Profilbild von EmmaWinter

EmmaWinter

Lesejury Star
offline

EmmaWinter ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit EmmaWinter über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.06.2023

Was geschah auf der Maiden?

Die Leuchtturmwärter
0

Drei Leuchtturmwärter verschwinden 1972 spurlos von ihrem Arbeitsplatz mitten im Meer. Zwanzig Jahre später macht sich ein Journalist auf, das Geheimnis doch noch zu lüften. Er interviewt die hinterbliebenen ...

Drei Leuchtturmwärter verschwinden 1972 spurlos von ihrem Arbeitsplatz mitten im Meer. Zwanzig Jahre später macht sich ein Journalist auf, das Geheimnis doch noch zu lüften. Er interviewt die hinterbliebenen Frauen und sie beginnen zu erzählen.

Wer einen thrillerartigen Roman erwartet, ist hier falsch. Das Buch erzählt die Geschichten der drei sehr unterschiedlichen Leuchtturmwärter und ihrer Familien. Dabei lässt die Autorin die Männer in einem Erzählstrang in der Vergangenheit lebendig werden. Aus ihren drei Perspektiven wird das schwierige Leben intensiv geschildert. Die Frauen kommen im Erzählstrang von 1992 zu Wort, fast ausschließlich in ihren Antworten, die sie dem Journalisten geben. Interessanterweise spricht dieser bis zum letzten Kapitel gar nicht. Er ist aus der Geschichte als aktive Person nahezu ausgeschlossen.

Das war praktisch völlig gegensätzlich zu meinem vorherigen Buch („Harry Quebert“), in dem auch ein Buch über einen mysteriösen Fall geschrieben wird, dort stand der Autor aber unangefochten im Mittelpunkt.

„Die Leichtturmwärter“ gewährt einen tiefen Einblick in die Seelen der Männer und ihrer Probleme, mit denen sie und ihre Frauen zu kämpfen haben, jenseits aller Seefahrerromantik. Das Meer als unberechenbarer und ständiger Begleiter, das den Leuchtturm wie eine Enklave umschließt und die Wärter zu Gefangenen macht. Sehr einfühlsam und schmerzhaft geschildert, aber nicht so spannend wie erhofft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.05.2023

Babylonische Verwirrung

Babel
0

Selten lese ich Fantasy oder verwandte Genres. Babel hat mich aber sofort angesprochen: Ein großartiges Cover und die Handlung versprach alles, was man sich als Bücherratte wünschen kann: Oxford in der ...

Selten lese ich Fantasy oder verwandte Genres. Babel hat mich aber sofort angesprochen: Ein großartiges Cover und die Handlung versprach alles, was man sich als Bücherratte wünschen kann: Oxford in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ein geheimnisvoller Turm, Babel genannt, in dem die wichtigsten Sprachwissenschaftler und begabtesten Übersetzer des Landes arbeiten, um den Reichtum des Königreichs zu mehren und dessen Größe auszuweiten. Ein Waisenjunge, der von China über London nach Oxford kommt und dessen unheimlicher Vormund Prof. Lovell ihn in Sprachen unterrichten läßt, bis Robin selbst in Babel studieren darf. Zusammen mit Ramy, Victoire und Letty bildet er ein Kleeblatt, das in den folgenden Studienjahren fest zusammenhält, trotz aller Differenzen.

Das Buch hat für viele wahnsinnig gut funktioniert, für mich leider nicht. Zunächst konnte mich die Geschichte noch völlig gefangen nehmen, mit den unglaublich detaillierten Einblicken in die Übersetzerarbeit und die sprachwissenschaftlichen Details. Die ganze Atmosphäre der Universitätsstadt ist glänzend dargestellt. Aber die Handlung rund um Robin und seine Gefährten (ein Schelm, wer hier eine Anspielung sieht) hat mich im Laufe der über 700 Seiten immer weniger gefesselt. Mir sind die Charaktere nicht nahegekommen und ich habe tatsächlich das Interesse an ihnen verloren. Während in der ersten Hälfte der schon fast sachbuchartige sprachwissenschaftliche Anteil überwiegt (Achtung: zahlreiche Fußnoten), geht die Handlung immer stärker dazu über, die Kolonialmacht Großbritannien, den Rassismus und auch in die Industrialisierung und ihre Folgen an den Pranger zu stellen und mit allen Mitteln zu bekämpfen. Dieser Kampf artet für mich irgendwann völlig aus. Von Magie ist über weite Strecken nichts zu lesen, sie ist im Hintergrund immer vorhanden, wird aber wenig zum Einsatz gebracht. Wahrscheinlich tue ich der Autorin Unrecht, aber mir schien es teilweise so, als sei die Handlung um Robin um diese anderen Aspekte drumherumgestrickt worden.

