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Veröffentlicht am 02.06.2025

Familienepos über Entwicklungsmöglichkeiten, Familienmuster und alte Rechnungen

Die Frauen von Cornwall
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Daphne Du Mauriers Debütroman, im englischsprachigen Original mit dem Titel "The loving spirit", wurde nun von Brigitte Heinrich neu ins Deutsche übersetzt und vom Insel Verlag herausgebracht, diesmal ...

Daphne Du Mauriers Debütroman, im englischsprachigen Original mit dem Titel "The loving spirit", wurde nun von Brigitte Heinrich neu ins Deutsche übersetzt und vom Insel Verlag herausgebracht, diesmal unter dem Titel "Die Frauen von Cornwall". Als großer Fan von "Rebecca", Daphne Du Mauriers bekanntestem Werk, zu dem es auch das gleichnamige Musical gibt, war ich sehr gespannt auf dieses Buch und habe mich auf eine vielschichtige Familiengeschichte mit einem Hauch Mystik gefreut.

Diese Erwartung hat das Buch auch durchaus erfüllt und ich habe es sehr gerne gelesen. Es ist ein umfangreiches Werk, für das man sich Zeit nehmen sollte: nicht nur ist es fast 500 Seiten lang, sondern es ist auch auf eine Art und Weise geschrieben, die mich dazu eingeladen hat, länger bei manchen Kapiteln zu verweilen und so habe ich für die Lektüre dieses Buches deutlich länger gebraucht als sonst für ein Werk in diesem Umfang. Das heißt aber nicht, dass es langweilig zu lesen gewesen wäre - das war es überwiegend nicht und ich bin gerne den Geschichten der verschiedenen Familienmitglieder gefolgt.

Das Buch ist in vier große Teile geteilt, die jeweils ein Familienmitglied der Familie Coombe in den Mittelpunkt stellen: es beginnt mit Janet Coombe, geht weiter mit deren Sohn Joseph Coombe, danach folgt dessen Sohn Christopher Coombe und schließlich dessen Tochter Jennifer Coombe. Damit wird insgesamt eine Zeitspanne von 1830 (Beginn Janet) bis 1930 (Ende Jennifer) abgedeckt und somit genau ein Jahrhundert.

Janet ist ein Freigeist und träumt davon, zur See zu fahren, doch im frühen 19. Jahrhundert ist das für eine Frau undenkbar, und so verbringt sie ihr Leben damit, sich nach einem freieren Leben zu sehnen und sich zu wünschen, sie wäre ein Mann und könnte so leben, wie sie sich das wünscht, auch wenn ein Teil von ihr sich durchaus auch nach einer Liebesbeziehung sehnt.

Dieses Zitat zeigt ihre innere Zerrissenheit zu diesem Thema: "Janet war immer noch auf dem Hügel und blickte aufs Meer, und es hatte den Anschein, als gebe es zwei Seiten ihr; eine, die Ehefrau eines Mannes sein, ihn umsorgen und zärtlich lieben wollte, und eine andere, die sich einzig und allein danach sehnte, Teil eines Schiffs zu sein, Teil des Meeres und des Himmels, mit dem frohen, freien Leben einer Möwe." (S. 18)

Janet heiratet schlussendlich und bringt sechs Kinder zur Welt, eines davon ihr Sohn Joseph, dem sie sich am nächsten verbunden fühlt, in dem sie sich wiedererkennt und der ihre Sehnsucht nach dem Meer mit ihr teilt und schließlich Kapitän wird, auf dem nach ihr benannten Schiff "Janet Coombe", das in der familieneigenen Werft gebaut wurde.

Joseph verbringt sein Leben auf See, doch auch er ist ein unruhiger Geist und die berufliche Erfüllung macht ihn nicht glücklich, er wird sich zeitlebens nach der engen Verbindung mit seiner Mutter zurücksehnen und sich trotz vieler Affären und mehrerer Ehen auf keine Frau wirklich einlassen können. Dennoch hofft er, dass sein Sohn Christopher seinen Weg als Seemann fortsetzt.

Doch Christopher fühlt sich am Meer gar nicht wohl und zu einem anderen Leben berufen. Lange hadert er mit dem Erwartungsdruck seines Vaters, versucht, diesen zu erfüllen, scheitert daran und bricht aus diesem vorgeplanten Leben aus und flieht nach London. Doch dafür zahlt er einen hohen Preis: es kommt zum Bruch mit dem Vater.

