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Veröffentlicht am 09.02.2020

Für zwischendurch ganz nett

Cliffs of Moher
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Als Ella ihren Freund mit einer anderen Frau in ihrem Bett erwischt, hat sie die Nase voll und flüchtet kurzerhand nach Irland, um das Land ihrer Wurzeln zu erkunden und sich von der Enttäuschung abzulenken. ...

Als Ella ihren Freund mit einer anderen Frau in ihrem Bett erwischt, hat sie die Nase voll und flüchtet kurzerhand nach Irland, um das Land ihrer Wurzeln zu erkunden und sich von der Enttäuschung abzulenken. Die Reise wird zu einem Abenteuer, denn kaum ist sie einige Tage dort, wird sie bei einem Ausflug zu den Cliffs of Moher Zeugin eines Mordes, was Ella in Gefahr bringt und bald zur Zielscheibe des Täters macht. Dann trifft Ella auch noch ihre angeblich verstorbene Großmutter und gibt das gemietete Ferienhaus auf, um die Zeit gemeinsam mit ihrer Oma in deren Haus zu verbringen. Der Mordfall zieht einige gefährliche Folgen nach sich, durch die Ella auf den Police inspector Ryan Delany trifft, der ihr sogleich den Kopf verdreht. Wird der Mörder gefasst? Und wird Ella in Irland bleiben?
Kerstin Pukowski hat mit „Cliffs of Moher-Dunkle Geheimnisse“ einen kurzweiligen Roman vorgelegt, der neben einer Liebesgeschichte auch ein Familiengeheimnis sowie Krimielemente in sich vereint. Der Schreibstil ist flüssig-leicht, so dass der Leser schnell in die Geschichte eintauchen kann, um Ella kennenzulernen und mit ihr eine recht turbulente Zeit in Irland zu verbringen. Die Landschaftsbeschreibungen der grünen Insel sind liebevoll und detailliert mit viel Farbe versehen, so dass den Leser ein wunderbares Kopfkino begleitet, während er der Handlung um Ella folgt. Die Geschichte an sich plätschert dafür eher vor sich hin, sie wirkt wie aus Kästen zusammengebaut, ist zwar unterhaltsam, aber nicht gerade glaubwürdig, da hier zu viele Dinge in kurzer Zeit passieren und einige Szenen geradezu absurd sind. Die Suche nach den Wurzeln ebenso wie die Begegnung mit der totgeglaubten Großmutter und die aufkeimende Liebesgeschichte mag noch durchgehen, doch spätestens mit dem Mord war es eindeutig zu viel des Guten, denn es ist unmöglich, allen Themen glaubhaft gerecht zu werden. So kann auch der Spannungsbogen, der sich aus kleinen Sabotageakten speist, nicht lange aufrechterhalten werden und verläuft im Sande.
Die Charaktere stechen auch nicht gerade sehr hervor durch besonders sympathische Attribute, so dass der Leser sich gefühlsmäßig gar nicht erst an sie bindet, sondern ihnen eher mit Abstand begegnet und ihrem Treiben zuschaut. Ella wirkt für ihr Alter recht naiv, praktiziert die Vogel Strauß-Taktik, indem sie als Betrogene gleich einmal das Land verlässt, anstatt sich mit den Dingen auseinanderzusetzen. Andererseits ist sie so mutig, sich Gefahren auszusetzen und einer ihr völlig fremden Großmutter sofort Vertrauen zu schenken. Ein gesundes Misstrauen wäre hier vielleicht auch angebracht gewesen. Ellas Großmutter, Ryan Delany sowie die weiteren Protagonisten bleiben recht blass und hinterlassen keinen bleibenden Eindruck.
„Cliffs of Moher-Dunkle Geheimnisse“ ist ein netter kurzweiliger Roman für Leser, die nicht so viel Wert auf Glaubwürdigkeit und ausgereifte sympathische Protagonisten legen, mit denen man sich identifizieren und mitfühlen kann. Für zwischendurch ganz ok, mehr leider nicht.

Veröffentlicht am 09.02.2020

Auf ewig unvergessen...

Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte
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1938. Der Polsterer Gustav Kleinmann lebt mit Ehefrau Tini und den Kindern Herta, Edith, Fritz und Kurt in Wien, sie leben bereits in Alarmbereitschaft, da die deutsche Nazipolitik inzwischen ihre Anhänger ...

