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Veröffentlicht am 20.02.2023

Die Pokornys können es nicht lassen...

Mordsradau in Bad Vöslau
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Nachdem ich den größtenteils in Bad Vöslau im Wiener Speckgürtel angesiedelten Kriminalroman endlich gelesen hatte – es wollte einfach nicht vorangehen -, war ich doch zumindest sicher, mich recht gut ...

Nachdem ich den größtenteils in Bad Vöslau im Wiener Speckgürtel angesiedelten Kriminalroman endlich gelesen hatte – es wollte einfach nicht vorangehen -, war ich doch zumindest sicher, mich recht gut in dem Kurort, respektive in seiner vielfältigen Gastronomie, auszukennen! In der Tat widmet der Autor den kulinarischen Genüssen beinahe mehr Zeit als dem zähen, wirklich nicht spannenden Fall, wenn man einmal die letzten 50 von beinahe 400 Seiten ausnimmt. Aber natürlich ist es weitaus interessanter, die beiden Protagonisten und Hobbydetektive Willi und Toni, nebst Hündin Maxime agieren zu lassen, was bedeutet, sie ständig in ihre Stamm- und auch andere Lokale zu begleiten – da gibt es feste Gewohnheiten, wann und wo und was gegessen wird! -, als sich mit dem ätzenden, dreckigen, betrügerischen, geldgeilen Immobiliengeschäft zu befassen, dessen hiesiger Verband derzeit ein Vorstandsmitglied nach dem anderen durch den Tod verliert. Unfälle, so heißt es, aber so richtig daran glauben kann Mochacek, Obmann des Verbandes, nicht. Was also liegt näher, als privat Ermittlungen anstellen zu lassen? Von eben jenen Pokornys, die als Privatschnüffler anscheinend eine Art Berühmtheit erlangt haben – was man vermutlich im Vorgängerband, der gleichzeitig der erste Band der Reihe ist, lesen kann.
Nun, eigentlich gegen ihren Willen sagen die beiden so gegensätzlichen, aber dessen ungeachtet wunderbar miteinander harmonierenden Eheleute Pokorny zu, zumal der arbeitslose Willi und die halbtagsbeschäftigte Toni ohnehin jede Menge freie Zeit haben. Das wenigstens sollte man meinen, doch unterschätzt man dabei den breiten Raum, den die Nahrungsaufnahme einnimmt, besonders bei dem nicht gerade schlanken Willi. Tatsächlich hat man den Eindruck, dass er den Großteil seiner freien Zeit dem Verzehr seiner zahlreichen, durchweg kalorien- und cholesterinreichen Lieblingsspeisen in seinen bevorzugten Gaststätten und Restaurants, auch Kantinen fallen darunter, widmet. So recht klargeworden ist mir freilich nicht, wie die beiden sich das ewige Auswärtsessen leisten können, obschon sie, worauf aber nicht näher eingegangen wird, eine Erbschaft gemacht haben. Was ist überhaupt der Beruf des konservativen, den technischen Errungenschaften gegenüber skeptisch, um nicht zu sagen ablehnend eingestellten Gewohnheitsmenschen Willi Pokorny, der in der Schule, auch das wird nebenbei erwähnt, immer der Klassenbeste war? Und – wenn er schon so gerne Detektiv spielt – warum gründet er nicht ganz offiziell eine Detektei? Schon um den ständigen Reibereien mit der allseits ungeliebten, aggressiv-cholerischen Chefinspektorin Ottilia Wehli aus dem Weg zu gehen, die es partout nicht leiden kann – verständlicherweise -, wenn die Pokornys ihre neugierigen Nasen in Dinge stecken, die sie nun wirklich nichts angehen! Und die zu allem Überfluss auch noch von Willis Schulfreund, dem Gruppeninspektor Sprengnagl, mit internen Ermittlungsinformationen gefüttert werden. Obgleich die Chefinspektorin als unsympathisch dargestellt wird, ihr zudem auch noch der Hauch der Unfähigkeit anhaftet, fühle ich mit ihr, denn solche Wichtigtuer wie die Pokornys (stimmt schon, es will mir nicht recht gelingen, sie so toll zu finden wie sie sich selbst und gegenseitig und wie das offensichtlich auch vom Autor gewollt ist) können anstrengend sein und man wird ihrer, als Leser sowie als jemand, dem sie immerzu munter ins Handwerk pfuschen, alsbald überdrüssig.
