3,5 Sterne | Pluspunkte: Charakterentwicklung, märchenhafter Erzählstil | Minuspunkte: auftretende Längen
Was soll ich sagen – irgendwie hatte ich mir von „Die Sechs Kraniche“ mehr erhofft. Dabei war es nicht schlecht, definitiv nicht. Es hatte in meinen Augen viele starke Punkte, aber eben auch welche, die es mir schwer gemacht haben. Bevor ich genauer darauf eingehe, hier was zum Inhalt:
In Kiata ist Magie verboten, weshalb Prinzessin Shiori ihre Kräfte immer versteckt hat. Doch ein einziger Fehltritt verändert alles: Shioris Stiefmutter verbannt sie, verwandelt ihre Brüder in Kraniche und belegt sie mit einem Fluch, der besagt, dass bei jedem Laut, der Shioris Lippen verlässt, einer von ihnen stirbt. Verzweifelt macht sich Shiori auf die Suche nach einer Möglichkeit, den Fluch zu brechen und ihre Heimat zu beschützen.
Elizabeth Lim hat einen Schreibstil, der sich sehen lassen kann. Mit ihren wohlgesetzten Worten hat sie für mich eine magische und märchenhafte Atmosphäre geschaffen, die wahrlich einzigartig war, ohne kompliziert zu werden. Am Anfang war ich skeptisch, wie man ein ganzes Buch mit einer Protagonistin füllen soll, die selbst nicht sprechen darf, aber tatsächlich hat mich das nicht einmal gestört. Shiori führte wunderbare innere Monologe, die ihre Gedanken und Gefühle greifbar machten. Auch kam die Kommunikation mit der Außenwelt durch Kiki, einen magischen Papierkranich, den man wohl ohne Umschweife als heimlichen Star des Buchs beschreiben kann, nicht zu kurz. Es hat mich wirklich beeindruckt, wie nachvollziehbar und gelungen Elizabeth Lim diesen Teil der Geschichte umgesetzt hat.
So weit so gut: Ein interessanter Grundplot, ein magischer Schreibstil und die herausragende Umsetzung eines Punkts, dem ich zunächst skeptisch gegenüberstand. Wo zur Hölle sind dann die fehlenden 1,5 Sterne hin?! Ich verrate es euch angepinnt in den Kommentaren:
Sie sind den Längen zum Opfer gefallen. Denn auch, wenn mir die Geschichte an sich wirklich Spaß gemacht hat, hatte sie für mich viel zu wenig Tempo. Ich kam in keinen Sog, musste mich stellenweise wirklich aufraffen weiterzulesen. Mir fehlten einfach der nennenswerte Spannungsbogen und das Gefühl, von der Geschichte mitgerissen zu werden. Stattdessen dümpelte ich eher durch die Seiten, wartete sehnsüchtig darauf, endlich final überzeugt zu werden und zum epischen Teil der bisher schönen Erzählung zu kommen. Leider hat der für mich nicht eingesetzt. Es gab einzelne Szenen, die dahingehend stärker waren, aber meist waren sie schnell wieder vorbei. Auch waren die Plot Twists in meinen Augen an sich zwar gut gewählt, aber irgendwie zu lasch umgesetzt. Auch bei ihnen hatte ich schlichtweg das Gefühl, dass ihr Effekt so schnell wieder unter den Tisch gefallen ist.
Zum Abschluss kann ich nur sagen, dass ich das Buch wirklich nicht schlecht fand – vielleicht habe ich nur mit etwas anderem, etwas mehr gerechnet. Vielleicht war es nicht ganz der richtige Zeitpunkt. So oder so freue ich mich aber auf Band 2, auch wenn der Auftakt für mich Schwächen hatte.