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Veröffentlicht am 27.10.2019

High Fantasy vom Feinsten – kleine Verwirrungen nicht auszuschließen

Der Untergang der Könige
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Ein junger Mann sitzt im Kerker, bewacht von einem Monster in wunderschöner Frauengestalt. Das beginnt sich zu langweilen, und stellt ihn vor die Wahl: gefressen werden, oder doch die eigene Geschichte ...

Ein junger Mann sitzt im Kerker, bewacht von einem Monster in wunderschöner Frauengestalt. Das beginnt sich zu langweilen, und stellt ihn vor die Wahl: gefressen werden, oder doch die eigene Geschichte erzählen. Wie kommt ein Dieb und Musikant dazu, in den höchsten Adelskreisen von Quur zu verkehren? Kihrin beginnt zu erzählen…

Jenn Lyons hat ohne Frage einen epischen High Fantasy Roman geschrieben. Bis ins Letzte durchdacht, gut konstruiert, die Zusammenhänge haben Hand und Fuß, es gibt Magie, Dämonen und natürlich Drachen. Aber ich hätte ihn mehr genießen können, wäre ich nicht des Öfteren verwirrt gewesen: von den zwei Zeitsträngen mit in sich verschachteltem Aufbau. Von zig Personen, die ähnlich heißen, deren Verwandtschaftsverhältnisse sich alle naselang ändern, oder die gleich einen Seelentausch mit anderen vornehmen. Von Herrschaftsverhältnissen, die mir viel zu lange nicht klar waren. Usw. etc. pp. Dass ich den Roman trotzdem sehr mochte, spricht für die Erzählkunst der Autorin, die mich wirklich begeistert hat. Kihrin als Hauptfigur ist sehr gut gewählt. Er hat das Herz am rechten Fleck, aber trotzdem keine blütenweiße Weste. Auf den Mund gefallen ist er erst recht nicht, und so haben die Dialoge immer Pepp und auch Humor. Humor beweisen auch die Fußnoten des Chronisten, der die zwei Erzählungen immer wieder kommentiert und ergänzt. Auch wenn das nicht immer zum besseren Verständnis beiträgt, fand ich dieses Stilmittel wirklich originell und sehr gut gemacht. Überhaupt hat die Autorin viele gute Ideen, sodass die Handlung nie langweilig wird; trotz mancher Fragezeichen habe ich wunderbare Lesestunden mit Kihrin und Konsorten verbracht.
Fazit: Ein gewaltiger, ausschweifender, actionreicher und sehr mitreißender Roman. Ich will wissen wie es weitergeht… und lese bis zum Erscheinen von Band 2 diesen hier einfach noch mal, um auch die letzten Verwicklungen richtig zu verstehen ; )

Veröffentlicht am 18.10.2019

Moderne, etwas einfach gehaltene Klassikeradaptation

We Will Fall
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Die sechzehnjährige Izzy zieht mit ihren Eltern nach Brooklyn. Während ihr Zwillingsbruder Hull davon überhaupt nicht begeistert ist, findet sie sich schnell zurecht. In Brianne findet sie eine gute Freundin, ...

Die sechzehnjährige Izzy zieht mit ihren Eltern nach Brooklyn. Während ihr Zwillingsbruder Hull davon überhaupt nicht begeistert ist, findet sie sich schnell zurecht. In Brianne findet sie eine gute Freundin, in Schachspieler Tristan einen Schwarm. Doch der steht unter der Fuchtel seines Cousins Marcus, quasi der Boss des Viertels. Ausgerechnet der wirft jetzt ein Auge auf Izzy.

Die Geschichte der beiden ist an Tristan und Isolde angelehnt, dementsprechend war der grobe Handlungsverlauf schon vorher klar. Trotzdem hat die Autorin dem bekannten Stoff neues Leben eingehaucht, mir hat ihre Adaptation ganz gut gefallen. Einen gewissen Hang zum Kitsch und zur Dramatik muss man allerdings hinnehmen können ; ) Die Figuren sind modern, Izzy und Tristan sind sehr sympathisch. Leider ist Marcus recht klischeehaft geworden, und von dem aufmüpfigen Hull hätte ich mir einfach etwas mehr erwartet; da hat die Autorin definitiv Potential verschenkt. Der Erzählstil ist locker und flüssig, Emotionen werden gut transportiert. Selbst zum Schach, Tristans großes Hobby, wird dem Leser nebenbei Zugang gewährt; und das ganz ohne Belehrungen oder langwierige Erklärungen. Das Ende ist, wie man es bei dieser Geschichte erwarten kann, trotzdem fiebert und hofft man mit. Ein runder Jugendroman über die erste große Liebe und ihre Widrigkeiten.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Interessanter Künstlerroman

Die Zeit des Lichts
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1929 laufen sich in Paris zwei Menschen zufällig über den Weg: Man Ray, Künstler und Fotograf trifft auf die junge Lee Miller, die zwar ebenfalls künstlerische Ambitionen hat, diese bisher aber nicht ausleben ...

1929 laufen sich in Paris zwei Menschen zufällig über den Weg: Man Ray, Künstler und Fotograf trifft auf die junge Lee Miller, die zwar ebenfalls künstlerische Ambitionen hat, diese bisher aber nicht ausleben kann. Sie geht bei ihm in die Lehre, macht ihr Talent zur Fotografie zum Beruf. Bald verbindet die beiden nicht nur die Liebe zur Kunst, sondern auch zueinander.
Lee Miller war ein Name, den ich mit dem Foto in der Hitlerbadewanne verbinde, ansonsten wusste ich über sie aber quasi nichts. Scharer bringt dem Leser die Künstlerin näher, auch wenn sie sicherlich keine ganz einfache Person war. Ebenso Man Ray, der in diesem Roman ebenfalls viel Platz einnimmt. Die Beziehung der beiden ist natürlich geprägt von Kunst und ihrem Schaffen, aber auch von Eifersüchteleien und alten Liebesgeschichten. Die Autorin beschreibt gerade ihre Kunst sehr detailreich, man bekommt große Lust sich mit der Arbeit der beiden zu befassen. Ich finde es ein bisschen schade, dass über Lees Zeit als Kriegsreporterin nur sehr kurz berichtet wird. So definiert sich ihre Arbeit immer in Abhängigkeit von Man Ray, ihre eigenständige Arbeit geht einfach unter, wird nicht so richtig gewürdigt. Der Erzählstil ist etwas eigenwillig und distanziert, zwischenzeitlich empfand ich die Handlung auch etwas zäh. Trotzdem war die Zeit des Lichts ein interessanter Ausflug ins wilde Paris der 1930er, und ein guter Einblick in die frühen Schaffensjahre von Lee Miller.

Veröffentlicht am 13.10.2019

Digital-detox-frei

Offline - Du wolltest nicht erreichbar sein. Jetzt sitzt du in der Falle.
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Das neue Konzept eines Reiseveranstalters läuft unter dem Schlagwort Digital detox. In einem verschneiten Hotel in den Bergen sollen sich die Teilnehmer fernab von Smartphone, Internet & Co ganz auf sich ...

Das neue Konzept eines Reiseveranstalters läuft unter dem Schlagwort Digital detox. In einem verschneiten Hotel in den Bergen sollen sich die Teilnehmer fernab von Smartphone, Internet & Co ganz auf sich und ihre Kollegen konzentrieren. Doch die Lage spitzt sich zu als ein Schneesturm über sie hereinbricht; und noch ein bisschen mehr als der erste Teilnehmer schwer misshandelt aufgefunden wird.

Was hatte es mir der Klappentext angetan. Ehrlich. Und dann kam Arno Strobel daher, und bastelt aus der Idee ein Buch, das mir so gar nicht gefallen wollte. Ich hatte ja in meiner jugendlichen Naivität gedacht, dass es neben der angekündigten Folter durchaus auch um (ebenfalls angekündigt) Digital detox geht. Stimmt aber nicht. Schon lange vor Smartphone und Internet hätte man diesen Thriller quasi identisch schreiben können, der Schneesturm als Ausrede für Isolation und eine zerstörte Telefonleitung hätten denselben Ausgangspunkt für die Story geschaffen. Keine Rede von Internetsucht, Abhängigkeit von sozialen Medien, oder was man sonst noch hätte thematisieren können (und sollen). Stattdessen eine kurze lahme Gesprächsrunde à la „Ich konnte gar kein Selfie machen“ und fertig ist der Autor mit dem Thema. Aber vielleicht verkauft sich das Buch mit dieser Masche besser. Die Figuren sind auch nicht so recht gelungen, führen hölzerne Dialoge, in denen es hauptsächlich darum zu gehen scheint, wer mit wem wohin gehen/bleiben/reden wird. Einzig David fand ich amüsant, weil er mit seiner Art gezielt provoziert und damit wenigstens etwas frischen Wind in die Handlung bringt. Auch die Einsichten in den Kopf einer der Gefolterten fand ich nicht so schlecht. Mal abgesehen von der Tatsache, dass sie gefühlte 300x denkt „Was hat mir dieses Monster nur angetan? Ich darf nicht an den Namen denken, sonst wüsste ihn der Leser ja viel zu früh.“ Was soll das? Entweder ich will als Autor realistisch die Gedanken einer Gefolterten darstellen, die dann auch über die Person nachdenkt, die ihr all das Elend angetan hat. Oder ich will die Leser hinhalten und gehe ihnen damit unerhört auf die Nerven, wenn ich solche Sätze schreibe. Ich war beim Lesen unendlich genervt, muss ich das extra erwähnen? Die Handlung hat sich also nicht so recht nach meinem Geschmack entwickelt, Spannung wird hauptsächlich durch Gewalt erzeugt, die dann auch diverse Logiklöcher überdecken muss. Den Erzählstil fand ich ok, sonst allerdings nicht so sonderlich viel.

Fazit: Arno Strobel schreibt Bücher, die viele Leute zu mögen scheinen. Erkenntnis: ich bin nicht viele.

Veröffentlicht am 13.10.2019

Ein Wiedersehen mit den Isings

Eine Familie in Deutschland
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Im Jahre 1939 ist nicht nur die Kluft durch die deutsche Bevölkerung, sondern auch die innerhalb der Familie Ising größer geworden. Während Horst und seine Frau Ilse voll hinter dem Regime der Nationalsozialisten ...

Im Jahre 1939 ist nicht nur die Kluft durch die deutsche Bevölkerung, sondern auch die innerhalb der Familie Ising größer geworden. Während Horst und seine Frau Ilse voll hinter dem Regime der Nationalsozialisten stehen, muss seine Schwester um ihren jüdischen Mann Benny bangen. Auch Nesthäkchen Willy ist in Gefahr, gilt er doch als Reichsausschusskind. Und die Lage spitzt sich immer weiter zu…

Mit diesem zweiten Band erzählt Peter Prange aus dem Leben der Isings bis kurz nach der Kapitulation Deutschlands 1945. Mich hatte schon am ersten Band etwas gestört, dass praktisch alle Feindbilder der Nazis in der Isingfamilie bzw. der engeren Verwandtschaft zu finden sind. Das erscheint mir immer noch unrealistisch und wirkt zu gewollt. Die Charaktere selbst sind gut ausgearbeitet, überraschen können sie den Leser immer wieder. Manche gehen trotz aller Gefahren für meinen Geschmack zu naiv durchs Leben, aber auch das ist sicherlich realistisch, bedenkt man, dass viele die Gräueltaten der Nazis erst geglaubt haben, als es schon viel zu spät für Flucht bzw. Widerstand gewesen ist. Ich mochte Charly besonders, fand aber auch Gilla als ambivalente Figur sehr spannend (wenn auch nicht wirklich sympathisch). Die Stimmung im Land wird gut transportiert, kleine und große historische Ereignisse fließen wie nebenbei in die ganz persönlichen Schicksale ein. Der Erzählstil hat mir sehr gut gefallen, die besonders kurzen Kapitel (manchmal nur eine Seite) empfinde ich immer noch als etwas unglücklich. Kaum ist man bei einer Person angekommen, wird man dort schon wieder weggerissen. Trotzdem hat mir der Roman in der Summe der Dinge gut gefallen, und ich habe die Isings gerne auf ihrem Weg begleitet. Gehofft und gebangt, mich geärgert, manchmal gelacht, aber auf jeden Fall immer mitgefiebert.