Jennifer wiederum, Christophers jüngstes Kind und einzige Tochter, liebt ihren Vater auch sehr, wird ihn aber leider nur kurz in ihrem Leben haben. Sie wächst als kleines Kind teilweise in der alten Familiengegend im Cornwall auf, wird sich ihre ganze Jugend, die sie dann in London verbringen muss, danach zurücksehnen, und schließlich zurückkehren, um ihre Seelenruhe zu finden, aber auch, um eine alte familiäre Rechnung zu begleichen.

Die Figuren sind liebevoll und tiefgründig gezeichnet und ich habe insbesondere deren Entwicklung über das Jahrhundert sehr spannend gefunden: alle sehnen sie sich auf ihre Art nach Freiheit und Selbstverwirklichung, eigentlich ein sehr modernes Thema. Und alle haben sie ihre Begrenzungen darin, wie sie damit umgehen und was für sie im Leben möglich ist, welche Hoffnungen und Träume sich erfüllen und welche enttäuscht bleiben... doch insgesamt ist über die vier Figuren eine Entwicklung hin zur Moderne und hin zu freieren, selbstbestimmteren Menschen sichtbar. Das zeigt sich am allerstärksten im Vergleich von Jennifer mit ihrer Urgroßmutter Janet.

Das Buch ist somit nicht nur ein lesenswerter Klassiker, sondern auch ein durchaus aktuelles Werk, das auch für die heutige Zeit wertvolle Fragen stellt und zum Nachdenken anregt.

Schade finde ich allerdings, dass der Verlag sich dazu entschieden hat, es dermaßen stark als "Frauenbuch" zu positionieren: ein Titelbild mit rosa Wölkchen im Hintergrund, und dazu der unpassende Titel "Die Frauen von Cornwall", während das Buch bekanntlich zwei Männer und zwei Frauen, also ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis, mit ihren Lebensgeschichten thematisiert, und keineswegs ausschließlich oder überwiegend Frauen.

Ich finde es bedauernswert, dass mit dieser Positionierung wohl noch mehr als ohnehin schon ein weibliches Lesepublikum angesprochen und Männer eher abgeschreckt werden und damit der schon vorhandene Trend, dass viele Frauen "alles" lesen, also Bücher weiblicher und männlicher Autoren, aber die Werke von Frauen oft als "Frauenliteratur" positioniert und nur von einem Geschlecht gelesen werden, verstärkt wird - das hätte ich mir im Jahr 2025 anders gewünscht, und das hat dieses hervorragende Werk so nicht verdient.

Für diese Positionierung kann dieses tolle Werk aber nichts und ich kann es ansonsten allen, die sich für Klassiker und tiefgründige Familiensagas interessieren, sehr empfehlen.

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Veröffentlicht am 29.05.2025

Sehr düsterer Krimi Noir mit außergewöhnlichem Antihelden & außergewöhnliches Gesellschaftsporträt

Tiefer Winter
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Der Polar Verlag hat sich auf die Herausgabe und Übersetzung von anspruchsvollen Krimis spezialisiert, die mehr bieten wollen, als nur zu unterhalten. Ein solcher ist auch der Krimi Noir "Tiefer Winter", ...

Der Polar Verlag hat sich auf die Herausgabe und Übersetzung von anspruchsvollen Krimis spezialisiert, die mehr bieten wollen, als nur zu unterhalten. Ein solcher ist auch der Krimi Noir "Tiefer Winter", das Debüt des US-amerikanischen Autors Samuel W. Gailey. Wie während des Lesens und auch nochmal stärker im Nachwort klar wird: hier schreibt einer, der die Schattenseiten des ländlichen Amerikas selbst gut kennen gelernt hat und sie präzise zu beschreiben vermag.

Wir befinden uns in Wyalusing, einem gottvergessenen Nest irgendwo im ländlichen Pennsylvania. Hier gibt es kaum etwas, das schön oder ansprechend wäre. Die Menschen leben in Trailern oder heruntergekommenen Häusern. Nicht einmal Straßenbeleuchtung gibt es hier. Alkohol, Drogensucht, Gewalt und Korruption sind allgegenwärtig, da ist auch der Deputy selbst keine Ausnahme, im Gegenteil, er treibt die Verkommenheit dort noch auf die Spitze. Jobs gibt es kaum, schon gar nicht solche mit Perspektive. Wer überhaupt einen hat, arbeitet meist im lokalen Schlachthaus. Und alle, die etwas aus sich machen wollen und können, verlassen diese schreckliche Gegend spätestens nach der High School... wer den Absprung nicht geschafft hat, bereut es oft später.

Somit finden wir in Wyalusing ein Sammelsurium der im Leben gescheiterten Existenzen vor. Da gibt es den Antihelden der Geschichte, Danny, ein freundlicher, kindlicher Riese, äußerlich erwachsen geworden, aber kognitiv nach einem Unfall als Kind, bei dem er auf dem Eis eingebrochen ist und zu lange unter Wasser war, für immer auf dem Stand eines liebenswerten, aber etwas naiven etwa 6-jährigen Jungen eingefroren. Bei dem Unfall hat Danny außerdem seine Eltern verloren, die ihn retten wollten, und musste danach bei einem eher abweisenden Onkel aufwachsen. Vom Leben verwöhnt wurde Danny also wahrhaftig nicht, hat sich aber seine Freundlichkeit und Herzensgüte bewahrt. Er lebt in einem Zimmer, das ihm die Bennetts vermieten, ein freundliches Ehepaar, das außerdem einen Waschsalon betreibt, in dem Danny aushelfen kann. Von den meisten in der Gegend wird Danny gemieden und verspottet, außer den Bennetts gibt es nur noch seine ehemalige Schulfreundin Mindy, die freundlich zu ihm ist.

Diese will er an ihrem Geburtstagsabend besuchen, um ihr ein handgeschnitztes Geschenk zu überreichen. Leider ist Mindy schon tot, als Danny zu ihr kommt... und damit verliert Danny nicht nur eine ihm wohlgesonnene Person und liebe Freundin, sondern bösartige, skrupellose Menschen wollen ihm auch noch den Mord in die Schuhe schieben, was erst einmal zu gelingen scheint. Denn die Menschen sind, wie sie sind, haben ihre Vorurteile gegenüber Menschen mit Handicaps und sind schnell bereit, die Lügen über ihn zu glauben...

Es kommt zu einer Verhaftung Dannys, dann zu seiner Flucht und am Ende zu einem dramatischen Finale im Schnee.

Die Kunst des Autors besteht darin, gleichzeitig ein tiefgründiges, düsteres Gesellschaftsporträt des ländlichen Lebens zu zeichnen und einen spannenden Krimi Noir zu erzählen, der höchst unterhaltsam zu lesen ist, obwohl man sehr früh weiß, wer der Mörder ist und wer nicht. Die Hauptspannung besteht also im Gegensatz zu vielen anderen Krimis hier nicht in der Ermittlungsarbeit der Kommissare (davon gibt es mehrere, aber das sind ähnlich heruntergekommene Figuren wie alle anderen in diesem Buch), sondern in der Frage, ob und wie es Danny schaffen könnte, gegen alle Wahrscheinlichkeiten zu entkommen und zu überleben. Ein kognitiv beeinträchtigter und verletzter Mann mitten im tiefsten Winter Pennsylvanias, und gleich mehrere Verfolger, die ihm nachstellen!

Dabei vermittelt dieser anspruchsvolle Krimi Noir gleichzeitig ein eindringliches Bild dessen, wie hart und brutal das Leben in manchen vergessenen ländlichen Teilen der USA sein kann. Es ist ein Buch, das stellenweise sehr hart zu lesen sein kann und von blutiger Gewalt und Fäkalsprache nur so trieft. Doch das passt zu diesem Milieu und macht das Buch gleichzeitig authentisch, auch wenn man es als Leser/in aushalten können muss. Besonders sympathisch habe ich Danny gefunden, und seine Wahl zum Mittelpunkt des Buches speziell bei einem Debütroman außergewöhnlich und mutig.

