Dieser Roman hat alles, was ein guter Krimi braucht!
Die letzte PartyEin klirrend kalter Neujahrsmorgen am Llyn Drych, dem Mirror Lake, durch den die Grenze zwischen Wales und England verläuft: Die Einwohner des walisischen Dörfchens Cwm Coed haben sich zum traditionellen ...
Ein klirrend kalter Neujahrsmorgen am Llyn Drych, dem Mirror Lake, durch den die Grenze zwischen Wales und England verläuft: Die Einwohner des walisischen Dörfchens Cwm Coed haben sich zum traditionellen Neujahrsschwimmen versammelt. Doch die gute Stimmung wird bald getrübt, denn im See treibt eine Leiche – zweifelsfrei ein Mordopfer. Der Tote ist der aus Cwm Coed stammende Opernsänger Rhys Lloyd, der in seine Heimat zurückgekehrt ist, um am Llyn Drych das protzige Ferienparadies „The Shore“ für Gutbetuchte zu bauen. Die Luxus-Lodges und seine Bewohner stoßen im Dorf auf wenig Gegenliebe – doch ist das der Grund für den Mord an Rhys Lloyd?
Clare Mackintoshs Kriminalroman „Die letzte Party“ (Originaltitel: "The Last Party") ist der Auftaktband zu einer Reihe um die walisische Ermittlerin Ffion Morgan – und was für einer! Von der ersten Seite an glaubt man sich mitten in der Idylle im Grenzland zwischen Wales und England. Die Autorin lässt dank ihrer atmosphärischen Beschreibungen gestochen scharfe Bilder vor dem geistigen Auge ihrer Leserschaft entstehen. Und ebenso lebendig sind auch Clare Mackintoshs Charaktere, allen voran natürlich ihre Protagonistin Ffion Morgan, die gemeinsam mit DC Leo Brady von der englischen Polizei nach dem Mordmotiv und dem Täter sucht. Dabei ist die Ermittlerin eigentlich befangen, denn sie selbst lebt in Cwm Coed. Kompetenzgerangel und Parteilichkeit sind jedoch nur ein Aspekt der Geschichte.
Clare Mackintosh hat quasi zwei Welten erschaffen, die Lichtjahre voneinander entfernt zu sein scheinen, tatsächlich jedoch lediglich durch den See getrennt werden: Da sind einerseits die einfachen Leute aus Cwm Coed und die ebenso Schönen wie Reichen in „The Shore“. Doch wenn die Einheimischen meinen, die neuen Anwohner haben ihres Vermögens wegen keine Sorgen, dann irren sie gewaltig. Unverblümt lässt die Autorin ihre Leser hinter den schönen Schein blicken und man erfährt nach und nach, dass in „The Shore“ weiß Gott nicht alles Gold ist, was glänzt.
Clare Mackintosh, die selbst zwölf Jahre lang in Diensten der britischen Kriminalpolizei stand, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte, führt ihre Leser in ihrer Story auf Irrwege, streut falsche Verdächtigungen und baut gekonnte Twists ein.
Schon bald meint man, nahezu jeder hätte ein Motiv für den Mord an Rhys Lloyd. Zackige Dialoge und ein mit derben Spitzen durchwirkter Humor machen diesen Whodunnit-Krimi zu einem echten Lesevergnügen. Meine anfänglichen Befürchtungen, dass der Lesefluss womöglich durch zu viele und zu komplizierte walisische Begriffe beeinträchtigt werden könnte, bestätigte sich übrigens nicht. Die Autorin setzt Walisisch homoöpathisch dosiert ein.
Ein großes Lob für den zudem sprachlich hervorragenden Roman gebührt nicht nur Clare Mackintosh, sondern auch der Übersetzerin Sabine Schilasky.
Fazit: Ein Wahnsinns-Setting, originelle Charaktere, Spannung bis zum Schluss, ein toller Schreibstil und eine glaubhafte Auflösung: „Die letzte Party“ hat wirklich alles, was ein verdammt guter Kriminalroman braucht!
Ich fiebere schon jetzt dem zweiten Teil entgegen, auch wenn es vermutlich noch eine ganze Weile dauert, bis dieser in Deutschland erscheint. Die englische Originalausgabe des zweiten Bands mit dem Titel „A Game Of Lies“ kommt am 3. August 2023 auf den Markt.