Schicksal einer jüdischen Malerin
Die FliederinselSylvia Lott kombiniert einmal mehr zwei Zeitebenen im vorliegenden Roman „Die Fliederinsel“.
Celia logiert sich in einem schnuckeligen Ferienhaus auf der dänischen Insel Fünen ein. Durch Zufall entdeckt ...
Sylvia Lott kombiniert einmal mehr zwei Zeitebenen im vorliegenden Roman „Die Fliederinsel“.
Celia logiert sich in einem schnuckeligen Ferienhaus auf der dänischen Insel Fünen ein. Durch Zufall entdeckt sie ein großes Fliedergemälde, das im Haus verborgen war. Ihre Vermieterin Inger erkennt das Gemälde sofort wieder. Es war einst das Lieblingsbild ihrer Mutter, der jüdischen Malerin Ruth Liebermann. Inger beginnt, die bewegende Geschichte ihrer Mutter zu erzählen: Ruth und ihr Mann Jakob leben in Berlin, fliehen dann aber vor den Nationalsozialisten nach Dänemark. Dort gehört Ruth auf Fünen ein kleines Häuschen, das sie von ihrer Großmutter Selma erhalten hat. Von 1938 bis 1943 lebt die kleine Familie dort recht glücklich, trotz aller Gefahren und des Krieges. Ruth malt immer wieder den von ihr so geliebten Flieder, der auf Fünen ganze Alleen bildet. Ihre Bilder sichern den Lebensunterhalt. Im Oktober 1943 wird aber auch Dänemark unsicher und die Flucht geht weiter nach Schweden.
Am Beispiel von Ruth und Jakob Liebermann schildert die Autorin die besondere Situation der dänischen Juden und jüdischen Flüchtlinge in Dänemark und deren weitere Flucht ins neutrale Schweden. Das ist alles sehr gut recherchiert und die Dänen sind zu Recht stolz auf das „Wunder einer Nacht“. Davon war mir bisher so gut wie nichts bekannt.
Sylvia Lott schreibt sehr bildhaft, man kann sich die Insel, die Natur und auch die Menschen sehr gut vorstellen. Die Magie, die Ruth als Malerin immer wieder durch den Flieder erfährt, läßt sich absolut nachvollziehen. Das Buch läßt sich sehr flott lesen.
Die Geschichte um Ruth und ihre Familie ist sehr interessant und gibt auch Einblicke in das gesellschaftliche Leben unter Intellektuellen im Exil. Da taucht beispielsweise auch Bertolt Brecht auf, der ebenfalls zeitweise in Dänemark Zuflucht fand.
Die Handlung in der Vergangenheit nimmt in diesem Roman den Hauptteil ein, die Gegenwartsebene ist teilweise kaum mehr als Beiwerk. Die Protagonistin stand mir etwas zu sehr unter dem Pantoffel ihres Gatten Jakob, der mir leider während der ganzen Handlung unsympathisch blieb. Die Jahre auf Fünen sind gelegentlich etwas handlungsarm, da passiert nicht wirklich so viel. Vielmehr scheint alles auf den Oktober 1943 zu warten, als die Flucht weitergeht. Die Liebesgeschichte ist in diesem Roman auch eher eine unterschwellige. Gerne hätte ich Ruth früh in einer anderen Konstellation gesehen und mit ihr mitgefiebert... Jakob ist jedoch als Figur wichtig, da er Stellvertreter für viele „Personen“ ist, Intellektueller, Widerstandskämpfer, Zionist.
Insgesamt hat Sylvia Lott mit “Die Fliederinsel“ einen toll recherchierten Schmöker hingelegt, der mich aber nicht so packen konnte wie andere Romane von ihr. Ich gebe eine Leseempfehlung für alle, die an bewegenden Familiengeschichten interessiert sind und sich nach Fünen träumen möchten. Denn auf einen Besuch dieser Insel macht das Buch allemal Lust.