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Veröffentlicht am 19.05.2023

gut

Der letzte Auftrag
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Es ist der Abschluss der Trilogie rund um die ehemalige Spionin Ria Nachtmann. Diese Geschichte spielt kurz vor der Wende, es ist die Zeit als sich die DDR-Bürger zusammenfinden, um sich gegen ihren Staat ...

Es ist der Abschluss der Trilogie rund um die ehemalige Spionin Ria Nachtmann. Diese Geschichte spielt kurz vor der Wende, es ist die Zeit als sich die DDR-Bürger zusammenfinden, um sich gegen ihren Staat geballt aufzulehnen.

Sechzehn Jahre nach den Ereignissen im zweiten Band spielt nun Rias Tochter Annie eine der Hauptfiguren. Sie arbeitet als Kinderkrankenschwester auf der Frühchenstation und bemüht sich immer sehr, die Winzlinge direkt vom Kreissaal auf ihre Station zu bringen. Warum erzählt sie bereits im ersten Viertel einem wieder gefundenen Freund aus ehemaligen Leistungssportzeiten. Es ist erschütternd.

Frappierend ist, wie sehr Müller die Spannung fast über den gesamten Roman hinweg aufrecht erhält. Auch Sascha trifft man wieder und man bekommt Putins Anfangszeit in Dresden mit sowie die Herangehensweisen des KGB in der DDR, um westliche Wissenschaftler an Russland zu binden. Aus irgendeinem Grund fiel mir Tolkiens Sauron und sein Ring, sie alle zu binden, ein. Aber hier dreht es sich nicht um Fantasy sondern um einen sehr gut recherchierten, historischen Roman. Die Figuren vermitteln, was geschah und wie es soweit kommen konnte. Erzählt wird vornehmlich aus der Sicht normaler Bürger und Mitarbeitende der Staatssicherheit. Später kommen noch Rias neue Auftraggeber hinzu. Alle Figuren treten – offenbar gewollt – eher etwas blass auf. Sie verblassen vor dem Hintergrund des beginnenden Untergangs der DDR und der Sowjetunion. Was in anderen Romankontexte verheerend wäre, tut diesem Buch gut. Es liest sich ungeheuer spannend und fast wie ein unterhaltsames Geschichtsbuch. Dabei bleibt es anregend, regte meine Erinnerung an die damalige Zeit an und trägt neues Wissen heran. Sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 15.05.2023

Ausgeträllert

Ausgeträllert
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Samantha Sauer arbeitet hauptberuflich als Immobilienmakler, ist alleinziehend und wohnt mit ihrer Teenager-Tochter wieder bei ihrer Mutter. Weil das Geld manchmal arg knapp ist, arbeitet sie nebenbei ...

Samantha Sauer arbeitet hauptberuflich als Immobilienmakler, ist alleinziehend und wohnt mit ihrer Teenager-Tochter wieder bei ihrer Mutter. Weil das Geld manchmal arg knapp ist, arbeitet sie nebenbei als Privatdetektivin für Frauen, die ihren Ehemännern auf die Finger gucken lassen (und die Scheidung anstreben).

Eine Freundin ihrer Mutter ist die Gräfin Cosima von und zu Waldenstein mit Strizzi, einem leinenführigen Kater, sehr verschmust. Die Gräfin ist im guten Sinn leicht verkorkst. Das Gespann Mutter-Gräfin arbeitet Samantha gerne zu. Und macht das sensationell genial. Ein Opernstar bricht sich auf der Treppe der Oper das Genick, komisch nur, dass auf ihrem Stiletto-Absatz Blut klebt. Die Polizei tippt anscheinend auf Unfall, Samantha auf Mord.
Wie sich das Ganze – teils urkomisch und doch immer auf der richtigen Spur – entwickelt, schwankt zwischen gutem Krimi und familiären Interessenskonflikten. Noch dazu scheint der Herr Kommissar ein Auge auf Samantha zu werfen, sie auch eins auf ihn, obwohl sie nix mit einem Mann anfangen will solange ihr Tochter noch bei ihr wohnt.
Humorvoll, temporeich und mit gut gesetzten Spannungsbögen liest sich dieser Krimi sehr schnell durch. Bin gespannt auf einen weiteren, der an der Walfischgasse spielt!

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Veröffentlicht am 15.05.2023

Atmosphärisch dicht

Die Frauen von Capri – Im blauen Meer der Tage
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Catia lernt die rüstige knapp Achtzigjährige Elisa kennen, im Krankenhaus, sie liegen beide in einem Zimmer. Catia hat italienische Vorfahren und spricht leidlich italienisch. Elisa hat seit jeher einen ...

Catia lernt die rüstige knapp Achtzigjährige Elisa kennen, im Krankenhaus, sie liegen beide in einem Zimmer. Catia hat italienische Vorfahren und spricht leidlich italienisch. Elisa hat seit jeher einen eigenen Kopf, eine Tatsache, die ihr Vater früher verwerflich fand. Und sie möchte nicht im Hospital sterben sondern in ihrem alten Zuhause, auf Capri.