Für mich war dieser Genremix aus Sachbuch, Fantasy und starken gesellschaftskritischen Elementen (die Hintergründe sind unbestritten und werden deutlich durch die Autorin dargestellt) leider nichts. Kuang hat einen schönen und bildhaften Schreibstil, allerdings gibt es Passagen, die einfach zu lange geraten sind und die Handlung kommt teilweise kaum voran. Der Roman hat bereits eine große Fangemeinde und die sei ihm ohne Frage gegönnt. Die Autorin ist selbst Sprachwissenschaftlerin und Übersetzerin und diese Kenntnisse bringt sie ganz großartig ein. Daneben sei nochmals auf die wirklich wunderschöne äußere Erscheinung des Romans mit edlem Coverbild, Golddruck, Prägedruck und Lesebändchen hingewiesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.03.2023

Bewerbungsgespräch der besonderen Art

Etage 13 - Es gibt kein Entkommen, und deine Zeit läuft ab
0

Der Klappentext klang so interessant, aber leider konnte mich der Thriller nicht überzeugen.

London, im Foyer eines hypermodernen Bürogebäudes: Kate Harding wartet auf Amanda Palmer, die PR-Chefin von ...

Der Klappentext klang so interessant, aber leider konnte mich der Thriller nicht überzeugen.

London, im Foyer eines hypermodernen Bürogebäudes: Kate Harding wartet auf Amanda Palmer, die PR-Chefin von Edge Communications, die mit ihr ein Bewerbungsgespräch führen soll. Doch dann wartet in der 13. Etage Joel White auf sie, extra eingeflogen aus dem New Yorker Büro. Aber bei dieser ersten Irritation bleibt es nicht. Als die Fragen immer verstörender werden, nimmt das Vorstellungsgespräch einen völlig anderen Verlauf, als gedacht. Und plötzlich ist die 13. Etage leer, bis auf Kate und den Mann, der unbedingt etwas von ihr erfahren möchte und das ist nicht: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Der Klappentext klang ungewöhnlich und ich hatte mich auf einen entsprechend ungewöhnlichen Thriller gefreut. Allerdings ist die Spannung rasch von der 13. Etage heruntergefahren. Ich konnte mich weder mit der Protagonistin, noch mit ihrem Verhalten anfreunden. Teilweise drehte sich die Handlung im Kreis und ging nur schleppend voran. Tatsächlich hätte man den Text extrem kürzen können.

Der Autor schreibt flott und man konnte die Geschichte gut lesen, das macht es aber nicht spannender. Die wirklich sehr kurzen Kapitel verleiten dazu, doch noch schnell ein bisschen weiterzulesen. Allerdings haben diese kurzen Kapitel auch für viel Leerstand auf den Seiten gesorgt.

Wer noch nicht so thrillererfahren ist, wird sicherlich an einigen Stellen im Buch überrascht werden. Daher sehe ich hier auch eher das Zielpublikum. Für alle anderen bietet der Thriller nicht so viel Neues, sondern eher viele bekannte Versatzstücke. Ärgerlich fand ich die fehlende Logik im Gesamtkonstrukt. Wer das Buch durchgelesen hat, muss sich fragen: Warum um alles in der Welt musste das jetzt in Etage 13 in Form eines Bewerbungsgespräches stattfinden?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.02.2023

Als Agatha verschwand

Die Affäre Agatha Christie
0

Im Jahr 1926 verschwindet die britische Kriminalschriftstellerin Agatha Christie. Zeitungsaufrufe und eine landesweite Suche bringen zunächst keinen Erfolg. Erst nach elf Tagen wird sie in einem Hotel ...

Im Jahr 1926 verschwindet die britische Kriminalschriftstellerin Agatha Christie. Zeitungsaufrufe und eine landesweite Suche bringen zunächst keinen Erfolg. Erst nach elf Tagen wird sie in einem Hotel in Yorkshire erkannt. Zeit ihres Lebens hat die Autorin behauptet, sie könne sich an diese Episode nicht erinnern. Soweit die Fakten. Nina de Gramont hat um dieses geheimnisvolle Verschwinden eine fiktive Geschichte gesponnen und auf diese Geschichte war ich sehr gespannt.