Wie dem auch sei, um den Krimi zu mögen, sollte man auch den Pokornys positiv gegenüberstehen und nicht genervt auf den nächsten Schlamassel warten, in den sie so gerne hineingeraten und von denen einer absurder und klamaukhafter gerät als der nächste. Überhaupt – Klamauk! Dieses Wort wird großgeschrieben in dem langatmigen Krimi, ein wenig zu groß. Das nutzt sich ab, wird langweilig, bringt mich zum Augenrollen.
So langweilig wie die ganze verwerfliche Immobilienbranche (die wie ich finde, keine gute Themenwahl für einen Krimi ist), in der ein ruchloser Mörder umgeht, ist leider auch die gesamte verschlungen-verworrene Geschichte, wenn man die Slapsticks mal überliest. Und dass die beiden ersten Toten von jemandem im Hintergrund, der, wie es scheint, einen gewaltigen Hass auf die Branche und seine moralfreien Vertreter hat, ins Jenseits befördert wurden, wird spätestens dann klar und von der behäbigen Polizei als untersuchenswert eingestuft, als noch weitere Immobilienmakler das Zeitliche segnen. Und diesmal eindeutig weder durch Unfall noch aufgrund natürlicher Umstände. Die Ermittlungen sind mühsam, ziehen sich in die Länge, immer wieder aufgelockert durch die Scharmützel, die sich Inspektorin Wehli mit den Pokornys liefert, die ihr stets mehrere Schritte voraus sind. Was Wunder, haben sie doch in der schrulligen, wider Willen witzigen, vor allem aber stets bestens informierten Liesl Katzinger, ihres Zeichens Kettenraucherin, Nervensäge vom Dienst und Ortszeitung, eine nicht zu unterschätzende Verbündete! Eine Geheimwaffe sozusagen, die der Wehli abgeht, auch weil letztere sich durch ihre schroffe Art einfach keine Freunde machen kann. So sind die Szenen, in denen die gewitzte alte Dame, immer in den abenteuerlichsten Bekleidungen, und die Pokornys miteinander agieren, die besten des gesamten langen, oft aberwitzigen Romans mit Krimielementen. Ohne die, wiewohl anstrengende und zänkische, dabei fürchterlich empfindliche Liesl wäre die Geschichte ganz und gar ihrer Seele beraubt.
Aber suchen wir weiter nach den positiv zu Buche schlagenden Elementen! Die Auflösung des Falles ist gut, ist überraschend, wertet den Roman auf, mit dem Österreicher vermutlich besser zurechtkommen als Deutsche, hat er doch ein ganz bestimmtes, ganz eigenes Flair, das man bei deutschen Regionalkrimis nicht kennt, daher nicht gewohnt ist und vielleicht auch nicht zu schätzen weiß. Überraschend viele Ausdrücke waren mir nicht geläufig, was ich aber nicht als nachteilig empfinde, denn da ich Sprache ebenso sehr mag wie der Willi Pokorny, habe ich gerne dazugelernt. Und nein, ich hatte den leicht durchgeknallten Übeltäter nicht im Visier, hätte aber auf ihn kommen müssen, denn allzu viele Verdächtige waren dann bald ja nicht mehr übrig.
Doch die positiven Aspekte ändern nicht viel an meinem Gesamteindruck, der mich den Krimi bestenfalls als mittelmäßig einstufen lässt. Aber Bücher sind halt Geschmackssache, wie so vieles im Leben. Sie müssen nur die geeigneten Leser finden, die sie zu schätzen wissen. Und liest man vorhandene Kritiken und Rezensionen durch, so gibt es genügend Leser, die genau das tun. Gut so!

