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Veröffentlicht am 24.10.2019

Eine chaotische Familie

Glück für alle Felle
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Inhalt:

Auf Mama Peacheys Ankündigung, dass sie ihren Job als Mutter an den Nagel hängen möchte, reagiert der Rest der Familie mit Begeisterung. Keine Vorschriften mehr, kein Gemecker, wenn etwas anders ...

Inhalt:

Auf Mama Peacheys Ankündigung, dass sie ihren Job als Mutter an den Nagel hängen möchte, reagiert der Rest der Familie mit Begeisterung. Keine Vorschriften mehr, kein Gemecker, wenn etwas anders läuft als geplant, und morgens solange schlafen wie man möchte. Das klingt doch fabelhaft. Schon nach wenigen Tagen müssen Ava, Olli und Papa allerdings feststellen, was die jüngste Tochter der Familie, Betty, schon längst geahnt hat: Ohne Mama drohen Kontrollverlust und Anarchie.

Bald schon türmen sich Berge an Schmutzwäsche, der Abwasch wird nicht mehr gemacht und jeden Tag gibt es nur noch Pizza. Im Bad herrscht morgens heilloses Durcheinander. Betty weiß,dass irgendetwas passieren muss. Ein Hund muss her.

Die Familie, mit Ausnahme von Papa, spricht sich geschlossen für den Hund aus. Papa wird von den restlichen Peacheys überstimmt und muss mit ins Tierheim fahren. Jeder hat seine eigene Vorstellung vom perfekten Hund. Doch letztlich ist es wieder Betty, die eine Entscheidung trifft. Es soll die schweigsame und zurückhaltende Promenadenmischung namens Mister Tavish werden.

Mister Tavish bekommt ein selbstgenähtes Körbchen von Betty und den besten Platz unter der Treppe, von wo aus er alles beobachten kann. Und das tut das neue Familienmitglied auch - und zwar ausgiebig. Einen ganzen Tag lang analysiert Mister Tavish das Verhalten seiner neuen Familie. Schnell stellt er fest, dass die Peacheys dringend Hilfe nötig haben.



Im Detail:

Seitdem Mama Peachey ihren Job als Mutter gekündigt hat, läuft alles drunter und drüber. Mama lässt Papas schlechte Laune und das Chaos, das allmählich in der Wohnung Überhand zu nehmen droht, jedoch völlig kalt. Sie praktiziert ihre Yogaübungen, kocht sich gesundes Essen und plant sogar mit dem attraktivem und jungen neuen Yogalehrer Pradeep nach Indien zu gehen und ihr „spirituelles Ich“ zu erforschen. Als Papa von diesen Plänen hört, rastet er vollkommen aus.
Betty erkennt, dass ihre Familie dringend Hilfe benötigt. Mit Mister Tavish soll wieder Ordnung ins Haus einkehren.

Im ersten Moment empfand ich die Idee der Familie Peachey, sich einen Hund anzuschaffen, als ziemlich unüberlegt. Ein Hund braucht Pflege, jemanden, der sich um ihn kümmert und Aufmerksamkeit. Also all das, was die Familie Peachey zur Zeit scheinbar überhaupt nicht bieten kann. Ich war mir nicht sicher, ob das Buch hier nicht eine falsche Botschaft vermittelt. Nämlich die, dass man sich in Krisensituationen noch mehr Probleme auflädt, anstatt an Lösungen zu arbeiten.

Dieser Kritikpunkt schmälert den positiven Gesamteindruck jedoch kaum: Denn Mister Tavish stellt den Ruhepol dar, den die Familie so dringend benötigt. Gemeinsam mit dem jüngsten und auch klügsten Familienmitglied, der kleinen Betty, überlegt er sich einen Plan, wie die Familie noch geretten werden kann. Eigentlich benötigt die Familie nur einen kleinen Schubser in die richtige Richtung, ein paar Anregungen und ein klein wenig Hilfe von eben diesem klugen und ruhigen Mister Tavish.