1938. Der Polsterer Gustav Kleinmann lebt mit Ehefrau Tini und den Kindern Herta, Edith, Fritz und Kurt in Wien, sie leben bereits in Alarmbereitschaft, da die deutsche Nazipolitik inzwischen ihre Anhänger in Österreich gefunden hat und sie als Juden nirgendwo mehr sicher sind. Als Gustav und Fritz verhaftet und gemeinsam zur Zwangsarbeit ins KZ Buchenwald verbracht werden, setzt Tini alle Hebel in Bewegung, um wenigstens ihre restlichen Kinder in Sicherheit zu bringen. Nur Kurt und Edith dürfen ausreisen, während Tini und Herta in ein Lager kommen. Die Selektion in Buchenwald macht vor Gustav nicht halt, er wird auf einen Transport nach Auschwitz gesandt. Fritz folgt ihm freiwillig nach, um seinen Vater nicht zu verlieren und sich gegenseitig zu stützen. Damit beginnt ein langer Leidensweg für beide…
Jeremy Dronfield hat mit „Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte“ aus den Tagebuchaufzeichnungen von Gustav Kleinmann und diversen Interviews mit Familienmitgliedern einen ergreifenden Roman vorgelegt, der den Leser mitten in die Seele fährt und nie wieder loslassen wird. Der Erzählstil ist flüssig, bildhaft und sehr berührend, dem Leser bleibt bei der Lektüre wirklich nichts erspart, so erlebt er die grausamen und menschenverachtenden Behandlungen durch die Nazis detailliert mit, die schon beim Lesen körperliche Schmerzen und Gänsehaut verursachen ob der Rohheit und Brutalität, die deren Gefangene damals ausgesetzt waren. Aufgrund dessen kann man das Buch auch nicht in einem Durchgang lesen, zu sehr gehen einem die Zeilen an die Nieren und lassen die Bilder im Kopf ständig aufs Neue hervortreten. Dronfield offenbart das perfide Spiel der Nazis, deren Foltermethoden und vor allem die leibhaftige Hölle, durch die die Inhaftierten gehen mussten und zum Großteil nicht überlebten. Auschwitz ist zwar das bekannteste Vernichtungslager der Nazis, doch auch Zwangsarbeitslager wie Buchenwald tragen den Schrecken vor sich her, in denen sich die Menschen bei unzureichender Ernährung zu körperlich Tode schuften mussten. „Arbeit macht frei“ bekommt hier genau die Bedeutung, die mit dem Schriftzug in Auschwitz auch gemeint ist. Umso erstaunlicher ist, dass Gustav und Fritz diese Hölle tatsächlich überlebt haben. Darüber hinaus gibt es auch besondere und anrührende Momente ein Zeichen von Hoffnung, das ihnen hilft, weiter durchzuhalten. Die sich hier zeigende Menschlichkeit und das Miteinander stehen im großen Kontrast zu der brutalen Szenerie der Nazis.
„Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte“ ist ein herausragend zusammengetragenes Zeitzeugnis, das einmal mehr deutlich macht, wozu der Mensch fähig ist, im guten wie im schlechten Sinne. Gerade, weil sich bereits in der heutigen Zeit die Zeichen mehren, dass niemand aus der damaligen Zeit gelernt hat, sollten viele dieses Buch lesen, damit sie nicht vergessen…

Veröffentlicht am 09.02.2020

Servus Café Engel

Café Engel
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1959 Wiesbaden. Man sollte meinen, dass im Café Engel nun langsam etwas Ruhe einkehrt, doch weit gefehlt. Während Konkurrenten sich neue Geschäftsstrategien überlegen, um die Gästezahl zu erhöhen und ihre ...