Veröffentlicht am 19.02.2023

In Krähfeld sagen sich die Füchse gute Nacht - oder vielleicht doch die Wölfe?

Der Wald heult - Ein Fall für Martha & Mischa
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Als Tierschutz-Krimi ist der hier zu besprechende Roman für Kinder apostrophiert, der als Auftakt einer Reihe um die Zwillinge Martha und Mischa gedacht ist, die ganz und gar gegen ihren Willen von den ...

Als Tierschutz-Krimi ist der hier zu besprechende Roman für Kinder apostrophiert, der als Auftakt einer Reihe um die Zwillinge Martha und Mischa gedacht ist, die ganz und gar gegen ihren Willen von den Eltern von Wien aufs Land umgesiedelt werden. Das ist hart, kannten – und liebten – sie doch bisher nur das Großstadtleben. Wien war ihr Lebensmittelpunkt, hier hatten sie ihre Freunde, hier gingen sie zur Schule und zu ihren Freizeitaktivitäten. Klar, sie lebten beengt und mussten sich ein Zimmer teilen, was auch nicht immer eitel Sonnenschein war. Doch hätten sie sich mit Freuden dreingefunden, wenn die Eltern nur nicht über ihre Köpfe hinweg beschlossen hätten, dass mit dem Stadtleben nun Schluss sei. All die verlockenden Beschreibungen des geräumigen Hauses mit großem Garten im ländlichen Krähfeld konnten die beiden Zwillingsgeschwister nicht aus ihrem Schockzustand herausreißen – und als sie dann das alte, abseits gelegene Haus, das von nun an ihre neue Wohnstatt sein würde, mit eigenen Augen sahen, waren ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Sie und Krähfeld, wo sich die Füchse und Hasen gute Nacht sagen, würden nie Freunde werden! Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! Eine Erfahrung, die die meisten Menschen, Kinder wie Erwachsene, im Laufe ihres Lebens ein ums andere Mal machen....
Die lebhafte und forsche Martha und ihr zurückhaltender, eher wortkarger Zwillingsbruder sind schließlich mit ihren etwa zehn Jahren noch jung genug, um sich auf etwas komplett Neues einzustellen, auch wenn sie sich zu Beginn weigern, ihre ablehnende Haltung zu ändern und den Eltern gegenüber, die schon ein einigermaßen schlechtes Gewissen haben, weil sie ihre Großstadtpflänzchen so eigenmächtig und ohne sie nach ihrer Meinung zu fragen – die naturgemäß gegen einen so drastischen Umzug ausgefallen wäre – ins vermeintliche Nirgendwo verpflanzt haben, weiterhin auf stur schalten. Klar, das im Vergleich zur Stadtwohnung riesige alte Haus macht ihnen die ersten Tage Angst, und vor allem in den Nächten verkriechen sie sich, wie gehabt, gemeinsam im Zimmer entweder Marthas oder Mischas, zumal etwas richtig Gruseliges ausgeht von dem alten Gemäuer! Mehr noch freilich von dem direkt an ihren Garten angrenzenden Wald, aus dem gar schauerliche Geräusche kommen, die die Kinder gleich als das Heulen eines Wolfes identifizieren. Oder gar eines ganzen Wolfsrudels?
Aber – es ist Sommer, und tagsüber sind die nächtlichen Ängste verschwunden oder verlieren doch wenigstens ihren Schrecken. Sehr bald schon, was zu erwarten war, finden die Zwillinge Anschluss an die übrigen Kinder, die in Krähfeld leben – ihre Anzahl ist überschaubar! -, und gemeinsam beschließen sie, dem nächtlichen Heulen auf die Schliche zu kommen. Und damit, auf den letzten etwa 30 von 157 Seiten, beginnt der sogenannte 'Tierschutzkrimi', der ein bisschen dünn ist, wie ich meine, und von dem sich so mancher junge Leser sicherlich mehr versprochen hätte.
Davon abgesehen aber ist die Geschichte flott und fröhlich – einmal aus Marthas, einmal aus Mischas Perspektive – erzählt. Der Versuchung, die zehnjährigen Kinder wie weise Erwachsene reden zu lassen, haben die beiden Autoren überwiegend widerstanden, wiewohl gerade Martha manchmal sehr altklug und unglaublich schlagfertig für ein Kind, das sie schließlich noch ist, daherkommt. Aber nun, solche Kinder gibt es natürlich auch, in der Regel sind es nicht die allersympathischsten, was bei Martha und ihrem ihr trotz aller Unterschiede eng verbundenen Zwillingsbruder zum Glück nicht der Fall ist. Beide sind nette Kinder, so liebenswert wie gänzlich normal und mit dem Herz auf dem rechten Fleck – Kunststück bei so unkonventionellen und rundum angenehmen Eltern! Junge Leser können sich leicht mit den Zwillingen identifizieren und mit ihnen und den anderen Kindern, ihren neuen Freunden, die sie doch eigentlich gar nicht finden wollten im Dorf Krähfeld, jede Menge Spaß haben. Naja, zugegeben, spannend wird’s dann zum Schluss auch, in Maßen...
Nicht begeistern jedoch konnte mich, abgesehen vom schön gestalteten Cover und den Vorsatzblättern, die zum Glück nur spärlich eingestreuten Illustrationen, die ich als zu kindlich und kärglich stilisiert empfinde. Das hätte Mischa, der nicht nur ein leidenschaftlicher Fußballer sondern auch ein begabter Zeichner ist, vermutlich besser hinbekommen....

Veröffentlicht am 19.02.2023

Ein Kuscheltier-Monster sorgt für Ordnung

Alex und die Monster
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Alex oder Agus, wie er im spanischen Original heißt, ist ein sympathischer, aber ausgesprochen unordentlicher und vergesslicher Junge. Sein Zimmer versinkt im Chaos, die sich täglich wiederholenden Mahnungen ...

Alex oder Agus, wie er im spanischen Original heißt, ist ein sympathischer, aber ausgesprochen unordentlicher und vergesslicher Junge. Sein Zimmer versinkt im Chaos, die sich täglich wiederholenden Mahnungen seiner Mutter, endlich aufzuräumen, lassen ihn kalt. Schule ist auch nicht sein Ding und Hausaufgaben schiebt er so lange auf, bis ihm ganz entfallen ist, dass da noch etwas zu machen ist. Dass er deshalb ständig in Schwierigkeiten gerät und die ihm unliebe Klassenstreberin, die zu allem Überfluss auch noch in der Wohnung neben ihm wohnt, um Rat fragen muss, nimmt er zwar innerlich seufzend, aber billigend in Kauf. Nachdem ihm in der Schulbibliothek beim unerlaubten Versteckspielen einige Bücher zu Boden gefallen waren, die er – natürlich! - vergessen hat, wieder einzusortieren, wird er zur Strafe zum Ausräumen des Büchereilagers beordert – Widerstand zwecklos – und entdeckt dabei ein orangefarbenes Etwas, wohl ein Plüschtier, das dort vergessen vor sich hin gammelt. Emma, die Bibliothekarin, schenkt es ihm – und von nun an wird Alex-Agus' Leben nicht mehr dasselbe sein!
Zuhause nämlich entpuppt sich das vermeintliche Stofftier als lesewütiges Monster, das dem 'ganz normalen Jungen', als der Alex sich selber bezeichnet (nun ja, vielleicht untertreibt er da ein wenig, denn er ist wirklich ein absoluter Chaot, der lieber Strafen und Sanktionen erträgt, als zu tun, worum er ohnehin nicht herumkommt), tüchtig Dampf macht, ihn aber auf eine Weise aus seiner Lethargie reißt, wie er es nie für möglich gehalten und auch gar nicht für erstrebenswert gehalten hätte. Plötzlich entdeckt Alex-Agus, wie toll Bücherlesen sein kann, kann sich dieser Erkenntnis gar nicht entziehen, denn Mr. Flat, als der sich das Monster vorstellt, besteht darauf, dass Alex alle Bücher aus seinem Bestand, in die er zuvor nie einen Blick geworfen hatte, heranschleppt, um sie gemeinsam wenn schon nicht ganz, so aber doch ausschnittweise zu lesen. Dabei erfährt der Junge auch von der großen Familie des Mr. Flat, die in alle Winde verstreut wurde, nachdem ein gewisser Dr. Brat sie zusammen mit seinem Kumpan Nap aus dem 'Buch der Monster' herauskatapultiert hatte. Alex verspricht seinem neuen Freund Mr. Flat, ihm bei der Suche nach dem garstigen Dr. Brat und der Heimstatt der Monster, eben jenem Buch, zu helfen, doch bis er sein Versprechen in die Tat umsetzen kann, muss der Junge noch einige Aufregungen überstehen, für die er durch seine Schludrigkeit beste Vorarbeiten geleistet hat...
