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Veröffentlicht am 19.02.2020

Eine schimmernde Perle unter den Kriminalromanen

Schutzpatrone
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Ausgelesene Bücher lassen ihre Leser mit den unterschiedlichsten Empfindungen zurück! Man mag traurig darüber sein, dass die Geschichte zu Ende ist, enttäuscht, weil sie vielleicht den in sie gesetzten ...

Ausgelesene Bücher lassen ihre Leser mit den unterschiedlichsten Empfindungen zurück! Man mag traurig darüber sein, dass die Geschichte zu Ende ist, enttäuscht, weil sie vielleicht den in sie gesetzten Erwartungen nicht entsprochen hat, gar ärgerlich, weil man das Gefühl hat, seine Zeit vertan zu haben, gleichgültig, weil man halt wieder einmal ein Werk gelesen hat, das sich in nichts unterscheidet von den durchschnittlich-schlechten Exemplaren inmitten der Büchermassen, die tagtäglich auf den Markt geworfen werden, erfreut, weil das Lesen rundum Spaß gemacht hat – oder man ist, im besten Falle, begeistert, verblüfft, bewegt, spürt man doch, dass man hier etwas nicht Alltägliches, etwas Besonderes, eine rechte Perle unter all den langweiligen und schlecht gemachten Imitationen, um im Bilde zu bleiben, gefunden hat.
„Schutzpatrone“ ist eine solche Perle! Rudolf Trinks zweiter Roman um den pensionierten Kriminalbeamten Johann Rumpler nebst Katze Rosamunde ist, obwohl die Mordfälle, die aufzuklären man dem Ruheständler angetragen hat, gebührend erschröcklich sind, von einer außerordentlichen Liebenswürdigkeit und einem wunderbar altmodischen Charme. Der Protagonist ist jemand, wie man ihn heutzutage nur noch selten findet, er verkörpert, wie mir scheint, ein Stück altes Wien, wirkt beinahe wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, ein bewahrenswertes freilich, denn die ihm innewohnende Freundlichkeit, die große Menschlichkeit und sein Einfühlungsvermögen, die er im Umgang mit jedermann, ob arm oder reich, gesellschaftlich akzeptabel oder nicht, ob Bettler oder Edelmann, Obdachloser oder Gutsherr an den Tag legt, sucht ihresgleichen. Als Hauptfigur ist einer wie Rumpler unschlagbar!
Ebenso unschlagbar ist die Kulisse, vor der er agiert, die Stadt Wien nämlich, seine Heimat, die er liebt, die er kennt, wie seine Westentasche, die er hoch zu schätzen weiß und deren althergebrachte Institutionen er gebührend nutzt. Er geht ein und aus in den unzähligen Kaffeehäusern der schönen Stadt, verhält sich so, wie ich mir das immer vorgestellt habe bei den Stammgästen der Traditionscafés, hat seinen angestammten „Fleischhauer“, der ihn zuverlässig mit all dem versorgt, das er für seine ausgesuchten Speisen und natürlich diejenigen seiner, wie er selbst, angejahrten Katze Rosamunde braucht. Er ist ein Genießer, der Hans Rumpler, der so zufrieden und dankbar für all das Schöne ist, mit dem er sich vom Leben beschenkt fühlt und wozu vor allem seine neue Gefährtin Alma gehört, ein unerwartetes, großartiges Geschenk, mit dem er nach dem Tod seiner Ehefrau wenige Jahre zuvor nicht mehr gerechnet hatte. Er liebt die alte Wiener beziehungsweise, wie ich vermute, österreichische Küche, die er gelegentlich durchaus mit einem Hauch moderner Küche zu kombinieren weiß – und wie er die Zubereitung seiner Speisen achtsam zelebriert, erfreut das Leserherz, ist wunderschön geschildert und genießerisch auch von Seiten des Lesers auszukosten.
So angenehm wie Rumpler selbst ist auch seine Gefährtin Alma, sein perfektes Pendant. Sie ist ihm von Herzen zugetan und beider Zusammenspiel ist so zauberhaft innig, von gegenseitiger Achtung und Achtsamkeit und von einer Freundlichkeit geprägt, wie man es sich nur erträumen kann. Da gibt es keine Zerrissenheiten, keine überschwänglich-dramatischen Szenen oder überbordende Leidenschaften, die leider gar nicht wenige Autoren gegenwärtig für notwendig erachten, um große Gefühle zu demonstrieren. Nichts ist plakativ an dieser Beziehung, was im Übrigen auch für den gesamten Roman gilt. Sie nennt ihn „Lieber“ - und sagt dieses so einfache Wort genau so, dass man ein ganzes Universum von Gefühlen dahinter erspüren kann. Das ist unbeschreiblich schön!
Wenn man nun, nach all der Innenschau, die ich den Hauptcharakteren habe zukommen lassen, auf einen nicht sonderlich aufregenden Kriminalfall schließt, dann befindet man sich im Irrtum, denn das, was Rumpler aufdecken soll, ist alles andere als gemütlich-betulich! Es ist vielmehr von erheblicher Grausamkeit, gar Brutalität geprägt – und die Auflösung nach sehr überlegten, unaufgeregten aber immer spannenden und, wie es dem Pensionär entspricht, sehr menschlichen Ermittlungen, ist durchaus überraschend, wobei sich der Kriminalbeamte außer Dienst als ausgesprochen fähiger, erfahrener und kluger Kriminalist bewährt, der einen sicheren Blick für das Kleine, das scheinbar Nebensächliche, nicht relevant Erscheinende hat, dem im Zuge der Wahrheitssuche so große Bedeutung zukommt. Unvergleichlich schön, wenn Rumpler einmal mehr in „den Furchen seines Gedankenackers“ kramt.... Voll ist die Geschichte von Ausdrücken dieser Art, aber auch von solchen, die man vielleicht auf Anhieb nur dann versteht, wenn man selbst Österreicher ist, die sich jedenfalls aber allmählich auch denjenigen unter den Lesern erschließen, die der so wohlklingenden österreichischen Version des Deutschen nicht mächtig sind, sie aber unweigerlich lieb gewinnen müssen.
Und somit bin ich – schon fast am Ende meiner Betrachtungen – schließlich bei der Sprache angelangt! Sie legt sich wie Balsam auf meine Seele, besticht durch ihre Gewähltheit, ihre Klarheit, ihre Syntax, durch so berückende wie perfekte Satzkonstruktionen, die einem einmal mehr die Komplexität und inhärente Schönheit der eigenen Sprache vor Augen führen, die es, trotz oder gerade wegen der Tendenz, keine ganzen Sätze mehr zu schreiben aber vor allem zu sprechen, sich möglichst abgehackt und „hipp“ auszudrücken, so viele Anglizismen „wie geht“ einfließen zu lassen, unbedingt zu bewahren gilt!
Danke, Rudolf Trink, für diesen charmanten, ästhetischen und ganz und gar makellosen Roman, mit dem Sie mir nicht nur kurzweilige Lesezeit geschenkt, sondern mich wahrlich glücklich gemacht haben!

