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Veröffentlicht am 22.09.2019

"Man soll vor allem Mensch sein und dann erst Arzt." (Voltaire)

Tage in Weiß
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Schon die Ausbildung zum Arzt ist nicht nur abwechslungsreich, sondern auch nur etwas für starke Nerven und Menschen mit Durchhaltevermögen gepaart mit Idealismus. Das Sezieren von Toten zum Studium der ...

Schon die Ausbildung zum Arzt ist nicht nur abwechslungsreich, sondern auch nur etwas für starke Nerven und Menschen mit Durchhaltevermögen gepaart mit Idealismus. Das Sezieren von Toten zum Studium der Anatomie und der Bestimmung von Krankheiten ist nichts für schwache Nerven, aber auch die Assistenzzeit und die Arbeit auf der Intensivstation sowie der Notaufnahme bedeutet viele lange Dienstzeiten mit schlaflosen Nächten, immer in Bereitschaft, dem nächsten Notfall gerecht zu werden und helfen zu können. Dabei sieht man so viele verschiedene Schicksale und muss auch noch die Kraft haben, den Kranken Mut zuzusprechen oder den Angehörigen eine Todesnachricht zu überbringen, wobei man das gesamte Gefühlsbarometer miterlebt und doch genügend Abstand haben muss, um dies nicht an sich herankommen zu lassen.
Rainer Jund hat mit „Tage in Weiß“ einen interessanten Roman vorgelegt, der eigentlich eher eine Ansammlung von Erfahrungen aus dem Alltag eines HNO-Arztes wiedergibt und die Erlebnisse des Autors wiederspiegelt. Der Erzählstil ist eher pragmatisch und sachlich zu nennen, kurze und prägnante Sätze leiten den Leser durch die unterschiedlichsten Patientenbegegnungen, die meist zu Herzen gehen, aber auch manchmal Kopfschütteln hinterlassen angesichts der Tatsache, dass mancher Kranke schon im Vorfeld mit eigener Diagnose oder eigenen Vorstellungen einer Behandlung beim Arzt erscheint, unbelehrbar ist und dem Arzt nicht zuhören will. Einzelne Schicksale gehen dem Leser dagegen regelrecht ans Herz, wobei auch der Autor bei seiner Schilderung einen Anflug von Gefühlen erkennen lässt. Die immer wieder auftauchende norwegische Ärztin, die das Herz des Autors zum Vibrieren bringt und nach vielen Jahren in einer glücklichen Familie endet, bildet den Gegenpart zum Klinik- und Behandlungsalltag. Die Beschreibungen mancher Behandlungs- und Operationsmethoden ist nicht unbedingt etwas für schwache Nerven, wenn man im Hinterkopf hat, dass es sich dabei um Menschen wie Du und ich handelt und uns allen so etwas zu Teil werden könnte.
„Tage in Weiß“ ist ein Buch, das nicht nur die Gefühle und das Verhalten von Patienten und Ärzten aufzeigt, sondern auch einen guten Einblick in den Klinikalltag gibt und beim Leser mehr Verständnis weckt für diesen harten Beruf, der dem Ausübenden einiges abverlangt und uns allen im besten Wissen und Gewissen oftmals das Leben rettet. Sehr empfehlenswert!

Veröffentlicht am 13.09.2019

Vergebet Eurem Nächsten

Ganz aus Versehen verliebt
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1879 Texas. Ein Zugunglück wird für vier Waisenkinder zum Schicksal, die eigentlich die Hoffnung auf eine Pflegefamilie hatten. Die 4-jährige Evangeline verliert ihren älteren Bruder Hamilton und lernt ...

1879 Texas. Ein Zugunglück wird für vier Waisenkinder zum Schicksal, die eigentlich die Hoffnung auf eine Pflegefamilie hatten. Die 4-jährige Evangeline verliert ihren älteren Bruder Hamilton und lernt Zach und Seth kennen, die ebenfalls keine Angehörigen mehr haben. Die drei schließen sich zusammen und gründen eine Familie, die sich allerdings gegen allerlei behaupten muss, denn Evangeline fällt durch ihre unterschiedlichen Augenfarben auf, Seth leidet unter Asthma und Zach hat eine aggressive und unbelehrbare Art an sich, der sich aber verantwortungsvoll um seine Neufamilie kümmert und für den Lebensunterhalt sorgt. Nach einiger Zeit gelingt es ihm sogar, ihnen ein neues Zuhause auf einer Farm zu bieten, die er beim Glücksspiel gewonnen hat. Logan Fowler, der Sohn des ehemaligen Farmbesitzers lässt sich einige Jahre später auf dem Nachbargrundstück nieder, denn er plant, sich an Zach zu rächen, der seine Familie so ins Unglück hat stürzen lassen. Doch seine Pläne geraten schon bald ins Wanken, als er Evangeline kennenlernt…
Karen Witemeyer hat mit „Ganz aus Versehen verliebt“ einen wunderschönen historisch-angehauchten Roman vorgelegt, der nicht nur eine berührende Familiengeschichte bietet, sondern auch mit einer schönen Lovestory punkten kann. Der flüssig-leichte und fesselnde Erzählstil schleust den Leser sofort mitten in eine vergangene Zeit und in eine Geschichte hinein, die neben tragischen Schicksalsschlägen auch große Emotionen und einiges an Spannung zu bieten hat. Nicht nur die damaligen Lebensumstände werden von der Autorin wunderbar gezeichnet, sondern sie lässt auch einige Dramen im Leben ihrer Protagonisten passieren, die beim Leser das ganze Gefühlsbarometer zum Einsatz kommen lassen. Der Familienzusammenschluss unter völlig Fremden war eine erfrischende neue Idee und zeugt von Nächstenliebe, Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein. Gerade hier wird der christliche Aspekt deutlich, denn hier wird Glaube gelebt. Aber es geht in dieser Geschichte auch um Verzeihen, Vertrauen und Offenheit, die die Charaktere teilweise an ihre Grenzen bringt, während es anderen erstaunlich leicht wird. Zudem sind alle Protagonisten entweder äußerlich durch prägende Male gezeichnet, von einer Krankheit gehandicapt oder fallen durch ihr Auftreten auf.
Die Charaktere sind liebevoll ausstaffiert und individuell in Szene gesetzt, sie besitzen glaubwürdige Ecken und Kanten, weshalb sie dem Leser schnell ans Herz wachsen und mit ihnen fühlen lassen. Evangeline ist eine außergewöhnliche junge Frau, sie ist trotz vergangener Schicksalsschläge mit Optimismus gesegnet. Zudem weiß sie, den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen, trägt das Herz auf der Zunge und besitzt Stärke. Logan ist von Rache zerfressen, er leidet noch immer unter dem Selbstmord seines Vaters. Sein Charakter entwickelt sich im Verlauf der Geschichte in positivem Sinne, denn er fängt an, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen und andere Möglichkeiten gelten zu lassen. Auch Seth und Zach sind in ihrem Wesen starke und überzeugende Persönlichkeiten, die der Handlung zusätzlich Spannung verleihen.
„Ganz aus Versehen verliebt“ ist ein wunderbarer (Liebes-)Roman, der mit einer spannenden Handlung, glaubhaft dargestellten zwischenmenschlichen Beziehungen und gut eingebrachten Botschaften überzeugt. Sehr schönes Lesevergnügen mit verdienter Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 12.09.2019

Erika-Schwester Martha

Die Hafenschwester (1)
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1892-97 Hamburg. Das ärmliche Gängeviertel in Hamburg ist die Heimat der 14-jährigen Martha. Als ihre Mutter und Schwester Anna an der Cholera sterben und ihr Vater sich dem Alkohol zuwendet, muss sie ...

