Profilbild von Fornika

Fornika

Lesejury Star
offline

Fornika ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Fornika über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.02.2021

Frauen

Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019
0

Die Erstaufführung von Ammas Theaterstück führt viele verschiedene Frauen nach London. Ihre Tochter nebst Hipsterfreundinnen; ihre Geliebten, Ex-Affären oder anderweitig Verflossenen; die spießige schon-ewig-Freundin; ...

Die Erstaufführung von Ammas Theaterstück führt viele verschiedene Frauen nach London. Ihre Tochter nebst Hipsterfreundinnen; ihre Geliebten, Ex-Affären oder anderweitig Verflossenen; die spießige schon-ewig-Freundin; der Erzeuger ihrer Tochter usw. Eine mehr als bunte, aber auch explosive Mischung.

Ausgehend von Ammas Lebensgeschichte hangelt sich die Autorin an Freund- oder Bekanntschaften entlang, und erzählt auf diesem Wege die Geschichte von zwölf Frauen. Diese sind recht unterschiedlich, allen gemein ist aber, dass sie anecken. Wegen ihrer Hautfarbe (alle sind schwarz), wegen ihrer sexuellen Vorlieben (viele sind homosexuell), warum auch immer. Mir hat Evaristos Herangehensweise an Themen wie Feminismus und Rassismus gut gefallen, sie zeigt viel auf, das falsch läuft, ohne zu stark mit dem Zaunpfahl zu wedeln. Der Erzählstil ist sicherlich etwas eigenwillig, z.T. fast lyrisch; manchmal war mir das zu drüber, meistens hat es mir jedoch gut gefallen. Dieser etwas unangepasste Stil passt auf jeden Fall hervorragend zu den meisten von Evaristos Charakteren. Die mochte ich mal mehr, mal weniger; die exzentrischen bringen Pepp in die Handlung, die „alltäglicheren“ zeigen, dass sich hinter jeder noch so gutbürgerlichen Fassade ein Geheimnis verstecken kann. Insgesamt werden viele Facetten abgedeckt, sodass sich jede Leserin irgendwo wiederfinden sollte. Bedauerlich ist allenfalls, dass aufgrund der Fülle der Figuren die Tiefe etwas leidet. Mir hat dieser Roman trotzdem wirklich gut gefallen, die etwas verschachtelte Konstruktion sowie die außergewöhnlichen Frauenbilder machen ihn überraschend anders und lesenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.02.2021

Ende gut, alles gut?

Die Rache des Lombarden
0

Noch keine zwei Jahre ist es her, dass Aleydis nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes nicht nur dessen Geldwechselstube, sondern auch seine zwielichtige Schattenwelt geerbt hat. Die möchte Aleydis eigentlich ...