Der Autor der Agus-Serie, der Katalane Jaume Copons, ist ein in seiner Heimat sehr bekannter Kinderbuchautor oder, wie er sich selber sieht, Geschichtenerzähler – was man nur bestätigen kann, wenn man Alex erstes Abenteuer gelesen hat! Seit 2014 schreibt er die von Liliana Fortuny illustrierten comicartigen Bücher um Agus – mit großem Erfolg, wie man liest! Und nun hat also der erste Band auch seinen Weg nach Deutschland gefunden und es bleibt zu hoffen, dass der Verlag 'Edition Helden' demnächst auch die weiteren mehr als zwanzig Folgebände herausbringen wird! Eigentlich herausbringen muss, denn am Ende des hier zu besprechenden Buches beginnt die Geschichte erst so richtig! Der zu Alex mutierte Agus hat ja schließlich Mr. Flat, der einen in jedweder Hinsicht positiven Einfluss auf ihn hat, ein Versprechen gegeben. Und es ist für den wie umgewandelten Jungen Ehrensache, dieses auch zu halten!
Ja, manchmal braucht man etwas im Leben, das einem die Richtung weist, das einen Dinge tun lässt, ganz freiwillig, vor denen man sich immer gedrückt hat, der einen motiviert und die Folgen des eigenen nachlässigen Handelns vor Augen führt. Erst dann ist man oft bereit, Verantwortung zu übernehmen. Ein Buch mit Botschaft also? Ja, das könnte man meinen, aber da dies das erste (Comic-)Kinderbuch ist, das ich von Jaume Copons lese, kann ich dies nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls wird die 'Botschaft' nicht mit dem Holzhammer vermittelt, wie man das häufig in sogenannten lehrreichen, pädagogisch wertvollen Kinderbüchern findet (wobei in sehr vielen von diesen die Unterhaltung, der Spaß, regelmäßig zu kurz kommen), sondern sachte und humorvoll. Das gefällt mir als Erwachsener und sicher genauso der jungen Zielgruppe. Und die Art, wie hier ein Comic zwischen Erzählpassagen eingebaut ist, finde ich ebenso originell und clever zugleich, zudem ich mir gut vorstellen kann, dass sich auch ausgesprochene Lesemuffel auf so etwas einlassen.
Der einzige wirkliche Schwachpunkt des Buches sind für mein ganz persönliches Empfinden jedoch die als Karikaturen angelegten Illustrationen der Liliana Fortuny, die ich weder witzig noch gekonnt finde, sondern die mir teilweise als liebloses Gekrakel, wenn auch mit Wiedererkennungswert, erscheinen. Ein Comic halt? Nun, ich kenne großartige Comic-Zeichner, die natürlich mehr oder minder die Wirklichkeit verzerren, dabei aber nie ein solch unüberschaubares Durcheinander anrichten, wie die Illustratorin der 'Alex und die Monster'-Reihe. Aber nun, alles ist eben eine Frage des Geschmacks – und nach dem riesigen Erfolg zu urteilen, den die Serie in Spanien hatte respektive immer noch hat, stört sich außer mir offenbar niemand am karikierenden Stil der Zeichnerin....