Ich selbst habe das Buch sehr gerne gelesen, weil es gleichzeitig unterhaltsam ist und zum Nachdenken anregt. Es ist abwechselnd aus den Perspektiven verschiedener Personen geschildert, was ich ebenfalls sehr schätze und es für mich noch interessanter gemacht hat. Insgesamt erweitert es das Verständnis dafür, in welchen düsteren Lebenssituationen auch manche Wähler in den USA leben, was sicherlich ihre Weltsicht und Wahlentscheidungen mit beeinflusst. Eine Leseempfehlung für alle, die sich auch für die sehr düsteren Seiten des ländlichen Amerikas interessieren und sich von Gewalt und Fäkalsprache nicht abschrecken lassen.

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Veröffentlicht am 26.05.2025

Persönlich & nahbar, mit vielen praktischen Tipps

Der Hormonwerte-Code
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Die approbierte Ärztin und fünffache Mutter Caroline Kreuzschmer ist selbst Jahrgang 1982 und somit in ihren Vierzigern. Aus dieser Position heraus, mit einer interessanten Mischung aus umfangreicher Berufserfahrung ...

Die approbierte Ärztin und fünffache Mutter Caroline Kreuzschmer ist selbst Jahrgang 1982 und somit in ihren Vierzigern. Aus dieser Position heraus, mit einer interessanten Mischung aus umfangreicher Berufserfahrung und dem eigenen Erleben hat sie dieses wertvolle Buch verfasst, das Frauen, die sich den Wechseljahren nähern oder sich schon in diesen befinden, dabei unterstützen soll, eigenverantwortlich die eigene Gesundheit zu analysieren und zu verbessern.

Das Buch beginnt mit einer Einführung in den weiblichen Zyklus, die Sexualhormone und gängige Herausforderungen, wenn sich die Menopause nähert, beispielsweise Progesteron-, Östrogen- oder DHEA-Mangel. In auch für Laien leicht verständlichen Worten erklärt die Autorin, was es damit auf sich hat und auch, welche Symptome darauf hindeuten könnten.

Wenn eine Frau solche Symptome an sich beobachtet hat, kann es sinnvoll sein, zur genaueren Diagnose die Hormone bestimmen zu lassen. Das ist sowohl im Speichel als auch im Blut möglich, je nachdem, was man wissen möchte. Die Leserinnen werden dazu angeleitet, verstehen zu lernen, welche Hormonbestimmung wann sinnvoll ist und wie man diese bei einem Labor veranlassen kann. Es ist also ein Buch, das mündigen Patientinnen auf Augenhöhe begegnet, das mag ich sehr daran.

Hat man dann die Laborergebnisse, gibt es Interpretationshilfen für verschiedene mögliche Resultate. Darauf folgen Behandlungsmöglichkeiten, sowohl im Bereich der bioidentischen Hormontherapie als auch andere Methoden wie Nährstoff- oder Phytotherapie, der Einfluss von Lebensstiländerungen und die traditionelle chinesische Medizin (TCM). Das Thema Schwanger werden mit Ende 30, Anfang 40 wird auch kurz gestreift, zu diesem Thema gibt es aber spezialisiertere Bücher, die es noch wesentlich ausführlicher behandeln.

Am Ende des Buches finden sich schließlich noch interessante Beispiele aus der Praxis sowie ein Nachwort zum Thema Spiritualität und Wechseljahre.

Insgesamt habe ich das Buch gerne gelesen und es wird in meinem Regal einen Platz als wertvolles Nachschlagewerk für eventuell in der Zukunft auftretende Wechselbeschwerden bekommen. Ich kann es allen Frauen in dieser Lebensphase, die sich nicht nur auf ärztlichen Rat verlassen, sondern sich selbstständig mit ihrer hormonellen Gesundheit auseinandersetzen wollen, sehr empfehlen. Der Schreibstil ist persönlich, nahbar, leicht verständlich und unterhaltsam.

Ganz am Ende gibt es noch ein Nachwort zum Thema Spiritualität und Wechseljahre, dem man anmerkt, dass die Autorin sich auch mit diesem Thema sehr beschäftigt hat. An dieser Stelle hat es mich ein bisschen traurig gestimmt, diesen Zugang von ihr nur im Nachwort und auf so kleinen Raum reduziert mitzubekommen.

