabei auf ein altes Geheimnis, dass die enge Freundschaft der beiden Frauen auf eine harte Probe stellt…
Janet MacLead Trottern hat mit „Die Rückkehr nach Assam“ den zweiten Teil ihrer Teeplantagen-Reihe vorgelegt, der erneut mit guter Hintergrundrecherche und einer spannenden Geschichte aufwarten kann wie bereits der Vorgänger. Der flüssige und bildhafte Schreibstil der Autorin entführt den Leser schnell ins vergangene Jahrhundert zurück, zuerst nach Schottland und von dort ins exotisch-farbenprächtige Indien, wo er zwei sich eng verbundenen Frauen auf einem neuen Lebensabschnitt folgt, der allerlei Überraschungen für beide bereithält. Die schwierige politische Lage wird sehr gut dargestellt und macht deutlich, wie sehr sich die Inder gegen die britische Herrschaft auflehnen. Bitterarme Lebensverhältnisse und kulturelle sowie religiöse Unterschiede stehen im Gegensatz zu Teegesellschaften und Leben im Überfluss. Die Autorin hat den geschichtlichen Hintergrund sehr gut mit ihrer Handlung verwoben und zeichnet ein Bild von einer zerrissenen und unterdrückten Gesellschaft, in denen eine gute Krankenversorgung ebenso Mangelware ist wie Gleichberechtigung, was oftmals zu Aufständen führt. Der Spannungslevel steigt innerhalb der Geschichte gemächlich an, kann sich aber mit dem ersten Band leider nicht messen. Dafür überzeugt der Roman einmal mehr mit wunderbaren Landschaftsbeschreibungen, die dem Leser schöne Bilder in den Kopf zaubern.
Die Charaktere sind gut in Szene gesetzt, wirken glaubwürdig und lebendig, jedoch schaffen sie keine Nähe zum Leser, wie es im ersten Band der Fall war. So muss er sich als Beobachter begnügen, der ihr Schicksal mit gewissem Abstand verfolgt, jedoch gefühlsmäßig nicht so involviert wird, wie er es sich wünschen würde. Sophie hat kaum Erinnerungen an ihre Kindheit in Indien. Umso mutiger ist sie, der Liebe wegen von Schottland nach Indien zu gehen, ohne zu wissen, was sie dort wirklich erwartet. Auch wenn sie Tilly in der Nähe hat, ist sie die meiste Zeit auf sich selbst gestellt. Tilly dagegen langweilt sich in der Abgeschiedenheit zu Tode. Sie hat sich das alles völlig anders vorgestellt. Sie ist nicht gerade die Geduldigste. Clarissa ist freundlich, offen und hilfsbereit. Aber auch andere Protagonisten wie Rafi oder Tam tragen ihren Teil zur Handlung bei.
„Die Rückkehr nach Assam“ ist ein historischer Abstecher in das koloniale Indien in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Bunt und farbenfroh erzählt, nimmt man als Leser nicht nur viele Informationen über Land und Leute mit, sondern darf zwei Frauen auf den Weg in eine ungewisse Zukunft begleiten. Unterhaltsam und mit Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.03.2020

Liebe auf den zweiten Streich

Sommernachtsglück
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Clancy erlebt gerade den wahrgewordenen Alptraum. Ihr Verlobter, mit dem sie zusammenlebt und der gleichzeitig auch ihr Firmenpartner ist, hat sie betrogen. So steht sie von jetzt auf gleich nicht nur ...

Clancy erlebt gerade den wahrgewordenen Alptraum. Ihr Verlobter, mit dem sie zusammenlebt und der gleichzeitig auch ihr Firmenpartner ist, hat sie betrogen. So steht sie von jetzt auf gleich nicht nur ohne Wohnung da, auch ihre Kollegen und Freunde lassen sie hängen. Diese unerträgliche Situation führt dazu, dass sie kurzerhand den von ihrer Cousine angebotenen Job übernimmt, in dem kleinen malerischen Küstenstädtchen Nelson’s Bar deren Ferienhäuser zu verwalten. Von London reist Clancy in den kleinen Ort, um sich von den Katastrophen zu erholen und ihr Mütchen zu kühlen. Doch mit der Ruhe ist es bald vorbei, denn der Mitbesitzer der Cottages ist eine Begegnung aus Clancys Vergangenheit, an die sie lieber nicht erinnert werden will…
Mit „Sommernachtsglück“ lässt Sue Moorcroft den Leser unterhaltsame und farbenfrohe Stunden erleben, die neben Romantik auch für das gewisse Urlaubsfeeling sorgen. Der locker-leichte und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser schnell mit in die Geschichte hinein, wo er sich erst Clancys Katastrophen gegenübersieht, um dann mit ihr aus dem hektischen London zu fliehen, um sich in einem idyllischen Küstenort wiederzufinden und eine Achterbahn der Gefühle mitzuerleben. Die Vergangenheit, die Clancy und Aaron miteinander verbindet, sorgt für so manches Missverständnis und manchen Disput, bringt aber auch den einen oder anderen gegen Clancy auf. Nelson’s Bar ist so bildhaft beschrieben, dass man als Leser den Eindruck hat, sowohl den Ort als auch den bunten Haufen liebenswerter Einwohner schon ewig zu kennen. Man fühlt sich in ihrer Mitte gleich wohl und aufgehoben, denn sie halten zusammen, auch wenn einige nach vielen Jahren noch sehr nachtragend sind. Der Spannungslevel ist zwar eher mittelmäßig und die Geschichte auch nicht unbedingt neu, doch die Autorin wartet mit einigen Überraschungen auf, die den Leser durchaus gut unterhalten und bei der Stange halten.
Ihre Charaktere hat die Autorin liebevoll zum Leben erweckt und ihnen individuelle Eigenschaften angedacht, die es dem Leser leicht machen, sich schnell mit ihnen wohl zu fühlen und ihnen bei ihrem Weg gern zu folgen. Clancy ist eine Sympathieträgerin, der man sich gern an die Fersen heftet. Sie besitzt Empathie, Einfühlungsvermögen und ist hilfsbereit. Obwohl sie einige Tiefschläge verkraften muss, lässt sie sich nicht entmutigen. Aaron ist ein attraktiver Mann, der sich zurückhaltend, misstrauisch und schroff gibt, denn er wurde vor Jahren enttäuscht und möchte dies nicht noch einmal durchmachen. Aber er ist nicht nachtragend, sondern gibt zweite Chancen. Clancys Cousine Alice ist eine falsche Schlange, der man nicht trauen darf, denn sie ist nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Aber auch die bunte Vielfalt der Dorfbewohner ist immer für eine Überraschung gut.
„Sommernachtsglück“ ist genau die richtige Ablenkungslektüre für trübsinnige Tage, denn er bietet jede Menge Küsten- und Kleinstadtflair, Romantik und vor allem kurzweilige Lesestunden.

Veröffentlicht am 28.03.2020

Charlotte im Zwiespalt

Die englische Gärtnerin - Rote Dahlien (Die Gärtnerin von Kew Gardens 2)
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Die Botanikerin Charlotte Windley-Bromberg müsste eigentlich glücklich sein, denn sie hat in dem Deutschen Victor Bromberg nicht einen adäquaten Ehemann gefunden und geheiratet, sondern ist auch beruflich ...

Die Botanikerin Charlotte Windley-Bromberg müsste eigentlich glücklich sein, denn sie hat in dem Deutschen Victor Bromberg nicht einen adäquaten Ehemann gefunden und geheiratet, sondern ist auch beruflich als erste Frau in Kew Gardens erfolgreich. Doch dann erwartet ihr Ehemann, dass sie sich mehr auf dem eigenen Anwesen Summerlight House aufhält und sich darum kümmert, anstatt weiterhin in Kew Gardens tätig zu sein. Charlotte ist darüber nicht erbaut, kommt ihrem Ehemann aber gezwungenermaßen entgegen. Während ihrer Arbeit im heimischen Garten lernt sie den Gärtner Quinn kennen, mit dem sie schon bald nicht nur die Liebe zur Gartengestaltung verbindet und sich mehr und mehr von Victor entfernt. Victor spürt die wachsende Distanz seiner Ehefrau und will ihr mit einer Forschungsreise nach Persien nicht nur einen langgehegten Wunsch erfüllen, sondern auch seine Frau zurückerobern. Wird ihm das gelingen?
Martina Sahler hat mit „Rote Dahlien“ den Nachfolgeband ihrer Gärtnerinnen-Trilogie vorgelegt, der nahtlos an den Vorgänger anknüpft, jedoch auch für sich gelesen werden kann, ohne Wissenslücken zu verspüren. Mit flüssig-bildhaftem gefühlvollem Erzählstil leitet die Autorin den Leser zurück ins vergangene Jahrhundert, wo er sich an Charlottes Fersen heften und ihr Treiben und Tun mitverfolgen darf. Die ausführlichen farbenfrohen Beschreibungen des Gartens mit seiner unterschiedlichsten Flora und Fauna zaubern schöne Bilder im Kopf des Lesers hervor, die ihn die Entstehung der Gartenanlage durch die Arbeit und den Ideenreichtum von Charlotte und Quinn miterleben lässt. Die Reise nach Persien war zur damaligen Zeit recht mühselig und auch nicht gerade ungefährlich, passt aber gut zur Handlung und schenkt der Geschichte ein wenig exotisches Flair. Die Rolle der Frau zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts wird auch einmal mehr hervorgehoben, denn Charlotte ist als Protagonistin schon recht fortschrittlich, beugt sich aber dennoch den Wünschen ihres Ehemannes um des häuslichen Friedens willen. Obwohl sie es als Akademikerin schon weit gebracht hat, kann sie hier nicht aus ihrer Haut, obwohl sie sich mit der Entscheidung auch nicht wohl fühlt.
Glaubwürdige und lebendige Charaktere wirken authentisch und geben dem Leser die Möglichkeit, sich gern in ihrer Nähe aufzuhalten und ihrem Schicksal zu folgen. Charlotte ist eine durchaus selbstsichere Frau, die ihre Ziele genau vor Augen hat und den Wünschen ihres Ehemannes zu entsprechen, fällt ihr schwer. Sie macht Zugeständnisse gegen ihren Willen und verhält sich auch gegenüber Victor eher reserviert, als dass sie ihre Liebe zeigt. Victor ist in vielen Dingen recht fortschrittlich, aber er ist auch ein Mann seiner Zeit, indem er seiner Frau die Grenzen aufzeigt. Charlottes Schwester Debbie ist den Teenagerjahren entwachsen, doch ihr Kampfgeist ist ungebrochen. Ebenso bereichern Quinn, Aurora und Robert die Handlung mit ihren Auftritten.
„Rote Dahlien“ ist eine unterhaltsame Fortsetzung der „englischen Gärtnerin“. Der historische Roman bietet nicht nur ein gutes Abbild der damaligen Zeit und die Rolle der Frau im Besonderen, sondern zaubert gleichzeitig schöne Bilder im Kopf während der Lektüre. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 28.03.2020

Ausbaufähig

Die verschwundene Braut
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1845 Yorkshire. Im Herrenhaus Chester Grange findet ein Hausmädchen morgens das Schlafzimmer ihrer Herrin Elizabeth Chester blutverschmiert und verwüstet vor, von der Dame des Hauses fehlt allerdings jede ...

1845 Yorkshire. Im Herrenhaus Chester Grange findet ein Hausmädchen morgens das Schlafzimmer ihrer Herrin Elizabeth Chester blutverschmiert und verwüstet vor, von der Dame des Hauses fehlt allerdings jede Spur. Die drei Pfarrerstöchter Emily, Anne und Charlotte Brontë werden von ihren schriftstellerischen Exkursen abgelenkt, als sie über ihren Bruder Branwell von dem Vorkommnis erfahren. Die Neugier und kriminalistische Spürsinn der drei Schwestern ist sofort angestachelt, sie wollen herausfinden, was sich dort zugetragen hat und was Elizabeth Chester widerfahren ist. Da sie die in Chester Grange tätige Gouvernante Matilda French aus Internatszeiten kennen, erhoffen sie sich einen Einblick hinter die Mauern des Anwesens, um den rätselhaften Vorgang aufzuklären, wobei sie sich auch in Gefahr bringen…
Bella Ellis hat mit „Die verschwundene Braut“ einen interessanten historischen Kriminalroman vorgelegt, in dem die literarisch berühmten Brontë-Schwestern als Ermittlerinnen fungieren und den Leser mal nicht von ihrem schriftstellerischen Können überzeugen, sondern sich von ihrer persönlichen Seite zeigen sollen. Die Autorin bedient sich dabei reiner Fiktion, wobei sie sich an das in der Geschichte überlieferte Leben der Brontës nahe heranwagt, aber den Protagonisten dennoch ihren eigenen Stempel aufdrückt. So lässt sie den Leser mit flüssigem und bildhaftem Schreibstil in vier unterschiedliche Perspektiven springen, um die verschiedenen Gedanken und Sichtweisen der drei Schwestern und die des Bruders Branwell zu erfahren. Dabei wird einmal mehr deutlich, welch fortschrittliche Erziehung im Hause Brontë herrschte und dass gerade die Schwestern sich keinen Deut darum scherten, was andere über sie dachten. Den Spannungslevel, der zu Beginn noch recht hoch liegt, kann die Autorin durch die Handlung hinweg aber leider nicht halten. Jedoch lässt sie die damalige Zeit wunderbar wiederaufleben, schafft mit ihren Worten eine atmosphärisch-düstere und geheimnisvolle Stimmung, die ein gewisses Gänsehautfeeling produziert.
Die Charaktere sind der Zeit angemessen gestaltet, wirken glaubwürdig und authentisch. Durch den von der Autorin gewährten Einblick in ihre Persönlichkeit werden sie nahbar. Zwischen den Schwestern herrscht eine gewisse Konkurrenzatmosphäre, wobei keine von ihnen sich verbiegen lässt. Anne ist eine eher ruhige, feinfühlige und mitfühlende Frau. Charlotte prägt ein überlegtes und selbstsicheres Wesen, sie geht eher pragmatisch und mit Kombinationsgabe an die Dinge heran. Emily dagegen prescht immer wieder vor, ist impulsiv und offenherzig. Branwell, der Bruder der drei Schwestern ist ein unruhiger Freigeist, der eine gewisse Unsicherheit ausstrahlt ob der Frauenpower in der eigenen Familie. Aber er bietet den Frauen auch eine gewisse Sicherheit und Schutz, obwohl sie das nie zugeben würden.
„Die verschwundene Braut“ ist ein historischer Kriminalfall, der mit seinen eingefangenen Stimmungen entfernt an die Werke der Brontë-Schwestern erinnert. Gute Idee, allerdings würde der Geschichte etwas mehr Spannung gut zu Gesicht stehen. Ausbaufähig!

Veröffentlicht am 27.03.2020

Glückauf!

Ein Traum vom Glück
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1951 Essen. Katharina lebt mit ihren beiden Töchtern Inge und Bärbel seit ihrer Flucht aus Berlin bei ihrer Schwiegermutter Mine in Essen. Während Mine noch immer an die Rückkehr ihres Sohnes glaubt, ist ...

1951 Essen. Katharina lebt mit ihren beiden Töchtern Inge und Bärbel seit ihrer Flucht aus Berlin bei ihrer Schwiegermutter Mine in Essen. Während Mine noch immer an die Rückkehr ihres Sohnes glaubt, ist Katharina vom Tod ihres Mannes Karl überzeugt. Die Nachkriegszeit verlangt der Bevölkerung eines ab, die zurückgekehrten Männer steigen in die Minen hinab, um Kohle zu schürfen, während die Frauen sich um die Familie und die Nahrungsbeschaffung kümmern. Katharina näht die schönsten Kleider für die Frauen, die es sich leisten können und träumt insgeheim von einem eigenen Atelier und ein gutes Auskommen für sich und ihre Mädchen. Eines Tages steht Mines Enkel Johannes als Kriegsrückkehrer vor der Tür und wird sofort in den Frauenhaushalt aufgenommen, wo er sich nicht nur um viele Neuerungen und Reparaturen im Haushalt kümmert, sondern auch bald Katharinas Herz und das ihrer Töchter erobert. Während die beiden glauben, ihre Liebe geheim halten zu können, kommt ihnen Mine schon bald auf die Schliche…
Eva Völler hat mit „Ein Traum vom Glück“ den ersten Teil ihrer „Ruhrpott-Saga“ einen furiosen Auftaktband vorgelegt, der nicht nur durch eine wunderbar-flüssige und bildliche Erzählweise besticht, sondern den Leser von Beginn an als unsichtbaren Gast in die Geschichte mit einbezieht. Spannend wie gefühlvoll lässt die Autorin die schwierige Nachkriegszeit und die Arbeit in den Kohleminen ebenso wieder aufleben wie die vorsichtige Hoffnung auf bessere Zeiten nach all den Entbehrungen der Nachkriegszeit oder die sich nun bahnbrechenden Kriegstraumata der Heimkehrer. Nicht nur die historische Hintergrundrecherche ist hier hervorzuheben, auch der vereinzelt in den Dialogen vorkommende Ruhrpott-Slang ist authentisch und spiegelt die damalige Bevölkerung gut wieder. Wer selbst aus dem Ruhrgebiet stammt, findet vieles aus der eigenen Kindheit wieder, Erinnerungen an die erste Kirmes, in der Not angelegte Gemüsegärten, eingekochte Marmelade, Pfannkuchen und so manches Leibgericht steigen hoch und vermitteln ein Gefühl von geliebter Heimat. Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Kumpels sowie der Bevölkerung wird wunderbar dargestellt, aber auch die Tratscherei und die Verdrängung von Schuld in der Nazizeit finden Erwähnung. Mit einem Knall entlässt die Autorin den Leser aus der Geschichte und macht ihn geradezu süchtig auf den zweiten Teil.
Lebendige Charaktere sind liebevoll inszeniert und spiegeln eine Bevölkerung wieder, die der Leser aus Erzählungen oder eigener Erfahrung kennt und sich gut mit ihnen identifizieren kann aufgrund ihrer Authentizität. Hier fällt es leicht, mit den Protagonisten auf Tuchfüllung zu gehen und mit ihnen zu bangen, zu hoffen und zu fiebern. Katharina ist eine eher zurückhaltende und hart arbeitende Frau, die aber einen Vulkan in sich birgt, der kurz vor dem Ausbruch zu stehen scheint. Sie ist fleißig, mitfühlend und hungert nach einem besseren Leben. Schwiegermutter Mine ist nicht unbedingt die Geselligste, allerdings hat sie für alle ein offenes Ohr und besitzt zudem den siebten Sinn. Praktisch veranlagt, bringt sie ihre Lieben alle durch eine schwere Zeit und zeigt zwischendurch immer wieder, wie groß ihr Herz eigentlich ist. Der vom Krieg traumatisierte Johannes ist ein Multitalent, fleißig und mit dem nötigen Einfühlungsvermögen gesegnet. Katharinas Freunde Stan und Hanna sind immer ein sicherer Hafen, um sich abzulenken oder etwas zu unternehmen. Katharinas Töchter Inge und Bärbel sind grundverschieden, aber in der Not halten sie zusammen. Aber auch Elfriede, Hagemann, Karl oder Clemens spielen eine große Rolle in diesem Epos und halten die Spannung auf hohem Niveau.
„Ein Traum vom Glück“ ist ein Buch, das den Leser mitten ins Herz trifft. Es berührt, macht atemlos und lässt alte Erinnerungen an die Oberfläche kommen. Die Autorin hat mit ihrer Geschichte genau den richtigen Mix aus Nostalgie, Drama, Liebe, Familiengeschichte und dem Hunger nach Leben gefunden, den sie äußerst spannend und mit viel Fingerspitzengefühl präsentiert und den Leser nach Mehr lechzen lässt, während sie ihm einen Ritt auf dem Gefühlsbarometer spendiert. Wunderbar erzählt und jede Minute wert, Chapeau – besser geht es nicht!

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