Veröffentlicht am 18.02.2023

Superhacker, die Mafia, Finanzbetrüger und weitere Gauner

LOKSTOPP NULLUHR 4
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Wie oft dachte ich mir während der Lektüre von Jan Cuccos hier zu besprechendem 'Cyberkrimi' „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, sprich lies lieber etwas, von dem du etwas verstehst anstatt, bedingt ...

Wie oft dachte ich mir während der Lektüre von Jan Cuccos hier zu besprechendem 'Cyberkrimi' „Schuster, bleib bei deinen Leisten“, sprich lies lieber etwas, von dem du etwas verstehst anstatt, bedingt durch Nichtwissen, über weite Strecken ratlos zu sein und der mal langsamen, mal schnellen, sich gelegentlich sogar überschlagenden Handlung nur mit Mühe oder gar nicht folgen zu können. In der Tat übersteigt das, was ich hier gelesen habe, mein Wissen, meine Kenntnisse, nicht zuletzt mein Verständnis, denn weder kenne ich mich auf dem mir unendlich kompliziert erscheinenden Gebiet der IT aus, noch auf dem kolossal verschlungenen der internationalen Finanz- und Wirtschaftswelt mit ihren undurchsichtigen Strukturen. Schlimmer noch, schräge und undurchschaubare Machenschaften großer, mittlerer und kleiner Konzerne interessieren mich nicht die Bohne – und wieso man dem Gott Mammon unbedingt alle erdenklichen Opfer zu bringen bereit ist und mit welcher Geldgeilheit man durchs Leben marschiert, dabei krumme Geschäfte als selbstverständlich erachtet, ist mir schleierhaft! Manchmal komme ich mir vor wie aus der Zeit gefallen, so als käme ich direkt von der sprichwörtlichen Insel der Seligen. Doch stört mich das? Nicht doch! Das Leben, das die meisten der schwer einzuordnenden Darsteller führen, die Jan Cuccos Roman bevölkern, empfinde ich nämlich gar nicht als beneidens- und schon überhaupt nicht als anstrebenswert. Es ist dies eine Welt, vor der ich voller Staunen, aber mehr noch mit rechter Abneigung erfüllt stehe.
Dennoch! Nachdem ich mich mehr oder weniger eingelesen hatte – dies über Tage, was nicht meiner gewohnten Lesegeschwindigkeit entspricht -, begannen sich die Dinge zu klären, aus dem Gewühl von miteinander verbundenen oder nicht verbundenen Handlungssträngen leuchtete so etwas wie ein Pfad hervor. Von nun an wurde es leichter, auch wenn sich vieles weiterhin meinem kognitiven Verständnis entzog, wie natürlich die Kunst mit sieben Siegeln der IT-Spezialisten, noch mehr freilich die der beiden supergenialen Hacker Paul und William. Das Kapitel, in dem sich die beiden in die diversen Firmencomputer einschleichen und, erst mal drin, nach Herzenslust manipulieren, fand ich dennoch staunenswert und außerordentlich spannend! Ich nehme an, dass derartige Vorgänge durchaus realistisch sind, wiewohl nicht in einem solchen Ausmaß. Oder doch? Und wenn noch nicht jetzt, dann sicher in der Zukunft?
Ja, ich habe so einiges gelernt während der eher mühseligen Lektüre, ein paar Dinge auch begriffen – glaube ich. Und im letzten Drittel, als sich der Schleier ein wenig gelüftet hatte, fühlte ich mich richtig gut unterhalten. Zu meiner nicht geringen Überraschung! Da kamen mir nämlich plötzlich die Protagonisten, die ich insgesamt nur mittelmäßig gut ausgearbeitet finde, denn sie bleiben bis zum abgehackten Schluss (gar nicht gut!) gesichtslos, obschon sie bis dahin ein wenig an Profil gewonnen hatten, tatsächlich näher. Und die italienische Dottoressa, bei der ich die meiste Zeit über vergebens nach so etwas wie Moral gesucht hatte, tat mir unglaublicherweise sogar leid! So stark war sie, arrogant und kaltblütig und selbstherrlich, sich für unbesiegbar haltend – und da brauchte es nur einer falschen, einer unbedachten Entscheidung, um sie zu Fall zu bringen und zur Bittstellerin werden zu lassen, der man nicht wirklich gerne beistand. Tja, so ist das nun einmal mit den sogenannten Freunden! Nun, ihr Schicksal bleibt offen, wie das des Weinkenners und -genießers Belair, dem 0,01% Sicherheitsrisiko für die von Saulus zu Paulus mutierten Hackerprofis Paul und William. Das lässt darauf schließen, dass der Autor eine Art Fortsetzung geplant hat – für die ich mir aber eine flüssigere und damit klarere Art des Erzählens wünschen würde. Und das Weglassen von Anspielungen, die nicht von jedem Leser dechiffrierbar sind, wie das hier in 'Lokstopp' das eine oder andere Mal geschehen ist. Hinter die Kulissen zu blicken gelingt in der Regel nur, wenn diese klare Konturen haben und wenn es deutbare Hinweise gibt, was in dem vorliegenden Krimi jedoch alles in allem nicht der Fall ist.

Veröffentlicht am 17.02.2023

Albtraum ohne Ende

Schwerer als das Licht
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Als 'düster-schönes Märchen' hat Alexander Solloch von NDR-Kultur den zweiten Roman der gebürtigen Meranerin und Wahlwienerin Tanja Raich bezeichnet, Maria Motter von radio FM4 spricht von einer 'wunderlichen ...

Als 'düster-schönes Märchen' hat Alexander Solloch von NDR-Kultur den zweiten Roman der gebürtigen Meranerin und Wahlwienerin Tanja Raich bezeichnet, Maria Motter von radio FM4 spricht von einer 'wunderlichen Robinsonade', Gerlinde Tamerl, ALBUM, von einer 'nachhaltigen Erschütterung' und Walter Pobaschnig von Literatur outdoors nennt „Schwerer als das Licht“ 'eine packende wie raffiniert hintergründige Parabel über Mensch, Natur, Zeit […] in expressionistischer Sprachschönheit'. So könnte man weitermachen, ist man denn allenthalben des Lobes voll für dieses Buch, mit dem ich mich außerordentlich schwer getan habe, das mich abgestoßen hat ob der blutig-makabren Düsternis, die nur kurz einmal aufreißt, immer dann nämlich, wenn die Autorin sich die wie Bleigewichte über der Geschichte liegenden Schatten für einen Moment heben lässt, um mit ausufernden Worten eine Natur zu beschreiben, die meiner Vorstellung vom Garten Eden vor dem Sündenfall entspricht. Letzterer ist in der fragmentarischen Erzählung ohne erkennbare Handlung wohl gleichzusetzen mit dem gnaden- und hemmungslosen Raubbau an der Natur und allem, was da kreucht und fleucht. Die Folgen sind – hier wie da – fürchterlich! Der Klimawandel, der längst nicht mehr zu stoppen ist, bringt den Weltuntergang, ist in apokalyptischer Breite mit gar schauerlichen Szenen der Inhalt von Tanja Raichs eigenartigem Werk, auf dessen nicht vorhandene Handlung ich in meiner Besprechung nicht weiter eingehen möchte, und das in Aufbau und Dramaturgie ganz gewiss nicht das ist, was mich anspricht, was mich auf irgendeine Weise berührt und was ich lesen möchte.
Was habe ich da überhaupt gelesen? Tatsächlich eine Parabel auf den Klimawandel mit seinen unvermeidbaren Folgen, im Zeitraffer freilich? Das habe ich schon eindrucksvoller gelesen! Oder das Psychogramm einer geistig Verwirrten, die allmählich und dann ganz und gar in den Wahnsinn abdriftet, die Geister und Gespenster sieht, die überall Feinde wittert, sich verbarrikadiert, Fallen stellt und schließlich in einem nicht enden wollenden, sie selbst zerstörendem Blutrausch versinkt? Die aber auf handwerklichem Gebiet so außerordentlich beschlagen ist, dass sie mühelos und auch in