1892-97 Hamburg. Das ärmliche Gängeviertel in Hamburg ist die Heimat der 14-jährigen Martha. Als ihre Mutter und Schwester Anna an der Cholera sterben und ihr Vater sich dem Alkohol zuwendet, muss sie fortan für den Lebensunterhalt der restlichen Familie sorgen und arbeitet erst als Krankenwärterin, um dann eine Ausbildung als Erika-Krankenschwester im Eppendorfer Krankenhaus zu beginnen. Martha ist fleißig und arbeitet hart, entgegen aller Widrigkeiten, die ihren Weg kreuzen, kämpft sie sich nach oben und wird sogar zur OP-Schwester, wobei sich einige wichtige Personen für sie verwenden, die ihre Fähigkeiten erkannt haben. Marthas Freundin Milli hingegen ist der Grausamkeit des eigenen Vaters ausgesetzt und muss sich als Prostituierte verdingen. Tagaus tagein hofft Milli, ihrem Vater zu entkommen und ein neues Leben in Amerika zu beginnen. Doch bis Träume sich erfüllen, ist es ein langer Weg voller Stolperfallen…
Melanie Metzenthin hat mit „Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ einen wunderbaren Auftakt für ihre historische Hafenschwester-Serie vorgelegt, der keine Wünsche offen lässt. Der Schreibstil ist flüssig, atmosphärisch-dicht und gefühlvoll, mit den ersten Zeilen darf der Leser ins Hamburg des 19. Jahrhunderts eintauchen und das Los der Stadt zur damaligen Zeit miterleben, während er sowohl das Schicksal von Martha und Milli mitverfolgt. Aufgrund sehr guter und akribischer Recherche gewährt die Autorin dem Leser nicht nur einen sehr guten Einblick in die Gesellschaftsstrukturen und politischen Verhältnisse, sondern lässt ihn auch die Auswüchse der Choleraepidemie erleben, den Arbeiterstreik im Hafen, den Kampf der Krankenschwestern und Ärzte um das Leben der Kranken sowie die Anfänge der Frauenrechtsbewegung. Die Autorin spielt während der Handlung mit dem gesamten Gefühlsbarometer des Lesers, denn ihre Geschichte ist voller Emotionen und ebenso bildhaft, so dass man sich mitten im Geschehen wähnt. Eine unterschwellige Spannung durchzieht die gesamte Handlung und lässt den Leser regelrecht an den Seiten kleben.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und in Szene gesetzt. Jeder von ihnen besitzt individuelle Ecken und Kanten, die sie glaubhaft und authentisch wirken lassen, was es dem Leser sehr leicht macht, sich ihnen nahe zu fühlen, mit ihnen zu hoffen und zu bangen. Martha ist eine außergewöhnliche Protagonistin, denn sie strahlt nicht nur Optimismus, Mut und Stärke aus, sondern besitzt auch Herz, Mitgefühl und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Auch Hartnäckigkeit ist eine ihrer herausragenden Eigenschaften, die ihr neben Fleiß oftmals zugutekommt. Milli ist eine geschundene Seele, die sich gegen ihren grausamen Vater nicht zu wehren weiß. Sie wirkt oft verzweifelt und nur mit Marthas Hilfe erlangt sie die Kraft, sich durchzukämpfen, denn ihre Freundin lässt sie nie im Stich. Marthas Bruder Heinrich ist ein lieber Kerl, der ein besonders gutes Verhältnis zu seiner Schwester hat und immer zu ihr steht. Dr. Schlüter ist ein wichtiger Unterstützer für Martha, während Auguste ihre größte Widersacherin ist. Aber auch Susanne, Carola und Ingenieur Studt ergänzen die Handlung und machen sie rundum sehr gelungen.
„Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten“ ist ein wunderbarer und gefühlvoller Roman vor historisch belegtem Hintergrund, der Fiktion und Wahrheit auf sehr schöne Weise miteinander vermischt und den Leser von der ersten Seite an zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Lesehighlight! Chapeau – alles richtig gemacht!

Veröffentlicht am 11.09.2019

" Der Körper des Tänzers ist einfach die leuchtende Äusserung der Seele" (Isadora Duncan)

Die Ballerina von Paris
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Zwei Jahre hat die ehemalige bekannte Ballerina Lily Paris gemieden wie die Pest, denn der Tod ihres Verlobten Aiden hat sie so sehr aus der Bahn beworfen, dass sie nicht nur der Stadt den Rücken gekehrt, ...

Zwei Jahre hat die ehemalige bekannte Ballerina Lily Paris gemieden wie die Pest, denn der Tod ihres Verlobten Aiden hat sie so sehr aus der Bahn beworfen, dass sie nicht nur der Stadt den Rücken gekehrt, sondern auch das geliebte Tanzen an den Nagel gehängt hat. Die seelischen Wunden sind noch nicht verheilt, doch Lily wagt den Schritt zurück in die französische Hauptstadt, um ihre verschollene Schwester Nathalie zu suchen. Durch Zufall lernt sie den Komponisten Yves kennen, der an einem Ballett über eine berühmte russische Primaballerina namens Viktoria Budian arbeitet, doch nicht so richtig vorankommt. Wird Lily je wieder ihre Ballettschuhe schnüren? Und welche Verbindung besteht zwischen ihr und der alten Primaballerina des Ballets Russes, Viktoria?
Ali Sinclair hat mit „Die Ballerina von Paris“ einen ganz unterhaltsamen historisch angehauchten Roman vorgelegt, der den Leser in die Ballettwelt entführt. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, der Leser taucht schnell ab zwischen den Seiten, um sich unter die Protagonisten zu mischen und sie eine Zeitlang zu begleiten. Die Autorin erzählt ihre Geschichte über zwei Zeitebenen, so spiegelt der eine die Gegenwart um Lily und Yves wider, der andere erweckt die Vergangenheit um Viktoria Budian im Jahr 1917 zum Leben. Die Schicksale der beiden Frauen ähneln sich auf interessante Weise, beide haben einige Verluste zu beklagen und müssen für ihre Liebe zum Tanz so manche harte Entbehrung hinnehmen. Während Lily ihrer großen Liebe nachtrauert und auch die Beziehung zu ihrer Schwester verloren ging, ist Viktoria in Begleitung ihres geliebten Alexei, aber ohne ihre Familie, aus St. Petersburg nach Paris geflohen, um so dem Krieg zu entgehen und ihre Karriere zu forcieren. Dafür muss sie allerdings einen hohen Preis bezahlen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund teilweise gut mit ihrer Handlung verknüpft und gewährt dem Leser einen Einblick in die harte und arbeitssame Welt des Balletts und seiner Tänzer. Die Informationen über die Kompanie Ballets Russes hätten durchaus etwas ausführlicher sein können, denn dieses weltbekannte Ensemble hat bis heute einen weitreichenden Einfluss auf die Ballettwelt.
Die Charaktere sind gut ausgestaltet und ihrer Zeit entsprechend geformt. Allerdings fehlt es ihnen an Gefühl und Wärme, so wird der Leser auf Distanz gehalten und betrachtet die jeweiligen Perspektiven eher von außen, als mit den Protagonisten mitfühlen zu können. Lily ist eine sensible Frau, die sich nach dem Tod ihres Verlobten Aiden nicht nur vom Ballett, sondern auch von allem anderen zurückgezogen hat. Sie wirkt ängstlich und unsicher, entwickelt sich erst nach und nach zu einer Frau, der man abnimmt, dass sie sich in der harten Ballettwelt behaupten kann. Viktoria ist für ihre Epoche eine recht starke Frau, die für ihren Beruf alles hinter sich lässt, aber für die Ausreise ihrer Familie aus Russland kämpft. Yves ist ein Mann, der für die Musik lebt und seinem Schicksal ebenso nicht entkommen kann. Aber auch Nathalie und Alexei haben durchaus berechtigte Auftritte in dieser Geschichte um Liebe und Leid.
„Die Ballerina von Paris“ ist ein durchaus passabler Roman für eine kurzweilige Lektüre, ihm fehlt es neben dem gewissen Etwas an gefühlvolleren Charakteren, um über das Mittelmaß hinaus zu kommen. An das Niveau ihres ersten Romans „Die spanische Tänzerin“ kann die Autorin hiermit leider nicht anknüpfen. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 10.09.2019

"Ihr Kinderlein kommet..."

Die Zeit der Weihnachtsschwestern
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Weihnachten steht vor der Tür und Suzanne McBride hofft auf ein Wiedersehen mit ihren drei Adoptivtöchtern Hannah, Posy und Beth, die inzwischen erwachsen sind, eigene Familien haben und sich kaum noch ...

Weihnachten steht vor der Tür und Suzanne McBride hofft auf ein Wiedersehen mit ihren drei Adoptivtöchtern Hannah, Posy und Beth, die inzwischen erwachsen sind, eigene Familien haben und sich kaum noch sehen lassen in ihrem schottischen Zuhause. Doch diesmal scheint der Wunsch von Suzanne Wirklichkeit zu werden, denn alle ihre Mädchen folgen ihrer Einladung. Blöd nur, dass ausgerechnet jetzt eine saftige Erkältung Suzanne flachlegt und ihre Mädels als Pflegerinnen einspringen müssen. Die charakterlich recht unterschiedlichen Schwestern haben seit Jahren kein enges Verhältnis mehr untereinander und tragen selbst so einige Sorgen und Geheimnisse mit sich herum. Je länger sie unter einem Dach sind, umso mehr drängen diese an die Oberfläche und wollen ausgesprochen werden. Wird es den Schwestern gelingen, sich wieder anzunähern und gemeinsam mit ihrer Mutter ein schönes Weihnachtsfest erleben?
Sarah Morgan hat mit „Die Zeit der Weihnachtsschwestern“ einen sehr unterhaltsamen und vor allem berührenden Roman vorgelegt, der neben einer gut durchdachten Story auch genügend Glitzer und Weihnachtsgefühl verströmt, dass der Leser sich schon einmal auf die baldige Jahreszeit einstimmen kann. Der Erzählstil ist flüssig-leicht, emotional und tiefgründig, denn diesmal geht es nicht vorrangig um Romantik, sondern um Probleme, wie sie in den besten Familien vorkommen können. Mit unterschiedlichen Perspektiven ihrer Protagonisten lässt die Autorin den Leser die einzelnen Frauen der Familie kennenlernen und legt dabei auch deren Gefühls- und Gedankenwelt offen. Der Leser ist schnell ein unsichtbares McBride-Mitglied und erlebt hautnah, wie tief die einzelnen Konflikte schwelen und wie sehr sich alle gefühlsmäßig voneinander entfernt haben. Die Geschichte in einem kleinen verschneiten Nest in Schottland stattfinden zu lassen, hat etwas Verwunschenes und Gemütliches. Hier kann man sich kaum aus dem Weg gehen, sondern wird immer wieder mit seinen Problemen untereinander konfrontiert. Die Landschaftsbeschreibungen sind malerisch und versprühen die richtige Stimmung zum Weihnachtsfest.
Die Charaktere sind detailliert ausgestaltet und mit ihren Ecken und Kanten wirken sie wie aus dem Leben gegriffen. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, denn sie sind glaubwürdig und greifbar, so dass sie schnell zu Vertrauten werden. Sowohl Beth als auch Posy und Hannah wurden von Suzanne liebevoll zu selbstbewussten Frauen erzogen. Sie alle eint, dass sie in ihrem Leben vom Schicksal schon gebeutelt wurden und alles mit sich allein abgemacht haben, anstatt sich an das Naheliegendste zu wenden: die Familie, die Eltern, die Geschwister. So hat sich über die Jahre eine immer größer werdende Distanz aufgebaut, die nur schwer zu überbrücken ist. Dabei ist gerade die Familie das, was einen auffängt, wenn man am Boden liegt. Das müssen die Schwestern allesamt neu lernen, die nötige Stärke dazu besitzen sie bereits. Von allen Frauen ist Suzanne das herausragende Familienmitglied, sie verströmt so viel Mutterliebe und Wärme, dass man sich ihr als Leser auch sofort anvertrauen würde.
„Die Zeit der Weihnachtsschwestern“ ist diesmal kein Liebesroman, sondern eine tiefer gehende Familiengeschichte, in der Verzeihen und Vertrauen die wichtigsten Eckpunkte sind. Farbenfroh und berührend erzählt, wunderbar passend für einen Nachmittag auf der Couch, während draußen klirrende Kälte und Schneegestöber herrscht. Sehr empfehlenswert.