1959 Wiesbaden. Man sollte meinen, dass im Café Engel nun langsam etwas Ruhe einkehrt, doch weit gefehlt. Während Konkurrenten sich neue Geschäftsstrategien überlegen, um die Gästezahl zu erhöhen und ihre Umsätze zu steigern, machen die Kochs einfach so weiter wie bisher, weil Mutter Else das so will. Hilde aber weiß, wenn nicht bald frischer Wind ins „Engel“ hineinweht, müssen sie das Café schließen. Von ihrem Ehemann Jean-Jacques kann sie sich keine Unterstützung erhoffen, der verbringt seine Zeit lieber auf dem Weingut und lässt sich kaum noch blicken. So stellt Hilde eigenhändig einen neuen Konditor ein, der sich bald nicht nur um Kuchen und Törtchen bemüht, sondern auch Hilde den Hof macht. Das sorgt bald für reichlich Zündstoff im Hause Koch…
Marie Lamballe hat mit „Töchter der Hoffnung“ den dritten und finalen Band ihrer Café Engel-Saga vorgelegt, der das Leben der Familie Koch noch einmal gehörig auf den Kopf stellt, bevor der Leser Abschied von den inzwischen liebgewonnenen Protagonisten nehmen muss. Die Reihe sollte unbedingt in der richtigen Reihenfolge gelesen werden, damit man die einzelnen Charaktere und die Entwicklung des Cafés im Laufe der Jahre mitverfolgen kann. Der Erzählstil ist flüssig, gefühlvoll und bildintensiv, der Leser darf sich erneut an einem Tisch im Café Engel niederlassen und bei wunderbarem Duft von Gebäck und Kaffee die Schicksale der einzelnen Familienmitglieder für eine Weile begleiten. Wechselnde Perspektiven geben dem Leser nicht nur einen guten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der verschiedenen Charaktere, sondern steigern unterschwellig auch die Spannung. Nachdem die Kriegsjahre überstanden sind, darf der Leser nun in die Jahre des Wirtschaftswunders eintauchen. Die Autorin versteht es sehr geschickt, dem Leser mit farbenprächtigen Beschreibungen vom Wiesbaden der damaligen Zeit sowie der Kaffeehausatmosphäre Bilder heraufzubeschwören, die einen während der Lektüre begleiten.
Die Charaktere sind dem Leser schon in den ersten beiden Bänden ans Herz gewachsen, so dass sich nach den ersten Seiten sofort wieder ein Gefühl der Vertrautheit einstellt. Die Personen sind wieder einige Jahre älter und gereifter, wirken in ihrem Handeln und Tun lebendig und authentisch. Else hat ihre herrische Art nicht abgelegt und will weiterhin über die Belange des Cafés bestimmen. Sie macht es ihrer Tochter schwer, ihre eigenen Ideen einzubringen. Hilde ist zu einem Leben als Strohwitwe verdammt, die ihre Zeit sinnvoll nutzen will, um das Café auf Vordermann zu bringen und vor dem Untergang bewahren will. Das ständige Alleinsein lässt sie mit dem Feuer spielen, was sich alsbald zu einem Flächenbrand entwickeln könnte. Jean-Jacques lässt seine Frau in Wiesbaden schalten und walten, er beschäftigt sich lieber mit seinem Weinberg und vergisst dabei fast seine Ehe. Ebenso tragen weitere Protagonisten mit ihren Auftritten zur Handlung bei und hinterlassen beim Leser ein Gefühl von Vertrautheit in der Kaffeehausatmosphäre.
„Töchter der Hoffnung“ ist ein gelungener Abschluss der Geschichte um das Café Engel und der Familie Koch, die einem mittlerweile ans Herz gewachsen ist. Unterhaltsam und kurzweilig erzählt, muss der Leser nun Abschied nehmen. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.02.2020

In Zeiten des Umbruchs

Jahre der Veränderung
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1929 Berlin. Die Wirtschaftskrise hält die Bevölkerung weiter in ihrem Klammergriff, es fehlt an allen Ecken und Enden. Knapp ein Jahrzehnt ist vergangen, seitdem sich Edith, Luise und Margot zum ersten ...

