Profilbild von Esme--

Esme--

Lesejury Star
offline

Esme-- ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Esme-- über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.07.2022

Das Thema Gehörverlust kindgerecht aufgearbeitet

El Taubinio
0

Inhalt:

Es geschieht an einem ganz normalen Tag, als Cece sich plötzlich übergeben muss und von ihren Eltern ins Krankenhaus gebracht wird. Die Diagnose lautet: Hirnhautentzündung.

Innerhalb weniger ...

Inhalt:

Es geschieht an einem ganz normalen Tag, als Cece sich plötzlich übergeben muss und von ihren Eltern ins Krankenhaus gebracht wird. Die Diagnose lautet: Hirnhautentzündung.

Innerhalb weniger Tage ist nichts mehr so wie zuvor. Ihre Freunde dürfen sie im Krankenhaus nicht besuchen, da diese Keime übertragen könnten. Beim Fernsehen ist plötzlich der Ton weg. Der Arzt macht einige Tests. Es gibt Spritzen und ihr Kopf wird abgemessen.

Doch nicht alles ist schlecht. Cece bekommt eine Menge Geschenke von Menschen, die an sie denken.
Wieder zu Hause sind Ceces Geschwister ganz besonders nett. Sie überlegen sich kleine Überraschungen für sie. Ihre große Schwester liest ihr sogar etwas vor. Doch etwas ist sonderbar. Denn Cece hört die Rufe ihrer Mutter nicht, sie merkt es auch nicht, wenn ihre Geschwister hinter ihrem Rücken das Zimmer verlassen. Und dann steht der nächste Arztbesuch an.

Cece hat Angst, dass sie wieder ins Krankenhaus muss. Doch dieses Mal geht es zum Audiologen. Dieser unternimmt weitere Tests. Cece bekommt ein Hörgerät. Sie ist verunsichert. Die Kabel, die aus ihren Ohren hängen und der kleine Kasten entstellen sie sicherlich gar vollends. Ein Potpourri von Spott, Missbilligung und Hänseleien wird über sie ergehen.

Doch bald schon muss Cece feststellen, dass ihre Freunde ganz unterschiedlich reagieren. Die meisten sind neugierig, viele sprechen sie sogar gar nicht auf die Veränderung an.

Cece besucht eine Schule, auf der alle anderen Kinder auch ein Hörgerät tragen. Sie lernt, worauf sie beim Lippen ablesen achten muss. Sie erfährt auch, wie andere Menschen sich verhalten müssen, damit sie besser versteht, was diese ihr mitteilen wollen.

Doch die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung. Die Familie zieht in einer kleinere Stadt, in ein größeres Haus. Cece kommt in eine neue Schule. Damit sie dort alles gut verstehen kann, erhält sie ein größeres Hörgerät und ein Mikrofon, das sie vor jeder Stunde an den neuen Lehrer weitergeben muss. Sich dieser erhöhten Aufmerksamkeit auszusetzen, ist eine große Herausforderung.

Über die Zeit hinweg findet Cece neue Freunde. Manche sind nett, andere weniger. Doch ein Mädchen aus der Nachbarschaft sticht für Cece besonders hervor. Martha Clayton ist immer verständnisvoll. Sie hat den gleichen Humor wie Cece und liebt die Serie „Unsere kleine Farm“ genauso sehr wie sie. Bei ihren Eltern darf man Fastfood vorm Fernseher essen. Cece muss Martha nicht erst erklären, warum das Licht noch anbleiben muss, wenn sie sich abends vor dem Schlafen im Bett noch unterhalten wollen. Und das Beste ist, dass Martha ganz normal mit ihr spricht. Sie redet nicht übermäßig laut und bewegt die Lippen besonders auffällig. Martha wird zu Ceces bester Freundin. Doch dann geschieht ein Unfall und Martha distanziert sich von Cece ...



Meinung:

Bereits im Vorwort von „El Taubinio“ erwähnt die Autorin, dass es sich hierbei um eine autobiographische Geschichte handelt. Cece Bell gibt dem Leser hier bereits einige wertvolle Informationen an die Hand. So berichtet sie davon, dass in den USA andere Gesten für die Gebärdensprache benutzt werden als in Deutschland. Sie erläutert, warum in dem Buch nicht die Rede vom „Lippen ablesen“, sondern vom „Lippen absehen“ ist. Und gibt noch ein paar Informationen zur Wahl des deutschen Buchtitels preis. Diese Informationen empfand ich als weiterführend und hilfreich für Leser wie mich, die sich mit dem Thema Gehörverlust (noch nicht) so gut auskennen.

Der Zeichenstil hält sich bewusst von plattem Realismus fern. Die Figuren werden hier nämlich nicht als Personen, sondern als Hasen dargestellt. Leider wird im Buch nichts näheres dazu berichtet. Eine Recherche im Internet hat ergeben, dass die Autorin sich sehr bewusst für diese Darstellung entschieden hat. Der optische Fokus soll durch die naturgemäß großen Ohren des Hasen automatisch gelenkt werden und Kindern den Zugang zur Geschichte zusätzlich erleichtern.

Die Protagonistin des Buches, Cece Bell, war mir von der ersten Seite an sofort sympathisch. Cece ist ein lebensfrohes Mädchen mit vielen Interessen. Sie wächst in einer Familie auf, in der jeder für den anderen da ist. Auch, wenn es immer wieder zu Tiefpunkten im Leben kommt, so sieht Cece doch auch immer wieder die kleinen, schönen Dinge, die ihr widerfahren.

Der Verlust des Gehörs nebst Umzug in eine neue Stadt stellen Cece vor eine ganz besondere Herausforderung. Mit ihrem Hörgerät sieht sie anders aus, bei Treffen mit anderen Kindern versteht sie oft nur wenig. Denn das normale Hörgerät hilft zwar lauter zu hören. Doch lauteres Hören trägt nicht dazu bei, dass die Worte richtig ankommen. Cece muss zusätzlich auf die Lippenbewegungen, Gesten und Mimiken ihrer Mitmenschen achten. Sie muss wie ein Detektiv kombinieren, wie die Worte zu dem, was sie sieht, passen, um die Sätze zu verstehen. Ihr hilft es nicht, wenn jemand mit dem Rücken zu ihr spricht, wenn ihr Gegenüber einen Bart trägt oder übertriebene Lippenbewegungen macht. Doch all das möchte man natürlich auch nicht immer erklären müssen.

Mit jeder dieser Herausforderungen, auch wenn diese nicht immer einfach sind, geht Cece unglaublich gut um. Sie versucht zu verstehen, auch, wenn es nicht immer leicht ist. Sie freut sich über die bunte Tasche, die mit dem neuen Hörgerät daherkommt, auch wenn das Gerät sie vor Probleme im Alltag stellt. Beim Arzt bekommt sie für die lange Wartezeit einen Lolli als Belohnung. Das war doch die Mühe wert. Die Kinder unterhalten sich nachts noch im Dunkeln und Cece versteht nichts? Naja, dann kann sie auch das Gerät ausmachen und hört somit das Schnarchen der anderen nicht.

Cece versteht es auch, der Realität durch ihre Fantasie zu entfliehen. Sie sieht sich wie einen Superhelden. Denn Superhelden sind zwar auch Außenseiter, weil sie anders sind, aber sie haben Fähigkeiten, die sie zu etwas ganz Besonderem machen. So kann Cece beispielsweise durch das Mikrofon hören, wenn ihre Lehrerin sich außerhalb des Klassenzimmers mit Kollegen austauscht. Cece kriegt sogar mit, wenn sich ihre Lehrerin auf die Toilette begibt und muss dann jedes Mal ein wenig lachen.

Neben dem Thema Gehörverlust greift die Autorin aber auch andere Themen auf. So erzählt sie von unterschiedlichen Arten von Freundschaften. Eine Freundin z.B. will immer nur bestimmen. Sie hat einen ganz gruseligen Humor und findet, dass sie wesentlich besser aussieht als Cece. Dann gibt es noch eine Freundin, die zwar deutlich netter ist, aber ständig so übertrieben laut spricht und komische Lippenbewegungen macht und letztlich noch das Mädchen von nebenan, das Cece behandelt wie alle anderen auch. Besonders gefallen hat mir die Art, wie Cece mit diesen unterschiedlichen Charakteren umgeht. Sie reagiert nie gemein oder bösartig. Sie distanziert sich eher beiläufig ohne andere Menschen mit ihrem Verhalten zu verletzen und sucht sich instinktiv diejenigen aus, die ihr guttun.

Auch die erste Liebe wird in diesem Buch thematisiert. Cece verliert auch hier ihr Herz an einen Jungen, den viele liebenswerte Eigenschaften prägen.


