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Erdhaftig

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2019

Fein gesetzte Höhepunkte

Die Saphirtochter
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1935 auf Ceylon, Elliot und Louisa Reeve scheinen ein glückliches Ehepaar zu sein. Man lernt ihr Leben kennen, merkt, dass sie eine selbstbewusste Frau ist, die gewohnt ist, ihren eigenen Weg zu finden. ...

1935 auf Ceylon, Elliot und Louisa Reeve scheinen ein glückliches Ehepaar zu sein. Man lernt ihr Leben kennen, merkt, dass sie eine selbstbewusste Frau ist, die gewohnt ist, ihren eigenen Weg zu finden. Beliebt ist sie außerdem. Nach und nach wird klar, dass manches nur Schein zu sein scheint. Das trügt nicht, aber es kommt alles ganz anders als man zunächst glaubt.

Fein gesetzte Höhepunkte

Es ist eine Familiengeschichte, wie ich sie noch nie gelesen habe: Der Mann lebte ein Doppelleben und zwar kein Besonderes. Allerdings entwickelt sich die Story anders als erwartet und so gut, dass ich den Roman "auf ex" durchgelesen habe. Also richtig zum hinein versinken und geistig vor Ort sein.  Dazu kommt ein kleiner, kriminalistischer Erzählstrang. Er drängelt sich erst zum Finale so richtig nach vorne und es passt. 

Jefferies erzählt von Spielschulden, einer taffen Frau und den Schwierigkeiten, dem zweiten Leben ihres Mannes nach seinem Tod auf die Spur zu kommen. Nebenbei verliebt sie sich neu, übernimmt weitere Verantwortung und bietet der Gesellschaft die Stirn. Das Ganze in einem flüssig zu lesenden Erzählstil. Absoluter Schmöker!

Ach ja, über Zimt lernt man so nebenbei auch etwas

Veröffentlicht am 24.07.2019

Atmosphärisch duster

Das Blut von London
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Hafendocks im Mittelalter stelle ich mir eh ein wenig verrufen vor. Dieser historische Krimi spielt in London um 1781, der Freund des Ich-Erzählers und Soldaten Corsham wird in den Docks umgebracht. Die ...

Hafendocks im Mittelalter stelle ich mir eh ein wenig verrufen vor. Dieser historische Krimi spielt in London um 1781, der Freund des Ich-Erzählers und Soldaten Corsham wird in den Docks umgebracht. Die Umstände sind verzwickt, um nicht zu sagen mysteriös. Corsham sucht den Mörder.

Atmosphärisch düster

Robinsons Sprache ist wortgewaltig, sie beschreibt durch die Augen des Ich-Erzählers und ihrer Protagonisten. Die Sprache an sich ist modern, keinerlei Anklang an die dritte Person singular/plural, wie sonst bei historischen Romanen. Das schadet der Geschichte keineswegs. Diese ist fein aufgebaut, setzt auf kleine, dramatische Szenen und gut gesetzte Spannungsbögen. Auch die Figuren sind so ausgearbeitet, dass ich sie mir bildlich vorstellen kann. Inklusive vieler Gestalten, die Corsham befragt. Man versinkt im Krimi, verliert Ort und Zeit aus dem Sinn. 

Veröffentlicht am 24.07.2019

Ungewöhnlich und beglückende Pferdegeschichte

Marwani
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Die Geschichte handelt davon sich nicht aufzugeben, indem man eine Aufgabe findet, die einen ausfüllt und darüber Gleichgesinnte kennenlernt. Dahinter steckt natürlich noch viel mehr. Die Hauptfigur Mira ...

Die Geschichte handelt davon sich nicht aufzugeben, indem man eine Aufgabe findet, die einen ausfüllt und darüber Gleichgesinnte kennenlernt. Dahinter steckt natürlich noch viel mehr. Die Hauptfigur Mira ist seit einem halben Jahr querschnittsgelähmt, ihre Familie zog deswegen aufs Land um. Denn das alte Haus ist zu eng und mit zu vielen Treppen für den Rollstuhl versehen. Auf dem Land langweilt sich Mira. Vor allem hadert sie mit ihren leblosen Beinen. Bis sie Marwani kennenlernt, einer Stute, der übel mitgespielt wurde und die keinem Menschen mehr traut. Das Besondere an diesem Roman:

Schimmelstute statt Rapphengst?

 Ein bisschen typisches "Pferderomanflair" á là unreitbares Pferd triff verletztes Kind, beide berappeln sich zusammen" findet sich hier schon. Glücklicherweise völlig anders umgesetzt als in den mir bekannten Pferderomanen für Jugendliche. Reifer sozusagen und sehr angenehm zu lesen auch für mich als Erwachsene überhaupt nicht langweilig. Hintergründig, mit starken Figuren und gut zu verstehendem Subtext ebenso wie man sich einiges denken kann, dass die Autorin nicht beschreibt. Bösewichte tauchen natürlich auf, aber nur am Rande. Dramatische Situationen gibt es auch und am Ende geht alles anders aus als vorher geahnt. 

Ein in gutem Schreibstil verfasster Roman mit gut gesetzten Spannungsbögen, der völlig aus der Sicht der frisch im Rollstuhl gelandeten Mira erzählt wird. Und doch so, dass man einen guten Überblick über die Gegebenheiten erhält. 

Veröffentlicht am 21.07.2019

Spritzig!

Pasta d’amore - Liebe auf Sizilianisch
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Aurelia ist ein Mathematik-Genie, denkt viel zu viel, hat einen minimalen Freundeskreis und eine große Familie. Ihr Urgroßmutter besteht darauf, dass sie noch vor ihrem Ableben unter die Haube kommt. Hutzenlaub ...

Aurelia ist ein Mathematik-Genie, denkt viel zu viel, hat einen minimalen Freundeskreis und eine große Familie. Ihr Urgroßmutter besteht darauf, dass sie noch vor ihrem Ableben unter die Haube kommt. Hutzenlaub führt erst Mal in die Figuren und die Lebenswelt der Aurelia ein. Manches erschien mir etwas übergriffig, im typischen Sinn älterer Familienmitglieder, die bereits vieles erlebt haben und sich einfach etwas herausnehmen. Im Lauf der Geschichte wurde mir diese Familie immer sympathischer und auch die sehr zahlenaffine Hauptfigur. Vorrangig beschreibt Hutzenlaub auf göttliche Art eines:

Das Sich-Verlieben

Und zwar nicht schnulzig, süß-langweilig. Sondern so, wie es eben ist: mit diesen ganzen Zweifeln, Überlegungen, dem Flattern im Bauch und den Besonderheiten. Auch Männer kommen zwangsläufig vor, Brüder und eventuelle Zukünftige, der Eine natürlich auch . Die Familie sorgt für etliche Schmunzelanfälle, die Geschichte entwickelt sich von einem Amüsement-Höhepunkt zum Nächsten. Aurelia spielt natürlich das Spiel ihrer Urgroßmutter mit, aber auf ihre sehr spezielle Weise. Es ist ein spritziger Roman, der mit Hintergründigem und viel Humor aufwartet.

Veröffentlicht am 20.07.2019

Packend und stark

Das goldene Palais
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Die Familie Goldbaum erinnert irgendwie an die Rothschilds Der Roman beginnt stark, es werden besonders die Hauptfigur Greta, aber auch ihr Bruder Otto und späterer Gatte Albert beleuchtet. Größtenteils ...

Die Familie Goldbaum erinnert irgendwie an die Rothschilds Der Roman beginnt stark, es werden besonders die Hauptfigur Greta, aber auch ihr Bruder Otto und späterer Gatte Albert beleuchtet. Größtenteils dreht es sich um das Bankhaus, das nur deswegen so groß ist, weil die verschiedenen Zweige der Familie so vernetzt mit- und untereinander sind. Mit beleuchtet wird ab dem zweiten Drittel zunehmen die unterschwellige Position als jüdisches Bankhaus. Dabei kommen auch historische Fakten auf den Tisch, immer wieder wie nebenbei unterfüttern sie die Story.

Stark besonders in den ersten zwei Dritteln des Buches, danach nimmt der Erste Weltkrieg gefühlt das Heft in die Hand. Und man verliert Greta ein wenig aus dem Blick. Abgesehen davon erscheinen die zuletzt beschriebenen Ereignisse eher trivial. Denn alles andere wird blass und davon profitiert der Roman an sich überhaupt nicht. Das Ende kommt ziemlich abrupt und ist zwar verständlich und anrührend. Es bleibt eine kleine Leere bei mir zurück und die Frage, ob es das jetzt war oder ob noch ein zweiter Teil folgen wird?

Der Schreibstil ist hervorragend von Anfang bis Ende. Der Erzählstil ist locker, lässt Lesenden genügend Raum, um selbst mitzudenken und verzichtet auf überflüssiges Geschwurbel. Ich konnte mir die Personen gut vor dem inneren Auge vorstellen ebenso ihre Handlungsweisen. Es gibt immer Unterschiede, je nachdem welcher Familienzweig gerade besucht wird - ob in Wien, Paris oder London - jedes Mal fließt das typische des jeweiligen Landes mit hinein. Sei es im Umgang mit Juden speziell oder von der Lebensart her. Das macht diesen Roman neben der eigenwilligen Hauptperson Greta sehr besonders.