Auch wenn ich weiß, dass es im naturwissenschaftlich geprägten medizinischen Bereich immer noch sehr viel Mut erfordert, in einen ganzheitlichen Zugang das Thema Spiritualität zu integrieren, hätte ich persönlich mir gewünscht, es wäre etwas mehr davon in dem Buch zu finden gewesen. Denn gerade dadurch kommt nach meinem Empfinden so viel Nahbarkeit, Verbindung und Ganzheitlichkeit in den oft so klinisch-sterilen medizinischen Bereich hinein.

Denn alleine das wenige dazu, was sich auf diesen allerletzten Seiten findet - etwa zum großen Tanz zwischen Menarche und Menopause oder zum Mandala und dem Weg zurück - davon hätte ich gerne mehr gehört und auch gern Bilder davon gesehen und über Praxisbeispiele gelesen. Vielleicht findet die Autorin dazu ja in einer Neuauflage oder in einem weiteren Buch den Mut - ich bin mir sicher, sie hätte auch zu diesem Thema viel Wichtiges zu teilen.

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Veröffentlicht am 22.05.2025

Kinderwunschbehandlung in Südkorea

Hello Baby
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Südkorea ist das Land mit der niedrigsten Geburtenrate weltweit, 2022 lag sie bei nur 0,78 Kindern pro Frau. In diesem Roman einer Südkoreanerin, die selbst von dem Thema betroffen ist, Erfahrung mit Kinderwunschkliniken ...

Südkorea ist das Land mit der niedrigsten Geburtenrate weltweit, 2022 lag sie bei nur 0,78 Kindern pro Frau. In diesem Roman einer Südkoreanerin, die selbst von dem Thema betroffen ist, Erfahrung mit Kinderwunschkliniken hat und der es leider nicht gelungen ist, Mutter zu werden, bekommen wir einige Einblicke in mögliche Gründe dafür und in die südkoreanische Gesellschaft insgesamt.

Es wird eine Gesellschaft geschildert, die einerseits sehr leistungsorientiert ist und den arbeitenden Menschen enorm viel Einsatz und ein hohes Ausmaß an Arbeitsstunden abverlangt, andererseits aber gerade im familiären Bereich noch sehr traditionell ist. Das zeigt sich zum Beispiel daran, welche enorme Bedeutung bei einem Paar die Schwiegereltern der Frau - also die Eltern des Mannes - und deren Wünsche und Erwartungen zu haben scheinen.

Manches junge Paar lebt sogar gemeinsam mit den Schwiegereltern, was, wie eine der fiktiven Romanfiguren sagt, bedeuten kann, mehr Zeit mit der Schwiegermutter zu verbringen als mit dem eigenen Mann, der viel arbeitet und auch beruflich oft auf längeren Reisen ist. Diese Schwiegereltern scheinen es oft auch zu sein, die unglaublichen Druck auf das Paar und insbesondere auf die junge Frau ausüben, Nachkommen - und zwar möglichst schnell zumindest auch einen männlichen - zu produzieren, und die oft davon ausgehen, dass es auf jeden Fall an der Schwiegertochter und nicht an dem eigenen geliebten Sohn liegen müsse, wenn es nicht gleich klappt.

Auf der anderen Seite ist Südkorea eben auch hochentwickelt und modern, viele junge Menschen haben die Universität absolviert und es gibt hochmoderne Kinderwunschkliniken. Die Tragik fast aller in diesem Buch vorkommenden Paare ist, dass diese Kinderwunschklinik erst relativ spät besucht wird: meistens erst Mitte/Ende 30 oder gar erst Anfang 40, wenn die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft auch mit dieser Unterstützung altersbedingt leider schon recht niedrig sind.

Warum das so ist, wird einem auch klar, wenn man das Buch liest: zwar haben die meisten Paare sich durchaus schon einigermaßen jung und auf der Universität kennen gelernt und sind schon seit langer Zeit zusammen. Aber die südkoreanische Gesellschaft an sich scheint sehr kinderfeindlich zu sein, und das gilt noch einmal mehr für den Bereich der hochqualifizierten Frauen, so scheint mir. Es scheint normal zu sein, jahrzehntelang in einer Beziehung zu sein, aber überhaupt keine Kinder zu wollen, oder erst sehr spät.

