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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.04.2019

Psychospielchen

Vater unser
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Eva lässt sich in die Psychiatrie einliefern, weil sie ihren Bruder Bernhard retten will, der dort behandelt wird. Jener hat tatsächlich schwere psychische Probleme (er muss teilweise zwangsernährt werden, ...

Eva lässt sich in die Psychiatrie einliefern, weil sie ihren Bruder Bernhard retten will, der dort behandelt wird. Jener hat tatsächlich schwere psychische Probleme (er muss teilweise zwangsernährt werden, weil er nicht isst), während bei ihr immer die Ungewissheit bleibt, was wahr und was ausgedacht ist.
Die Protagonistin kommentiert ihre Lage stets mit einem ironischen Unterton. „Ich muss sagen, das ist gar nicht so schlecht: Den ganzen Tag in Gummizug-Hosen flanieren und zu den Fütterungszeiten im Aufenthaltsraum abhängen. Urlaub in Lignano ist auch nicht viel anders.“ Damit gelingen ihrer Sprachgeberin immer wieder Brüller, trotz der Traurigkeit, die die Stituation und die Vergangenheit der Geschwister eigentlich mit sich bringen.
Die Handlung gerät neben den pointierten Bemerkungen nahezu in den Hintergrund. Vielleicht habe ich mir etwas mehr Klarheit gewünscht und wurde wie die Romanfiguren von Eva an der Nase herumgeführt. Aber sprachlich war das Buch wirklich außergewöhnlich und die Lektüre wert.

Veröffentlicht am 23.04.2019

Französische Küche

Versuchung à la Provence
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In einem kleinen Ort im Süden Frankreichs befasst sich der Dorfgendarm Pascal Chevrier mit dem Fall von abgetrennten Fingern, die Köche in der Umgebung erhalten haben. Für seine Ermittlungen begibt er ...

In einem kleinen Ort im Süden Frankreichs befasst sich der Dorfgendarm Pascal Chevrier mit dem Fall von abgetrennten Fingern, die Köche in der Umgebung erhalten haben. Für seine Ermittlungen begibt er sich in die Kreise einer Gourmet-Bruderschaft mit altertümlichen Werten.
Bereits zum zweiten Mal können wir den Protagonisten bei seiner Polizeiarbeit und im Privatleben begleiten und feststellen, dass die Provence nicht nur eine schöne Landschaft, sondern auch ein paar Verbrechen bietet, die es aufzuklären gilt.
Der Autor spart dabei nicht an kuriosen Handlungsorten und Tötungsmethoden („Es waren zu viele Informationen, zu viele skurrile Geschichten, die es zu verarbeiten galt.“). Das Leben der Hauptfigur wurde weiterentwickelt; kulinarische und bibliophile Aspekte taten ihr Übriges zur Gestaltung des Geschehens. Ich kann diesen Roman also voll und ganz als unterhaltsame Lektüre empfehlen.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Freundlichkeit verschenken

Das Glück der kleinen Gesten
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Mit der Frage „Wie kann ich mit kleinen Gesten meinen Mitmenschen (und dadurch auch mir) Glück schenken?“ begeben sich die beiden Autorinnen in den Praxistest und lassen uns an ihren Erlebnissen teilhaben.
Zunächst ...

Mit der Frage „Wie kann ich mit kleinen Gesten meinen Mitmenschen (und dadurch auch mir) Glück schenken?“ begeben sich die beiden Autorinnen in den Praxistest und lassen uns an ihren Erlebnissen teilhaben.
Zunächst erörtern sie in der Theorie, was Glück ausmacht und wie die Regeln für die kleinen Gesten seinsollten. Schließlich ist mancheiner gar nicht gewöhnt, dass man ihm etwas Gutes will und könnte irritiert reagieren.
So verschenken die beiden Tagestickets für den Nahverkehr, die noch eine Restgültigkeit haben, sammeln Obst in Gärten von alten Damen auf oder verteilen Komplimente. Nichts davon ist schwierig umzusetzen, und zum Nachahmen wird ausdrücklich aufgerufen.
Sprachlich störte mich ein wenig, dass häufig englische Begriffe (wie „Random Acts of Kindness“) verwendet wurden, für die es durchaus eine deutsche Ausdrucksweise gegeben hätte. Wettgemacht wurde dies von der liebevollen Gestaltung (kleine Zeichnungen hier und da im Buch verteilt) und den vielen schönen Ideen, der Welt etwas Positives zurückzugeben.

Veröffentlicht am 07.04.2019

Familiäre Abgründe

ALLES WAS ICH DIR GEBEN WILL
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Der Schriftsteller Manuel stellt nach dem Tod seines Mannes Álvaro fest, dass dieser ein Doppelleben geführt hat. Eine Reise nach Galicien bringt die dunklen Details einer Familiengeschichte zutage.
Als ...

Der Schriftsteller Manuel stellt nach dem Tod seines Mannes Álvaro fest, dass dieser ein Doppelleben geführt hat. Eine Reise nach Galicien bringt die dunklen Details einer Familiengeschichte zutage.
Als Leser begleiten wir von Anfang an den Protagonisten und können uns gut in seine Verständnislosigkeit und Hilflosigkeit hineinversetzen. Und wir geraten in einen Sog und wollen mit ihm herausfinden, was es mit dieser geheimgehaltenen Parallelwelt auf sich hat.
Der Roman wartet mit vielen Facetten auf. In erster Linie ist er ein Krimi mit einer inoffiziellen Ermittlung in verschiedenen Todesfällen. Dann zeigt er uns die Verflechtungen einer Familie mit Macht und die Allüren ihrer Mitglieder. Das alles geschieht vor dem Hintergrund einer reizvollen Landschaft im Nordwesten Spaniens, deren Weinberge ein idyllisches Flair vermitteln.
Mir hat gut gefallen, wie die Figuren entwickelt wurden und wie die Autorin den Faden führte, der die unterschiedlichen Elemente vereinte. Das machte „Alles was ich dir geben will“ für mich zu einem Krimi mit dem gewissen Etwas.

Veröffentlicht am 31.03.2019

Sommer in Berlin

Sommer bei Gesomina
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Der 12-jährige Jona verbringt den Sommer bei seiner ehemaligen Kinderfrau Gesomina. Dabei lernt er neben ihrer Geschichte auch viele Bewohner ihres Berliner Viertels kennen.
Der Roman ist geprägt von den ...

Der 12-jährige Jona verbringt den Sommer bei seiner ehemaligen Kinderfrau Gesomina. Dabei lernt er neben ihrer Geschichte auch viele Bewohner ihres Berliner Viertels kennen.
Der Roman ist geprägt von den Sehnsüchten und Lebensentwürfen seiner Figuren, die unterschiedlicher nicht sein könnten und zahlreich auftreten. Damit folgt Beckerhoff einem bewährten Rezept, das mir bei seinem Buch „Herrn Haiduks Laden der Wünsche“ gut gefallen hatte.
Diesmal war es mir irgendwie zu viel des Guten, die ständige Wiederholung, dass ein bestimmtes Gebäck verzehrt wurde, zu viel Gewusel und dabei zu wenig Tiefe. Denn die eigentliche Geschichte der Protagonistin, die voller Entbehrungen und einer Flucht geprägt war, wurde eigentlich nur am Rande abgehandelt. Ich wollte dieses Buch mögen, doch irgendwie hat es mir nicht das gegeben, was ich erwartet hatte.