ihrer desolaten Verfassung zimmert und konstruiert, mit Werkzeugen, von denen ich keine Ahnung habe, wo sie die auf ihrer Südseeinsel (anhand der Naturbeschreibungen muss es sich um eine solche handeln) findet. Nein, so etwas möchte ich entschieden nicht und nach der Lektüre des gefeierten Buches erst recht niemals mehr lesen! Kann ja auch sein, dass hier ein Albtraum erzählt wird, in dem das Unberührte, Unschuldige, Schöne von einem hässlichen schwarzen Ungeheuer verschlungen wird, das alles Leben auslöscht und schließlich sogar die Sterne vom Firmament purzeln lässt. Ja, wenn ich es recht bedenke, habe ich wohl wahrhaftig ein Albtraum-Märchen gelesen, denn nur in solchen können physikalische Gesetze umgekehrt, außer Kraft gesetzt, ausgehebelt werden. Und das wiederum entspricht meinem Lesegeschmack schon überhaupt nicht!
Nun, die Autorin, in deren Biographie man liest, dass sie gern gesellschaftliche Missstände anprangert und neue Lebensentwürfe fordert, bringt bei mir keine Saite zum klingen. Die 'faszinierende, aufwühlende' Sprache, die in den überwiegend sehr positiven Kritiken bejubelt wird, geht an mir vorüber, ebenso wie die angeblich 'großartigen, bildhaften Passagen', von denen mir schon wesentlich eindrucksvollere, auch besser be- und geschriebene untergekommen sind, solche, die mich wirklich berührten und zum Nachdenken brachten. Soll ich, wie ich das auch in einer Besprechung gelesen habe, das Buch, das auf Sri Lanka, in Italien und Mexiko entstanden ist, inspiriert mit Sicherheit von einer wunderschönen Natur, nicht aber von einer sterbenden, verrottenden, in der die Tiere sich gegenseitig auffressen und alles nach Fäulnis stinkt, noch einmal lesen, um dann vielleicht das zu sehen, was die Autorin uns mitteilen möchte und das außer mir, wie mir scheint, alle Kritiker und Rezensenten verstanden haben? Nein, diese Chance lasse ich mir gerne entgehen, es gibt so vieles, das darauf wartet, gefunden und gelesen zu werden!
Belassen wir es doch einfach dabei, dass Bücher, wie so viele Dinge im Leben, eine Frage des Geschmacks und der Neigung sind, obschon ich nach der Lektüre der Inhaltsbeschreibung glaubte, hier etwas vor mir zu haben, das mich fesseln, das mir ein besonderes Leseerlebnis bescheren könnte. Dass genau das Gegenteil der Fall war, ist niemandem anzulasten, schon gar nicht der mit Lob überhäuften Autorin, die ihre, ihren Stil und ihr Buch bewundernden, Leser hat. Da kann sie die wenigen, die dem Werk ablehnend und, wie ich, völlig unverständig gegenüberstehen, leicht verschmerzen....