Wenn eine Frau mal schwanger wird, kann sie nicht mit dem Wohlwollen von Seiten der Firma rechnen: es wird erwartet, dass sie bis kurz vor der Geburt beruflich die volle Leistung erbringt, sich nichts anmerken lässt, danach nur kürzestmöglich in Mutterschutz geht und auf keinen Fall das volle Ausmaß an erlaubter Elternzeit ausnützt. Aber selbst dann wird sie schief angesehen dafür. Die Entscheidung einer hochqualifizierten jungen Frau in Südkorea, Mutter zu werden, scheint also noch einmal schwieriger zu sein als bei uns in Europa. Zusätzlich besteht die enorme Gefahr, danach komplett aufs berufliche Abstellgleis geschoben und in eine sehr traditionelle Mutterrolle, im Extremfall im Haushalt der eigenen Schwiegereltern, gedrängt zu werden.

All diese ausführlich von mir geschilderten Hürden stellen den Hintergrund dar, warum eben die Mehrzahl der sechs im Buch vorkommenden Frauen sich erst so spät mit dem Thema beschäftigt und die Unterstützung der Kinderwunschklinik braucht - und selbst diese in den meisten Fällen nichts mehr bringt. Wir lernen sechs Frauen kennen, die alle zwischen Mitte 30 und etwa Mitte 40 sind und sich im Kontext der Kinderwunschbehandlung kennen gelernt haben. Es sind überwiegend sehr gut qualifizierte, beruflich erfolgreiche Frauen, etwa eine Anwältin und eine Tierärztin mit eigener Praxis.

Die Frauen gründen eine Gruppe auf KakaoTalk, einem Instant-Messaging-Dienst, der vermutlich WhatsApp ähnelt, und tauschen sich dort über ihre Kinderwunschbehandlungen aus. Bis überraschend eine von ihnen - mit 46 Jahren ausgerechnet die älteste und jene, die vor einem Jahr beschlossen hatte, die Kinderwunschbehandlung aufzugeben - postet, vor kurzem Mama geworden zu sein und alle anderen zur Babyparty einlädt... während gleichzeitig in einer Geburtenstation in der Nähe der Kinderwunschklinik ein Neugeborenes verschwunden ist und verzweifelt gesucht wird.

Sehr emotional ist das Buch nicht geschrieben. Die Geschichten der Frauen werden eine nach der anderen abgehandelt, wir erfahren etwas über ihr Leben und die Hintergründe, die sie in die Kinderwunschklinik geführt haben. Bei fünf der sechs Frauen ist es tatsächlich der akute unerfüllte Kinderwunsch, die sechste möchte mit Social Freezing vorsorgen, um eben später nicht in diese Lage zu geraten, ist aber mittlerweile auch schon Mitte 30. Ihre langjährige Beziehung ist gerade in die Brüche gegangen.

Wer sich für die medizinischen Hintergründe einer Kinderwunschbehandlung interessiert und bisher nicht viel darüber weiß, kann aus diesem Buch einiges lernen. Es wird sehr detailliert geschildert, welche verschiedenen Ursachen es sowohl auf Seiten der Frau (z.B. PCO-Syndrom) als auch auf Seiten des Mannes (z.B. Azoospermie) für den unerfüllten Kinderwunsch geben kann, welche Behandlungsmöglichkeiten (Insemination, ICSI, IVF,...) es gibt und wie diese bis ins Detail medizinisch ablaufen. Auch Ovulationstests, das Spekulieren über mögliche Einnistungsblutungen, Fehlgeburten usw. spielen eine Rolle. Es geht also wirklich um das ganze Spektrum der Kinderwunschzeit mit medizinischer Unterstützung.

Nebenbei lernt man so einiges über die südkoreanische Gesellschaft, hier eine Textstelle, die beides zeigt: ""Was ist denn ein Abortivei?" fragte Munjeong. "Es kommt zwar zu einer Einnistung in der Gebärmutter, aber das Embryo entwickelt sich nicht weiter. Ich war in der Klinik, um das Herz des Babys zu hören. Es gab eine Fruchtblase, aber ohne Dottersack und Embryo. Es war wie ein leeres Haus. Ein leeres Haus, das zumindest ziemlich geräumig gebaut war. Vielleicht hat das Baby geahnt, dass seine Eltern kein eigenes Haus besitzen, und wollte sich selbst ein ordentliches bauen..." (S. 44)"

Ich persönlich habe das Buch gerne gelesen und interessant gefunden. Die porträtierten Frauen sind mir allerdings alle emotional nicht sonderlich nahe gegangen. Das mag an der eher distanzierten Schilderung liegen, die möglicherweise mit der südkoreanischen Kultur zu tun hat (das kann ich nicht beurteilen, weil ich diese kaum kenne). Und ein bisschen vielleicht auch an den für mich sehr fremdartigen Namen (Hyekyoung, Munjeong, Jeonghyo...), bei denen ich immer wieder mal kurz überlegen musste, von welcher Frau jetzt die Rede ist. Beides kann ich dem Buch nicht vorwerfen, es handelt sich nun mal um ein übersetztes Werk aus einer Kultur, die sich von der europäischen sicher in vielem stark unterscheidet.

Wem würde ich das Buch empfehlen? Tatsächlich all jenen, die sich sowohl für Südkorea als auch für das Thema Kinderwunschbehandlung interessieren, ohne persönlich zu betroffen zu sein. Aus persönlicher Distanz und wenn man mit der eigenen Familiensituation einigermaßen zufrieden ist, ist es ein interessant zu lesendes Buch. Doch wenn jemand persönlich von bisher unerfülltem Kinderwunsch und erfolglosen Kinderwunschbehandlungen betroffen wäre, könnte es schon ein recht deprimierendes Buch sein: kaum eine der porträtierten Frauen erreicht mit der Behandlung ihr gewünschtes Ziel: ein Baby. Wer in Bezug auf dieses Thema also sensibel ist, entscheide sorgfältig, ob es gerade der richtige Zeitpunkt ist, sich so detailliert mit dem Thema in diesem Buch zu konfrontieren.

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Veröffentlicht am 19.05.2025

Liebevoll geschriebenes, praxisorientiertes Buch zur Geburtsvorbereitung

Dein Geburtscoach
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Es gibt mittlerweile so einige Bücher zum Thema Vorbereitung auf eine gute Geburt am Markt. Viele davon sind von Hebammen oder Doulas geschrieben, und die allermeisten von Frauen. So finde ich es erfrischend ...

Es gibt mittlerweile so einige Bücher zum Thema Vorbereitung auf eine gute Geburt am Markt. Viele davon sind von Hebammen oder Doulas geschrieben, und die allermeisten von Frauen. So finde ich es erfrischend und interessant, einmal ein Buch von einem Mann zu diesem Thema zu lesen, der als leitender Oberarzt und Geburtshelfer jahrzehntelange Erfahrung in diesem Bereich gesammelt hat und nun neben vielen anderen Tätigkeiten Geburtscoachings anbietet.

Äußerst sympathisch finde ich die liebevolle, farbenfrohe und persönliche Gestaltung des Buches. Als Leserin werde ich mit "Du" angesprochen und das Buch ist auf eine Art und Weise verfasst, die ich als sehr persönlich und nahbar empfinde, was ich sehr schätze. Es gibt viele Fallgeschichten und persönliche Reflexionsfragen, das macht das Buch sehr praxisorientiert und anschaulich. Durch diesen persönlichen Zugang fühle ich mich als Leserin wertgeschätzt und begleitet auf meiner Reise der Beschäftigung mit dem Thema Geburt. Bei mir ist es eine Rückschau, denn ich persönlich bin gerade nicht schwanger, sondern beurteile das Buch aus der Perspektive als Mama eines kleinen Kindes, die viele im Buch beschriebene Erfahrungen schon hinter sich hat.

Gleich am Anfang wird das Buch mit folgendem Zitat einer Mutter an ihre Tochter eingeführt: "Wenn der Sturm sich gelegt hat, bist du Mutter, und wenn du deine starken Wurzeln anschaust, siehst du die Kraft, die du hast und die dich besser als je zuvor durchs Leben trägt."

Was für eine schöne, positive und lebensbejahende Perspektive! Ein Blick auf die Ressourcen und die Resilienz, die in einer Geburt liegen können... auch wenn sie schwer war. Mit einigen Jahren Abstand kann ich diesem Spruch durchaus zustimmen.

Sturm... Wurzeln... Kraft... um viele dieser Themen geht es dann auch im Buch.