Fazit:

Bei „El Taubinio“ handelt es sich um eine autobiographische Graphic Novel. Der Autorin gelingt es, viele liebenswerte und interessante Figuren zu erfinden. Cece verliert im Alter von vier Jahren ihr Gehör und muss sich ab diesem Zeitpunkt an viele Veränderungen gewöhnen.

Kindgerecht erzählt die Autorin, wie diese Veränderungen auf Cece wirken. Cece findet neue Freunde, distanziert sich von Menschen, die ihr nicht guttun. Ihr gelingt es, aus ihrem Anderssein Lebenssubstanz zu gewinnen.

Dem Buch gelingt es, die benötigte Resilienz zu verdeutlichen, die es braucht, um schwierige Zeiten zu überstehen.
Das Werk ist durchaus geeignet, um sich vor allem über Gehörlosigkeit zu informieren und das auf eine inspirierende und herzerwärmende Art und Weise.

„El Taubinio“ ist einerseits kindgerecht geschrieben, wird aber auch bei erwachsenen Leser/innen gut ankommen. Unbedingte Leseempfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.06.2022

Ein spannendes Abenteuer, das zu begeistern weiß

City of Dragons (Band 1) - Der Sturm erwacht
0

Inhalt:

Auf dem Nachhauseweg wird Grace von einer Gruppe Jugendlicher abgefangen. Sie ziehen sie mit dem Wort Mischling auf und lästern über ihre Eltern. Zu Hause ist Grace verwirrt und berichtet ihrem ...

Inhalt:

Auf dem Nachhauseweg wird Grace von einer Gruppe Jugendlicher abgefangen. Sie ziehen sie mit dem Wort Mischling auf und lästern über ihre Eltern. Zu Hause ist Grace verwirrt und berichtet ihrem Vater von dem Vorfall. Dieser tröstet seine Tochter mit einer Geschichte aus lang vergangener Zeit.

Er berichtet vom Gelben Kaiser, dem Vater des chinesischen Volkes, der in der Lage war, sich in einen Drachen zu verwandeln. Als ein Krieg ausbrach, mischte der Kaiser sein Blut mit dem seiner tapfersten Krieger. Das Ergebnis waren Menschen, die von ihrem Umfeld als Mischlinge bezeichnet wurden. Doch diese Mischblüter waren stärker als Drachen, ja sogar stärker als Götter. Sie besaßen den Mut der Unsterblichen. Hinzu kam großes Mitgefühl.

Diese Geschichte beruhigt Grace. Der Alltag holt sie bald wieder ein. Doch der starke Husten, der ihren Vater tagtäglich begleitet, eskaliert. Irgendwann bricht er zusammen. Es wird Krebs diagnostiziert. Als ihr Vater dann stirbt, ist das Mädchen am Boden zerstört.

Die Mutter findet einen neuen Mann. Hank arbeitet in einem erfolgreichen Unternehmen, das sich mit der Erforschung von Krankheiten wie Krebs und der Verlängerung der Lebenszeit von Menschen beschäftigt. Hank wird von seiner Arbeit stark vereinnahmt. Daher ziehen Grace und ihre Mutter zu ihm nach Hongkong. Grace geht auf eine neue Schule und lernt dort neue Freunde kennen.

Einer von ihnen, Ramesh, stiftet sie an, während eines Schulausflugs abzuhauen und auf den nahen Markt zu gehen. Grace ist unwohl dabei, macht jedoch mit und wird dort schnell von einer Handleserin vereinnahmt, die bald schon schnell und in einer fremden Sprache auf sie einredet. Ein Marktarbeiter übersetzt, dass die Handleserin kein Geld möchte. Stattdessen hat sie ein Geschenk für Grace: Ein riesiges blaues Ei.

Ab da an beginnt für Grace ein großes Abenteuer. Denn am nächsten Morgen ist das Ei vom Nachttisch verschwunden. Überall liegen Eierschalen, deren Spur ins nahegelegene Bad führt. Und plötzlich tritt das Fantastische in ihre Welt. Denn in der Toilette schwimmt nichts anderes als ein kleiner Babydrache ...


