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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.04.2024

Vom Fliehen und Ankommen

Der Wind kennt meinen Namen
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Samuel gelangt mit einem Kindertransport von Wien nach England, damit er vor den Nazis sicher ist. 80 Jahre später wird Anita nach der Einwanderung aus El Salvador in die USA von ihrer Mutter getrennt. ...

Samuel gelangt mit einem Kindertransport von Wien nach England, damit er vor den Nazis sicher ist. 80 Jahre später wird Anita nach der Einwanderung aus El Salvador in die USA von ihrer Mutter getrennt. Beides Geschichten einer Flucht aus der Hoffnung heraus zu überleben.
„Der Wind kennt meinen Namen“ erzählt von den Entbehrungen, der Furcht und dem Neubeginn. Das Buch gibt schonungslose Einblicke in die Gräueltaten der Täter und beleuchtet den unermüdlichen Einsatz der Helfer, die sich mit den Zuständen nicht abfinden wollen. Die kindlichen Protagonisten stehen für die vielen Menschen, die ihre Heimat verlassen, weil sie dort keine sichere Zukunft haben.
Die Struktur des Romans habe ich als ungewöhnlich empfunden, da er lange Zeit erst einem, dann einem anderen Handlungsstrang folgt, ohne dass mir klar wurde, was beide miteinander zu tun haben könnten. Natürlich findet Isabel Allende einen Weg, sie zu verbinden und zu einem beeindruckenden Ende zu führen.
Auf dem Weg dorthin entwickelt sich ein Sog durch die klare Sprache, in der immer auch ein Funken Magie mitschwingt. „Wir sind nicht verloren. Der Wind kennt meinen Namen und deinen auch. Alle wissen, wo wir sind. Ich bin hier mit dir, ich weiß, wo du bist, und du weißt, wo ich bin.“ Ich bin jedenfalls unter den Allende-Fans zu finden und habe auch diesmal wieder einen ergreifenden Roman von der Autorin zu lesen bekommen.

Veröffentlicht am 21.04.2024

Interessant und inspirierend

Literatour
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Hermann Schmidt, seines Zeichens Vielleser, nimmt uns mit auf eine Litera-tour, eine Reise durch das Leben und die Werke von Autoren, die der Welt, noch lebend oder bereits tot, etwas Bleibendes hinterlassen ...

Hermann Schmidt, seines Zeichens Vielleser, nimmt uns mit auf eine Litera-tour, eine Reise durch das Leben und die Werke von Autoren, die der Welt, noch lebend oder bereits tot, etwas Bleibendes hinterlassen haben.
„Ob Lehrer wirklich wissen, wie viel Einfluss sie auf die Interessen und das Leben ihrer Schülerinnen und Schüler nehmen können?“ Die persönliche Note zeigt sich bereits in der Einteilung der Kapitel in Leseverführer, Meistererzähler, Zauberer der Poesie, Dichter für eine bessere Welt, Klassiker der Moderne, neue deutsche Klassiker, meine Lieblingserzähler der Gegenwart und literarische Genies, denen ganz subjektiv Autoren von „Wilhelm Busch, der ewige Junggeselle“ bis „Franz Kafka, der Größte“ zugeordnet werden.
Der Verlauf der Tour folgt einem bestimmten Muster: Die Persönlichkeit wird anhand einer kurzen Biografie vorgestellt, Schmidts Lieblingswerke werden in eine Reihenfolge gebracht und sein Favorit mit Textauszügen präsentiert, während weiterführende Texte und besuchenswerte Orte den Abschluss bilden.
Man mag dem Kanon eine gewisse Einseitigkeit vorwerfen (Nur sieben der fünfundfünfzig vorgestellten Schriftsteller sind Frauen, mehr als die Hälfte kommt aus dem deutschsprachigen Raum.), aber es handelt sich eben um den persönlichen Erfahrungsschatz und nicht um eine vorgebende Leseliste. Interessant und inspirierend sind die Porträts allemal. Das Buch ließ mich mehrfach aufhorchen und Werke vormerken, zu denen ich gerne einmal greifen würde.

Veröffentlicht am 20.04.2024

Stochern im Nebel

Der falsche Vogel
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Der Antiquitätenhändler Arthur hinterlässt nach seinem Tod seiner ehemaligen Schülerin und seiner Freundin einen rätselhaften Brief mit Hinweisen, denen sie folgen sollen, um diverse Geheimnisse aufzuklären. ...