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Veröffentlicht am 24.01.2020

Ein Mutmachbuch und ein Bollwerk der Freundschaft

Das fliegende Klassenzimmer
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Obwohl Erich Kästner zeit seines 75 Jahre währenden Lebens so vieles geschrieben hat, über Essays, Theaterkritiken, Glossen und Drehbüchern bis hin zu seinen unvergleichlichen und fürwahr zeitlosen Gedichten, ...

Obwohl Erich Kästner zeit seines 75 Jahre währenden Lebens so vieles geschrieben hat, über Essays, Theaterkritiken, Glossen und Drehbüchern bis hin zu seinen unvergleichlichen und fürwahr zeitlosen Gedichten, über Parabeln bis zu Romanen für Erwachsene, so wird er doch von der Nachwelt vor allem als Kinderbuchautor wahrgenommen, als Autor von Büchern also, die die Zeiten überdauert haben, wie „Emil und die Detektive“, „Pünktchen und Anton“, „Das doppelte Lottchen“ und eben sein wohl berühmtestes und des Dichters liebstes Werk, „Das fliegende Klassenzimmer“, zu dem ich im Folgenden einige Gedanken formulieren möchte – mit denen ich diesem Kinderbuchklassiker, dessen bin ich mir bewusst, kaum gerecht werden kann. Doch mehr würde den Rahmen einer Rezension sprengen, derer es, seit dem Erscheinen der Geschichte, gar viele gibt und gegeben hat, von denen die einen voll des überschwänglichen Lobes sind für den Dichter mit der pointierten, freundlich-ironischen, überaus ausgewählten Sprache, andere aber auch voller scharfer Kritik, die vor allem an dem, so wird behauptet, längst nicht mehr zeitgemäßen, ja sogar gefährlichen Bild von Gehorsam, Moral und sogar Freundschaft festgemacht wird.
Dazu bliebe anzumerken, dass „Das fliegende Klassenzimmer“, des Moralisten und lebenslangen Kindes Erich Kästner dritter Roman für junge Leser, kurz vor Weihnachten 1933, einem schicksalsträchtigen Jahr, in dem die Weichen für eine unheilvolle Zukunft längst gestellt waren, veröffentlicht wurde – und dies trotz der Tatsache, dass der Autor, der im Mai desselben Jahres der Bücherverbrennung, auch seiner eigenen Werke, beigewohnt hatte, einer der verbotenen war. Erst 1936 wurden auch seine Kinderbücher endgültig beschlagnahmt, um im Ausland zum Glück weitergelesen und nach dem Krieg auch in Deutschland zu gern gelesenen Dauerbrennern zu werden. Seit dem Erscheinen des von Walter Trier so liebenswert illustrierten Buches haben sich naturgemäß die Sprache ( leider, möchte man fast sagen ), die Erziehung und die Lebensumstände, unter denen Kinder heutzutage groß werden, gewandelt, die Werte und Moralvorstellungen jedoch kaum. Und die in der Geschichte thematisierten Grundprobleme – Verlassenwerden, der Wunsch nach Anerkennung, die Sehnsucht nach Freundschaft wie auch die Einschränkungen durch Armut – sind mit Gewissheit nicht zeitgebunden. Damals wie heute mussten sich die Kinder ihren Problemen stellen.
Als „Bollwerk der Freundschaft“ wurde „Das fliegende Klassenzimmer“ bezeichnet, als Mutmachbuch, das die jungen Leser und ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt – wie alle Kästner-Bücher das tun, denn der Dichter hat im Gegensatz zu vielen anderen Erwachsenen die eigene Kindheit mit ihren vielfältigen Härten und Nöten nicht vergessen -, als eine Geschichte über Stärken und Schwächen, über Mut und Herausforderungen. Dem kann ich nur beipflichten! Darüberhinaus ist auch viel vom Unglücklichsein, von Traurigkeit die Rede, einer Traurigkeit, so zeigt der Dichter immer wieder, die freilich durch Mut und Klugheit überwunden werden kann – was keine leeren Worte sind, denn Kästner war der Meinung, dass Kindertränen nicht kleiner seien als die der Erwachsenen und dass es im Grunde gar nicht wichtig ist, worüber man traurig ist. Allein das Gefühl zählt und mit dem muss man sich auseinandersetzen.
Die Roman-Kinder des Philosophen und verhinderten Lehrers, Dr. Erich Kästner, gebürtig aus Dresden, sind mutige und moralische Helden; sie sind unabhängig und selbständig und sie besitzen außerdem – und auch das findet man in allen seinen Kinderbüchern – meist mehr Vernunft und Verstand als die Erwachsenen. In Kenntnis der Kindheit des Autors kann man nicht umhin, hier starke autobiographische Züge zu konstatieren! Doch hat er in vorliegender Geschichte seinen Protagonisten, den fünf etwa 13 bis 14jährigen Jungen, von denen im Übrigen keiner im Mittelpunkt steht, da jeder einzelne von ihnen wichtig ist, zwei starke Erwachsene zur Seite gestellt, beide fair und gerecht und den Jungen zugewandt, von denen der eine der allseits geschätzte, ja geliebte Hauslehrer Dr. Bökh mit dem bezeichnenden Spitznamen „Justus“ ist. Er ist die Idealfigur von einem guten Lehrer, einem, der Kästner selbst gerne gewesen wäre, einem, der nicht nur ein Lehrender sondern eben auch ein Lernender ist, einem der immer Neues aufnimmt anstatt Altes weiterzugeben. So ist er jemand, der den ihm anbefohlenen Schülern auf Augenhöhe begegnen kann und der, betrachtet man es genauer, eher auf deren Seite als auf die der üblichen ignoranten Erwachsenen gehört.
Inzwischen dürfte auch denen, die bisher noch nicht das Glück hatten, „Das fliegende Klassenzimmer“ - ob nun in der zu bevorzugenden Buchform oder als eine der vielen Verfilmungen – kennenzulernen, der Verdacht gekommen sein, dass die Geschichte in einem Internat spielt. Die Helden selber bereiten sich – es ist kurz vor Weihnachten – auf ein Theaterstück vor, das einer der Ihren, der elternlose und introvertierte Johnny Trotz, verfasst hat und für dessen Kulissen der Gerechtigkeitsfanatiker und Sohn armer Eltern, darüberhinaus Klassenprimus Martin Thaler verantwortlich zeichnet. So manches ereignet sich an den wenigen Tagen, die in dem Roman nicht in eine durchgehende Haupthandlung verpackt werden, sondern eher in einzelne Episoden, nämlich einen Kampf zwischen den Gymnasiasten und den Realschülern, bei dem es recht heftig zur Sache geht, den Proben zum bereits erwähnten Theaterstück, dessen Titel identisch ist mit dem des Buches, der Mutprobe des ängstlichen und darüber unglücklichen kleinen Uli, der Zusammenführung des Hauslehrers „Justus“ mit seinem treuen Freund aus eigenen Schultagen, dem von den Jungen „Nichtraucher“ genannten ehemaligen Arzt, der in einem ausrangierten Eisenbahnwaggon lebt, und schließlich den Sorgen Martin Thalers, dessen Eltern kein Geld für eine Fahrkarte haben und der deshalb Weihnachten im Internat verbringen soll und sich immer wieder ermahnt, stark zu sein und auf keinen Fall zu weinen.
Eingerahmt werden diese Handlungsstränge durch einen Prolog und einen Epilog, in denen der Autor höchstselbst auftritt und uns über die Entstehung des Buches berichtet respektive einen Ausblick gibt auf die weitere Entwicklung von Martin, Johnny, dem selbstgefälligen und oft überheblich erscheinenden Sebastian, der sich mit Vorliebe schwierigsten Themen widmet, von Uli und seinem großen Freund Matthias, genannt Matz, der seinem Vorbild, der Box-Legende Max Schmeling nacheifert und sich durch einen unstillbaren Hunger und enorme physische Kraft gepaart mit ebensolcher Gutmütigkeit auszeichnet.
Vor- und Nachworte werden freilich oft überblättert und sind mir genauso oft ein regelrechtes Ärgernis – nicht so jedoch bei Erich Kästner, der berühmt ist für seine sehr persönlichen Prologe und Epiloge. Diese geben nämlich nicht nur Zeugnis von seiner schriftstellerischen Brillianz sondern sind auch wesentliche Bausteine seiner Bücher und haben wichtige Funktionen: sie wecken das Interesse und machen ganz gewiss neugierig auf mehr. Zudem dienen sie moralischen Zwecken, die im „Fliegenden Klassenzimmer“ eine sehr ernst gemeinte, aber im leichten Plauderton vorgetragene Mahnung sind, sich der Kindheit zu erinnern, egal, wie alt man ist, so dass man nie vergisst, wie traurig und unglücklich Kinder zuweilen sein können. Da kann man nur hoffen, dass dieser nachdrückliche Appell Früchte zeitigen möge!