Erzählt wird die Handlung aus der Perspektive von Nan O'Dea, der Geliebten von Agathas Ehemann Archibald Christie, der plant, seine Ehefrau für die jüngere Nan zu verlassen. Das fand ich zunächst einen spannenden und ungewöhnlichen Einfall. Leider konnte der Roman meine Erwartungen aber nicht erfüllen. Zwar ist die Geschichte teilweise ganz interessant konstruiert, in weiten Teilen jedoch für mich unlogisch und voller unmotivierter Handlungen der Charaktere. Neben dem Erzählstrang, der 1926 spielt, werden immer wieder größere Abschnitte aus der Kindheit und Jugend von Nan O'Dea eingeschoben, die für mich einen anderen Duktus hatten, als die eigentliche Haupthandlung. Thematisch war das sehr interessant, was sich im erzkatholischen Irland abgespielt hat, es harmonierte dann aber nicht mit dem Rest. Der Plot hätte ohne Agatha Christie als "Aufhänger" besser funktioniert. Die Krimiautorin spielt ohnehin eher eine bessere Nebenrolle. Die Protagonistin ist eindeutig Nan, die allerdings eine unsympathische Rolle einnimmt.

Wer sich nicht vom Klappentext täuschen läßt, der geheimnisvoller klingt, als das Buch ist, kann sich dennoch gut unterhalten fühlen. Der Roman läßt sich gut lesen und spielt zweimal auf das Werk von Agatha Christie an, was mir gut gefallen hat. Leider konnte mich das Buch insgesamt aber nicht fesseln und ich habe recht lange gebraucht, um es zu beenden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.02.2023

Gänsehaut bleibt auf der Strecke

Das Sanatorium
0

Man, was hatte ich mich auf dieses Buch gefreut. Das tolle Cover, die Empfehlung von Reese Witherspoons Bookclub, der coole bedruckte Buchschnitt und der Klappentext versprachen so viel und konnte es letztlich ...

Man, was hatte ich mich auf dieses Buch gefreut. Das tolle Cover, die Empfehlung von Reese Witherspoons Bookclub, der coole bedruckte Buchschnitt und der Klappentext versprachen so viel und konnte es letztlich meiner Meinung nach nicht halten.

In den Schweizer Alpen wird nach großen Protesten ein Luxushotel eröffnet, in dem sich zuvor ein Tuberkulosesanatorium befunden hat. Aus Großbritannien reist Elin Warner an, die sich in einer Lebenskrise befindet. Seit Monaten ist die Kommissarin freigestellt, weil es bei einem Einsatz zu einem Zwischenfall kam, den sie noch nicht verarbeitet konnte. Gemeinsam mit ihrem Freund Will trifft Elin im Hotel ihren Bruder Isaac, der dort seine Verlobung mit Laure feiern möchten. Laure lebt, wie Isaac, schon lange in der Schweiz und arbeitet im Hotel als Assistenz der Geschäftsführung, ist aber auch eine Jugendfreundin von Elin. Sowohl die Geschwister, als auch Elin und ihre ehemalige Freundin verbindet eine Vergangenheit, die aufgearbeitet werden muss. Über allem schwebt der tragische und frühe Unfalltod des kleinen Bruders von Isaac und Elin, das wird relativ früh thematisiert, daher ist das kein Spoiler.

So, wer bis hierhin gelesen hat, hat noch keine Gänsehaut. Und das ist das Problem: Die Handlung ist von diesen Problemen überfrachtet, sie nehmen viel Raum ein und ständig muss der Gemütszustand von Elin besprochen werden. Der Charakter hat mich nicht für sich eingenommen und blieb auf Distanz.

Das Setting ist nicht neu: Menschen, die an einem abgeschiedenen Ort von der Außenwelt abgeschnitten sind und sich einer tödlichen Gefahr gegenübersehen. Aber die Atmosphäre stimmte nicht. Das Hotel ist riesig, wird als extrem modern, kalt, unnahbar, spartanisch und (warum?) mit schlechter Küche beschrieben. Ein paar ungemütliche Requisiten machen noch kein Horrorszenario a la "Shining" aus. Das subtile Unheimliche, das einem langsam den Rücken hoch krabbelt, fehlt hier.

Als es Elin nach fast 400 Seiten dämmert, dass es vielleicht gar nicht um das Hotel geht, sondern um das Sanatorium, tja, da dachte ich: Hättest du mal den Titel gelesen.

Insgesamt ein durchschnittlicher Thriller, der mir nicht länger im Gedächtnis bleiben wird. Zur arg konstruierten und teilweise unlogischen Handlung kommen die schon erwähnten Kritikpunkte. Ohne Zweifel kann die Autorin schreiben, den Text liest man so weg und das Ende verspricht eine Fortsetzung. Sicherlich wird das Buch auch begeisterte Leser:innen finden, ich gehöre leider, leider nicht dazu. Wahrscheinlich war die Erwartung einfach zu hoch und dann ist es die Fallhöhe auch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere