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Veröffentlicht am 02.07.2022

Die spannende Jagd geht weiter

Das zweite Geheimnis
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Titus Müller gehört seit Jahren zu meinen Lieblingsautoren, seine Bücher sind mehr als nur Geschichten. Man taucht ein in eine andere Welt und erfährt nebenbei viel Wissenswertes über diese Zeit. Auch ...

Titus Müller gehört seit Jahren zu meinen Lieblingsautoren, seine Bücher sind mehr als nur Geschichten. Man taucht ein in eine andere Welt und erfährt nebenbei viel Wissenswertes über diese Zeit. Auch der zweite Band der Spionin-Reihe hat mich in dieser Hinsicht nicht enttäuscht.

Das Cover passt sehr gut in die Reihe, der Wiedererkennungseffekt ist sehr hoch. Wieder ist das Brandenburger Tor der Mittelpunkt und erneut ist das Cover größtenteils in schwarz und weiß sowie Graustufen gehalten. Einzig der Trabbi und der Titel sind in Neon-Grün gestaltet. Der Klappentext ist recht kurzgehalten, er weiß Spannung zu erzeugen, ohne bereits zu viel zu verraten.

Der Roman setzt 1973 ein, Ria Nachtmann ist wie auch in Teil 1 die Hauptfigur des Romans. Sie hat sich weiterentwickelt und sieht heute viele Dinge anders als noch vor einigen Jahren. Ihre Schwester Jolante und ihr Schwager Henning leben ebenfalls mit den Kindern in der DDR. Doch dann versucht ihr Schwager in den Westen zu fliehen und so gerät auch Ria wieder in das Visier der Geheimdienste, ohne zu ahnen, dass sie einst für den BND spioniert hat. Eine sehr spannende Geschichte nimmt ihren Lauf.

Neben Ria sind der Journalist Jens Fichtner zu nennen, dem ihre Liebe gehört, aber auch Marga Dierks, die sich an Ria festgebissen hat und versucht im Auftrag der DDR diese ans Messer zu liefern.

Am besten gefallen hat mir Stefan Hähner, der ehemalige Chef von Ria beim BND. Er hat eine großartige Entwicklung durchgemacht. Am Ende des Romans war ich ihm sehr dankbar und habe ihm alles Glück dieser Welt gewünscht.

In dem Roman geht es um das gegenseitige Ausspionieren von BND, KGB und Stasi. Es geht um die Guillaume Affäre, um Kanzler Brandt, um Honecker und viele andere wichtige politische Persönlichkeiten. Den Roman greifbar macht eine mathematische Textaufgabe aus einem Schulbuch der DDR oder auch ein Liedtext von Wolf Biermann. Man bekommt in diesem Roman eine Ahnung, wie die Menschen damals in der DDR gelebt haben, wie im Sport der Druck ausgeübt wurde, wer wann wohin reisen durfte. Auch die Weltjugendfestspiele in der DDR spielen eine Rolle, ein spannendes zeitgeschichtliches Zeugnis.

Der Erzählstil des Autors ist sehr plastisch und mitreißend. Erzählende Passagen und Dialoge halten sich gut die Waage, das Tempo in dem Roman ist sehr hoch. Gleichzeitig ist der Roman sehr dicht, so dass es sich empfiehlt, langsam und genau zu lesen, da einem sonst womöglich wichtige Details entgehen. Ich mag solche intensiven Romane.

Gleichzeitig schafft es der Autor auch den Leser zu überraschen, denn die eine oder andere unvorhersehbare Wendung ist eingebaut und sorgt damit für zusätzliche Spannung.

Dieses Buch ist der zweite Teil einer Trilogie, sicherlich kann man diesen Teil auch eigenständig lesen. Ich empfehle aber mit dem ersten Teil „Die fremde Spionin“ zu beginnen, nicht nur weil ich ein großer Fan des Autors bin und jedes Buch von ihm sehr lesenswert ist (Nachtauge, Berlin Feuerland, Der Tag X und Tanz unter Sternen, um nur einige zu nennen), sondern auch weil man so die Entwicklung der Figuren besser nachvollziehen kann. Gerade Ria Nachtmann und Stefan Hähner machen eine solch wichtige Entwicklung durch.

Den Roman kann ich nur allen Leseratten empfehlen, die gerne in ein Stück Zeitgeschichte eintauchen, die gerne spannende Geschichten lesen und sich auch ein wenig mehr mit der deutsch-deutschen Geschichte auseinandersetzen möchten.

Ein neues Highlight aus der Feder von Titus Müller, jetzt heißt es warten bis nächstes Jahr, wo dann der dritte und abschließende Teil „Der letzte Auftrag“ (Sommer 2023) erscheint.

Vielen herzlichen Dank, lieber Titus für die großartigen Lesestunden und viel Erfolg mit deinem neusten Buch.

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Veröffentlicht am 02.07.2022

Hoffnung kann Berge versetzen

Was der Morgen verspricht
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Gefühlvoll und mit viel Empathie habe ich diesen großartigen Roman erlebt. Gerade bei der „Lebensachterbahnfahrt“ von Hannah war ich hin und hergerissen und habe bis zum Ende mit ihr mitgebangt. Das Cover ...

Gefühlvoll und mit viel Empathie habe ich diesen großartigen Roman erlebt. Gerade bei der „Lebensachterbahnfahrt“ von Hannah war ich hin und hergerissen und habe bis zum Ende mit ihr mitgebangt. Das Cover ist mit einem Foto gestaltet. Erkennbar sind ein junger Mann und eine junge Frau welche dicht beieinanderstehen. Mit viel Fantasie könnte es sich um Hannah und Daniel handeln. Der Klappentext ist relativ offengehalten und weiß so Spannung zu erzeugen, ohne den Leser nicht wesentlich auf das Ereignis vorzubereiten. In der Handlung geht es um die junge Hannah Sternberg welche von einem Studium der Medizin träumt. Sie wünscht sich ein selbstbestimmtes Leben. Ihre Eltern haben aber andere Pläne und versuchen alles um Hannah mit dem jungen und adretten Daniel Friedländer zu verheiraten. Daniels Gefühle für Hannah sind sehr ehrlich und er versucht sukzessive Hannah von seinen wahren Absichten zu überzeugen. Dabei geht es Hannah gar nicht so sehr um die Ehe, sondern um ihre Selbstbestimmung. Wird es Hannah schaffen ihre Träume zu leben?

Die Hauptdarstellerin ist eine für diese Zeit unheimlich starke und selbstbestimmte Frau. Sie hat einen durch und durch liebevollen Charakter und hat ihre Liebe zur Medizin gefunden. Ihr Großvater, ein anerkannter Mediziner in Berlin ist ihr Lebensvorbild und er unterstützt ihre Passion, wo er nur kann. Hannah ist aber auch eine manchmal sehr unbeherrschte Frau und lässt sich zu stark von ihren Gefühlen leiten. Sie ist eine der treibenden Kräfte der Erzählung und einer meiner absoluten Lieblingscharaktere in diesem Roman. Als zweite wichtige Hauptfigur muss Daniel genannt werden. Obwohl er ähnlich wie Hannah der „Denkweise der Zeit um 1907“ unterliegt ist er ein modern denkender Mann. Er versucht Hannah zu unterstützen und schützt sie vor allen gesellschaftlichen und familiären emotionalen Angriffen. Als wesentliche Nebenfiguren der Erzählung treten die mehr als nur Haushälterin zu bezeichnende Alma, Hannas Eltern, Jakob, der Bruder Hannahs, Professor Fuchs sowie der Medizinstudent und spätere Arzt Fritz Gerlach auf. Gerade Alma hat mir dabei am besten gefallen, zeigt sie trotz tragischer Umstände in ihrem Leben was wirklich wichtig ist. Sie wird zu mehr als einem Zimmermädchen oder einer Köchin für Hannah. Auch sie gibt dem Roman eine wundervolle Wendung im Laufe der Erzählung.

Die Spannung der Geschichte wird gut und strukturiert aufgebaut und es wird erst am Ende ersichtlich, wie sie sich entwickelt. Das Ende hat mich überrascht aber lässt auch noch etwas Handlungsspielraum für die Zukunft zu. Der Aufbau der Geschichte ist stringent und wird nur durch vereinzelte Zeitsprünge in die Zukunft unterbrochen. Für den Lesefluss ist dies aber kein Hindernis gewesen. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, bildhaft, sehr gefühlvoll und dialogorientiert.

Gerade die „Denkweise der Zeit um 1907“ und in den folgenden Jahren hat mir vor Augen geführt, wie schwierig das Leben abseits der Familie für Frauen damals war. Frauen hatten Kinder zu bekommen und sich um die Familie zu kümmern. Männer durften alles und sich selbst verwirklichen. Eine Frau als Medizinstudentin war damals unvorstellbar. Genauso ergeht es Hannah mit ihrer Familie was mich sehr bewegt und nachdenklich gemacht hat. Ich habe jede einzelne Zeile genossen und bin sehr gespannt, wie es für Hannah weitergehen wird? Vielen Dank an die Autorin für die schönen Lesestunden und eine klare Empfehlung für alle Anhänger einer schön erzählten Geschichte.

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Veröffentlicht am 02.07.2022

Geheimnisse halten nicht ewig

Die kalte Mamsell
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Spannend bis zum Ende mit vielen verschiedenen Wendungen ist dieser Krimi der bisher beste dieser Reihe gewesen. Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen, da ich es nicht aus der Hand legen konnte. ...

Spannend bis zum Ende mit vielen verschiedenen Wendungen ist dieser Krimi der bisher beste dieser Reihe gewesen. Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen, da ich es nicht aus der Hand legen konnte. Das Cover ist in bunt gestaltet. Erkennbar ist ein mondänes weißes Gebäude, welches im Hintergrund einer Düne steht. Im Vordergrund ist eine sehr gut gekleidete Dame zu erkennen. Mit viel Fantasie könnte es sich um Viktoria Berg, der sympathischen Hobbydetektivin handeln. Der Klappentext beschreibt ausführlich den anfänglichen Handlungsrahmen, ohne zu viele wesentliche Details zu verraten. In der Handlung geht es um zwei Leichen, welche in dem Eiskeller eines noblen Hotels in Norderney aufgefunden werden.

Kriminalassistent Christian Hinrichs, sowie seine „Begleiterin“ Viktoria Berg werden schnell zu diesem Fall hinzukonsultiert. Als Viktoria an dem Hals der Toten die Broché ihrer verstorbenen Mutter entdeckt ist es um sie geschehen. Wer hat diesen Mord in Auftrag gegeben, Etwas derselbe Täter, welche für den Tod ihrer Mutter vor 20 Jahren verantwortlich waren? Oder steckt ein Einheimischer dahinter? Viktoria Berg überzeugt ähnlich wie in den ersten beiden Bänden, mit einem selbstbewussten und selbstlosen auftreten und beweist in der Zeit um 1913 schon sehr starke emanzipierte Fähigkeiten. Sie möchte es nicht hinnehmen, dass Frauen nicht dieselben Rechte wie Männer haben und zeigt dies auch in manchen Situationen sehr deutlich. Sie ist eine sehr starke Hauptfigur und gibt der Geschichte so zusätzlich Dynamik. Ihrem Trotz gegenüber „männlichem“ Machtgehabe lässt sie dabei immer wieder freien Lauf.

Ihr zur Seite steht mit Christian Hinrich, mittlerweile zum Kriminalassistenten vereidigt, ein weiterer sehr guter Hauptprotagonist zur Seite. Er ist der kühle Kopf in dem ungleichen Ermittlerduo und versucht Viktoria manchmal etwas einzubremsen. In der Story sind erneut sehr viele Nebendarsteller vertreten. Als wesentliche Figuren sind dabei Staatsanwalt Konrad Berg, der Vater von Viktoria, Wilhelm Küppers, der Freund von Christian, aus dessen Jugendzeiten in Hamburg, die elegante Helene von Heising eine Freundin von Konrad Berg, Ehme Harms, ein ehemaliger Schiffskapitän sowie der Antiquitätenhändler Broders zu nennen. Gerade Wilhelm Küppers hat mir sehr gut gefallen, da er aufgrund seiner sehr derben Art eigentlich harmlos wirkt, er es jedoch faustdick hinter den Ohren hat.

Der Aufbau des Romans ist sehr stringent. Die Ereignisse spielen im September des Jahres 1913 und es sind keine wesentlichen Zeitsprünge zu erkennen. Somit ist die Geschichte für den einzelnen Leser sehr gut nachvollziehbar. Der Schreibstil der Autorin ist flüssig, unterhaltsam und der damaligen Zeit gut angepasst. Mir hat erneut sehr gut gefallen, dass die Autorin viele Begrifflichkeiten und Verhaltensweisen aus der damaligen Zeit übernommen hat. So fühlt man sich als Leser in die alte Zeit zurückversetzt. Gerade die Entwicklungen in der Luftfahrt der damaligen Zeit haben diesem spannenden Krimi zusätzlich Fortune gegeben.

Als Zielgruppe des Romans kommen wegen der beiden Hauptprotagonisten sowohl Frauen als auch Männer in Betracht. Das Fazit der Geschichte ist sehr positiv. Der Autorin ist erneut ein historisch guter und unterhaltsamer Krimi gelungen. Gerade in diesem Band hat die Spannung und die Entwicklungen der Ereignisse für ein sehr schönes Leseerlebnis gesorgt. Vielen Dank an Elsa Dix für die schönen und auch aufregenden Stunden

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Veröffentlicht am 01.05.2022

Ein Zauber oder ein Gefängnis

Der Zauberberg
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Ein Klassiker der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts welcher mich restlose begeisterte. Der „große“ Thomas Mann hat bereits zu Lebzeiten viel Aufsehen und Anerkennung für sein Werk erlangt. ...

Ein Klassiker der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts welcher mich restlose begeisterte. Der „große“ Thomas Mann hat bereits zu Lebzeiten viel Aufsehen und Anerkennung für sein Werk erlangt. Ich bin vor allem von der Grundidee dieses Romans sehr begeistert und habe mich deswegen entschlossen diesen hier kurz vorzustellen.

Das Cover ist schlicht in beiger Farbe gestaltet. Erkennbar ist ein großes opulentes Gebäude, welches wohl den Berghof, Handlungsort des Romans, nachempfunden ist. Der Klappentext ist relativ kurzgehalten und dem Leser werden die wesentlichen Geheimnisse der Geschichte geschickt vorenthalten. In der Handlung geht es um Hans Castorp, welcher seinen in Langzeitkurz befindlichen Vetter Joachim Ziemßen besucht. Dieser befindet sich in einem Sanatorium namens „Berghof“ im Schweizer Kurort Davos. Ursprünglich plant Hans Castorp für drei Wochen seinem Vetter beim „Heilungsprozess“ beizustehen. Aufgrund von besonderen Umständen, sowie „gesundheitlichen“ Bedenken seitens der Heimleitung, verlängert Hans Castorp seinen Aufenthalt. Was ihn im Folgenden erwartet, verändert sein Leben und seine Sichtweise auf die Menschen.

Der Hauptprotagonist Hans Castorp ist ein junger Ingenieur, welcher nach dem Tod seiner Eltern bei seinem Onkel aufgewachsen ist. Er ist in seiner Persönlichkeit noch etwas unsicher und sucht Halt bei seinem Vetter Joachim Ziemßen. Im Laufe des Romans entwickelt er ein gewisses Gespür für menschliche Handlungen, sowie seine Umwelt, welches ihn immer nachdenklicher werden lässt. Charakteristisch für sein Wesen und fast schon sinnbildlich für die damalige Zeit ist, das Obrigkeitsdenken in den „gehobenen Klassen“ der Gesellschaft. Den dort handelnden Ärzten wird bedingungslos Glauben „geschenkt“. Widerworte sind nahezu ausgeschlossen. Dies zeigt sich an so vielen verschiedenen Stellen in der Erzählung, obwohl Gegenargumente sehr wohl angebracht wären. Als bedeutsame wesentliche Nebenfiguren in der mit zahlreichen Charakteren gefütterten Erzählung sind neben dem Vetter Joachim Ziemßen, Lodovico Settembrini, Clawdia Chauchat eine junge russische Ehefrau eines hochrangigen Beamten, die Heimleiter des Berghofs Dr. Behrens und Dr. Krokowski, sowie der Jesuitenschüler Naphta zu erwähnen. Gerade die beiden selbsternannten „Mentoren“ Settembrini und Naphta haben wesentlich Einfluss auf Hans. Settembrini, Freimaurer und Liberalist lässt dabei seine Arroganz und Ignoranz gegenüber Andersdenkenden oder anderen Kulturen freien Lauf. Nahpta entwickelt sich zu seinem Gegenspieler, was im Laufe der Erzählung noch für dramatische Entwicklungen sorgen wird.

Die Spannung der Erzählung speist sich aus dem fortlaufenden Aufenthalt Castorps und der Entwicklung der handelnden Personen. Der Aufbau der Handlung ist stringent und mit keinen Zeitsprüngen versehen. Der Roman spielt in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg und ist somit zeitlich sehr gut einordbar. Der Schreibstil des Autors ist monumental, gestochen poetisch und präzise detailliert mit dem Hang in das Philosophische Denken der damaligen Zeit. Gerade die philosophischen Aspekte einzelner Figuren geben dem Roman eine besondere Tiefe. Ein kleines Beispiel einer kurzen Denkpassage über den Sinn von Zeit. Auf Seite 474 heißt es: „Was ist die Zeit? Ein Geheimnis, wesenslos und allmächtig. Eine Bedingung der Erscheinungswelt, eine Bewegung, verkoppelt und vermengt dem Dasein der Körper im Raum und ihrer Bewegung. Wäre aber keine Zeit, wenn keine Bewegung wäre? Keine Bewegung, wenn keine Zeit?“.

Allein die Schreibweise des Autors ist eine wahre Wonne, wenn diese auch in der heutigen Charteristik der modernen Erzählung zu verträumt und schwerfällig wirkt. Dieser Roman ist eine parodierte Gesellschaftskritik an dem System. Eine kleine Anzahl von privilegierten Persönlichkeiten lassen sich in einem Sanatorium zu „Tode pflegen“ und leben in ihrer eigenen kleinen „Lebensblase“.

Rassismus und Vorurteile werden trotz des selbsternannten Bildungsbürgertums offenkundig und ohne Ressentiments ausgesprochen. Auch die Klassifizierung von Menschen mit Würde (Intelligenz) und weniger Würde (weniger intelligent deswegen kränklicher) findet ohne Kompromisse statt. Gerade unter dem Hinblick des bald ausbrechenden ersten Weltkrieges und seiner politischen Folgen für die Weiterentwicklung Europas hat der Autor die partielle singuläre und rassistische „Denkweise“ der gebildeten Gesellschaft sehr gut beschrieben. Die Ohnmacht gegenüber der medizinischen Obrigkeit setzt dem ganzen dann zusätzlich die Krone auf.

Die Protagonisten sind so intelligent, als dass sie die Dummheit ihres Handelns als unzulänglich erkennbar scheinen lassen. Dies ist die süffisante Zusammenfassung der „Kurgäste“ als partielle Teilnehmer eines Systems, welches skrupellos Menschen aufgrund kapitalistischer Vorzüge ausbeuten möchte. Als Fazit kann zusammengefasst werden, dass dieser Klassiker der Weltliteratur gerade unter dem Aspekt der Freude an Sprache sowie ihrer punktuellen Gesellschaftskritik sehr zu empfehlen ist. Trotz der sehr detailreichen Tiefe ist es lohnend sich auf diese literarische Reise in die vermeintliche „Zauberwelt“ einzulassen.

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Veröffentlicht am 01.05.2022

Gamache muss alles geben

Das verlassene Haus
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Auch wenn ich nun bereits den dritten Teil dieser sehr interessanten Krimi-Reihe aus Kanada verschlungen habe, langweilig wird mir bei dieser Krimireihe nie. Erneut bin ich gerade kriminaltechnisch sehr ...

Auch wenn ich nun bereits den dritten Teil dieser sehr interessanten Krimi-Reihe aus Kanada verschlungen habe, langweilig wird mir bei dieser Krimireihe nie. Erneut bin ich gerade kriminaltechnisch sehr gut unterhalten worden. Außerdem hat mich die Entwicklung bestimmter Personen sehr überrascht. Das Cover ist bunt gedruckt, wie es für diese Reihe bereits typisch ist. Erkennbar ist ein einsames Haus inmitten eines dichten Waldes. Rechts von dem Wald ist ein See zu erkennen. Im oberen Teil des Covers sind die typischen roten Ahornblätter, das Symbol Kanadas abgebildet. Der Klappentext ist sehr ausführlich und bereitet den Leser auf die wesentlichen Ereignisse vor, ohne zu viele Details bereits offen zu legen. In der wesentlichen Handlung geht es um einen mysteriösen Todesfall in einem leerstehenden Haus. Dabei haben einige berühmte Personen des Dorfes Three Pines an einer sogenannten Séance (spirituelle Sitzung mit dem erklärten Ziel einer Kontaktaufnahme von Verstorbenen) teilgenommen. Aufgrund einer angeblichen bösartigen Erfahrung erschrickt die kürzlich in das Dorf gezogene Madeleine Favreau dermaßen, dass sie stirbt. Der zum Tatort hinzugerufene Inspector Gamache und sein Team gehen diesem mysteriösen Todesfall nach und stoßen dabei sehr schnell auf Unregelmäßigkeiten. Handelt es sich um Mord oder ist der Täter im Jenseits zu suchen? Gamache überzeugt wie in den vorherigen Fällen durch seine ruhige sehr besonnenen Art. Dabei wird sein doch sehr sympathischer Charakter in diesem Fall einer schweren Prüfung unterzogen. Gegen ihn werden Anschuldigungen von oberster Leitungsebene erhoben. Auch die Presse bekommt von diesen Ermittlungen sehr schnell Informationen und beginnt ein Katz- und Maus Spiel mit Gamache. Kann Gamache überhaupt noch jemandem trauen? Charakteristisch für diese Krimireihe sind die zahlreichen Nebendarsteller. Da ist zum einen sein Assistent Jean Guy Beauvoir, welcher seinem Chef nur ungern von der Seite weicht, Gamaches enger Freund Beauvoir, ein höherer Beamter bei der Kriminalpolizei, sowie die Polizisten Isabelle Lacoste, Polizeiagent Lemieux sowie Polizistin Isabelle Nicholls. Des Weiteren tauchen wieder Peter und Clara, die ominöse Dichterin Ruth Zardo, sowie die Gasthofbetreiber Oliver und Gabri auf. Die weiteren Nebendarsteller werden im Laufe des Buches vorgestellt und geben der Geschichte eine dramatische Wendung. Die Frage, die sich stellt: Wer ist der Mörder? Oder die Mörderin? Eine bekannte Person oder doch eine noch unbekannte? Mir hat dabei gerade Isabelle Nicholls gut gefallen. In den ersten beiden Bänden war sie für mich die Intrigantin, welche Gamache Probleme bereiten möchte. Ich bin von ihrer Vielseitigkeit und ihrem eigentlichen Charakter dabei sehr überrascht gewesen.

Der Aufbau der Geschichte ist sehr stringent und es sind keine Zeitsprünge vorhanden. Die Spannung der Geschichte ist durch den ganzen Roman stetig hoch und bekommt gegen Ende Wendungen, mit denen der Leser so nicht rechnen konnte. Dies hat mir sehr gut gefallen und ich konnte das Buch vor Spannung kaum weglegen. Der Schreibstil der Autorin ist bildhaft, lebendig, dialogorientiert, pointiert und an einigen Passagen humorvoll. Die Übersetzung ins deutsche ist sehr gut gelungen.

Als Zielgruppe des Romans kommen sowohl Männer als auch Frauen aller Altersgruppen in Betracht. Das Fazit ist sehr positiv. Trotz Spannung schafft es die Autorin eine „Gemütliche Atmosphäre“ mit ihrem fiktiven Ort Three Pines zu schaffen. Ein Ort an dem man als Leser als zu gern leben würde, um festzustellen, dass man gerne wieder wegziehen möchte wenn man es näher kennengelernt hat. Aber genau die auf der einen Seite sympathischen Personen mit ihren kulinarischen und teilweisen sehr süffisanten Vorlieben gepaart mit einem intriganten manchmal fast erdrückenden Gemeinschaftssinn machen diesen Ort zu etwas besonderem. Eine klare Leseempfehlung für alle Krimifans mit Suchtfaktor!

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