Eingeteilt in angenehm kurze, übersichtliche und leicht lesbare Kapitel geht es um Themen wie Geburtsvorbereitung, Familiengeschichte, Mindset, Ressourcen, den Ablauf der Geburt an sich und damit verbundene Herausforderungen (Angst, Schmerz, Anspannung und Erschöpfung, das Gefühl, nicht mehr zu können), aber auch Wege, mögliche Hindernisse im Vorfeld aus dem Weg zu räumen oder damit umzugehen.

Dabei gibt es viele praktische Fragen, die zum Nachdenken oder auch mit eigenen Familienmitgliedern ins Gespräch kommen anregen, beispielsweise zur eigenen Familiengeschichte: "Wie bist du selbst zur Welt gekommen?... Gibt es in deiner Familie Mythen, Traditionen oder Aufträge in Sachen "Geburt"?... Wie gehst du mit Beziehung und Bindung um?" (S. 34)

Dieser ganzheitliche und systemische Zugang zum Thema Geburt gefällt mir sehr. Es ist auch selbstermächtigend, sich damit zu beschäftigen, welche anderen Themen alle damit zusammenhängen könnten und mir bewusst zu machen, dass ich auf so einiges davon Einfluss nehmen kann, indem ich mich genauer damit beschäftige. Schmunzeln musste ich auch über so manche positive Reframings, z.B. Pause-Durchatmen-Auftanken für PDA .

Insgesamt ist es ein äußerst positives, hoffnungsvolles und Mut machendes Buch, das auf eine positive Geburt einstimmen und einige verbreitete Mythen zum Thema Geburt kritisch hinterfragen kann (z.B. zum Thema Schmerz: laut Angaben des Autors gibt jede 6. Gebärende an, zwar Druck unter der Geburt zu verspüren, aber keinen Schmerz).

Am Ende noch ein paar wenige Einschränkungen: insgesamt ist es ein Buch, in dem sehr stark die natürliche Geburt empfohlen wird und ein Kaiserschnitt nur als Ausnahmelösung. Dies ist wahrscheinlich medizinisch fundiert und berechtigt. Es könnte aber sein, dass dadurch Schwangere, die - aus welchen Gründen auch immer - fix mit einem Kaiserschnitt rechnen, sich nicht ganz so gut davon abgeholt fühlen könnten. Und die Bedingungen in der Geburtshilfe finde ich etwas zu positiv dargestellt: da ist von einer freien Wahl des Geburtsortes die Rede, von der Möglichkeit, während der Geburt auf Wunsch die Hebamme zu wechseln und so einiges mehr... ich und wohl so einige weitere Frauen, von denen ich gehört und gelesen habe, haben da leider deutlich schlechtere Bedingungen im öffentlichen Gesundheitssystem erfahren.

Es ist auch insgesamt ein Buch, das zwar erwähnt, dass es Gewalt und insgesamt oft große Missstände in der Geburtshilfe gibt und ganz kurz darauf eingeht, insgesamt liegt hier aber kein Schwerpunkt dieses Buches (muss es auch nicht, dazu gibt es andere).

Ich verstehe auch, dass der Autor dieses Thema nicht zu sehr ausbreiten möchte, denn, wie er schreibt und damit ja auch durchaus Recht hat (S. 31): "Wer in Risiken denkt, schafft und provoziert sie - wer an die Chancen glaubt, vergrößert sie." So ein Buch ist das hier: ein positives, hoffnungsvolles, das dabei unterstützen will, an Chancen zu glauben. Die erwähnten Einschränkungen sollen also den Wert des Buches nicht mindern.

Ich empfehle es also nicht als einziges Buch, um sich mit dem Thema Geburtsvorbereitung zu beschäftigen (dafür ist es mir fast ein bisschen zu unrealistisch positiv in der Darstellung der Geburtsbedingungen in öffentlichen Krankenhäusern - einiges, was der Autor beschreibt, stellt dar, wie es im Idealfall sein sollte, aber nicht, wie es oft tatsächlich ist), aber als eines von mehreren kann es wertvolle Dienste leisten, um eine möglichst positive und angstfreie Haltung zur Geburt zu entwickeln - dafür ist es ein sehr wertvolles Buch!

Es wird jedenfalls einen fixen Platz in meinem Bücherregal bekommen, für alle Eventualitäten in der Zukunft, die das Leben in Bezug auf dieses Thema noch für mich bereitstellen wird, und zur Weiterempfehlung an andere für eine positive Einstimmung zum Thema Geburt.

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