Veröffentlicht am 18.01.2020

Wie Gespenst Gerd der fürchterlichen Klemenzia das Fürchten lehrt

Der kleine Drache Kokosnuss im Spukschloss
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Im neuen Abenteuer um den kleinen Drachen Kokosnuss geht es gar gruselig zu! Als der Feuerdrache nämlich mit seiner Freundin, dem Stachelschwein Matilda, im seltsam ruhigen Klippenwald umherstreift, um ...

Im neuen Abenteuer um den kleinen Drachen Kokosnuss geht es gar gruselig zu! Als der Feuerdrache nämlich mit seiner Freundin, dem Stachelschwein Matilda, im seltsam ruhigen Klippenwald umherstreift, um in Kokosnuss Mutter Mettes Auftrag das würzige Drachenkraut zu suchen, werden die beiden kleinen Helden, die diesmal ohne Oskar, den Fressdrachenjungen auskommen müssen, von einem Unwetter überrascht und müssen sich, freilich mit unguten Vorahnungen, in ein altes, unheimlich aussehendes Schloss flüchten. Und dass es hier spukt, merken die Freunde schon sehr bald! Zur Geisterstunde nämlich, nachdem die große Standuhr zwölfmal geschlagen hat, taucht sie auf, mit schauerlichem Gelächter und Getöse – die allseits gefürchtete Klemenzia Klabuster von Klippenstein, denn das Schloss, in das sich Kokosnuss und Matilda geflüchtet haben, ist das Familieschloss derer von Klippenstein! Und die garstige Nachfahrin lehrt Kokosnuss und Matilda wahrhaftig das Fürchten. Nur mit Mühe können sie entkommen – und sich bei der Familie Dachs retten, die sich zu Gespensterexperten erklärt haben und ihnen allerhand erzählen können über die Klippensteins und vor allem über Klemenzia, die sich in ständig übler Laune befindet, weil sie auf ihrem Schloss niemanden hat, den sie erschrecken kann und die deshalb den Klippenwald des Nachts unsicher macht und seine kleinen und großen Bewohner vergrault. Gesellschaft brauche die gar schreckliche Schlossherrin, meint Vater Dachs Willi, aber das ist nicht so leicht, denn sie wird nur jemanden akzeptieren, dem es gelingt, sie selber einmal so richtig zu erschrecken! Das jedoch ist, so scheint es, eine unlösbare Aufgabe, denn Klemenzia, ein Gespenst der Klasse „1a Megaspuk“, fürchtet sich nur vor Vampirgeistern! Und woher sollte man ein solches nehmen, zumal sie so gut wie ausgestorben sind?
Während sich Kokosnuss, Matilda und die Familie Dachs noch eine Strategie überlegen, mit deren Hilfe Klemenzia beizukommen wäre, kommt ihnen der Zufall in Gestalt des harmlosen Gespenstes Gerd zu Hilfe, der so gerne furchteinflößend wäre, aber trotz aller Bemühungen doch nur ein Gespenst der Spukklasse „3a Babyschreck“ bleibt! Gerd, ebenso vergesslich und zerstreut wie harmlos, ist ein alter Bekannter von Kokosnuss und Matilda, die ihn dereinst im Flaschenland im Schloss des Zauberers Holunder, dem es damals arg an den Kragen gehen sollte von Seiten des bitterbösen großen Zauberers Ziegenbart, kennengelernt hatten.
Kokosnuss, nie um phantasievolle Einfälle verlegen, hat auch diesmal wieder einen seiner Geistesblitze: wie wäre es, wenn man Gerd als Vampirgeist verkleiden würde? Dann wären vielleicht gleich zwei Probleme auf einen Schlag gelöst! Zum einen könnte Gerds Herzenswunsch, endlich einmal jemandem das Fürchten beizubringen, erfüllt werden, zum anderen könnte man Klemenzia in Gerd Gesellschaft zur Seite stellen und sie damit von ihrer Griesgrämigkeit befreien!
Gedacht, getan – und ob ihr Plan Erfolg haben wird, wird man im Folgenden lesen können! Und jede Wette – es geht kunterbunt und witzig zu, denn dafür sorgt Ingo Siegner schon, der Autor, dem die lustigen Ideen, gepaart mit jeder Menge Wortwitz, nie auszugehen scheinen, und der Kinder jeden Alters ( auch wenn sie längst den Kinderschuhen entwachsen sind ) stets aufs Neue zu erfreuen vermag. Das Tüpfelchen auf den „i“ sind dabei, auch wie immer, seine liebevollen Illustrationen, die so amüsant und bunt sind, wie die von ihm ersonnenen Geschichten und mit unfehlbarer Sicherheit für gute Laune sorgen!

