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Veröffentlicht am 15.05.2023

Atmosphärisch dicht

Die Frauen von Capri – Im blauen Meer der Tage
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Catia lernt die rüstige knapp Achtzigjährige Elisa kennen, im Krankenhaus, sie liegen beide in einem Zimmer. Catia hat italienische Vorfahren und spricht leidlich italienisch. Elisa hat seit jeher einen ...

Catia lernt die rüstige knapp Achtzigjährige Elisa kennen, im Krankenhaus, sie liegen beide in einem Zimmer. Catia hat italienische Vorfahren und spricht leidlich italienisch. Elisa hat seit jeher einen eigenen Kopf, eine Tatsache, die ihr Vater früher verwerflich fand. Und sie möchte nicht im Hospital sterben sondern in ihrem alten Zuhause, auf Capri.

Sie hört sich Catias Geschichte an, den Stress mit ihrem egozentrischen Freund bei dem sie immer diejenige ist, die zurückstecken muss. Und bereitet ihr ein unwiderstehliches Angebot. So landen beide Frauen aus sehr unterschiedlichen Gründen im Frühling auf Capri. Catia als Gesellschafterin.
Was sich anfänglich nach einem vergnüglichen Roman anliest, entpuppt sich teilweise als solcher. Catia erlebt bei Einkäufen im Hauptort nahe der Villa so manches Ungemach als sie die Schwester von Elisa kennenlernt und deren Neffe. Letzterer nimmt die Anwesenheit seiner Mutter mit Humor, aber seine Tante keift und hat ihre Gründe. Man lernt Capri in den 1930-er/-40-er Jahre kennen – durch Elisas Geschichte. Und man lernt die Küche, die Sitten früher und heute auf der Insel und dem Festland kennen. Es ist ein vielschichtiger, gut verfasster Roman, den man nicht erst spätnachmittags oder gar abends anfangen sollte zu lesen. Er lässt einen nicht mehr los. Atmosphärisch dicht mit perfekt gesetzten Spannungsbögen und einer wunderbaren Geschichte.

Veröffentlicht am 15.05.2023

Florentia

Florentia - Im Glanz der Medici
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Die Medici herrschten Jahrelang über Florenz, sie handelten, wechselten Geld, waren adlig und verstrickten sich in so manche Handlungen. Zur Zeit des Romans erleben sie ihre Hochblüte und kämpfen darum ...

Die Medici herrschten Jahrelang über Florenz, sie handelten, wechselten Geld, waren adlig und verstrickten sich in so manche Handlungen. Zur Zeit des Romans erleben sie ihre Hochblüte und kämpfen darum ihre inoffizielle Vorherrschaft zu behalten. Noah Martin versucht sowohl der Familie Medici als auch dem damaligen Treiben in Florenz als auch den vielen, verschiedenen Kaufleuten gerecht zu werden. Dazu gehören sowohl Konkurrenten der Medici als auch die heute so bekannten Künstler der Renaissance.

Die Geschichte ist stark! Sie verknüpft die Persönlichkeiten Lorenzo di Medici und seinen Bruder mit dem Wirken von da Vinci und Botticelli so, dass ich nach dem Lesen die nächste Reise nach Florenz buchen wollte. Die Hauptfigur ist Fioretta, eine fiktive Figur ohne Geld, ohne Ruhm aber mit Ehre am Leib und Witz. Es ist schwer zu beschreiben, aber Fioretta reißt einiges heraus. Martin versucht es allen Recht zu machen und das klappt oft nicht, aber die fiktive Person hebt sich wohltuend hervor. Es fehlt an Spannungsbögen, aber das Bild der Zeit wird gut dargestellt.

Veröffentlicht am 26.04.2023

Total überdrehter Jugendroman

Nordseesturmtage
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Leo(nie) studierte in Berlin Veterinärmedizin und steht kurz vor ihren letzten Prüfungen. Das letzte Praktikum macht sie auf dem heimatlichen Hof, bei ihrem Vater in dessen Praxis für Groß.- und Kleintiere. ...

Leo(nie) studierte in Berlin Veterinärmedizin und steht kurz vor ihren letzten Prüfungen. Das letzte Praktikum macht sie auf dem heimatlichen Hof, bei ihrem Vater in dessen Praxis für Groß.- und Kleintiere.

Leo ist nicht nur tierlieb, sie ist eine rechte Quasselstrippe. Dazu gibt es im ersten Viertel des Romans reichlich inhaltliche Redundanzen, da fast jeder Dialog zwischen ihren zahlreichen Verwandten und Freunde mindestens drei Mal wiederholt wird, weil immer andere dasselbe nachfragen. Da ist letztlich ein gutes Lektorat gefragt, welches gefühlt erst ab der Mitte inhaltlich greift. Es fliegen gerade am Anfang unheimlich viele Namen herum. Ihre Geschwister, Eltern, Tante, Cousinen, Cousins, Pferde, Kaninchen, Freunde, Bekannte - unmöglich sie alle auseinanderzuhalten. Zu Beginn steht Leo mit ihrem Pferd und der Reiterei im Mittelpunkt später übernehmen die Rolle der Pferde zwei Großkatzen und ein kleiner Krimi gesellt sich dazu.
Eigentlich ist die Geschichte gar nicht übel. Bis auf einige Dinge, die so in der Realität einfach nicht vorkommen. Ein wildes Tier schreit nicht in höchster Not, nur weil menschliche Stimmen zu hören sind. Es verhält sich mucksmäuschenstill und verkriecht sich, weil es selbst keine Beute werden will. Die beiden Fundkatzen jedoch geben jedes Mal Laut und schwupps findest Leonie sie. Mal im Moor in einer Falle, mal im Wald... Ihr Pferd versteht jedes Wort und läuft wiehernd auf sie zu. Sehr rosarot.
Es passiert auf rund 263 Seiten wahnsinnig viel und weil Leo und ihre Freunde derart "plappernd" unterwegs sind, scheint sich alles beim Lesen inhaltich förmlich zu überschlagen.

Der Titel führt in die Irre. Die Nordsee wird nicht einmal besucht. Der Hof liegt irgendwo bei Husum und es gibt einen Strand, der ein paar Mal vorkommt, aber das war es auch schon. Und Leo ist total überdreht.

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Veröffentlicht am 25.04.2023

Hm. Nett

Fünf Tage am Meer
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Hanne versinkt laut ihrer Freundin Flo seit Monaten im Trauerkloss-Stadium, weil ihr "Max" sich aus dem Staub gemacht hat. Hanne hat derweil zwei gravierende andere Probleme und muss für eine Woche Urlaub ...

Hanne versinkt laut ihrer Freundin Flo seit Monaten im Trauerkloss-Stadium, weil ihr "Max" sich aus dem Staub gemacht hat. Hanne hat derweil zwei gravierende andere Probleme und muss für eine Woche Urlaub auf einer fiktiven Nordseeinsel machen, weil sich das Zimmer nicht mehr stornieren lässt. Dabei lernt sie Inga kennen, die von heute auf morgen die Familien-Pension ihres Vaters übernehmen muss.

Man bekommt in zwei Erzählsträngen beider Leben mit, ihre Probleme, ihre Herausforderungen und wie sie damit umgehen. Das ist eigentlich ganz amüsant, aber manchmal ziemlich breit erzählt. Vor allem anfangs, später spielt es sich ein. Eine Liebesgeschichte entwickelt sich anscheinend bei Hanna, aber nur halbherzig. Stattdessen gibt es Geschichten aus der Backstube, in der Hanna bei Inga kurzerhand einspringt.

Nett erzählt, die Figuren sind gut beschrieben, die Story nicht zu seicht, aber etliche Wiederholungen ohne das es merkbar voran geht.

Die fiktive Insel heißt Vesbö und mutet vom Namen her dänisch an. Wurde aber zwischen die ostfriesischen Inseln platziert. Das stieß mir sauer auf, denn "Vesbö" passt nicht in eine Gegend, in der Insel Oog heißt. Warum kann es nicht einfach eine schnuckelige Nordseeinsel sein und den Rest denken sich Leserinnen? Was soll das?

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Veröffentlicht am 25.04.2023

Mit Tiefgang und Witz

Die Insel der Orangenblüten - -
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Greta ist die jüngste der drei Schwestern nach Gina und Lorena. Sie ist zugleich als seltsame Frau verschrien, aber die einzige Tochter, die bei ihrem Vater geblieben ist. Auf der Isola Maggiore im See ...

Greta ist die jüngste der drei Schwestern nach Gina und Lorena. Sie ist zugleich als seltsame Frau verschrien, aber die einzige Tochter, die bei ihrem Vater geblieben ist. Auf der Isola Maggiore im See Trasimeno als leidenschaftliche Köchin im Restaurant der Familie. Gina kocht auch, aber in Hamburg. Und Lorena war und ist eine Streberin, erfolgreiche Anwältin, Mutter und Gattin, sie hat ihre Zügel fest im Griff. Bis sich die Schwestern bei der Beerdigung ihres Vaters begegnen.

Statt drei Handlungssträngen sind es nur zwei. Greta steht im Mittelpunkt und Gina kommt später hinzu, Lorena mischt vom Rand her mit und bringt Pepp hinein. Greta hat erlebt, was mit ihr Mutter geschah bevor diese verschwand. Da war sie sieben Jahre alt. Es gab in der Familie immer ein „davor“ und „danach“. Dies klärt sich am Ende des Romans, als Gretas Erinnerung erwacht. Greta ist spröde, intelligent und beileibe keine alte Jungfer, wie viele im Dorf meinen. Gina hat finanzielle Probleme und weiß nicht so recht, wohin mit sich als ihr Vater stirbt. In Italien bleiben? Um Gottes willen! Zurück nach Hamburg, urks. Nun ja, sie entscheidet sich erst Mal für die große Schwester und das erweist sich nicht unbedingt als Segen.
Es ist ein Familienroman, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann zog und mir einen Lesesamstag bescherte. Ab aufs Sofa und geistig nach Umbrien (unbekannterweise) abtauchen. Von Hannibals Niederlage ist hier nicht die Rede, aber von Nixen, seltsamen Geschenken und einem Vater, der lieber schwieg als sich austauschte oder gar Erinnerungen aufleben ließ. Mit diesen unausgesprochenen Dingen kämpfen seine Töchter, jede auf ihre eigene Art seit Jahren ohne zu wissen, dass das jeweilige „es“ daran liegt. Weil Greta manchen Dingen nun auf den Grund geht, quasi sich angestupst fühlt, müssen alle Beteiligten mit, irgendwie. Und das löst unterschiedliche Lawinen aus. Beim Pfarrer, bei der altjüngferlichen Tante, beim Fischer und der Supermarktbesitzerin, sogar beim Denkmalschutzbeauftragten.
Es entstand ein sehr anregender Roman. Mit Tiefgang.

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