Profilbild von Estrelas

Estrelas

Lesejury Star
online

Estrelas ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Estrelas über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.03.2021

Von Bäumen und Menschen

Trees 1
0

Zehn Jahre vor Beginn der Handlung landeten Objekte überall auf der Erde. Die Menschen nennen sie „Bäume“, denn sie tun nichts, als herumzustehen. Und doch beeinflussen sie das Leben auf der Erde. „Die ...

Zehn Jahre vor Beginn der Handlung landeten Objekte überall auf der Erde. Die Menschen nennen sie „Bäume“, denn sie tun nichts, als herumzustehen. Und doch beeinflussen sie das Leben auf der Erde. „Die Bäume wirken sich auf alles aus. Auf unser Verhalten. Den Lauf des Geldes. Die Dinge, an die wir glauben.“
Die Machart dieser Graphic Novel hat mir gut gefallen. Der Zeichenstil ist realistisch, die Kolorierung beschränkt sich pro Seite auf bestimmte Farben. Mit kleinen Landkarten zu Beginn eines Kapitels navigieren wir von einem Land zum anderen und verfolgen den Alltag der dort lebenden Figuren.
Es beschäftigen sie vielfältige menschliche Themen, von der Entdeckung der Sexualität bis zum Leben mit der Mafia. Der erwartete Kontakt mit außerirdischem Leben bleibt jedoch gänzlich aus oder spielt sich nur in den Köpfen der Menschen ab.
Mir blieben die Einzelschicksale zu diffus, um in Erinnerung zu bleiben, und der reizvolle Science-Fiction-Aspekt zu wenig ausgeprägt, um meinem Wunsch nach einer ausgefallenen Handlung gerecht zu werden. Da bleibt Luft nach oben für die weiteren sieben Teile der Reihe.

Veröffentlicht am 27.02.2021

Der Anfang Vom Ende

DAVE - Österreichischer Buchpreis 2021
0

Der Programmierer Syz lebt unter einer Kuppel, die Lebensraum und Arbeitsort vieler Menschen ist, geschützt vor der Außenwelt. Er erhält bei der Entwicklung der künstlichen Intelligenz DAVE eine besondere ...

Der Programmierer Syz lebt unter einer Kuppel, die Lebensraum und Arbeitsort vieler Menschen ist, geschützt vor der Außenwelt. Er erhält bei der Entwicklung der künstlichen Intelligenz DAVE eine besondere Aufgabe, die die Zukunft aller verändern könnte.
„Um Mensch zu werden, müssen wir den Menschen abschaffen, liebe Kinder. Jetzt DAVE, jetzt DAVE, jetzt DAVE!“ - Das wäre ein Szenario, auf das das ganze Streben abzielen könnte. Aber so einfach ist es dann doch nicht.
Raphaela Edelbauer war zuvor für diverse Buchpreise nominiert, und so darf man auch von diesem Roman einen gewissen Anspruch erwarten. Sie kombiniert philosophische Fragen mit Programmiermethoden und hängt den Leser damit vielleicht zwischendurch mal kurz ab; sie schafft es aber, mit dem Entwurf verschiedener Theorien derart in den Bann zu ziehen, wie es dem Science-Fiction-Thema absolut gerecht wird.
Ich bin atemlos vor Begeisterung über diesen tollkühnen Ritt und hatte nach dem Zuklappen das Bedürfnis, das Buch direkt noch einmal von vorn zu beginnen.

Veröffentlicht am 21.02.2021

Hannahs Erbe

Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid
0

Hannah hadert mit ihrem Leben und scheint dessen Werte erst zu begreifen, als sie in die Geschichte ihrer Familie zwischen den zwanziger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eintaucht.
Ausgelöst ...

Hannah hadert mit ihrem Leben und scheint dessen Werte erst zu begreifen, als sie in die Geschichte ihrer Familie zwischen den zwanziger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eintaucht.
Ausgelöst wird dies durch das Schreiben von Anwälten, die die Familie bei der Wiederbeschaffung von Beutekunst unterstützen wollen. Darunter scheinbar auch ein Vermeer, dem der Roman seinen Titel verdankt. „Man weiß nicht sehr viel über Jan Vermeer, aber man weiß, was sein Lieblingsmotiv war: junge Frauen, die in schummrigem Licht vor Fenstern herumstehen.“
Romane um Familiengeheimnisse mit verschiedenen Zeitebenen gibt es zuhauf. Mir gefallen hier die kleinen Besonderheiten, die der Blick in den Kopf der Figuren preisgibt (der Professor, der denkt, seine Eltern würden seinen Vortrag nicht verstehen; die Frau, die beim Kartoffelnlegen jede einer Person zuordnet, als würde sie ein Kind löffelchenweise füttern). Sie haben ihre Ecken und Kanten und sind nicht auf Anhieb durchschaubar. Das verstärkt die Anziehungskraft des Buchs, das ich mit Freude gelesen habe.

Veröffentlicht am 15.02.2021

Intensive Vergangenheitsbewältigung

Bald sind wir wieder zu Hause
0

“Bald sind wir wieder zu Hause” erzählt in Form einer Graphic Novel die Schicksale von sechs Kindern, die durch den Holocaust aus ihrem Leben gerissen wurden.
Die Geschichten ähneln einander; meist geht ...

“Bald sind wir wieder zu Hause” erzählt in Form einer Graphic Novel die Schicksale von sechs Kindern, die durch den Holocaust aus ihrem Leben gerissen wurden.
Die Geschichten ähneln einander; meist geht es für die Familien in ein Lager, das außer den Protagonisten kaum ein Angehöriger überlebt. Sie müssen unglaubliche Entbehrungen und Unmenschlichkeit erfahren, obwohl sie doch nicht anders sind als ihre Klassenkameraden. Die Bilder und Geschehnisse gehen nahe, und ich konnte die Episoden deshalb nur stückchenweise lesen. Aber lesen sollte man sie unbedingt!
Das Buch richtet sich an Jugendliche und vermittelt neben diesem düsteren Abschnitt europäischer Geschichte hoffentlich auch das Verständnis dafür, warum Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft keinen Platz haben darf.

Veröffentlicht am 07.02.2021

Thüringer Spielzeug

Wo wir Kinder waren
0

“Wo wir Kinder waren” ist zugleich die Geschichte der Familie Langbein als auch die der Thüringer Spielzeugproduktion, die einst einen weltweiten Ruf hatte.
Von 1910 an bis in die heutige Zeit begleiten ...

“Wo wir Kinder waren” ist zugleich die Geschichte der Familie Langbein als auch die der Thüringer Spielzeugproduktion, die einst einen weltweiten Ruf hatte.
Von 1910 an bis in die heutige Zeit begleiten wir über vier Generationen die Familie, für die sich das Leben immer in erster Linie um ihre Fabrik drehte. Selbst die Kinder waren davon nicht ausgenommen. „Die aufregendste Tätigkeit, die sie jemals ausgeübt hatte, war die einer Spielzeugtesterin gewesen. Ihre Karriere begann, als sie fünf Jahre alt war, und endete mit ungefähr dreizehn.“
Sorgen bereiteten dem Familienunternehmen unter anderem die Weltkriege oder die Umwandlung in einen Volkseigenen Betrieb der DDR. Daneben gibt es die ganz normale Interaktion zwischen Eltern und Kindern, Kontakte zwischen Ost und West oder Erbstreitigkeiten.
Es ist diesem Roman anzumerken, wie intensiv sich die Autorin mit der Geschichte Thüringens beschäftigt hat. Sie schafft eine authentische Atmosphäre und hat mir damit erneut eine vergnügliche Lesezeit beschert.