Veröffentlicht am 18.01.2020

Wie Gespenst Gerd der fürchterlichen Klemenzia das Fürchten lehrt

Der kleine Drache Kokosnuss im Spukschloss
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Im neuen Abenteuer um den kleinen Drachen Kokosnuss geht es gar gruselig zu! Als der Feuerdrache nämlich mit seiner Freundin, dem Stachelschwein Matilda, im seltsam ruhigen Klippenwald umherstreift, um ...

Im neuen Abenteuer um den kleinen Drachen Kokosnuss geht es gar gruselig zu! Als der Feuerdrache nämlich mit seiner Freundin, dem Stachelschwein Matilda, im seltsam ruhigen Klippenwald umherstreift, um in Kokosnuss Mutter Mettes Auftrag das würzige Drachenkraut zu suchen, werden die beiden kleinen Helden, die diesmal ohne Oskar, den Fressdrachenjungen auskommen müssen, von einem Unwetter überrascht und müssen sich, freilich mit unguten Vorahnungen, in ein altes, unheimlich aussehendes Schloss flüchten. Und dass es hier spukt, merken die Freunde schon sehr bald! Zur Geisterstunde nämlich, nachdem die große Standuhr zwölfmal geschlagen hat, taucht sie auf, mit schauerlichem Gelächter und Getöse – die allseits gefürchtete Klemenzia Klabuster von Klippenstein, denn das Schloss, in das sich Kokosnuss und Matilda geflüchtet haben, ist das Familieschloss derer von Klippenstein! Und die garstige Nachfahrin lehrt Kokosnuss und Matilda wahrhaftig das Fürchten. Nur mit Mühe können sie entkommen – und sich bei der Familie Dachs retten, die sich zu Gespensterexperten erklärt haben und ihnen allerhand erzählen können über die Klippensteins und vor allem über Klemenzia, die sich in ständig übler Laune befindet, weil sie auf ihrem Schloss niemanden hat, den sie erschrecken kann und die deshalb den Klippenwald des Nachts unsicher macht und seine kleinen und großen Bewohner vergrault. Gesellschaft brauche die gar schreckliche Schlossherrin, meint Vater Dachs Willi, aber das ist nicht so leicht, denn sie wird nur jemanden akzeptieren, dem es gelingt, sie selber einmal so richtig zu erschrecken! Das jedoch ist, so scheint es, eine unlösbare Aufgabe, denn Klemenzia, ein Gespenst der Klasse „1a Megaspuk“, fürchtet sich nur vor Vampirgeistern! Und woher sollte man ein solches nehmen, zumal sie so gut wie ausgestorben sind?
Während sich Kokosnuss, Matilda und die Familie Dachs noch eine Strategie überlegen, mit deren Hilfe Klemenzia beizukommen wäre, kommt ihnen der Zufall in Gestalt des harmlosen Gespenstes Gerd zu Hilfe, der so gerne furchteinflößend wäre, aber trotz aller Bemühungen doch nur ein Gespenst der Spukklasse „3a Babyschreck“ bleibt! Gerd, ebenso vergesslich und zerstreut wie harmlos, ist ein alter Bekannter von Kokosnuss und Matilda, die ihn dereinst im Flaschenland im Schloss des Zauberers Holunder, dem es damals arg an den Kragen gehen sollte von Seiten des bitterbösen großen Zauberers Ziegenbart, kennengelernt hatten.
Kokosnuss, nie um phantasievolle Einfälle verlegen, hat auch diesmal wieder einen seiner Geistesblitze: wie wäre es, wenn man Gerd als Vampirgeist verkleiden würde? Dann wären vielleicht gleich zwei Probleme auf einen Schlag gelöst! Zum einen könnte Gerds Herzenswunsch, endlich einmal jemandem das Fürchten beizubringen, erfüllt werden, zum anderen könnte man Klemenzia in Gerd Gesellschaft zur Seite stellen und sie damit von ihrer Griesgrämigkeit befreien!
Gedacht, getan – und ob ihr Plan Erfolg haben wird, wird man im Folgenden lesen können! Und jede Wette – es geht kunterbunt und witzig zu, denn dafür sorgt Ingo Siegner schon, der Autor, dem die lustigen Ideen, gepaart mit jeder Menge Wortwitz, nie auszugehen scheinen, und der Kinder jeden Alters ( auch wenn sie längst den Kinderschuhen entwachsen sind ) stets aufs Neue zu erfreuen vermag. Das Tüpfelchen auf den „i“ sind dabei, auch wie immer, seine liebevollen Illustrationen, die so amüsant und bunt sind, wie die von ihm ersonnenen Geschichten und mit unfehlbarer Sicherheit für gute Laune sorgen!

Veröffentlicht am 05.01.2020

Dem Glück auf die Sprünge helfen

Das doppelte Lottchen
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1949 erschienen, ist „Das doppelte Lottchen“ das vierte Kinderbuch des Moralisten, Gebrauchslyrikers, Theaterkritikers, Journalisten und lebenslangen Antimilitaristen Erich Kästner, der nicht zuletzt ein ...

1949 erschienen, ist „Das doppelte Lottchen“ das vierte Kinderbuch des Moralisten, Gebrauchslyrikers, Theaterkritikers, Journalisten und lebenslangen Antimilitaristen Erich Kästner, der nicht zuletzt ein verhinderter Lehrer war und sich in seinen Geschichten für Kinder pädagogische Zwischenbemerkungen nie verkneifen wollte.
Zum Kinderbuchschreiben, das nie zu seinem Lebensplan gehörte, ist er durch einen Zufall gekommen, fand aber rasch Gefallen daran, betrachtete er es doch als Ausgleich für seine bissigen Appelle an die Erwachsenen! Hier konnte er den so oft zynischen Satiriker beiseite lassen und stattdessen seine wunderbare, grammatikalisch geschliffene und differenzierte, liebevoll-ironische Sprache, die im wahrsten Sinne des Wortes ein Hochgenuss für alle ist, die eine schöne Sprache zu schätzen wissen, dazu nutzen, seine Kindheitserlebnisse zu beschreiben und weiterzuspinnen. Und da er im Herzen Kind geblieben war, traf er genau den Ton und das Lebensgefühl der Kinder, für die er schrieb. Das war vor mehr als siebzig Jahren so – und das ist es auch heute noch!
Kästners Kinderbücher, die in viele Sprachen übersetzt, mehrfach verfilmt und für die Bühne bearbeitet wurden, sind zeitlose Klassiker geblieben und haben darüberhinaus ihrem Autor zu Weltruhm verholfen, was außer der zu Recht hochverehrten Astrid Lindgren und der ungerechtfertigterweise hochgelobten Enid Blyton, Meisterin der platten und eintönigen Sprache ( und dies nicht nur in der deutschen Übersetzung ) und der langweiligen, immer gleichen Geschichten, von keinem anderen Kinderbuchschreiber behauptet werden kann.
Wo Kästners scharfsinnige Gedichte die individuellen Fehlhaltungen und gesellschaftlichen Mängel aufdecken, zeigen seine Bücher für Kinder eine heile oder zumindest heilbare Kinderwelt. Diese Idyllisierung der unheilen und konfliktreichen Wirklichkeit brachte ihm durchaus Kritik ein, der er entgegenhielt, dass er besagte Inszenierung einer heilen Welt als seine pädagogische Pflicht ansehe, denn für ihn war Erziehung das einzig legitime Mittel, auf die Gesellschaft Einfluss zu nehmen.
Marcel Reich-Ranicky sagte einmal über Erich Kästner, dass er das Spiel mit vertauschten Rollen liebe. Und so war es auch, wie man sehr deutlich gerade in der hier zu besprechenden Geschichte sehen kann! Während Kästner die Leser seiner Essays als Kinder ansah, betrachtete er die Leser seiner Kinderbücher als Erwachsene. Es sind die Kinder, die in seinen Romanen über gesunden Menschenverstand verfügen, die Kinder sind es, die den Durchblick haben, die vernünftig und planvoll vorgehen und ihre Eltern zur Räson bringen. Den Kindern traut er das zu, was eigentlich die so oft versagenden Erwachsenen leisten sollten!
Im „doppelten Lottchen“ sind es die beiden neunjährigen Protagonistinnen Luise und Lotte – ja, kein Musterknabe, kein mutiger kleiner Junge diesmal, wie sonst bei Kästner üblich, obwohl Lotte durchaus die Eigenschaften von Kästners Lieblingshauptfiguren besitzt! -, die beschließen, sich ihre heile Welt, ihre glückliche Kindheit mit vollkommener Familie zurückzuholen, die ihnen die Erwachsenen, in unsrem Falle ihre Eltern, gestohlen haben, als sie sie als Babys trennten und im Ungewissen darüber ließen, dass es da noch eine Schwester gab, die eine im Wien beim Vater, die andere in München bei der Mutter lebend! ( Und hier scheut sich Kästner nicht, ganz offen über Scheidung und seine nachteiligen Folgen zu reden, was ihm im Übrigen beim Erscheinen dieses Romans, in den prüden fünfziger Jahren also, gehörig angekreidet wurde! )
Freund Zufall aber oder ein freundliches Schicksal, wie immer man das nennen möchte, was sich im fiktiven Seebühl am Bühlsee eines schönen Sommers ereignete und was sich schließlich, nach Irrungen und Wirrungen und wilder Entschlossenheit zweier kleiner Mädchen, auf ein heiteres und optimistisches Ende zubewegen sollte, entschied, dass sich im Ferienkinderheim unvermutet zwei Mädchen gegenüberstanden, die sich wie ein Ei dem anderen glichen. Der temperamentvollen, ziemlich verwöhnten und auch ein wenig ungezogenen Luise Palfy aus Wien missfiel das anfangs sehr, aber da sie im Grunde ein ebenso liebenswertes Mädchen war wie die stille, höfliche und bescheidene Lotte Körner aus München, freundete sie sich schon nach der ersten, tränenreich nebeneinander verbrachten Nacht mit der Doppelgängerin wider Willen an; und dann dauerte es auch gar nicht lange, bis den beiden Mädchen klar wurde, dass sie richtige, echte Zwillinge waren! Erschüttert von der Erkenntnis, dass die Eltern ihnen durch ihre Trennung und darauffolgendes neunjähriges Schweigen ein gemeinsames Leben vorenthalten hatten – und da kommt Kästners moralischer Zeigefinger! -, beschließen die neu gefundenen Schwestern, ihre Rollen zu tauschen. Zunächst aus reiner Neugierde, aber vor allem großer Sehnsucht, den jeweils anderen Elternteil kennenzulernen – eine klare Absicht verfolgten sie zu diesem Zeitpunkt sicher noch nicht, wiewohl das Verlangen, zusammenbleiben zu können, und das mit Vater und Mutter, gewiss bereits tief in ihnen schlummerte und rasch wuchs und gedieh und schließlich nicht mehr zu unterdrücken war.
Damit nimmt das Schicksal seinen Lauf! Luise reist als Lotte zur Mutter nach München, die als geschiedene, alleinerziehende und dann auch noch berufstätige Frau ebenso Stein des Anstoßes für viele selbsternannte Kritiker und Moralapostel damals war, wie die thematisierte Scheidung, die man den jungen Lesern doch „keinesfalls zumuten“ konnte, und Lotte reist als Luise zum exzentrischen, von den Frauen umschwärmten Vater nach Wien, der sich als alles andere als ein Familienmensch herausstellt. Und obwohl die Geschwister einander so viel aus dem Leben der jeweils anderen erzählt hatten und mit genauen Anweisungen zu ihrem neuen Zuhause gereist waren, sind sie doch nicht auf die vielen Stolperfallen vorbereitet, die sich ihnen bei ihrem, das muss man zugeben, sehr mutigen Abenteuer in den Weg stellen werden und die letztendlich dafür sorgen, dass das Versteckspiel ein Ende findet. Aber was Luise und Lotte so alles erleben, in welche seelischen Nöte sie durch ihr waghalsiges Unterfangen geraten und welche Lawine sie ins Rollen bringen, soll hier denjenigen nicht vorweggenommen werden, die den rührenden, den weisen, den wunderschönen, gewiss unsterblichen Klassiker eines großen Literaten mit der Seele eines Kindes – die im übrigen nur eine seiner vielen Facetten war – noch nicht kennen, der ihnen aber wärmstens und mit großem Nachdruck ans Herz gelegt werden soll!

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