Der Antiquitätenhändler Arthur hinterlässt nach seinem Tod seiner ehemaligen Schülerin und seiner Freundin einen rätselhaften Brief mit Hinweisen, denen sie folgen sollen, um diverse Geheimnisse aufzuklären. Gemeinsam begeben sich die beiden, das sind Freya und ihre Tante Carole, auf ein Anwesen, dessen antike Gegenstände begutachtet werden sollen, und damit in Gefahr, weil sie einer Verschwörung auf der Spur sind.
„As someone told me yesterday, we‘ve lost not only a dear friend but our very own Indiana Jones, with his antiques and antiquities from all over the world . . .“ Mit Anspielungen auf Miss Marple oder Indiana Jones werden wir gelockt, „The Antique Hunter‘s Guide to Murder“ zu lesen. Doch wird das Buch solchen bekannten Vorbildern tatsächlich gerecht?
In meinen Augen wurden da zu hohe Erwartungen geschürt. Wir erhalten zwar ein „Cosy Crime“, bei dem zwei unbedarfte Protagonistinnen im englischen Nebel stochern, aber das „Mystery“ wirkt doch sehr konstruiert. Von detektivischen Fähigkeiten oder Spannung war für mich wenig zu spüren; stattdessen ließen mich unglaubwürdige Details häufig die Stirn runzeln.
Auch wenn mir die Hauptfiguren nicht unsympathisch waren, habe ich geringes Interesse daran, die Fortsetzung zu lesen. Während die Lektüre eine leichte und schnelle war, wurde meine Hoffnung, durch eine atmosphärische Stimmung in den Fall hineingezogen zu werden, leider enttäuscht.

Veröffentlicht am 14.04.2024

Neue Gewohnheiten

111 Healthy Habits
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Der Ratgeber „111 Healthy Habits“ legt nahe, dass ein gesunderer Lebensstil durch das Ändern von kleinen Gewohnheiten möglich ist. Die Tipps sind in die Kategorien Lebensfreude und Zufriedenheit, Bewegung ...

Der Ratgeber „111 Healthy Habits“ legt nahe, dass ein gesunderer Lebensstil durch das Ändern von kleinen Gewohnheiten möglich ist. Die Tipps sind in die Kategorien Lebensfreude und Zufriedenheit, Bewegung und Aktivität, gesunde Ernährung, Entspannung und guter Schlaf, Ordnung und Planung sowie eine ausgewogene Work-Life-Balance eingeordnet.
Das Buch bringt einige Ärgernisse mit sich. Schon der Begriff „das healthy habit“, der ausgiebig im Text verwendet wird, fühlt sich für mich sperrig an. Zudem werden mitunter kurze Behauptungen in den Raum gestellt, die sich auf Studien beziehen, die nicht als Quelle angegeben werden, aus der sich ein Sachverhalt vollständig erschließen würde. Schlussendlich fällt auf, dass mehrfach etwas zuvor Genanntes als separater Tipp in neuem Gewand daherkommt (beispielsweise „Steige eine Station früher aus und bewege dich mehr“ gegenüber „Zähle deine Schritte und bewege dich viel“).
Gut gefallen hat mir die Struktur, die einen Überblick zu einer neuen Kategorie gewährleistet und Zwischenstopps mit Fragen zur Selbstreflexion anbietet. Auch wenn nicht jeder Tipp neu oder realistisch ist (z.B. feste Zeitpunkte zu setzen, um täglich eine gute Tat zu vollbringen), habe ich unter den Vorschlägen durchaus Inspiration gefunden. Einen nützlichen Abschluss bildet das letzte Kapitel, das darauf eingeht, wie neue Routinen etabliert werden können.

Veröffentlicht am 07.04.2024

Eine Gartenbiografie

Ein Garten offenbart sich
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Vom Selbstversorgen zum Müßiggang — die Autorin erzählt die Geschichte ihrer Familie anhand des Lebens mit einem Garten. Während dieser für ihre Urgroßeltern noch Lebensgrundlage war, hatte sie die freie ...

Vom Selbstversorgen zum Müßiggang — die Autorin erzählt die Geschichte ihrer Familie anhand des Lebens mit einem Garten. Während dieser für ihre Urgroßeltern noch Lebensgrundlage war, hatte sie die freie Wahl, sich ein Grundstück mit Garten zu suchen.
Während der Lektüre erfahren wir viel über den Wandel des Landlebens in Ostfriesland im Allgemeinen und den Eigenanbau im Besonderen. Dabei kommt die Großmutter auf Plattdeutsch zu Wort oder werden Ratschläge der Söhne eingebunden, die sich beruflich mit Pflanzen beschäftigen.
Auf gewisse Weise, da entgegen aktuell verbreitetem Empfinden, wendet die Verfasserin radikale Methoden an, indem sie den Garten stellenweise sich selbst überlässt, dann aber neben dem Verfall auch das Entstehen neuen Lebens beobachten kann.
„Ich blickte auf die gesammelten wilden Kräuter. Die Wiese hatte mir gerade gegeben. Ich hatte nichts dafür getan, hatte weder dafür bezahlen noch arbeiten müssen. Was ich mir genommen hatte, war einfach so da gewesen, unabhängig von mir. Die Wiese gibt mir. Schenkt mir. Ich muss bloß nehmen.“
Das Geschilderte wirkte nahbar und authentisch auf mich. Mir gefiel, welche Atmosphäre diese „Gartenbiografie“ vermittelte. Ich konnte die Begeisterung für die Natur beim Lesen spüren und mich von vielen kleinen Dingen inspirieren lassen.