1929 Berlin. Die Wirtschaftskrise hält die Bevölkerung weiter in ihrem Klammergriff, es fehlt an allen Ecken und Enden. Knapp ein Jahrzehnt ist vergangen, seitdem sich Edith, Luise und Margot zum ersten Mal begegnet sind. Mittlerweile sind die drei Frauen ausgebildete Hebammen, die gemeinsam an der Frauenklinik Neukölln tätig sind. Luise kümmert sich tagsüber intensiv um die Ausbildung des Nachwuchses, doch abends stürzt sie sich ins bunte Berliner Nachtleben, um so den tragischen Tod ihres Freundes Günther zu kompensieren. Edith hat sich neben ihrer Kliniktätigkeit der Beratung von jungen Frauen verschrieben. Sie möchte mit Männern nichts zu tun haben, seitdem sie haarscharf einer Vergewaltigung entgangen ist und denkt darüber nach, ein Medizinstudium zu beginnen. Als Jüdin muss sie zudem erstmals Diskriminierung und Beleidigungen einstecken. Derweil hat sich Margot mit einem verheirateten Arzt eingelassen, der allerdings keinerlei Anstalten macht, ihre Beziehung zu legalisieren. Währenddessen gewinnt Hitler immer mehr an politischem Einfluss, was sich auch auf das Leben der drei Frauen auswirkt…
Linda Winterberg hat mit „Jahre der Veränderung“ den zweiten Teil ihrer Hebammen-Saga vorgelegt, der erneut mit einem eingängigen, flüssigen und gefühlvollen Schreibstil sowie interessanten Handlung und gut recherchiertem Hintergrund überzeugen kann. Der Leser fühlt inmitten des Frauentrios sofort wieder unter alten Freundinnen und darf sie über einen Zeitraum von 4 Jahren bis 1932 wieder ein Stück ihres Lebens begleiten. Die Freundschaft zwischen Margot, Edith und Luise ist zusammengewachsen, sie geben sich untereinander Halt, führen aber auch alle einzeln ein Leben, das sich sehr von denen der Freundinnen unterscheidet. So darf der Leser durch die bildhaften Beschreibungen der Autorin mit Luise durchs Berliner Nachtleben der späten 20er Jahre folgen, wo sich die Bevölkerung ihren Frust des Alltags von der Seele tanzt und trinkt. Auch die Geburtsszenen im Kreißsaal sowie die leidgeprüften Jungmütter, die durch Prostitution den Lebensunterhalt verdienen müssen und sich dabei Krankheiten einfangen sind so plastisch geschildert, dass man als Leser hautnah dabei ist und miterlebt, wie nahe Freud und Leid beieinander liegen. Der mit der Handlung wunderbar verwebte geschichtliche Hintergrund ist gut recherchiert und zeichnet das Bild einer politisch gebeutelten Bevölkerung, die immer mehr Arbeitslose zu verzeichnen hat und von der Hand in den Mund lebt. Die wachsende Macht Adolf Hitlers wirft ihre Schatten voraus, schon bald weht ein rauer Ton durch Berlins Straßen, der vor allem Edith als Jüdin in Angst versetzt.
Die Charaktere haben sich natürlich weiterentwickelt und sind nun erwachsene Frauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und dem Leser wie alte Freundinnen erscheinen, die man schon ewig kennt und deren Schicksal einem am Herzen liegt. Aufgrund dieser Nähe fällt das Mitfiebern, Mitbangen und –hoffen leicht, und Winterberg lässt den Leser eine Achterbahn der Gefühle durchleben. Edith geht regelrecht in ihrem Beruf auf. Sie ist ehrgeizig und so schnell nicht aus der Ruhe zu bringen, doch die immer öfter aufkommenden Judenanfeindungen wehen ihr ins Gesicht und lassen Angst in ihr aufsteigen. Luise ist feinsinnig und sensibel, fühlt sich verloren. Deshalb kommt sie auch nicht über Günthers Tod hinweg. Sie sucht das Vergessen in der schillernden Berliner Nachtwelt, doch diese bunte Scheinwelt kann sie nur für einige Stunden ablenken. Margot ist eine Kämpferin, die nicht so schnell aufgibt. Doch ihre Affäre bringt sie an den Rand der Verzweiflung und lässt sie leiden, denn sie sehnt sich so sehr nach Liebe. Aber auch Protagonisten wie Marina geben der Handlung zusätzliche Glanzpunkte.
„Jahre der Veränderung“ ist eine wunderbare Fortsetzung, die von Beginn an mit einer packenden Handlung sowie einem spannenden historischen Hintergrund zu fesseln weiß. Herausragend und abwechslungsreich erzählt, kann es hier nur eine absolute Leseempfehlung geben.

Veröffentlicht am 08.02.2020

Liebe und Leid liegen nah beieinander

Die Schleusen des Himmels
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Der 64-jährige Kriegsveteran Joseph „Jo-Jo“ Brooks lebt nach traumatischen Erfahrungen in einer einsam gelegenen Berghütte, als plötzlich die Mexikanerin Catalina mit ihren beiden Kindern Gabby und Diego ...

Der 64-jährige Kriegsveteran Joseph „Jo-Jo“ Brooks lebt nach traumatischen Erfahrungen in einer einsam gelegenen Berghütte, als plötzlich die Mexikanerin Catalina mit ihren beiden Kindern Gabby und Diego auf der Flucht im tiefsten Schnee bei ihm Unterschlupf findet. Als Jo-Jo von ihrem Schicksal erfährt, lädt er alle kurzerhand inklusive seines Streuners Rosco ins Auto und bringt sie zu Catalinas Bruder nach Florida, wo sie zukünftig in einer Gruppe von mexikanischen Arbeitern in Sicherheit sind. Auf dem Rückweg kommt Jo-Jo an Cape San Blas vorbei, den Ort seiner Kindheit und wo seine Jugendliebe Allie immer noch lebt, die gerade ihren zweiten Ehemann durch einen LKW-Unfall verloren hat. Das Wiedersehen mit Allie nach so vielen Jahren ist schmerzlich, aber bald schon schmieden die beiden Zukunftspläne, als Catalina sich wieder mit ihm in Verbindung setzt, weil sie und die Kinder in Gefahr sind. Jo-Jo macht sich sofort auf den Weg und sammelt die kleine Familie ein, die in Cape San Blas bald ein Zuhause findet. Je länger Jo-Jo mit Allie zusammen ist, umso mehr holt ihn die Vergangenheit ein, die er jahrzehntelang zu verdrängen suchte…
Charles Martin hat mit „Die Schleusen des Himmels“ einen fesselnden, emotionalen Roman vorgelegt, der den Leser schon mit dem Prolog in die Geschichte eintauchen und ab da nicht mehr loslässt. Der Erzählstil ist flüssig, gefühlvoll, tiefgründig und bildhaft, der Leser hat ein wunderbares Kopfkino durch die plastischen Beschreibungen, um gleichzeitig Jo-Jo und sein bewegtes Leben während der Lektüre kennenzulernen. Der Autor lässt den Leser durch Jo-Jos Erinnerungen an zahlreichen Kriegseinsätzen in Vietnam teilhaben, sondern auch die prägenden Begegnungen, die ihm dort wiederfahren sind, miterleben. Jo-Jos Leben gleicht einer Aneinanderreihung von aufregenden Abenteuern, doch eigentlich sind sie die Flucht eines Mannes, der seine einzige Liebe verloren glaubte und seinem Leben keinen Wert mehr beimaß. Wunderbar und spannend zugleich ist die langsame Aufarbeitung für den Leser zu beobachten, der miterleben darf, dass ein Mann ohne Hoffnung plötzlich den Glauben wiederfindet und eine Zukunft für sich sieht. Gleichzeitig wirft er mit jeder Erzählung aus seiner Vergangenheit ein Stück Ballast von sich und nähert sich Stück für Stück wieder einem Leben, das er sich immer gewünscht hat. Die Episoden mit der nächtlichen Radioshow sind ebenso eindringlich wie das Zusammentreffen zwischen Jo-Jo und seinem Bruder, die sich seit Jahren kaum gesprochen haben. Der Autor weiß nicht nur hervorragend, mit dem Gefühlsbarometer des Lesers zu spielen, sondern bedient sich auch interessanter Themen wie Alkoholismus, Loyalität, Dienst fürs Vaterland und Einwanderungsproblematik. Überraschende Wendungen machen die Geschichte durchweg spannend zu einem wahren Pageturner.
Die Charaktere sind wunderbar lebendig skizziert, wirken real und authentisch, so dass der Leser sich ihrem Charme gar nicht entziehen kann und sich als unsichtbarer Zaungast in ihrer Mitte niederlässt, um mit ihnen zu leiden, zu fühlen und zu hoffen. Jo-Jo ist ein Mann der Gegensätze, voller Schmerz und Schuldgefühlen. Gleichzeitig ist er sanft, gerecht, großzügig, mitfühlend und will immer nur das Beste für diejenigen, die ihm am Herzen liegen. Allie ist eine Frau, die immer wieder enttäuscht wurde, mit Leib und Seele kocht und sich nach der Liebe sehnt, die sie schon so lange vermisst. Catalina ist eine herzensgute Frau, die mit ihren Kindern durch die Hölle ging, aber durch Jo-Jo und viel Fleiß ein neues Leben beginnen kann. Bobby ist Jo-Jos älterer Bruder, der als Senator einigen Einfluss hat, aber sein Leben mit Lügen pflasterte. Radiomoderatorin Suzie ist die Stimme der Nacht, die immer ein offenes Ohr hat, der man aber nie etwas vormachen kann. Sie leidet unter dem Verlust des Vaters, den sie nie kennenlernen durfte und gibt nicht auf, etwas über ihn herauszufinden. Aber auch Hund Rosco hat seine ganz besondere Rolle in dieser Geschichte und lockert mit seinen Auftritten die Szenerie immer wieder etwas auf.
„Die Schleusen des Himmels“ ist ein fesselnder wunderbarer Roman, den man nicht aus der Hand legen kann, bis man die ganze Geschichte kennt. Voller Überraschungen, emotionalen Höhepunkten und jede Minute Lesezeit wert. Absolute Empfehlung!