Im Tierheim darf sich die Familie nicht einfach nur einen Hund aussuchen und diesen mit nach Hause nehmen. Zuerst muss noch ein Fragebogen ausgefüllt werden. Auch hierbei hebt sich Betty wieder durch ihre Intelligenz von ihrer Familie ab. Jüngere Leser/innen lernen hier ganz nebenbei, gemeinsam mit der Familie Peachey, dass ein Haustier auch Ansprüche stellt.

Im Anschluss an die Geschichte findet der geneigte Leser auch noch einmal eine übersichtliche Auflistung - kindgerecht formuliert - in der er erfährt, was ein Hund alles benötigt.

Ein weiteres schönes Special findet sich ebenfalls auf den letzten Seiten. Hier gibt es noch ein Rezept zum Nachkochen, das in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt.

Außerdem erklärt die Autorin, wie die Romanfigur Mister Tavish entstanden ist.
Im Nachwort wird erwähnt, dass sämtliche Autorenhonorare der Wohltätigkeitsorganisation, „Blue Cross“, zur Verfügung gestellt werden. Bei Blue Cross handelt es sich um eine Organisation, die sich seit 1897 dafür einsetzt, herrenlosen, ungewollten, kranken und verletzten Haustieren ein glücklicheres Zuhause zu bieten.



Fazit:

Mütter sind Managerin, Putzfrau, Köchin, Taxifahrerin, Krankenschwester und Chauffeurin in einer Person. Ein Job, der so hart ist, dass er eigentlich öfter gekündigt werden müsste.
„Glück für alle Felle“ ist die zauberhafte Geschichte einer chaotischen Familie, die von einem Tag auf den anderen ohne ihre Allrounderin alleine den Alltag bewältigen muss. Mit Mister Tavish zieht aber ein Mischlingsrüde in den Haushalt ein, der wieder für Ordnung sorgt.

Chaotische Familien waren schon immer bester Lesestoff. Ein bisschen verkorkst müssen die Verhältnisse sein, ungewöhnlich die Familiensituation.

Meg Rosoffs Buch ist kleinteilig, mit Herzenswärme und dem ihm eigenen Schalk.
Jüngere Leser werden sich von ihr angesprochen fühlen. Ältere aber auch. Eine absolute Leseempfehlung.



Buchzitate:

Angesichts der Tatsache, dass sie von vollkommen verschiedenen Arten abstammten, hatten Betty und Mister Tavish bemerkenswert ähnliche Gemüter. Sie sehnten sich beide nach Harmonie und Odnung. Und so wurden sie Verbündete.

Veröffentlicht am 17.10.2019

Eine solide Road Novel

Die vorletzte Reise der Ewa Kalinowski
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Inhalt:

Lukas begegnet Ewa das erste Mal an einer Bushaltestelle. Eine alte verwirrte Frau stolpert hilflos auf der Straße herum. Keiner tut etwas, alle schauen nur zu. Doch plötzlich trennt sich jemand ...

Inhalt:

Lukas begegnet Ewa das erste Mal an einer Bushaltestelle. Eine alte verwirrte Frau stolpert hilflos auf der Straße herum. Keiner tut etwas, alle schauen nur zu. Doch plötzlich trennt sich jemand aus der Gruppe, schreitet zielgerichtet auf die Alte zu, wechselt ein paar Worte mit ihr und hilft ihr letztlich auch in den Bus.
Bei dieser hilfsbereiten Person handelt es sich um Ewa. Lukas und Ewa kommen ins Gespräch. Es dauert nicht lange, bis beide merken, dass sie einen Draht zueinander haben und sogar in der selben Siedlung wohnen. Ewa lädt Lukas zum polnischen Essen in ihre Wohnung ein. Es entsteht eine Art Freundschaft.

Eines Tages, bei einem Besuch im Kaffeehaus, muss Lukas feststellen, dass sich Ewa verändert hat. Sie hat stark an Gewicht verloren. Darauf angesprochen erwidert Ewa, dass bei ihr Krebs im Endstadium festgestellt wurde.
Ewa bittet Lukas ihr einen letzten Wunsch zu erfüllen. Er soll ihrer Tochter nichts von ihrer Krankheit verraten, seine Sachen packen, und mit Ewa auf eine vorletzte Reise gehen. Die Wohnung sei schnell verkauft, das erwirtschaftete Geld reicht für ein Wohnmobil. Ewa möchte noch einmal in ihrem Leben Frankreich, Holland, vielleicht sogar Spanien und Portugal, aber auf jeden Fall Irland sehen.



Im Detail:

Lukas und Ewa sind Reisende wie sie verschiedener nicht sein könnten. Ewa ist aus Polen geflohen. Sie hat geheiratet, ein Kind bekommen. Mit ihren 66 Jahren ist sie fast 40 Jahre älter als ihr Reisebegleiter Lukas, der, solange es seine Ersparnisse erlauben, in den Tag hinein lebt.
Lukas hält sich selbst für ein Glückskind. Kiffen hilft dabei schlechte Gedanken zu vertreiben, auch Egoshooter sind seine Form von Eskapismus. Lukas ist sich nicht zu fein, einen Gelegenheitsjob anzunehmen, wenn das Geld knapp wird. Dass Ewa ihm immer mal wieder etwas Geld zusteckt, trägt seinen Lifestyle.

Ewa mit wenigen Worten zu beschreiben, fällt nicht schwer. Sie wirkt herzhaft, aber auch eigenwillig, etwas widerborstig und auf Lukas auch oft sehr fordernd. Hat sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt, lässt sie sich nicht mehr davon abbringen.
Bislang war Ewa mit körperlicher und seelischer Gesundheit gesegnet. Dann wurde bei ihr Krebs festgestellt.

Als Ewa Lukas darum bittet, mit ihr einen letzten Roadtrip zu unternehmen, ist dieser schnell überzeugt. Ewa hat nicht vor all ihr Geld mit ins Grab zu nehmen. Sie wird Lukas gerne einmal den ein oder anderen Schein zuschieben und Lukas zumindest während der gemeinsamen Reise seine Laissez-faire-Attitüde finanzieren.

Es beginnt ein Roadtrip über verschiedene Städte. In Straßburg, Verdun, Luxemburg, Lille, Dünkirchen, Dunkerque, Brügge, Amsterdamm und Calais macht das ungleiche Paar, das von Yorkshire-Terrier Zizou begleitet wird, halt, bis beide dann in England ankommen und das große Ziel Irland ansteuern. Immer wieder benötigt Ewa jedoch Pausen.
Und Lukas? Aus Teilnahme an Ewas Schicksal wird schließlich Anteilnahme.



Meine Meinung:

Regina W. Eggers Roman ist in der Regel angenehm zu lesen und teilweise als intellektuelle Bereicherung zu verstehen, die durchaus willkommen ist.

Neben Reiseeindrücken schildert die Autorin auch die Gespräche, die sich zwischen Lukas und Ewa abspielen. Diskussionen über Ausländerfeindlichkeit, Frauenemanzipation, polnische Geflogenheiten und den zweiten Weltkriegs operieren haarscharf am Zeitgeist.

Sind solche Reiseeindrücke genug Stoff für einen Roman? Sicherlich, aber nur, wenn man auch in der Lage ist, diesen Stoff literarisch zu verdichten, zu verfremden, eine Geschichte daraus zu konstruieren, mit Bildern Stimmung zu evozieren. Davon spürt man in Regina W. Eggers Debüt leider manchmal zu wenig. In der Geschichte fehlt es manchmal an Dringlichkeit, an Verve.



Fazit:

Die vorletzte Reise der Ewa Kalinowski ist ein Buch mit einer eher ruhigen Geschichte. Der Leser versteht, dass die Endlichkeit zum Leben gehört und genau diese es besonders wertvoll macht.
Was die Autorin mit dieser Geschichte darüber hinaus sagen möchte, bleibt für mich am Ende allerdings einigermaßen schleierhaft. Es gibt kein erkennbares Anliegen und auch kein überzeugendes Stimmungsbild. Der Roman ist sprachlich aber durchaus gelungen, sodass man für sein Geld eine solide Road Novel bekommt.

Veröffentlicht am 09.10.2019

Atmosphärische Geschichte

Alabasterball
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Inhalt:

Mehr als ein Jahr ist vergangen, seitdem Amy die Einladung zum Alabasterball in ihrem Briefkasten vorgefunden hat. Ein wunderschönes Kleid befand sich in der beiliegenden Lieferung. Die Karte ...


Inhalt:

Mehr als ein Jahr ist vergangen, seitdem Amy die Einladung zum Alabasterball in ihrem Briefkasten vorgefunden hat. Ein wunderschönes Kleid befand sich in der beiliegenden Lieferung. Die Karte wechselte einst wie durch magische Hand ihre Farben. Purpurne Buchstaben verkündeten, dass Amy eines von drei auserwählte Mädchen ist, die die Insel Kallystoga besuchen werden.

Noch während Amy sich über das kupergrüne Kleid, das wie maßgeschneidert wirkt, freut, fragt sie sich, warum die Wahl auf sie gefallen ist. Diese Frage ist jedoch angesichts dessen, was Kallystoga verspricht, schnell vergessen. Denn nach dem Ball, zu dem auch noch drei Jungen geladen worden sind und bei dem nur die klügsten und mächtigsten Menschen der Welt das zukünftige Ballpaar küren werden, erwartet den Sieger bzw. die Siegerin eine ganz besondere Belohnung: Die Gewinner dürfen sich über die Erfüllung eines Herzenswunsches freuen.

Wäre Amy zu diesem Zeitpunkt etwas wachsamer gewesen, so hätte sie vielleicht gemerkt, wie sich ihre kleine lebensfrohe Schwester Sunny heimlich in ihr Zimmer schlich, sich die Einladung und das Kleid nahm und selbst diese Reise zur geheimnisvollen Insel antrat. Vielleicht hätte Amy verhindern können, was dann passierte.

Denn ein Jahr nach dem Alabasterball war Sunny noch immer nicht zur Familie zurückgekehrt.
Abgesehen von Karten, die die Familie aus der ganzen Welt erreichen, gibt es kein weiteres Lebenszeichen mehr von ihr.



Im Detail:

Auch, wenn es in der Einladung hieß, die Karte wäre nicht übertragbar, gelingt es Amy, eines der Mädchen, die im Jahr nach dem Verschwinden von Sunny, als Teilnehmerin zum Alabasterball auserwählt wurde, deren Karte abzukaufen und sich selbst unter neuer Identität auf Kallystoga als Loreley einzuschleusen.

Amy hat über die Zeit hinweg viel trainiert. Ihr Plan ist es, auf der Insel die Gründe für Sunnys Verschwinden herauszufinden und bestenfalls ihre Schwester auch wieder mit nach Hause zu nehmen. Alternativ will sie diesen Ball und den damit den versprochenen Herzenswunsch gewinnen und sich Sunny einfach wieder nach Hause wünschen.

Kallystoga bedient alle Erwartungen und leidet darunter. Ihre Mitstreiter sind genauso gewillt wie Amy selbst, den Ball zu gewinnen. Schon nach der Ankunft erwartet die Teilnehmer/innen der Baron, ein Mann, mit Dreispitzhut und einem Säbel in der Hand. Neben ihm stehen drei prächtige Collies. Der Baron verkündet: „Wer jetzt nicht aussteigt, der muss bis zum Ende des Balls auf der Insel bleiben“. Die Wasserstrudel verhindern eine Flucht.

Bereits jetzt mag man ahnen, dass sich auf Kallystoga hinter den perfekten Fassaden einige Leichen in den Kellern angehäuft haben. Amy jedoch willigt ein. Schließlich muss sie ihre Schwester finden.

Alabasterball – Der Fluch der letzten Küsse überzeugt schon auf den ersten Blick. Das Buch sieht gut aus und wirkt aufgrund seiner Aufmachung edel und hochwertig.
Hinter dem Buchdeckel verbirgt sich eine liebevoll gestaltete Karte der Insel Kallystoga, auf der alljährlich der Alabasterball stattfindet. Neue Kapitel werden mit hübschen Ornamenten eingeleitet.

Ab dem Zeitpunkt, als Amy Kallystoga betritt, stellt sich heraus, dass es auf dieser Insel nicht immer mit rechten Dingen zugeht. Ihre Abgründe und Geheimnisse stehen unsichtbar hinter den Zeilen.



Fazit:

Alabasterball – Der Fluch der letzten Küsse ist durch seine qualitativ hochwertige Aufmachung schon ein Eyecatcher, wenn man im Buchladen darin herumblättert.

Amy stellt sich existenziellen Konflikten und den daraus resultierenden Wahrheiten. Dies alles an einem gefährlichen Ort, dessen Geheimnissen sie langsam auf die Spur kommt. Einfache, verständliche Sprache zeichnet den Roman aus, so wohl für junge Leser bewusst eingesetzt. Einige Beschreibungen hätten jedoch manchmal mehr Tiefe verdient.

Ein wirklich lesenswertes Buch, zwar nicht stets mitreißend, aber immer liest es sich spannend und vergnüglich. Doch auch wenn ich das Buch wirklich weiterempfehle, dass manches in dem Roman etwas konstruiert wirkt, kann ich nicht bestreiten.



Buchzitate:

Überall glitzerte es, die Pailletten der Stoffe, der Schmuck und die Abendsonne auf dem Meer, sogar die Luft schien durchsetzt von einer vibrierenden Aura aus Lichtreflexen.

Veröffentlicht am 01.10.2019

Suspenseunterhaltung mit hohem Suchtfaktor

LifeHack. Dein Leben gehört mir
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Inhalt:

Seit dem Tod ihrer Mutter ist das Leben für Ellie und ihren Vater nicht mehr so einfach wie zuvor. Ellie ist der Meinung, dass es für ihren Vater besser gewesen wäre, wenn sie damals anstelle ...


Inhalt:

Seit dem Tod ihrer Mutter ist das Leben für Ellie und ihren Vater nicht mehr so einfach wie zuvor. Ellie ist der Meinung, dass es für ihren Vater besser gewesen wäre, wenn sie damals anstelle ihrer Mutter dem Autounfall zum Opfer gefallen wäre. In der Schule wird Ellie mitleidig von der Seite angeschaut. Die Mitschüler meiden sie. Vermutlich, weil sie ein wenig eigenbrötlerisch versucht, ihre Lebenskrise zu überwinden.

In dem Adventure-Game Wisdom of the Dwarf findet Ellie zu Hause Entspannung und eine billige Form des Eskapismus. Hier kann sie mit der Hilfe ihrer Spielfigur Ada so sein, wie sie es gerne wäre: selbstbewusst, unabhängig, schlagfertig, witzig. Täglich loggt sie sich in das Spiel ein und begibt sich mit dem Heiler Drumble und dem Ritter Percy ins Abenteuer. Aber es ist nicht allein das Adventure, das Ellie Freude bereitet. Auch die Zeit mit Percy, der im wahren Leben Parker heißt, schätzt sie sehr.

Parker besucht mit seinem Freund Henry – dem Spieler, der hinter dem Heiler Drumble steckt – die gleiche Schule wie Ellie. Doch genau wie die anderen Mitschüler hat er ihr bislang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Im Spiel jedoch ist er stets bestrebt, mehr über die Person, die sich hinter der Diebin Ada, an die er mittlerweile sein Herz verloren hat, herauszufinden.

Als während der Pause alle Schüler die Nachricht erhalten, dass der Schulball ansteht, fasst Ellie endlich einen Entschluss. Sie möchte Parker erst verraten, dass sie Ada ist und dann möchte sie ihn fragen, ob er nicht ihre Begleitung zum Ball sein möchte. Eigentlich ein guter Plan. Doch dann kommt alles ganz anders als gedacht. Von einem Tag auf den anderen wird Ellies Leben zu einem absoluten Albtraum.



Im Detail:

In jeder freien Minute, die Ellie erübrigen kann, loggt sie sich in das Online-Adventure Wisdom of the Dwarf ein. Hier findet sie Abstand zum Alltag, hier kann sie ihren Unsicherheiten und Problemen entfliehen und als digital animierter Avatar im Cyberspace gleichsam wieder auferstehen.
Die Diebin Ada ist mutig, sie ist clever, sie ist witzig und draufgängerisch. Während des Spiels kann sich Ellie außerdem ungehemmt und anonym mit ihrem heimlichen Schwarm Parker treffen. Denn gemeinsam mit seinem besten Freund ist er Teil der Heldengruppe, mit der Ada jeden Tag in die Tiefen der Dungeons zieht, um Abenteuer zu bestreiten.

Doch dann kommt der Tag, der eine einschneidende Zäsur markiert. Als Henry und Parker, vom realen Leben gefordert, das Spiel verlassen müssen, beschließt Ellie, ihre Figur Ada noch in das Dorf zu teleportieren, um ein paar Kleinigkeiten einkaufen zu gehen und sich für den nächsten Spieltag vorzubereiten. Doch irgendwas ist dieses Mal anders als sonst. Das Dorf wirkt bis auf eine einzelne Figur wie leergefegt. Handelt es sich um einen Bug? Ist es eine besondere Quest, die mit dem heutigen Spielverlauf einhergeht? Ellie ist verwirrt. Und dann fragt die merkwürdige Figur sie über den Chat auch noch, ob sie ein Nichtspielercharakter ist, oder ob eine echte Person hinter Ada steckt. Ellie ist verwirrt. So etwas dürfte es doch in diesem Spiel nicht geben.

Kurze Zeit später bewegt sich auf dem Monitor nichts mehr. Ellie reagiert blitzschnell. Sie vermutet gehackt worden zu sein.

Dieser Moment ist es, der Ellies Leben von einem Moment auf den anderen verändern wird. Denn es handelt sich nicht um einen einfachen Systemangriff. Stattdessen hat sich, was Ellie aber nicht weiß, eine künstliche Intelligenz in das System eingeloggt, die auf der Suche nach einem Körper und einer neuen Identität ist. Ellie war mit Ada einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.

Die künstliche Intelligenz, die sich fortan Ada nennt, hat nur den einen Wunsch Gefühle zu empfinden. Zu wissen, wie es ist, ein Mensch und Teil einer Familie zu sein. Durch Ada weiß die KI fast alles über Ellie. Die restlichen Informationen zu beschaffen dürfte ihr ein Leichtes sein. Natürlich hat Ada auch mitbekommen, dass Parker und Ellie Gefühle füreinander hegen. Ada bringt alles mit, was Ellie fehlt. Kurzerhand taucht die KI in Ellies Leben ein. Diese muss zuschauen, wie sie durch eine anscheinend bessere Version ihres Ichs ersetzt wird.



Eigene Meinung:

June Perry beschreibt mit LifeHack ein beängstigendes und zugleich realistisches Zukunftsszenario. Wir erhalten einen Einblick in Ellies Gedanken und Gefühle, begleiten ein Mädchen, das sowohl naiv, schüchtern und unsicher als auch liebenswert scheint.
Als sie endlich den Mut gefasst hat, ihren heimlichen Schwarm anzusprechen, wird sie eiskalt abserviert. Die künstliche Intelligenz, die sich selbst Ada nennt, und die wie ein Upgrade von Ellie scheint, ist der wahrgewordene Albtraum schlechthin.

Die Autorin erschafft in ihrem Roman ein Zukunftsszenario, in dem fast jeder Mensch ein selbstfahrendes Auto besitzt. Jedes Haus ist mit einem System ausgestattet, das die Familie beim Eintreten mit einer persönlichen Ansprache begrüßt, das in der Lage ist, das Licht anzuschalten und sich um alle Belange kümmert. Ein Haushaltsroboter gehört quasi zur Standartausrüstung. Fast jeder besitzt ein PAP (Persönliches-Assistenz-Programm), ein Gerät, das man am Handgelenk mit sich trägt. Das PAP ist in der Lage, jede Frage zu beantworten, deine Termine zu organisieren und dir bei der Auswahl der Kleidung für den nächsten Tag oder bei den nächsten Einkaufsentscheidungen weiterzuhelfen. Es ersetzt Eltern, einen guten Freund oder einen Berater in allen Lebensfragen.

June Perrys gar nicht so ferne Zukunftsvision bedient sich diverser wissenschaftlicher Szenarien, um eine pessimistische Zukunftsvision zu zeichnen.
So gibt es zum Beispiel in der Mall einen Androiden, der als Reiseverkäufer arbeitet und je nach Saison den Südländer Diego mit dunkler Hautfarbe oder den hellhäutigen Skandinavier Sven verkörpert. Sein kleines Grübchen bleibt aber immer erhalten. Denn die Menschen mögen es an ihm. Sie flirten sogar mit dem Androiden. Doch spätestens, wenn Randalierer einen Androiden zusammenschlagen und dieser dann immer noch freundlich versucht, die Parfumflakons seines Standes zu verkaufen, wird es gruselig.



Fazit:

Mit LifeHack entwirft die Autorin June Perry eine beängstigende Zukunft, in der es ihr gelingt, wissenschaftliche Visionen mit den Ängsten einer gesellschaftlichen Zukunft zu verbinden.
Alltagsbewältigung wird von der künstlichen Intelligenz geleistet. Einfache Aufgaben werden von Androiden und Robotern erledigt. Depressionen und psychischen Problemen begegnet das Persönliche-Assistenz-Programm. Selbst verstorbene Familienangehörige kann man noch ein wenig „weiterleben“ lassen, indem man eine Grabkammer mietet, in der ein Hologram den Liebsten wiederspiegelt und die schönsten Erlebnisse der Vergangenheit Revue passieren lässt.

Das Buch behandelt eine klassische Frage der Science Fiction. Kann künstliche Intelligenz ein eigenes Bewusstsein entwickeln und sich gegen ihre Schöpfer wenden?
Ellie wird nicht nur Zeugin, sondern auch Opfer solch eines „Programmausfalls“. Von einem Tag auf den anderen wird ihr ihre Identität gestohlen und sie findet sich mitten in einem Albtraum wieder.

Das Buch wirkt dabei jedoch nie belehrend, sondern stellt die verschiedenen Perspektiven und Motivationen neutral nebeneinander.

Ein leider realistischer Thriller vor authentisch wirkender Kulisse, Suspenseunterhaltung mit hohem Suchtfaktor.



Buchzitate:

Mich werden sie lieben. Sie müssen mich lieben. Denn ich werde sein wie sie.

Jetzt war das PAP das einzige Programm, das man benötigte. Es war Gedächtnis, Arzt, Freund, Shoppingassistent, Haushälter, Freizeitkoordinator, Animateur, Tagebuch … Um nichts in der Welt würde ich ich auf mein PAP verzichten – aber manchmal nervte es, wenn es zu fürsorglich eingestellt war.

Veröffentlicht am 27.09.2019

Eine abenteuerliche Detektivgeschichte für kleine und große Leser/innen

Tilda, ich und der geklaute Dracula
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Inhalt:

Oda ist so ganz anders als ihre beste Freundin. Während Tilda den ganzen Tag einfach nur dasitzen könnte, ohne sich zu bewegen und ohne zu sprechen, wird Oda schnell langweilig. Sie sucht das ...

Inhalt:

Oda ist so ganz anders als ihre beste Freundin. Während Tilda den ganzen Tag einfach nur dasitzen könnte, ohne sich zu bewegen und ohne zu sprechen, wird Oda schnell langweilig. Sie sucht das Abenteuer und die Herausforderung.
Als die Nachbarin verkündet, dass ihr schwarzer Hund mit dem Überbiss, der auf den Namen Dracula hört, vor dem Supermarkt entführt worden ist, ist Oda gleich Feuer und Flamme. Gemeinsam mit Tilda möchte sie in diesem Fall ermitteln. Schließlich wurde auch ein Finderlohn von 250 Euro ausgesetzt. Davon könnte man sich eine Menge Süßigkeiten kaufen. Ein Argument, dass auch Tilda schnell in Detektivstimmung versetzt.

Doch Berlin ist eine sehr große Stadt. Wo fängt man mit der Suche an? Am besten beginnt man mit der Spurensuche direkt am Tatort und dann heißt es, die verdächtigen Personen unter die Lupe nehmen. Ein spannendes Abenteuer steht den beiden Mädchen bevor. Tilda und Oda sind der festen Überzeugung, dass sie Dracula finden und aus den Händen des Entführers befreien werden.



Im Detail:

Oda ist im Vergleich zu ihrer besten Freundin Tilda ein sehr lebhaftes Mädchen. Sie ist stets auf der Suche nach Abenteuern und findet es so gar nicht gut, dass ihre Eltern, wenn sie einen harten Arbeitstag hinter sich haben, ihr manchmal gar nicht richtig zuhören und morgens auch oft nicht gut aus dem Bett kommen. Der Tag steckt schließlich doch voller Erlebnisse und Dingen, die es zu erkunden gibt.

Tilda hingegen ist stets auf der Suche nach Ruhe und Entspannung. In einem Haushalt mit mehreren Geschwistern ist immer etwas los. Dort findet man, wenn's hoch kommt, im Bad mal ein paar Minuten Stille. Zurückhaltend reagiert sie daher stets auf Odas lebenszugewandten Aktionismus.

Oda kann Tildas kleinbürgerlich wirkende Gemütlichkeit so gar nicht nachvollziehen. Sie schiebt die Langsamkeit ihrer besten Freundin auf ihre gelockten Haare, die wie Fusilli aussehen. Manchmal brauchen Tildas „Antennen“ eben etwas, bis die Gedanken hindurchgeflossen sind. Aber daran hat sich Oda ja schon gewöhnt.

Neben den Ermittlungen, die Oda und Tilda anstellen, müssen sich die beiden Mädchen aber auch dem Alltag stellen. So lernt man als Leser auch Tildas liebevolle und chaotische Familie kennen. Der jüngere Bruder Anton hat es Oda dabei ein wenig angetan. Er ist einfach nur cool. Wie er mit seinem BMX-Rad umherdüst und ganz mutig auf den großen Baum auf dem Schulhof klettert, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren. Ja, Oda hat sich sogar ein wenig in Anton verliebt. Als dieser plötzlich ebenfalls in Sachen Dracula ermittelt, müssen sich die Mädchen aber sputen. Schließlich wollen sie ja selbst den Finderlohn einkassieren.

Sehr schön zu beobachten sind auch die kleinen Schrulligkeiten, die die Charaktere mit in die Geschichte bringen. So hält sich Tilda zum Beispiel als Haustiere Achatschnecken, um die sie sich ständig Sorgen machen muss. Tilda kann es auch gar nicht leiden, wenn sie auf der Straße frisch ausgespuckte Kaugummis vorfindet. „Tiermörder!“, ruft sie dann auf. Jeder weiß doch, dass Igel Kaugummis essen und dran sterben.
Oda hingegen wickelt sich mit Vorliebe während des Unterrichts in den Vorhang ein. Auf die Vorwürfe der Lehrerin entgegnet Oda ernst, dass sie den Vorhang eben mag und dass sie sich so besser konzentrieren kann. Als Leser musste ich bei Szenen wie dieser oft Schmunzeln. Die langweiligen Erwachsenen hingegen konnten Odas Verhalten nicht immer nachvollziehen. Oda ist jedoch ein toughes Mädchen und lässt sich in ihren Lebensansichten nicht von Außenstehenden beirren.

Erwähnenswert sind auch die wunderschönen Schwarz-Weiß-Illustrationen der mehrfach ausgezeichneten Illustratorin Regina Kehn. Die Vignetten machen neugierig auf die Ereignisse im jeweils folgendem Kapitel.



Fazit:

Lara Schützsack präsentiert mit "Tilda, ich und der geklaute Dracula" eine Geschichte mit Abenteuern, starken Charakteren und einer großen Prise Humor. Sie zeigt Hauptfigur, denen man von Abenteuer zu Abenteuer gerne folgt.

Im Fokus stehen die beiden besten Freundinnen Oda und Tilda, die in dem Fall des verschwundenen Nachbarhundes ermitteln. Die nicht komplexe, aber auch nie banal erscheinende Geschichte wird von gelungenen Illustrationen begleitet.

Dieses Buch ist ein kleines Highlight, aber nicht nur für Kinder im Alter von acht Jahren. Auch junggebliebene Lesern entlockt es ein vergnügliches Schmunzeln.



Buchzitate:

Von der Seite sehen ihre blonden Locken wie ungekochte Fusilli-Nudeln aus, die in alle Richtungen von ihrem Kopf abstehen. Ich glaube, das sind Tildas Antennen. Mit ihnen nimmt sie Informationen auf.