Ein sechster Teil, der eigentlich der Erste ist
TeufelskroneEs gibt Bücher, denen fiebert man schon Tage vor ihrem Erscheinen entgegen, genau so ging es mir mit dem neuen Roman von Rebecca Gablé. Sie ist einer meiner absoluten Lieblingsautorinnen und sie wird absolut ...
Es gibt Bücher, denen fiebert man schon Tage vor ihrem Erscheinen entgegen, genau so ging es mir mit dem neuen Roman von Rebecca Gablé. Sie ist einer meiner absoluten Lieblingsautorinnen und sie wird absolut zurecht von vielen treuen Leserinnen und Lesern „Die Königin des historischen Romans“ genannt.
Das Cover ist mal wieder erste Klasse, der Verlag bleibt sich treu und ich finde die Covergestaltung der Reihe einfach gelungen. Der Klappentext macht definitiv Lust auf mehr und eigentlich möchte man sofort anfangen zu lesen. Er stellt aber auch die beiden großen Bereiche in den Mittelpunkt: die beiden Brüder im Kampf um die Krone und die beiden Waringham-Brüder.
Eigentlich ist dieser sechste Band zeitlich gesehen, der erste Band der Waringham-Reihe. Warum fragen Sie sich? Rebecca Gablé hat dies in einem Interview (Podcast auf der Lübbe Homepage) wie folgt beantwortet, die nächste Epoche sei einfach nicht die Ihre (Barock) und Männer mit Perücken ginge (bei ihr) gar nicht, außerdem habe das Mittelalter noch so viel zu bieten und es sei schließlich ihre Kernkompetenz, also habe sie sich dem freien Zeitfenster vor dem Lächeln der Fortuna zugewandt. Richard Löwenherz und sein Bruder John Ohneland bieten natürlich für eine Autorin historischer Romane genügend Stoff. Richard, stellt die Autorin Guillaume of Waringham zur Seite und John ohne Land, den jüngeren Yvain of Waringham. Beide Brüderpaare haben einiges gemeinsam und dennoch ist jeder für sich sehr unterschiedlich, so dass der Leser einen facettenreichen Potpourri an männlichen Protagonisten durch die Zeiten begleiten darf. Als weiblichen Gegenpart haben die beiden Herrscher-Brüder ihre Mutter Eleonore von Aquitanien, einer der wohl berühmtesten und beeindruckendsten Frauen des Mittelalters. Die Waringham Brüder begleiten Amabel (Guillaumes Frau) und Beatriz (Yvains Frau). Sodass sowohl weibliche als auch männliche Leser genug Identifikationsfiguren zur Verfügung stehen, um mit ihrer Heldin oder seinem Helden mit zu fiebern. Themen des Romans sind natürlich einmal der historische Hintergrund, also die Geschichte der Plantagenets. Aber auch andere Themen, die Menschen durch alle Zeiten hindurch beschäftigen: die Liebe (zwischen Mann und Frau), die Rolle der Frauen in der Gesellschaft, die Verantwortung gegenüber der Familie. Zudem gibt es bei Yvain dem Hauptprotagonisten Wesenszüge die eingefleischte Waringham-Fans wieder erkennen werden: die Seekrankheit, die Gabe mit den Pferden „zu reden“ oder auch das teilweise vorlaute Mundwerk. Der Roman wird chronologisch erzählt, es gibt einige Zeitsprünge, die aber nicht weiter ins Gewicht fallen, da Orts- und Zeitangaben vor jedem Abschnitt zu finden sind.
Der Schreibstil der Autorin ist wie eh und jeh süffig und die Seiten fliegen nur so dahin, ich habe die über 900 Seiten als solche nie wahrgenommen und war am Ende ein wenig wehmütig, wie schnell das langersehnte Buch, dann doch wieder zu Ende war.
Zum Ende hin fällt der Roman leider etwas ab, sodass ich leider nicht die absolute Punktzahl vergeben kann. Das Warum verrate ich an dieser Stelle selbstverständlich nicht, denn sonst würde ich zu viel vom Ausgang des Romans verraten. Aber vielleicht ist es auch Meckern auf ganz hohem Niveau, denn Rebecca Gablé hat mit Sicherheit einen der historischen Romane dieses Jahres geschrieben und andere Fans werden das Ende vielleicht anders sehen. Wobei ich, soviel sei verraten, vor allen Dingen das Benehmen oder bzw. das Verhalten Yvains of Waringham kritisiere. Umfangreiches Zusatzmaterial runden wie gewohnt bei Rebecca Gablé den Roman ab.
Ich bedanke mich sehr, bei der Lesejury für die Auswahl, dass ich als eine der wenigen Rezensentinnen im Rahmen einer Leserunde diesen Roman vor allen anderen lesen durfte. Mein Dank gilt natürlich auch Rebecca Gablé, dass sie uns mit genommen hat auf eine außergewöhnliche Reise und dass sie das Experiment gewagt hat, in der Zeit zurück zu springen. Trotz meiner Kritik würde ich mich natürlich auch über einen siebten Waringham-Roman freuen. Ich vergebe für diesen Roman 4,5 von 5 möglichen Sternen.