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Veröffentlicht am 12.05.2019

Ein langer Weg nach Hause

Mein Freund Fred und unser langer Weg nach Hause
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Craig ist als Soldat in einer afghanischen Taliban-Hochburg im Einsatz, als ihm ein tölpeliger Hundewelpe mit kurzen Beinen und großen Augen zuläuft. Der zutrauliche Welpe bekommt den Namen Fred und ist ...

Craig ist als Soldat in einer afghanischen Taliban-Hochburg im Einsatz, als ihm ein tölpeliger Hundewelpe mit kurzen Beinen und großen Augen zuläuft. Der zutrauliche Welpe bekommt den Namen Fred und ist bald aus dem Camp nicht mehr wegzudenken. Als es für Craig an der Zeit ist heimzukehren, bringt er es nicht übers Herz, den kleinen Hund im Kriegsgebiet zurückzulassen. Er schmiedet einen wagemutigen Plan und schmuggelt Fred in die USA. Zu diesem Zeitpunkt ahnt er noch nicht, dass Fred für ihn schon bald zum Retter in der Not wird."

Die Geschichte über den herrenlosen Streuner Fred , der von dem jungen Soldaten Craig Grossi nach seinem Afghanistaneinsatz in die USA mitgenommen wurde, ist äußerst rührselig, die Fotos tun ihr Übriges, und sie scheint trivial. Zudem ist Craig Grossi Soldat und im zivilen Leben Student und kein Schriftsteller, somit ist das Buch literarisch einfach gestrickt, dafür aber umso flüssiger zu lesen.

Craig beschreibt die ersten Monate mit Fred in den USA und seine Reise , die er mit Hund und einem guten Freund unternimmt. Die Kapitel der Reisebeschreibung wechseln mit Rückblenden ab, die den Afghanistan-Einsatz, Kampfhandlungen, getötete Kamerdaden usw. zum Thema haben. Dadurch wird der Roman auf eine andere Ebende gehoben und ist alles andere als trivial. Es handelt sich bei "Mein Freund Fred" aber keineswegs um einen Antikriegsroman, sondern greift die Einstellung der meisten Amerikaner auf, die v.a. patriotisch sind und den Militäreinsatz nicht in Frage stellen. Ich konnte durch Craigs Erlebnisse zum einen besser verstehen, warum junge Männer freiwillig nach Afghanistan ziehen, warum sie ihr Lebens aufs Spiel setzen, zum anderen wurde mir klar, was mit ihnen nach so einem Kriegseinsatz auf psychischer und physischer Ebene passiert. Manche sind verwundet, invalide, gezeichnet für ihr Leben, liegen monatelang im Krankenhaus, müssen zig OPs über sich ergehen lassen, um einigermaßen im Alltag zurecht zukommen. Allen gemeinsamen sind tiefe seelischen Wunden, die jeder anders verarbeitet. Uns allen ist das posttraumatische Belastungssyndrom geläufig, was aber wirklich dahintersteckt, wissen wir nicht und es ist zweifelhaft, ob man diesen jungen Männern ausreichend und adäquat hilft. Dabei sollte man bedenken, dass dies erst in den letzten Jahren auch von der Army als Krankheit anerkannt wurde. Um die Vietnam-Veteranen hat sich niemand gekümmert und viele von ihnen fanden nie mehr in die Gesellschaft zurück.

Da ich als Leser diesen Einblick gewinnen durfte, gebe ich Höchstpunktzahl, ganz unabhängig von der anrührenden Geschichte und des Schreibstils.

Veröffentlicht am 11.05.2019

193 Staaten

Fernweh im Herzen
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Nina Sedano hat ihren Beruf an den Nagel gehängt, um sich ganz dem Reisen zu widmen. Bei "Fernweh im Herzen" handelt es sich um ihr drittes Buch. Als Ländersammlerin ist sie in aller Munde, wurde in Geo ...

Nina Sedano hat ihren Beruf an den Nagel gehängt, um sich ganz dem Reisen zu widmen. Bei "Fernweh im Herzen" handelt es sich um ihr drittes Buch. Als Ländersammlerin ist sie in aller Munde, wurde in Geo interviewt, war mit ihrem neuesten Buch wochenlang auf der KulturSPIEGEL-Paperback-Bestsellerliste auf Platz 2 und bereiste als eine von nur fünf europäischen Frauen 193 UN-Staaten.

Sie sagt: " Wenn mich das Fernweh packt und ich mich wieder auf den Weg hinaus in die weite Welt mache, bedeutet das für mich, dem, was die Welt uns in ihrer schier unendlichen Vielfalt anbietet, mit Respekt und Demut zu begegnen. Ich ziehe los ohne Angst und mit dem Glauben an das Gute in den Menschen. Reisen schenkt mir einen unermesslichen Schatz an Erfahrungen, holt das Beste aus mir heraus und macht mich so unendlich reich."

Meine Erwartungen konnte Sedanos neuestes Buch nicht erfüllen. Es ist oberflächlich und hat Längen. Reines Sammeln, lässt einen Land und Leute nicht wirklich kennenlernen. Die Autorin bleibt in oberflächlichen Beschreibungen der Personen und Situationen hängen, die schnell langweilig und untinteressant werden. Sie springt nie auf die Metaebene oder setzt sich mit dem Thema auf einer tieferen Eben auseinander. Schade - Potential dafür gäbe es bestimmt.

Veröffentlicht am 11.05.2019

Das Hörbuch zum Film

Der Fall Collini
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Der Fall Collini hat in Ferdinand von Schirachs 2011 erschienenem Roman eine Steilvorlage wie sie besser nicht sein könnte. Ob aus der Torchance ein Punkt oder am Tor vorbeigeschossen wurde, muss jeder ...

Der Fall Collini hat in Ferdinand von Schirachs 2011 erschienenem Roman eine Steilvorlage wie sie besser nicht sein könnte. Ob aus der Torchance ein Punkt oder am Tor vorbeigeschossen wurde, muss jeder selbst entscheiden.

M.E. muss man sich immer an ein Filmhörbuch gewöhnen, denn anders als ein Literaturhörbuch, wird der Film fast 1:1 wiedergegeben. Die Schauspieler übernehmen die einzelnen Stimmen und ein dominanter Erzähler, brillant gesprochen von Stephan Schad, Passagen, die man beim Hörbuch im Gegensatz zum Film nicht sieht, dazu kommen noch div. Hintergrundgeräusche. Dabei bewegt sich das Filmhörbuch auf einem schmalen Grat, nicht wie die Blindenfassung des Filmes zu klingen. Die Geschichte, vielseitig und erschütternd, zieht den Hörer schnell in den Bann.

Ein Industrieller wird scheinbar grundlos von einem pensionierten italienischen Gastarbeiter ermordert. Dem jungen, unerfahrenen Anwalt Caspar Leinen wird der Mordfall zur Pflichverteidigung anvertraut. Als dieser bereits das Mandat angenommen hat, erkennt Leinen, dass es ich beim Ermorderten um seinen Ziehvater, Förderer und sein großes Vorbild Jean-Baptiste Meyer handelt. Einem Mann, der ihn seit der Schulzeit bedingungslos unterstützte und somit auch seinen Weg zum Jurastudium ebnete. Von Schirachs Motiv, selbst Strafverteidiger, ist klar. Er wollte dabei das Dilemma , in dem ein Verteidiger bei einem Mordprozess steckt, darstellen. Zudem ergeben Leinens Recherchen, dass das Mordopfer während des Zweiten Weltkriegs an einem Massenmord in Italien maßgeblich beteiligt war, bei dem auch Collinis Vater erschossen wurde. Durch diese Perspektive kommt deutsche Rechtsgeschichte ins Spiel. So verjähren nämllich Kriegsverbrechen nach 15 Jahren, was viele NS-Täter vor der Bestrafung durch die deutsche Rechtsspfrechung bewahrte. Ist dafür ein Verteidiger mit Migrationshintergrund nicht eine Spur zu dick aufgetragen und hätte ein deutscher Anwalt die Verhandlung etwa anders geführt?

Im Großen und Ganzen fühlte ich mich 120 MInuten lang gut unterhalten und erfuhr über einen Teil deutscher Geschichte, die mir so nicht bekannt war, obwohl div. Passagen konstruiert und übertrieben scheinen.

Nun frage ich mich, ob ich den Film vor dem Buch anschauen soll oder zuerst das Buch lesen.

Veröffentlicht am 06.05.2019

Die vielen Leben der Amory Clay

Die Fotografin
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Amory Clay wurde 1908 geboren. Ihr Vater war ein erfolgloser und dazu noch psychisch kranker Schriftsteller, der sie sogar eines Tages umbringen wollte. Vermutlich ein Ereignis, das alle ihre weiteren ...

Amory Clay wurde 1908 geboren. Ihr Vater war ein erfolgloser und dazu noch psychisch kranker Schriftsteller, der sie sogar eines Tages umbringen wollte. Vermutlich ein Ereignis, das alle ihre weiteren Beziehungen zu Männern stark beeinflusste. Des Weiteren hat sie einen Onkel, den homosexuellen Grevile, der ebenfalls fotografiert und ihr die Leidenschaft zur Fotografie näherbringt. So schafft es Amy tatsächlich als junge Frau entgegen aller Widerstände ihren Berufswunsch als Fotografin zu realisieren und reist nach Berlin der wilden 20er Jahre. Dort gibt sie sich nicht der Fotografie von langweiligen Familienfotos hin, sondern begibt sich in die Unterwelt, in Bordelle und zu den Prostituierten. Als sie Jahre später diese Fotostrecke in London ausstellen will, provoziert sie damit einen Skandal und die Bilder werden beschlagnahmt. Berlin sollte nicht Amorys letzte Reise sein. So leitete sie während des Zweiten Weltkriegs eine Fotoagentur in Paris, lebte viele Jahre in New York und reiste sogar als Kriegsfotografin nach Vietnam.

Am meisten fasziniert mich an William Boyds Roman, dass es sich um eine fiktive Biografie handelt. Auch ich tappte immer wieder in diese Falle. Die im Klappentext veröffentlichten Fotos, beanspruchen ebenfalls eine historische Wahrscheinlichkeit, dabei hat sie Boyd auf Flohmärkten zusammengesucht. Und genauso entstand dieser Roman, indem er eine Geschichte um das zufällig entdeckte Foto einer jungen Frau spannt.

Natürlich habe ich andere Rezensionen über das Buch gelesen, die nicht besonders gut ausfielen. Ich muss dagegen feststellen, dass mir das Hörbuch gut gefallen hat und ich mich 10 Stunden bestens unterhalten fühlte. Dazu beigetragen hat auch Elisabeth Günther, die Amory Clay ihre Stimme lieh

Veröffentlicht am 06.05.2019

3 Kurzgeschichten vom Eberhofer

Eberhofer, zefix! Geschichten vom Franzl
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Im Klappentext wird dieses Hörbuch als "Schmankerl für alle Franzl-Fans" angepriesen, was m.E. übertrieben ist. Fakt ist, dass das Hörbuch gerade mal 1 Stunde und 10 Minuten dauert und genau drei Kurzgeschichten ...

Im Klappentext wird dieses Hörbuch als "Schmankerl für alle Franzl-Fans" angepriesen, was m.E. übertrieben ist. Fakt ist, dass das Hörbuch gerade mal 1 Stunde und 10 Minuten dauert und genau drei Kurzgeschichten aus Franz Eberhofers Welt beinhaltet: "Ein Bayer in Gelsenkirchen", "Der Franz und sein Geburtstag" und "Urlaub mit Dick und Doof".

Die drei Sterne vergebe ich hauptsächlich für Christian Tramitz brillante Performance, denn er macht mehr als lesen - er schlüpft wie gewohnt in die verschiedenen Charakter, ahmt Dialekte nach und sorgt dafür, dass auch dieses Hörbuch zum Hörerlebnis wird. Am besten gefällt mir übrigens wie er die Oma liest. Die Geschichten an sich geben nicht viel her und ich werde den Eindruck nicht los, dass das Hörbuch allein dazu dient, Geld in die Kasse zu spülen. Schade, den Niederkaltenkirchnern tut diese Strategie nicht gut!