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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.04.2023

Gut zu lesen

Die Inselschäferin
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Hanno bewirtschaftet die Schäferei auf Norderney als alleinerziehender Vater zweier Kinder. Seitdem seine Frau gestorben ist, zerreißt er sich förmlich zwischen seinen Schafen und Kindern, der Hofladen ...

Hanno bewirtschaftet die Schäferei auf Norderney als alleinerziehender Vater zweier Kinder. Seitdem seine Frau gestorben ist, zerreißt er sich förmlich zwischen seinen Schafen und Kindern, der Hofladen und die Käserei bleiben dabei manchmal auf der Strecke. Ruth war mal Anwältin, hat gerade eine Weltreise hinter sich und möchte endlich irgendwo dauerhaft ankommen ohne ihren Lebensstil gänzlich aufgeben zu müssen. Als ihre Freundin sie einlädt, kommt sie auf Norderney unter.

Das Ruth mal einen geistigen Beruf ausgeübt hat, merkt man ihr auf den ersten Seite nicht an. Sie wirkt tatkräftig, möchte mit den Händen arbeiten und als sich die Gelegenheit bietet, im Hofladen der Schäferei auszuhelfen, greift sie freudig zu. Mit Hanno versteht sie sich gut, die Kinder mögen sie. Aber einige Dinge gehen ihr viel zu schnell. und das sind nicht die typischen in Liebesromanen. Es geht teils um Profanes, teils aber auch um eigene Prinzipien. Und nicht nur bei ihr sondern auch bei ihm und den Kindern. Letztere gehören dazu ohne zu viel eigenen Raum einzunehmen.

Die Hauptfigur ist Ruth. Mit ihr bekommt man ein wenig von der Insel und dem Leben ihrer Freundin Nela mit. Sie packt an, denkt mit und als sie merkt, was in der Schäferei nicht möglich ist, denkt sie weiter und schafft sich einen eigenen Werkraum. Wie sie das macht und was sich entwickelt, mit ihr sowie zwischen ihr und Insulanern, ist anregend zu lesen. Weit davon entfernt, ein totales Wolkenkuckucksheim zu werden oder eine langweilige „Inselgeschichte“.
Alle Figuren sind gut beschrieben, dazu sind die Spannungsbögen gut gesetzt und der Roman weder zu tiefgehend noch seicht, aber von einer Bettlektüre weit entfernt. Der Titel führt in die Irre, der Schäfer ist ein Schäfer. Was aus Ruth wird, lest bitte selbst 😉
Ich würde mich freuen, mehr von Emma Jacobsen zu lesen.

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Veröffentlicht am 18.04.2023

Lesenswert mit Tiefgang

Krabbenbrötchen für Kenner
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Nike ist dreißig Jahre alt und besucht obligatorisch ihren doppelt so alten Vater in seinem Kieler Domizil. Er ist ein Künstler und ziemlich exaltiert, macht die Dinge so, wie er mag und nicht so, wie ...

Nike ist dreißig Jahre alt und besucht obligatorisch ihren doppelt so alten Vater in seinem Kieler Domizil. Er ist ein Künstler und ziemlich exaltiert, macht die Dinge so, wie er mag und nicht so, wie die Gesellschaft meint es wäre „richtig“. Heute ist er anders. Er lädt sie zu einem gemeinsamen Urlaub nach Föhr ein und will mit ihr alle Gutscheine einlösen, die sie ihm mal geschenkt hat.

Nike wundert sich, bekommt von ihrem Chef den Urlaub genehmigt und erlebt die ersten zusammenhängenden Tage mit ihrem Vater überhaupt. Sie wuchs bei ihrer Mutter auf.
Nach und nach kristallisiert sich heraus, wie Nike tickt und was sie bisher von ihrem Vater gewöhnt war. Ebenso erfährt man wie nebenbei die liebenswerten Macken von Willi, er anscheinend ein Geheimnis mit sich herumträgt und damit lange nicht herauskommt. Tatsächlich weiß man es erst im letzten Viertel, ahnt aber längst etwas.

Es ist ein Roman mit Tiefgang, der vom langsamen, leisen Abschiednehmen handelt ohne das der Tod selbst mitmischt. Willi hat eine heftige Diagnose erhalten und beschlossen, wie er sein Leben beenden möchte. Auf einer Insel, mit allem, was das Leben so an Gutem zu bieten hat. Und mit Nike. Die da erst reinwachsen muss, wenn sie denn will.
Sehr lesenswert. Ich habe den Roman gestern Abend „auf ex“ durchgelesen, konnte ihn nicht aus der Hand legen.

Veröffentlicht am 17.04.2023

Der Rote Faden schwankt

Die Elbflut
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Louise ist die Tochter von Jacob Ehrmann, seines Zeichens Fischer. Sie bewohnen zusammen mit ihrem Bruder ein Haus etwas erhöht an der Elbe in Loschwitz bei Dresden. Der Fluss hat 1784 starken Eisgang ...

Louise ist die Tochter von Jacob Ehrmann, seines Zeichens Fischer. Sie bewohnen zusammen mit ihrem Bruder ein Haus etwas erhöht an der Elbe in Loschwitz bei Dresden. Der Fluss hat 1784 starken Eisgang und Jacob befürchtet das Schlimmste: das sich die Eismassen auftürmen und kurz danach Tauwetter einsetzt. Die Witterung würde passen. Er spricht beim Amtmann in Dresden vor, versucht vor Ort Einiges und wird dafür eingesperrt. In jener Nacht bricht das Unheil los.

Bis zur Buchmitte dreht sich alles um die Elbe, um die kleine Familie, die ihr Möglichstes tut, um gut leben zu können und das, was der Eisgang mit sich bringen könnte. Zwischenzeitlich bekommt sie einen Gast für einige Wochen. Conrad, der sich in Louise verliebt, seines Zeichens Geograph und ebenfalls um den Eisgang besorgt. Conrad hat, wie auch Louise einen hohen Anteil im Roman. Ab der Buchmitte, wenn die Elbe wieder ihren normalen Wasserstand erreicht, ändert sich dies. Auf einmal steht Louise im Mittelpunkt, ihre Bekanntschaft, die sie während des Hochwassers machte, zieht sie in ihren Bann. Eine Dame, die Mätressen "ausbildet", was Louise erst spät so wirklich begreift. Aber einen sehr interessanten Einblick in die adlige Dresdner Gesellschaft der damaligen Zeit bietet. Jacob findet sich in einer Kommission für Deichbau wieder und kommt sich dort seltsam unpassend vor. Und Louise erfährt allerlei Abenteuer. Ebenso lernt sie (un-) ehrenhafte Herren kennen. Allerdings geht hier der Rote Faden vollständig flöten. Was Louises neue Erfahrungen betrifft, haben sie mit der Elbflut nichts mehr zu tun. Auch das Wiederfinden ihrer vor 15 Jahren verschollenen Mutter passt nicht hinein, bekommt aber am Ende einen eigenen Schwerpunkt. Und dann verlobt sich Louise und man weiß gar nicht, wer das eigentlich ist und was das jetzt soll. Sehr schade!

Der Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen. Fein wäre es gewesen, hätte die Elbflut eine zeitliche Einordnung erfahren. Jasmund nennt einen großen Vulkanausbruch, der monatelang den Himmel über Sachsen verdunkelte. Der Vulkan Laki brach 1784 auf Island aus, die Elbe führte im darauffolgenden Jahr einen verheerenden Eisgang. Aber eine entsprechende Einordnung - zeitlich und geschichtlich - findet leider nicht statt. Das empfinde ich als Makel.


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Veröffentlicht am 17.04.2023

Leselust!

Abschied auf Italienisch
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Vito Grassi hatte sich seine Ankunft im väterlichen Haus und Erbe anders vorgestellt. Mit seinem schnittigen Elektro-Roadster kurvte er die von Schlaglöchern übersäte, steile Zufahrt hinauf und hatte Glück: ...

Vito Grassi hatte sich seine Ankunft im väterlichen Haus und Erbe anders vorgestellt. Mit seinem schnittigen Elektro-Roadster kurvte er die von Schlaglöchern übersäte, steile Zufahrt hinauf und hatte Glück: Sein Motor erstarb direkt vor der Haustür. Hoffentlich gab es Strom im Haus und ein genügend langes Kabel… Vorher jedoch

bekam er es mit seiner unerwarteten Mitbewohnerin zu tun. Sie lebte bei seinem Vater bis dieser starb und eben jetzt auch noch. Und okkupierte dessen Schlafzimmer, so dass Vito mit der Couch vorlieb nehmen musste. Ein guter Auftakt!
Zwischenmenschlich ziept es an einigen Ecken, man lernt die Müllleute kennen, die sich bei Pietro an der Bar morgens den ersten Kaffee zu Gemüte führen und das Leben im Dorf. Bevor Grassi seine neue Tätigkeit bei der Staatspolizei aufnehmen kann, kommt ihm schon der erste Tote quasi entgegen. Die zweite Leiche findet ein Strolch auf einem entlegenen Stück seines Olivengartens, den seine Mitbewohnerin hegt. Seine Vorgesetzte ist auch nicht ohne, er selbst tritt gerne bei Kollegen ins Fettnäpfchen und ermittelt nicht immer korrekt nach Lehrbuch. Aber wer tut das schon?
Man fängt an zu lesen und braucht ein wenig Zeit dafür. Ideal für „zum so weglesen“, er macht süchtig. Weniger der Krimi selbst als die Art, wie was geschieht und wie damit umgegangen wird.

Veröffentlicht am 17.04.2023

Sehr oberflächlich ohne Mittelpunkt

Unser Reetdachhaus am Strand
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Normalerweise mag ich die Wohlfühlgeschichten von Cristin Below. Diese hier packte mich nicht so wirklich oder nur zum Teil. Als Roter Faden sollte eigentlich das Reetdachhaus dienen, aber das steht nie ...

Normalerweise mag ich die Wohlfühlgeschichten von Cristin Below. Diese hier packte mich nicht so wirklich oder nur zum Teil. Als Roter Faden sollte eigentlich das Reetdachhaus dienen, aber das steht nie wirklich im Mittelpunkt und kommt nur am Rande vor. Es ist der Grund, warum Marla das vom Abriss bedrohte Haus kaufen möchte. Es enthält jede Menge Erinnerungen an die schöne Kindheit auf Norderney. Hinzu kommen zwei Freundinnen, die das Haus auch retten möchten. Und einige Männer tauchen natürlich auch auf, Liebeleien kommen auf, bringen Würze mit hinein. Nur der Rote Faden fehlt völlig. Und jeder, der ostfriesische Inseln kennt, wird sich fragen, warum um Himmelswillen ausgerechnet ein Reetdach? Es ist typisch für Nordfriesland.
Die Handlung ist oberflächlich, sehr seicht und im Prinzip ist es ein ideales Sommerbuch für den Strand. Man kann es problemlos mal weglegen und findet sofort wieder hinein. Nach dem Auslesen ist die Geschichte schnell raus aus dem Kopf.

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