Sie hört sich Catias Geschichte an, den Stress mit ihrem egozentrischen Freund bei dem sie immer diejenige ist, die zurückstecken muss. Und bereitet ihr ein unwiderstehliches Angebot. So landen beide Frauen aus sehr unterschiedlichen Gründen im Frühling auf Capri. Catia als Gesellschafterin.
Was sich anfänglich nach einem vergnüglichen Roman anliest, entpuppt sich teilweise als solcher. Catia erlebt bei Einkäufen im Hauptort nahe der Villa so manches Ungemach als sie die Schwester von Elisa kennenlernt und deren Neffe. Letzterer nimmt die Anwesenheit seiner Mutter mit Humor, aber seine Tante keift und hat ihre Gründe. Man lernt Capri in den 1930-er/-40-er Jahre kennen – durch Elisas Geschichte. Und man lernt die Küche, die Sitten früher und heute auf der Insel und dem Festland kennen. Es ist ein vielschichtiger, gut verfasster Roman, den man nicht erst spätnachmittags oder gar abends anfangen sollte zu lesen. Er lässt einen nicht mehr los. Atmosphärisch dicht mit perfekt gesetzten Spannungsbögen und einer wunderbaren Geschichte.

Veröffentlicht am 15.05.2023

Florentia

Florentia - Im Glanz der Medici
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Die Medici herrschten Jahrelang über Florenz, sie handelten, wechselten Geld, waren adlig und verstrickten sich in so manche Handlungen. Zur Zeit des Romans erleben sie ihre Hochblüte und kämpfen darum ...

Die Medici herrschten Jahrelang über Florenz, sie handelten, wechselten Geld, waren adlig und verstrickten sich in so manche Handlungen. Zur Zeit des Romans erleben sie ihre Hochblüte und kämpfen darum ihre inoffizielle Vorherrschaft zu behalten. Noah Martin versucht sowohl der Familie Medici als auch dem damaligen Treiben in Florenz als auch den vielen, verschiedenen Kaufleuten gerecht zu werden. Dazu gehören sowohl Konkurrenten der Medici als auch die heute so bekannten Künstler der Renaissance.

Die Geschichte ist stark! Sie verknüpft die Persönlichkeiten Lorenzo di Medici und seinen Bruder mit dem Wirken von da Vinci und Botticelli so, dass ich nach dem Lesen die nächste Reise nach Florenz buchen wollte. Die Hauptfigur ist Fioretta, eine fiktive Figur ohne Geld, ohne Ruhm aber mit Ehre am Leib und Witz. Es ist schwer zu beschreiben, aber Fioretta reißt einiges heraus. Martin versucht es allen Recht zu machen und das klappt oft nicht, aber die fiktive Person hebt sich wohltuend hervor. Es fehlt an Spannungsbögen, aber das Bild der Zeit wird gut dargestellt.

Veröffentlicht am 25.04.2023

Mit Tiefgang und Witz

Die Insel der Orangenblüten - -
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Greta ist die jüngste der drei Schwestern nach Gina und Lorena. Sie ist zugleich als seltsame Frau verschrien, aber die einzige Tochter, die bei ihrem Vater geblieben ist. Auf der Isola Maggiore im See ...

Greta ist die jüngste der drei Schwestern nach Gina und Lorena. Sie ist zugleich als seltsame Frau verschrien, aber die einzige Tochter, die bei ihrem Vater geblieben ist. Auf der Isola Maggiore im See Trasimeno als leidenschaftliche Köchin im Restaurant der Familie. Gina kocht auch, aber in Hamburg. Und Lorena war und ist eine Streberin, erfolgreiche Anwältin, Mutter und Gattin, sie hat ihre Zügel fest im Griff. Bis sich die Schwestern bei der Beerdigung ihres Vaters begegnen.

Statt drei Handlungssträngen sind es nur zwei. Greta steht im Mittelpunkt und Gina kommt später hinzu, Lorena mischt vom Rand her mit und bringt Pepp hinein. Greta hat erlebt, was mit ihr Mutter geschah bevor diese verschwand. Da war sie sieben Jahre alt. Es gab in der Familie immer ein „davor“ und „danach“. Dies klärt sich am Ende des Romans, als Gretas Erinnerung erwacht. Greta ist spröde, intelligent und beileibe keine alte Jungfer, wie viele im Dorf meinen. Gina hat finanzielle Probleme und weiß nicht so recht, wohin mit sich als ihr Vater stirbt. In Italien bleiben? Um Gottes willen! Zurück nach Hamburg, urks. Nun ja, sie entscheidet sich erst Mal für die große Schwester und das erweist sich nicht unbedingt als Segen.
Es ist ein Familienroman, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann zog und mir einen Lesesamstag bescherte. Ab aufs Sofa und geistig nach Umbrien (unbekannterweise) abtauchen. Von Hannibals Niederlage ist hier nicht die Rede, aber von Nixen, seltsamen Geschenken und einem Vater, der lieber schwieg als sich austauschte oder gar Erinnerungen aufleben ließ. Mit diesen unausgesprochenen Dingen kämpfen seine Töchter, jede auf ihre eigene Art seit Jahren ohne zu wissen, dass das jeweilige „es“ daran liegt. Weil Greta manchen Dingen nun auf den Grund geht, quasi sich angestupst fühlt, müssen alle Beteiligten mit, irgendwie. Und das löst unterschiedliche Lawinen aus. Beim Pfarrer, bei der altjüngferlichen Tante, beim Fischer und der Supermarktbesitzerin, sogar beim Denkmalschutzbeauftragten.
Es entstand ein sehr anregender Roman. Mit Tiefgang.

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