Meinung:

Von dem Zeitpunkt an, an dem Grace das kleine Drachenbaby in der Toilette entdeckt, beginnt der fantastische Teil dieser Geschichte. Grace erinnert sich an die Erzählungen ihres Vaters, der einst vom großen Krieg zwischen dem Gelben Kaiser und seinem General Daijiang erzählte. Drachen waren für Grace bis vor Kurzem nur eine Legende gewesen. Doch das, was sie dort mit großen Augen aus dem Abflussrohr anschaut, sieht nicht wirklich wie eine einfache Echse aus.

Die ersten Probleme stellen sich jedoch gleich nach dem anfänglichen Begeisterungsschub ein. Denn ihrer Mutter und ihrem Stiefvater möchte Grace ihre neue Entdeckung nicht zeigen und somit versteckt sie das Drachenbaby, dem sie den Namen Nate gibt, in ihrem Schulrucksack; gemeinsam mit der kuscheligen Decke von Oma. In der Schule kommen ihr drei Mitschüler auf die Spur. Grace bleibt keine andere Wahl, als diese in ihr Geheimnis einzuweihen.

Es handelt sich um Ramesh, James und Jing. Drei Jugendliche, die durch das gemeinsam gehütete Geheimnis schon bald zu einem Team zusammenwachsen und sodann in ein riesiges Abenteuer starten, das mit der Erforschung der Geschichte von Nate beginnt. Schließlich möchte so ein Drachenbaby auch gefüttert werden und überraschenderweise macht es auch noch einen riesigen Wachstumsschub über Nacht. Grace wird Nate nicht auf Dauer in ihrem Rucksack verstecken können.

Bald schon artet die Forschung der Jugendlichen in einer wilden Verfolgungsjagd aus. Irgendwer möchte Nate stehlen. Doch wieso? Und warum weiß diese dritte Partei überhaupt von dem Drachen? Wo ist die alte Frau vom Markt hin? Nach und nach decken die Vier Geheimnisse auf und geraten in gefahrvolle Situationen. Die Bilder sind hübsch und niedlich, verständlich und spannend.

Jaimal Yogis hat mit seinem Ermittlerteam dramaturgisches Geschick gezeigt. Die verschiedenen Charaktere ergeben eine höchst unterhaltsame Mischung.

So findet Grace Unterstützung durch den technikbegeisterten Ramesh, der zum Beispiel ein zweites Smartphone mit automatischem Selbstauslöser in seine Schuhsohle integriert hat. Oder einen Minispielzeugflieger mit eingebauter Kamera entwarf. Dann gibt es noch Jing, die Ramesh hinter ihrem Rücken als „die Schönheitskönigin“ bezeichnet und die einige gute Kampfkunsttricks beherrscht. Last but not least James, „der Streber“, der zwar als Waisenkind aufgewachsen ist, dies aber bei einer liebenswerten Familie in Australien. Australien bietet, so James, herausragenden Schülern mit Interesse an internationalen Beziehungen jedes Jahr die Möglichkeit eine Schule außerhalb des Landes zu besuchen. Und somit kam James nach Hongkong. Und hier bereichert er das Team rund um Grace mit seinem großen Wissen.

Die Freundschaft der Vier entwickelt sich schnell zu einem festen Bündnis. Abends sitzen Grace, James, Jing und Ramesh gemeinsam in Grace Schlafzimmer und beraten gemeinsam, wie ihr Abenteuer weitergehen soll. In Krisensituationen können sie sich aufeinander verlassen.


Fazit:

Jaimal Yogis legt mit „City of Dragons – Der Sturm erwacht“ eine Graphic Novel, die das Fantastische als Einkleidung nutzt, vor. Dabei kommen Spannung und Humor nicht zu kurz, sodass sich das Buch unglaublich kurzweilig liest. Die verspielten Zeichnungen und das Bildgeschehen ziehen die Leser durch die Seiten.

Auch das Setting ist gekonnt gewählt: Hongkong. Die detailreichen und farbenfrohen Schilderungen transportieren Lokalkolorit, das authentisch wirkt. Selbstverständlich gilt dies nicht für die Geschichte, die darin angesiedelt ist. Und das ist auch gut so, denn gelungene Fantasy gibt sich - wie hier - unendliche Mühe in den Details.

Ich empfehle das Buch daher an Drachen- und Fantasyliebhaber, die auf der Suche nach einem großen Abenteuer sind.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.06.2022

Ein grandioses Finale

Obsidio. Die Illuminae Akten_03
0


Achtung! Es handelt sich um eine Rezension zum dritten Band einer Reihe. Daher kann dieser Beitrag ggf. spoilern.

Inhalt:


Kady, Ezra und ihren Freunden gelingt nach der Zerstörung der Station Heimdall ...


Achtung! Es handelt sich um eine Rezension zum dritten Band einer Reihe. Daher kann dieser Beitrag ggf. spoilern.

Inhalt:


Kady, Ezra und ihren Freunden gelingt nach der Zerstörung der Station Heimdall die Flucht auf drei Schiffen (das WUC-Forschungsschiff Hypatia, den Frachter Mao und das Suttle Betty Boop). Zur Konsolidierung der Lage entschließen sich die Führungskräfte zu einem gemeinsamen Gespräch auf der Mao.

Da die Hypatia beim Angriff auf Kerenza IV schwer beschädigt wurde, liegt es nahe, dass die Weiterreise mit der Mao erfolgen soll. Doch viel Zeit um sich auszuruhen bleibt nicht. Denn kaum ist der Plan gefasst, nach Kerenza zu reisen, stellen sich bereits neue Probleme ein. Denn die Mao ist für höchstens 1.000 Passagiere konzipiert wurden. 3.400 Personen jedoch verbrauchen eindeutig zu viel Ressourcen und darüber hinaus auch eine Menge Sauerstoff.

Auf Kerenza hat man derweil ganz andere Probleme. Auf der Forschungsstation hat man allerhand zu tun, um die mobile Sprungplattform Magellan wieder einsatzbereit zu machen. Hierfür wird unter anderem Hermium benötigt. Um dessen Beschaffung zu befördern, haben Soldaten von BeiTech Familien der Minenarbeiter als Geisel genommen. Doch Gewalt erzeugt oft Gegengewalt und darauf folgt nie Gutes. Kerenzas Bewohner sabotieren das weitere Vorgehen daher so gut es geht.
Die Krise auf Kerenza spitzt sich also weiter zu, und man muss von Krieg sprechen.

Inmitten dieses Chaos lebt die Cousine von Kady, Asha, die sich der Widerstandsbewegung angeschlossen hat und alles versucht, um einen kleinen Schützling durch die heikle Lage zu bringen. Videoaufzeichnungen an die verstorben geglaubte Cousine halten sie aufrecht.

Als ihre verflossene große Liebe, Rhys Lindstrom, ausgerechnet auf Seiten von BeiTech wieder auftaucht, dreht sich ihre Welt zunächst weniger um eben diese, als um die Zweifelhaftigkeit und Fragilität großer Gefühle.



Meinung:


Wenn Jay Kristoff und Amie Kaufman ein Buch zusammen schreiben, dann ist das wohl der Goldstandard für Publikationen dieser Art.

Das Autorenduo steht für Spannung, einen gut durchdachten Plot, viele überraschende Wendungen, gewürzt mit einer feinen Note Humor. Kurzum: Verdammt gute Literatur, die man einfach nicht aus der Hand legen kann.

Fans der Reihe wissen vermutlich, dass die Übersetzung des finalen Bandes ins Deutsche lange in der Schwebe stand. Umso erfreuter waren vermutlich viele, dass Obsidio nun ab Mai 2022 doch noch auf dem deutschen Markt verkauft wird. Man ist allerdings sofort wieder drin im Geschehen. So dass die Zwangslesepause schnell wieder vergessen war.

Auch in dem finalen Band wird die Handlung mit einem rasanten Tempo vorangetrieben, allerdings ohne zu hetzen. Getragen wird das Geschehen von drei verschiedenen Fraktionen. So verfolgt der Leser zum einen die Geschehnisse aus Sicht von Kady und ihren Freunden, die sich nicht nur um ihre Verwundeten und Kranken kümmern müssen, sondern auch schon bald vor der Herausforderung eines großen Versorgungsproblems stehen.

Fans der künstlichen Intelligenz AIDAN, die immer wieder behauptet, Humor nicht zu kennen, dafür aber doch relativ häufig mit recht zynischen Sprüchen aufwartet, werden in diesem finalen Band voll auf ihre Kosten kommen. Soviel sei an dieser Stelle schon versprochen. AIDAN kommt gerade zu Anfang dieses Bandes höchst emotional daher. Ja, er hat sich sogar, soviel kann hier wohl angeteasert werden, verliebt. Doch leider hat auch die KI in diesem Band so ihre eigenen Probleme. Denn sein System leidet unter den vielen Kopien seiner selbst, die für den Transport von einem Schiff auf das nächste nötig waren und muss sich auch bald der Frage stellen, ob das Empfinden von Emotionen vielleicht doch eher hinderlich ist.

Der Band zentriert die Geschehnisse auf Kerenza. Die Bewohner leben auf einer besetzten Station und bangen jeden Tag um das eigene Überleben und das ihrer Angehörigen. Unter ihnen befindet sich Asha, die Cousine von Kady. Die Widerstandsbewegung bereichert das Figurenensemble ungemein und gibt der Geschichte Tiefe und Format.

Das Autorenduo schöpft sein Potential voll aus und entfaltet sein ganzes Spektrum von Möglichkeiten: Ebenso temporeich wie die Wechsel von Zeitebenen und Orten erfolgen auch die Perspektivenwechsel. Neu eingeführt wird hier die Perspektive eines BeiTech Offiziers. Rhys Lindstrom wird von seinen Kollegen als junger Schönling nicht wirklich ernst genommen. Er bekommt kurz nach seinem Arbeitsbeginn sogar eine „Aufpasserin“ an die Seite gestellt, die ihn bei der Instandsetzung der Systeme der Kolonie im Auge behalten soll. Nun, es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Lindstrom nicht immer die klügsten Entscheidungen trifft ...



Fazit:


Der finale Band der Illuminae Akten „Obsidio“ hat lange auf die Übersetzung ins Deutsche warten müssen. Das Warten hat sich gelohnt. Der Band kann als weiterer Meilenstein angesehen werden. Packend, aber immer mit der genial komischen Süffisanz und dem Spaß an der Eskalation, die schon den Vorbänden zu eigen war.

Auch der dritte Teil der Reihe kommt wieder wie ein Kinofilm in Buchformat daher. Die Geschichte wird in Form von Videoaufzeichnungen, Tonspuren, Email-Verkehr, Chatauszügen und Datenprotokollen erzählt und mit Zeichnungen wie Lageplänen und Bildern der Pinnwand der Minenarbeiter auf Kerenza illustriert. Hinzu kommen in diesem finalen Band auch noch wunderschöne und bewegende Zeichnungen von Marie Lu.

Unglaublich innovativ und, das verspreche ich, ungemein elektrisierend.

Das Buch, wie eigentlich die ganze Reihe, ist ein Must-Read, das in wirklich keinem Buchregal fehlen sollte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.05.2022

Es ist okay unperfekt zu sein

Ich bin F*cking ICH!
0

Inhalt:

Viele werden ihre Pubertät verdrängt haben. Viele werden sie geflissentlich vergessen haben. Durchleben mussten wir sie alle. Für die allermeisten von uns eine Zeit, die wir nicht schnell genug ...

Inhalt:

Viele werden ihre Pubertät verdrängt haben. Viele werden sie geflissentlich vergessen haben. Durchleben mussten wir sie alle. Für die allermeisten von uns eine Zeit, die wir nicht schnell genug hinter uns lassen konnten.

Es ist diese Phase im Leben, in der man Unsicherheit verspürt. Und dann gibt es noch die Gefühle, die manchmal so stark sind, dass man gar nicht weiß, wie man damit klarkommen soll.

Wer kennt das nicht?! Diese Verliebtheit, bei der man das Gefühl hat, dass jedes Wort das falsche gewesen sein könnte. Die Eltern kommen mit Ratschlägen um die Ecke, die sie selbst nicht befolgen. Manchmal möchte man einfach seine Ruhe haben und bekommt dann aber doch Panik, wenn sich genau an diesem Abend kein Freund bei einem meldet. Mögen mich die anderen vielleicht nicht mehr?

Anhand von kurzen, aussagekräftigen Comic-Stripes beschreibt die Autorin Stine Stregen mit Hilfe ihrer Protagonstin die Höhen und Tiefen der Pubertät. 


Meinung:

Das Leben liefert einem täglich neue Herausforderungen. Das wissen wir wohl alle nur zu genau. In „Ich bin Fcking ICH!“ begleiten wir die namlose Comicfigur von Stine Stregen durch einige Abschnitte ihres Teenagerlebens.

Kreative und humorvolle Zeichnungen spiegeln das Gefühlschaos des Mädchens wieder. Gerade in der Pubertät ist man noch auf der Suche nach sich selbst. Pubertät bedeutet Chaos: Chaos im Körper, Chaos in den Gedanken, Chaos im der Welt. All das kann verwirrend und zugleich auch überfordernd wirken.

Einerseits will man dazugehören, andererseits möchte man aber auch auf seine eigenen Gefühle hören. Und Emotionen bewegen bekanntlich Gemüter und individualisieren von der Gruppe.

So gibt es in dem Buch viele kleine Kurzgeschichten, die das Leben einer Teenagerin widerspiegeln. Geschichten, in denen sich vermutlich jeder von uns auf die ein oder andere Art wiedererkennen wird.

Socialmediadruck, Probleme mit Eltern und Geschwistern, der erste Freund. Cool und angesagt sein. All diese Themen greift Stine Stregen in ihren Comic-Stripes auf. Diese Gefühle, diese Fragen gehören zum jungen Leben dazu. Sie werden einen aber auch im Alter nicht loslassen. Und es gibt auch keine Universallösung für die Unbill des Lebens. Manchmal hilft es einem aber zu wissen, dass andere Menschen ganz genauso fühlen wie man selbst. Dass jeder Unsicherheiten verspürt und dass Gefühlsschwankungen einfach dazugehören.

Stine Stregen zeigt mit einem Augenzwinkern, dass es völlig okay ist, Gefühle zuzulassen. Dass man nicht immer funktionieren muss, nicht auf alles eine Antwort haben kann.


Fazit:

Die Suche nach Orientierung, nach dem Verstehen der Wirklichkeit; der Wunsch nach Selbstwirksamkeit, nach Selbsterprobung und Bewusstseinserweiterung. Diese Themen begleiten einen nicht nur durch die Pubertät, sondern auch darüber hinaus. Mit humorvollen Zeichnungen und kurzen Ausschnitten aus dem Leben ihrer Comicfigur zeigt die Autorin Stine Stregen, dass das Leben voller Widersprüche ist (und schon immer war), mit denen man klarkommen muss.

Im besten Fall ist das Werk ein Ratgeber, der sich gegen den Strich lesen lässt, indem die Leser sich versprechen, autark im Einklang mit sich selbst zu leben. Dabei können andere einem bestenfalls Orientierungshilfe an die Hand geben. Die zentrale Botschaft des Buches lautet: Es ist völlig okay unperfekt zu sein.

„Ich bin F
cking ICH!“ ist nicht nur ein Trostspender in „Krisenmomenten“, sondern auch ein gutes Geschenk für diejenigen, die denken, dass man im Leben Perfektion anstreben muss oder Angst davor haben, nie zu genügen.


Buchzitate:

Warum gilt es eigentlich als Faulheit, wenn man Zeit braucht, die eigenen Gefühle in sich aufzunehmen und zu verstehen?

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 19.04.2022

Ein magisches Abenteuer am Meer

Ruby Fairygale und die Insel der Magie (Erstlese-Reihe, Band 1)
0

Inhalt:


Endlich ist es soweit: Das Klingeln der Schulglocke kündigt den Anfang der Sommerferien an. Zur Feier des Tages planen die Kinder eine große Sommerparty am Südstrand.

Als Ruby von ihren Mitschüler/innen ...

Inhalt:


Endlich ist es soweit: Das Klingeln der Schulglocke kündigt den Anfang der Sommerferien an. Zur Feier des Tages planen die Kinder eine große Sommerparty am Südstrand.

Als Ruby von ihren Mitschüler/innen gefragt wird, ob sie auch kommen möchte, wirkt sie geknickt. Sie muss absagen. Denn auch heute Abend möchte sie wieder mit ihrer Oma in genau die entgegengesetzte Richtung, den Nordstrand, gehen. Doch das darf keiner wissen.

Rubys Oma ist Tierärztin und kümmert sich um die verletzten Tiere auf Patch Island. Darüber hinaus teilen sich Ruby und ihre Grandma ein Geheimnis. Denn am Nordstrand gibt es eine kleine Holzhütte. Hier pflegen beide heimlich magische Wesen. Hier gibt es Kobolde, Feen und vieles mehr.

An diesem Abend, am ersten Tag der Sommerferien, entdecken Ruby und ihre Oma das erste Mal Seehunde an den Klippen, während sie den wunderschönen Sonnenuntergang beobachten. Doch dann ertönt ein Feuerwerk. Das muss von der Sommerparty kommen. Das ist gar nicht gut. Denn die Seehunde könnten Angst bekommen und ihre Babys verlassen.

Ruby muss etwas unternehmen und ihre Mitschüler zur Rede stellen. Doch das ist gar nicht so leicht. Das Timing könnte nicht schlechter sein. Denn Bris Eltern sind Fischer und an dem Tag, als Ruby Bri, die Multiplikatorin der Gruppe, zur Rede stellen möchte, hat diese ganz andere Sorgen. Ein großes Loch im Fangnetz der Familie absorbiert ihre Aufmerksamkeit ganz.

Als Bris Eltern feststellen, dass sie ohne das Netz kein Einkommen haben werden und sich ein Leben auf der Insel wohl nicht mehr lange leisten können werden, ist guter Rat teuer. Bri macht die Seehunde für die Tat verantwortlich. Sie plant eine Lösung zu finden. Sie möchte die Robben vertreiben.

Ruby ist geschockt. Das kann Bri doch nicht ernst meinen! Sie muss etwas unternehmen und Bri irgendwie von ihren Plänen abbringen.



Meinung:


Kira Gembri hat mit Ruby Fairygale bereits eine erfolgreiche Kinderbuchreihe aufgebaut. Gemeinsam mit Marlene Jablonski hat sie nun mit „Ruby Fairygale und die Insel der Magie“ das erste Abenteuer von Ruby als Auftakt einer Erstlesereihe veröffentlicht.

Für mich war es meine erste Geschichte aus dem „Ruby-Universum“ und ich war, soviel kann ich vorweg verraten, verzaubert. Das Buch ist durchzogen von wunderschönen Farbillustrationen von Verena Körting, die im Stil der Abbildung auf dem Cover ähneln.

Ruby lebt, gemeinsam mit ihrer Oma, auf der Insel Patch Island. Hier herrscht oft ein raues Wetter. Dem Autorenduo und der Illustratorin gelingt es, das Setting sehr gut zu spiegeln. Neben windigen und regnerischen Tagen erlebt man hier aber auch wunderschöne Sonnenuntergänge, sandige Strände und das absolute Inselfeeling. Ein idealer Ort für Eskapismus, den Wunsch, dem Alltag zu entfliehen.

Da Ruby in ihrer Freizeit alles tut, um ihrer Oma unter die Arme zu greifen, und diese ein großes Geheimnis miteinander teilen, nämlich das, dass es auf der Insel einige magische Tiere gibt, muss sie sich gezwungenermaßen öfters von den anderen Kindern der Insel distanzieren. Da auf Patch Island nur wenige Kinder leben, gilt sie also auch schnell als Außenseiterin.

Schnell merkt man als Leser, wer auf Patch Island unter den Kindern das Sagen hat. Und das ist Bri. Ein Mädchen, das gerne den Ton angibt und es Ruby mit ihrer fordernden und direkten Art bald schwer macht. Das führt dazu, dass sich Ruby in der Gruppe oft etwas verloren und einsam fühlt. Erst, wenn sie sich heimlich an den Nordstrand begibt und mit ihrer Grandma den kleinen Schuppen betritt, in dem die Pflegestation für die magischen Tiere untergebracht ist, taut das Mädchen auf. Sie ruft: „Es werde Licht!“ und schon erfüllt sich dieser Wunsch wie von Geisterhand. Und dort sind sie: Die frechen Kobolde, die flinken Feen und bald schon ein weiterer geheimnisvoller neuer Gast …

Das Buch ist ein Tor zu einer Welt voller Magie, Spannung und Abenteuer.



Fazit:


„Ruby Fairygale und die Insel der Magie“ ist der Auftakt der neuen Erstlesereihe von Kira Gembri und Marlene Jablonski. Die Geschichte ist spannend, ungewöhnlich und, was ihre Fortsetzung betrifft, vielversprechend. Ein besonderes Lob geht an Verena Körting, die das Buch mit genau zum Ort und der Stimmung passenden Illustrationen versah.

Das Werk leistet insgesamt einem wertvollen Beitrag zum verschiedenen Themen: Friedliche Koexistenz, Umweltschutz, Freundschaft und das Einstehen für Ziele.

Das Buch bietet obendrauf noch perfekt choreographierte Spannung, was es zu einer aufregenden Lektüre macht, die man am liebsten in einem Stück (vor-)lesen möchte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere