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Veröffentlicht am 22.03.2020

Freud und Leid liegen nahe beieinander

Libellenjahre
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1930 Königsberg. Die 19-jährige Constanze von Warthenberg trifft bei einer Segelregatta mit ihren beiden älteren Brüdern auf den aus Warschau stammenden Clemens Rosanowski. Die beiden verlieben sich und ...

1930 Königsberg. Die 19-jährige Constanze von Warthenberg trifft bei einer Segelregatta mit ihren beiden älteren Brüdern auf den aus Warschau stammenden Clemens Rosanowski. Die beiden verlieben sich und heiraten, obwohl Constanzes Eltern davon nicht gerade begeistert sind. Das junge Ehepaar wählt Danzig zu ihrem neuen Zuhause und verlebt eine glückliche Zeit, in der auch Tochter Eva geboren wird. Im Hintergrund haben die Nationalsozialisten bereits die Macht übernommen. Als der Zweite Weltkrieg ausbricht, wird auch das junge Paar getrennt, denn Clemens wird zum Frontdienst einberufen. Constanze vermisst Clemens unsäglich und tröstet sich mit den immer unregelmäßiger kommenden Briefen über die Trennung hinweg. Doch dann wird Constanze eine schreckliche Nachricht überbracht und als Danzig von Bomben zerstört wird, flüchtet sie mit ihrer kleinen Tochter aus der Stadt und macht sich auf die gefährliche Reise Richtung Westen…
Izabelle Jardin ist mit „Libellenjahre“ ein wunderbarer und fesselnder Auftakt ihrer neuen Wartenberg-Trilogie gelungen. Der historische Roman unterhält mit einem schönen, bildhaften und emotionalen Erzählstil und reißt den Leser schon anhand der ersten Zeilen mit, lässt ihn eine Zeitreise in das vergangene Jahrhundert antreten und ein Teil der Familie Warthenberg werden, wo er hautnah das Schicksal von Constanze und ihren Lieben miterlebt. Nicht nur der politische Hintergrund wurde von der Autorin wunderbar mit ihrer Geschichte verwebt, auch die damaligen gesellschaftlichen Strukturen werden innerhalb der Handlung deutlich. Durch die bildgewaltige und ausdrucksvolle Sprache der Autorin hat der Leser von Beginn an einen regelrechten Film vor Augen, erlebt den Kriegsausbruch gefühlsmäßig ebenso real mit wie die grauenhaften Auswirkungen der Nazipolitik, die Armut, die Angst, die Hoffnungslosigkeit sowie die gefährliche Flucht. Gespannt verfolgt der Leser Constanzes Wirken und Tun in dieser Zeit und lässt sie ganz nah an sich heran, während man sie bei ihrer Entwicklung über die Jahre 1930 bis 1949 beobachtet.
Die Charaktere sind ausgesucht lebendig und liebevoll in Szene gesetzt, bestechen mit ihren realistischen Ecken und Kanten und spiegeln die damalige Gesellschaft wundervoll wieder. Schnell wachsen sie dem Leser ans Herz, der ihnen auf Schritt und Tritt atemlos folgt und innerlich mit ihnen zittert, hofft und bangt. Constanze ist eine offene, selbstbewusste junge Frau, die schon früh weiß, was sie will und sich auch nicht den Konventionen beugt. Sie ist viel zu neugierig auf die Welt und möchte etwas bewirken, bis die Liebe ihr dazwischen kommt. Aber auch da setzt sie ihren Kopf durch und folgt ihrem Herzen. Clemens vereint Charme und Ehrlichkeit in sich, er ist ein warmherziger und hilfsbereiter Mann mit Gewissen. Constanzes Großmutter Charlotte ist eine weise und großherzige Frau, die in jeder Lebenslage eine Stütze ist und wie ein Fels in der Brandung wirkt. Ebenso machen Protagonisten wie Eva, Justus, Greta oder Hanna die Handlung mit ihren Auftritten zu einem perfekten Leseerlebnis.
„Libellenjahre“ ist ein tiefgründiger, emotionaler und fesselnder historischer Roman, der den Leser sofort in die Handlung hineinzieht und nicht mehr loslässt, auch wenn die letzte Zeile gelesen ist. Ein wahres Lesehighlight und ein Pageturner der Extraklasse. Teil 2 wird sehnsüchtig erwartet! Chapeau – besser geht es nicht, absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 22.03.2020

Amors Pfeil trifft in der S42

Für immer und dich
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Im eisigen Januar sitzt der 16-jährige Jonas in der Berliner Ringbahn S42 auf dem Heimweg, als an der Station Prenzlauer Allee der Liebespfeil trifft, denn SIE steigt zu und setzt sich ihm gegenüber. Jonas, ...

Im eisigen Januar sitzt der 16-jährige Jonas in der Berliner Ringbahn S42 auf dem Heimweg, als an der Station Prenzlauer Allee der Liebespfeil trifft, denn SIE steigt zu und setzt sich ihm gegenüber. Jonas, der nicht gerade auf den Mund gefallen ist, beobachtet das Mädchen eine Weile und spricht sie dann mit einem flotten Spruch an. Erst ziert sie sich, doch bald schon werfen sich die beiden die Sätze nur so um die Ohren, und Jonas verliebt sich immer mehr. Die S-Bahnstationen fliegen vorbei, doch keiner steigt aus. Aber irgendwann muss Jonas los und kennt noch nicht einmal ihren Namen. Sie verabreden sich für eine Woche später, doch sie taucht nie auf, obwohl Jonas 6 Monate immer wieder dort nachsieht. Durch einen großen Zufall begegnet Jonas ihr ein halbes Jahr später wieder und kann sein Glück kaum fassen, denn er hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, aber ein halbes Jahr hat alles verändert…
Anna Rosina Fischer hat mit „Für immer und dich“ in einem flüssig-leichten Erzählstil einen unterhaltsamen und gefühlvollen Jugendroman vorgelegt, der in zwei Abschnitte gegliedert ist. Der erste Teil beschreibt die S-Bahnfahrt von Jonas und ist kapitelweise in die einzelnen Stationen der Berliner Ringbahn aufgeteilt. Wer diese kennt, weiß, dass eine Umrundung circa eine Stunde dauert, bis man wieder am Ausgangspunkt angelangt ist. Kurzweilig darf man als Leser das Kennenlernen der beiden Hauptprotagonisten mitverfolgen, während man mit ihnen gemeinsam im Zug sitzt. Teil zwei beginnt ein halbes Jahr später, in dem der Leser das erneute Zusammentreffen der beiden erleben darf sowie die Gründe erfährt, warum sie sich verpasst haben. Aber er bekommt auch einen tieferen Einblick in die Seelen der beiden sowie deren jeweilige Lebensumstände, die oftmals sehr zu Herzen gehen. Die Autorin schafft mit humorvollen Dialogen und ernsthaften Umständen einen guten Spagat zwischen zarter Liebesgeschichte und schweren Schicksalsschlägen. Die Handlung fließt locker dahin und lässt doch die Gedanken wandern, wie die beiden mit ihrem Alltag und ihren Familien umgehen.
Die Charaktere sind lebensecht gezeichnet, so dass der Leser diese recht gut ins reale Leben übertragen kann, denn die Geschichte kann sich so jeden Tag zutragen. Jonas ist ein toller und gutmütiger Typ, der schon eine riesige Verantwortung innerhalb seiner Familie trägt. Da seine Mutter alleinerziehend ist und voll berufstätig, kümmert er sich liebevoll um seine kleine gehandicapte Schwester, während seinem älteren Nerd-Bruder alles egal ist. Jonas ist schlagfertig, hilfsbereit und packt immer mit an, wobei man oftmals das Gefühl hat, er wird zu sehr von allen vereinnahmt. Schwester Rosa ist ein kleines Goldstück, die zwar krank ist, aber mehr Verständnis und Weisheit besitzt, als so manch Erwachsener. Jonas‘ Mutter ist chronisch überarbeitet und ist mit ihrer Familie völlig überfordert. Sie kommt nicht gerade lebenstüchtig rüber und schiebt ihre Verantwortung auf Jonas ab. Das S-Bahn-Mädchen Josephine ist eine Kratzbürste, doch damit kaschiert sie nur ihre Einsamkeit und ihre Unsicherheit. Sie wird von den Eltern gedrillt und sehnt sich nach Liebe und Geborgenheit. Aber auch Nebendarsteller wie Titus oder Cem gehören zur Geschichte und lockern sie auf.
„Für immer und dich“ ist eine gefühlsbetonte kurzweilige Geschichte, die die Teenager-Zielgruppe ansprechen dürfte. Familie, Freundschaft, große Liebe sind die Themen, um die sich hier alles dreht, zwar recht spannungsarm, dafür wird ein realistisches Bild gezeichnet, in dem man sich wiederfinden kann.

Veröffentlicht am 21.03.2020

Auf der Suche nach sich selbst

Ein Sommer im Alten Land
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Durch einen Unfall verliert Parfümeurin Alix ihre Existenzgrundlage: ihren Geruchssinn. So kann sie ihren Beruf nicht weiter ausüben. Auch mit der langjährigen Beziehung zu ihrem Freund Max steht es nicht ...

Durch einen Unfall verliert Parfümeurin Alix ihre Existenzgrundlage: ihren Geruchssinn. So kann sie ihren Beruf nicht weiter ausüben. Auch mit der langjährigen Beziehung zu ihrem Freund Max steht es nicht zum Besten. Alix ist verzweifelt und sieht plötzlich alles in einem neuen Licht. Um Abstand zu gewinnen, flüchtet sie zu ihrer Großtante Barbara nach Deutschland und verkriecht sich auf deren Apfelhof im Alten Land. Der steht finanziell nicht gerade auf soliden Füssen, aber Alix möchte entgegen dem Willen ihrer Tante dort eine Seifenmanufaktur einrichten. Aber zuerst muss sich ihr Geruchssinn wieder einstellen. Die Bekanntschaft mit dem Ökobauern Johann bringt in ihr eine neue Saite zum Klingen, aber zuerst muss Alix in ihrem eigenen Leben aufräumen, neue Pläne in Angriff nehmen und vor allem ihren Geruchssinn wiedererlangen, damit sie ihrer Nase wieder folgen kann…
Julie Peters hat mit „Ein Sommer im Alten Land“ einen unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser von Beginn an an Alix‘ Seite stellt, damit er ihr Schicksal hautnah miterleben kann. Der einnehmende flüssige und farbenfrohe Erzählstil gewährleisten ein schnelles Abtauchen in die Geschichte, während das Bild des alten Apfelhofs und seiner Umgebung vor dem inneren Auge entsteht. Schon die Vorstellung, die Funktion einen der Wahrnehmungsorgane zu verlieren, ist gruselig, denn mit ihr nehmen wir die Welt wahr, ob über die Nase, die Augen, den Mund, die Ohren oder die Nerven. Die arme Alix hat mit dem Verlust des Geruchssinns eine fundamentale Einschränkung, denn da der Geruchssinn auch mit dem Geschmackssinn verknüpft ist, wird das Leben zu einem Alptraum. Nicht nur das Essen schmeckt nach nichts, ihre berufliche Existenz liegt auf Eis, denn sie kann keine Gerüche differenzieren und weiß auch nicht, wie lange dieser Zustand anhalten wird. Die damit verbundene Verzweiflung ihrer Protagonistin hat die Autorin glaubhaft dargestellt. Auch die kreisenden Gedanken um die Zukunft und wie es mit ihr weitergehen soll, sind gut nachvollziehbar und lassen den Leser selbst nachdenklich werden ob der Vorstellung, in einer vergleichbaren Situation zu sein. Mut macht aber auch der Ideenreichtum von Alix, die sich trotz des Handicaps nicht unterkriegen lässt.
Die von der Autorin erschaffenen lebendigen Charaktere mit glaubwürdigen Ecken und Kanten nehmen den Leser in ihre Mitte und lassen ihn an ihrem Schicksal teilhaben. Alix‘ Leben verlief bisher wie geplant, doch der Unfall hat alles auf RESET gestellt. Alix definiert sich sehr über ihren Geruchssinn, der gleichzeitig ihre Geschäftsgrundlage ist, und stellt ihr gesamtes Leben in Frage. Diese Lebenseinschränkung lässt sie an sich und allen anderen zweifeln. Das Handicap lässt sie aber nicht aufgeben, sie braucht kurzfristig, um ihr Mütchen zu kühlen und dann mit Blick nach vorn neue Pläne zu machen. Tante Barbara ist eine Seele von Mensch, liebevoll und warmherzig steht sie Alix bei, obwohl sie eigene Sorgen hat. Max ist ein fürsorglicher und hilfsbereiter Mann, der Alix in ihrer Situation unterstützen möchte. Aber auch Johann überzeugt durch seine sympathische und umgängliche Art.
„Ein Sommer im Alten Land“ ist ein kurzweiliger Roman, der während der Lektüre im Kopf nicht nur wunderschöne Bilder malt, sondern den Leser am Schicksal der Protagonisten teilhaben lässt. Die Problematik um den Verlust eines Sinnesorgans löst nebenbei Gedanken aus, wie man selbst wohl mit solch einer Situation umgehen würde. Schön zu lesen und mit verdienter Leseempfehlung ausgestattet!

Veröffentlicht am 21.03.2020

Hier wäre weniger mehr gewesen

Wie Sterne am Himmel
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Caroline Shelby arbeitet als Modedesignerin in New York und steht kurz davor, für ihre Entwürfe endlich den Ruhm zu ernten, den sie sich immer erträumt hat. Doch dann muss sie feststellen, dass ihr Boss ...

Caroline Shelby arbeitet als Modedesignerin in New York und steht kurz davor, für ihre Entwürfe endlich den Ruhm zu ernten, den sie sich immer erträumt hat. Doch dann muss sie feststellen, dass ihr Boss ihre Designs geklaut und unter seinem Namen herausbringt, um die Lorbeeren zu ernten. Aber viel schlimmer trifft sie der plötzliche Tod ihrer besten Freundin, die aufgrund von Misshandlungen verstarb. Caroline übernimmt wie versprochen die Vormundschaft für deren Kinder und verlässt mit den beiden New York, um mit ihnen in ihrem Heimatort Oysterville bei ihren Eltern neu Fuß zu fassen. Dort schlägt Caroline eine ungeahnte Hilfsbereitschaft entgegen, die ihr und den Kindern einen Neustart ermöglichen. Auch ihre alte Jugendliebe Will läuft ihr über den Weg und setzt alte Erinnerungen frei. Aber Caroline muss noch so manche Hürde meistern, um endlich nach vorn sehen zu können…
Susan Wiggs hat mit „Wie Sterne am Himmel“ diesmal nicht einen lockeren und gefühlvollen Liebesroman vorgelegt, sondern vereint einige ernste Themen in ihrer Geschichte, die aktueller nicht sein könnten. Der flüssige Schreibstil führt den Leser direkt in die Handlung hinein, wo er nicht nur die berufliche Pechsträhne von Caroline hautnah miterleben kann, sondern auch ihren persönlichen Verlust der Freundin und die selbstlose Übernahme einer Riesenverantwortung mitträgt. Von jetzt auf gleich zwei traumatisierte Kinder zu übernehmen und ihnen Ansprechpartner und Bezugsperson zu sein, ist eine große Aufgabe, die viel Verzicht und Rücksichtnahme bedeutet. Die Autorin greift in ihrer Geschichte auch das Thema Gewalt gegen Frauen auf, das bis heute noch immer nicht die Aufmerksamkeit erhält, die es verdient und viel mehr präsent sein. Leider passt zu diesen ernsteren Themen kaum eine Liebesgeschichte, die ebenfalls hier Raum einnimmt und das Buch damit überfrachtet. Hier hätte man gut darauf verzichten können, auch wenn man die Geschichten der Autorin gerade deswegen so schätzt. Weniger wäre hier mehr gewesen.
Die Charaktere sind gut ausgestaltet und geben dem Leser die Möglichkeit, sich in sie hineinzuversetzen und ihnen auf ihrem Weg zu folgen. Caroline ist eine mutige Frau, die ihre Versprechen einlöst und Verantwortung übernimmt. Sie stellt ihre eigenen Pläne hinten an, um den ihr anvertrauten Kindern etwas Normalität zurückzugeben. Gleichzeitig macht sie sich stark für andere und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Will ist ein netter Kerl, der schon einmal eine große Rolle in Carolines Leben gespielt hat. Weitere Protagonisten wie z.B. Sierra oder die Frauen von Oysterville spielen eine wichtige Rolle innerhalb der Handlung und wirken überzeugend.
Wer die Bücher von Susan Wiggs kennt, wird von „Wie Sterne am Himmel“ überrascht sein, denn er ist völlig anders, als man es erwartet. Kein zu Herzen gehender Liebesroman, sondern eher eine gefühlvolle Geschichte, die einige Themen zum Nachdenken beinhaltet. Nicht schlecht, aber auch nicht überragend.

Veröffentlicht am 21.03.2020

Die Liebe der Camille Doncieux

Die Frau im grünen Kleid
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1857. Der 17-jährige Claude Monet möchte das Geschäft seines Vaters in Le Havre nicht übernehmen, sondern lieber Bilder auf Leinwände bannen, denn die Malerei ist seine Leidenschaft. Als seine Mutter verstirbt, ...

1857. Der 17-jährige Claude Monet möchte das Geschäft seines Vaters in Le Havre nicht übernehmen, sondern lieber Bilder auf Leinwände bannen, denn die Malerei ist seine Leidenschaft. Als seine Mutter verstirbt, kehrt er seiner Heimat den Rücken und zieht der Kunst wegen nach Paris, wo er sich mehr schlecht als recht durchschlägt, doch viele andere Künstler wie Pissaro, Renoir, Sisley, Bazille und Manet kennenlernt und mit ihnen eine Gemeinschaft bildet. Als er 1866 Camille Doncieux begegnet, verliebt er sich sofort in sie, doch diese ist bereits verlobt. Camille entstammt einer wohlhabenden Familie und die Beziehung zu Claude wäre nicht standesgemäß. Aber Camille hat ihr Herz ebenfalls an Claude verloren und bricht mit ihrer Familie für ein Leben an Monets Seite. Das Leben ist hart, denn sie leben an der Armutsgrenze. Claude lebt für seine Malerei und verweist Camille damit auf den zweiten Platz in seinem Herzen, wobei sie ihm als Modell und Muse zur Verfügung steht…
Stephanie Cowell zeichnet mit „Die Frau im grünen Kleid“ auf wunderbare Weise das Leben des impressionistischen Malers Claude Monet nach und vermischt belegte historische Fakten mit Fiktion auf so geschickte Weise, dass man als Leser nicht nur dem künstlerischen Genie, sondern auch seine Persönlichkeit hautnah kennenlernen und seiner Leidenschaft nachspüren darf. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser eine Reise in die Zeit Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts antreten und die harte Welt eines bildenden Künstlers miterleben, der sich in seinen Bildern offenbart und doch zu Lebzeiten nicht verstanden wurde, geschweige denn davon leben konnte. Der Leidenschaft und Exzentrik des Künstlers hatte sich alles unterzuordnen, das muss Camille am eigenen Leib erleben, denn es ist nie genug Geld für Essen, Wohnen und etwas Komfort da. Die Liebe Camilles zu Monet ist tief, aber auch von vielen Entbehrungen geprägt, denn sie kann mit der Malerei ihres Mannes nicht in Konkurrenz treten. Das gemeinsame Leben mit Camille und die Liebe zu ihr spiegeln sich in jedem seinen Bildern wieder, mal ist Camille die strahlende „Frau im grünen Kleid“, dann wiederum zeigt er seine Liebe zu ihr in den zarten Tönen seiner ausdrucksstarken Seerosenbilder oder dem eigenen Garten in Giverny. Auch wenn seine Kunst ihn völlig vereinnahmt und an Besessenheit grenzt, besitzt Monet auch eine große Leidenschaft für seine Frau Camille, die er ihr im realen Leben vielleicht nie so zeigen konnte und um die sie all die Jahre so gekämpft hat. Camille war seine Stütze, seine Inspiration und seine Seele – sie leuchtet aus jedem Farbpigment seiner Bilder.
Die Charaktere wurden von der Autorin glaubwürdig zum Leben erweckt und geben dem Leser die Möglichkeit, sie zu begleiten und die Facetten ihres Wesens zu studieren. Monet ist ein leidenschaftlicher, egoistischer und besessener Mann, der sein ganzes Herz in seine Kunst legt und nie aufgibt, die Anerkennung als Maler zu erlangen, die ihm aber Zeit seines Lebens verweigert blieb. Camille ist eine liebende Frau, die mit allem bricht, was ihr wichtig war, nur um an der Seite ihres Mannes zu sein. Sie kämpft nicht nur verzweifelt um seine Liebe, sondern auch um die alltäglichen Schwierigkeiten, gegen Armut und vor allem gegen die eigene Zweitrangigkeit. Sie muss sich ihr Leben lang der Malerei ihres Mannes unterordnen, doch erträgt sie dieses Leben mit ihm bis zu ihrem Tod in einer tiefen Liebe.
„Die Frau im grünen Kleid“ ist ein von Stephanie Cowell herrlich gezeichnetes Gemälde über das Leben von Camille und Claude Monet. Sie lässt den Leser ein Teil des Künstlerlebens mit all seinen Träumen, Visionen und Entbehrungen sein, wobei er die allumfassende Liebe des Ehepaars Monet nicht nur in jedem Bild des Malers entdecken darf. Wunderbar erzählt und absolut empfehlenswert!