Noch keine zwei Jahre ist es her, dass Aleydis nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes nicht nur dessen Geldwechselstube, sondern auch seine zwielichtige Schattenwelt geerbt hat. Die möchte Aleydis eigentlich gerne zerschlagen, doch das ist gar nicht so einfach, wird ihre Aufmerksamkeit doch an ganz anderer Stelle gebraucht. Ihre Mündel werden entführt, das Sorgerecht ihr streitig gemacht. Zum Glück stehen ihr nicht nur ihr Gesinde, sondern auch der Gewaltrichter Vinzenz van Cleve zur Seite.
Mit diesem Band endet die Reihe um Aleydis, die Witwe des Geldwechslers Golatti. Leider, möchte ich sagen. Doch Petra Schier hat mit diesem letzten Band der Trilogie das berühmte I-Tüpfelchen verpasst, sodass ich die Lektüre trotz Abschied sehr genossen habe. Wie schon bei den Vorgängern erwartet den Leser eine gelungene Mischung aus Spannung, Historie und ein kleines bisschen Romantik. Köln im Jahre 1424 wird sehr lebendig und detailreich dargestellt, in vielen Kleinigkeiten wird deutlich welch Recherchearbeit im Roman steckt. Viele der Figuren kennt man schon aus den vorherigen Bänden (die man schon vorher gelesen haben sollte), aber es gibt natürlich neue Seiten zu entdecken. Gerade Vinzenz lässt Blicke auf den weichen Kern hinter der harten Schale zu, sodass einiges in ein neues Licht gerückt wird. Ich fand die Handlung bis auf wenige Ausnahmen sehr stimmig; dass Aleydis die Entführung ihrer Mündel zwar entsetzt, sie aber dagegen vergleichsweise wenig unternimmt, passte für mich nicht so recht zu der taffen und sonst sehr tatkräftigen jungen Frau. Ihre quirlige Art mochte ich natürlich trotzdem und so bin ich mit dem Ende für diese sehr sympathische Protagonistin mehr als zufrieden ; ) Der sehr angenehme Erzählstil sorgt zusätzlich zur abwechslungsreichen Handlung dazu, dass sich das Buch schwer aus den Händen legen lässt. Dank des Nachworts hat man als Leser noch etwas länger zu grübeln und so ist der Abschied doch nicht ganz so hart. Sollte es allerdings doch irgendwann einmal Neues von Aleydis und Vinzenz geben – ich wäre sofort dabei.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.01.2021

Kurze Story für Zwischendurch

Das Baby ist meins
0

Mitten in der Nacht wird Bambi von seiner Freundin vor die Tür gesetzt. Eine schwierige Situation, erst recht im pandemiebedingten Lockdown. Er findet Zuflucht bei seiner Tante, die gerade ein Baby bekommen ...

Mitten in der Nacht wird Bambi von seiner Freundin vor die Tür gesetzt. Eine schwierige Situation, erst recht im pandemiebedingten Lockdown. Er findet Zuflucht bei seiner Tante, die gerade ein Baby bekommen hat. Oder gehört das doch der Geliebten ihres Mannes? Auch die ist in Tantes Haus gestrandet, und so warten auf die drei unfreiwilligen WG-Mitglieder nervenaufreibende Tage.

Mit ihrem Debüt hat Braithwaite zu Recht Erfolge gefeiert, doch mit diesem Kurzroman dürfte sie vergleichsweise eher nur Blumentöpfe gewinnen. Die Handlung wirkt recht lieblos runtergeschrieben, auch wenn die Idee durchaus Potential hat. Eine absurde Situation: zwischen zwei verfeindeten Frauen gefangen, die sich zudem noch um ein Baby streiten. Hinaus kann Bambi nicht, zwischenzeitlich scheint sich der Macho aber in der Situation ganz wohlzufühlen. Umsorgt und bekocht von den beiden, lässt es sich aushalten. Es entspinnen sich Streitgespräche, z.T. auch brenzlige Situationen, doch alles wirkt leblos und distanziert. Mir fehlte das echte Feuer, auch den Witz, den ich aus der Serienmörderin kenne. Corona stellt die Rahmenbedingungen, wird dann aber so gewollt immer wieder erwähnt, dass es mich nur noch genervt hat. Ängste, wie sie gerade den Alltag vieler bestimmen, zeigen alle drei nicht, auch um den frisch am Virus verstorbenen Onkel wird überhaupt nicht getrauert. Das Treiben der Protagonisten wirkt völlig unecht, und traf bei mir einfach keinen Nerv. Insgesamt lässt sich der kurze Roman flott lesen, und leider auch noch flotter vergessen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2021

Auf nach Neukaledonien!

Miss Bensons Reise
0

1950 nimmt Miss Benson endlich das in Angriff, was sie sich seit dem Tod ihres Vaters vor vielen Jahrzehnten vorgenommen hat: eine Expedition nach Neukaledonien, um den sagenumwobenen goldenen Käfer zu ...

1950 nimmt Miss Benson endlich das in Angriff, was sie sich seit dem Tod ihres Vaters vor vielen Jahrzehnten vorgenommen hat: eine Expedition nach Neukaledonien, um den sagenumwobenen goldenen Käfer zu finden. An ihrer Seite nicht etwa erfahrene Käfersammler, kampferprobte Soldaten oder zumindest jemand, der Französisch spricht. Nein, Enid Pretty begleitet Margery auf ihrer Reise; äußerst gesprächig, z.T. ahnungslos, aber sie hat es faustdick hinter den Ohren wie ihre Auftraggeberin bald erfahren muss.

Rachel Joyce entführt den Leser in fremde Gefilde, und genau das hat mich vom Klappentext auch am meisten neugierig gemacht. Sie schafft ein lebendiges und vor allem buntes Bild der Insel, Flora und Fauna werden toll beschrieben, und so kam regelrechtes Urlaubsfeeling auf. Aber natürlich punktet der Roman nicht nur mit solchen Details, auch die Freundschaftsstory der beiden so unterschiedlichen Frauen ist gut beschrieben. Man muss erst Teile ihrer Lebensgeschichte kennen, um zu verstehen, warum sie tun, was sie tun; diese langsame Entfaltung der Charaktere und auch ihre weitere Entwicklung ist nachvollziehbar dargestellt. Joyce schreibt abwechslungsreich und sehr unterhaltsam, immer wieder kommt es zu komischen Situationen, die aber nie überdreht wirken (und das ist bei der quirligen Enid sicherlich nicht einfach). Mir gefiel der Erzählstil sehr gut. Ein wirklich schöner Roman, der mir bis auf Kleinigkeiten gut gefallen hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.01.2021

Der silberne Elefant

Der silberne Elefant
0

In London treffen drei ganz unterschiedliche Frauen aufeinander, die aber eines gemeinsam haben: sie hadern mit ihrem bisherigen Lebensweg. Emilienne versucht ihre Vergangenheit ebenso zu verdrängen wie ...

In London treffen drei ganz unterschiedliche Frauen aufeinander, die aber eines gemeinsam haben: sie hadern mit ihrem bisherigen Lebensweg. Emilienne versucht ihre Vergangenheit ebenso zu verdrängen wie Vera, beide aus ganz unterschiedlichen Gründen. Lynn zieht am Lebensende Bilanz, und weiß dabei nicht so recht, ob ihr diese gefällt. Das Schicksal bringt die drei nun zusammen, ob sie wollen oder nicht.

Die Geschichte wird gefühlvoll erzählt, jedoch erfreulicherweise ohne zu sehr auf die Tränendrüse zu drücken. Gerade die Erinnerungen an Ruanda sind oft sehr schmerzhaft und grausam, hier trifft die Autorin immer den richtigen Ton. Emilys Geschichte ist dann auch die, die mich am meisten interessierte, natürlich auch, weil ich über diese Thematik noch nicht allzu viel gelesen habe. Lynns Figur fand ich durchaus auch spannend, hier zeigt sich beispielhaft was am Ende eines Lebens bleibt. Vera blieb mir fremd, und auch ein Stück weit unsympathisch. Ihre etwas weinerliche schuldbewusste Art fand ich übertrieben und nervig. Religion spielt in diesem Roman immer wieder eine Rolle, auch wenn sich das Thema nicht in den Vordergrund drängt. Ich fand das gut gemacht, denn hier wirft die Autorin einige interessante Fragen auf. Gerade Veras Verlobter wirkt auf den ersten Blick wie ein Vorzeigechrist, versteckt sich aber hinter den vermeintlichen Regeln und vergisst dabei schon mal die Regeln des menschlichen Miteinanders. Mir hat der Roman im Großen und Ganzen gefallen, aber ab und an verliert sich die Autorin dann doch im Pathetischen. Zudem schleicht sich das ein oder andere Klischee ein, sodass mich die Handlung nicht vollends begeistern konnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere