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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.11.2019

Wunderbar

Die Ewigkeit in einem Glas
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Bridget Devine, genannt Bridie, bestreitet ihren Unterhalt im viktorianischen London mit Privatermittlungen. An ihrer Seite ihre übergroße Haushaltshilfe Cora; und seit neuestem der Geist eines toten Boxers. ...

Bridget Devine, genannt Bridie, bestreitet ihren Unterhalt im viktorianischen London mit Privatermittlungen. An ihrer Seite ihre übergroße Haushaltshilfe Cora; und seit neuestem der Geist eines toten Boxers. Letzterer könnte auf den Genuss von zu viel Tabakkraut zurückzuführen sein, zumindest klammert sich Bridie an diese Erklärung. Eine Erklärung wird auch für die Entführung der jungen Christabel gesucht; und vor allem dafür, warum der Vater in dieser Sache die Polizei außen vor lassen möchte.
Jess Kidd hat mich schon mit ihren beiden vorherigen Romanen begeistert, dementsprechend hoch waren die Erwartungen an diesen hier. Enttäuscht wurde ich nicht. Der Stil der Autorin ist sicherlich speziell und dürfte nicht jedem gefallen, ich mochte ihn sehr. Mit großer Fantasie und einem Sinn für kleine, feine Details entführt Kidd den Leser nach London. Die Atmosphäre stimmt, die Bilder sind sehr real und stehen einem beim Lesen sofort vor Augen. Die Geschichte wirkt z.T. märchenhaft, undefinierbar magisch und ist dabei noch sehr fesselnd. Bridie, Cora und ihr toter Boxer sind dem Leser sofort sympathisch, auch Nebenfiguren werden sehr schön ausgearbeitet. Ich will nicht zu viel verraten, aber Christabel ist immer für eine Überraschung gut. Ich fand Kidds Ideen dazu ganz wunderbar. „Die Ewigkeit in einem Glas“ ist ein außergewöhnlicher Mix aus Krimi, Magie und dem richtigen Gespür fürs Detail. Ich habe ihn sehr genossen.

Veröffentlicht am 01.11.2019

Und plötzlich ist alles anders

Für eine kurze Zeit waren wir glücklich
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Im heißen Sommer von 1961 fängt alles Elend mit der Leiche des kleinen Bobby Cole an. Die Brüder Frank und Jake wachsen bisher eigentlich sehr behütet auf, der Vater ist Prediger in der Gemeinde, jeder ...

Im heißen Sommer von 1961 fängt alles Elend mit der Leiche des kleinen Bobby Cole an. Die Brüder Frank und Jake wachsen bisher eigentlich sehr behütet auf, der Vater ist Prediger in der Gemeinde, jeder kennt hier jeden. Doch im Laufe des Sommers wird klar, dass die heile Welt von New Bremen nicht so heil ist, wie es zunächst scheint.
Kruegers Roman versetzt den Leser gekonnt in die 60er Jahre zurück, das Gefühl ist beim Lesen sofort da. Überhaupt hat er ein sehr gutes Händchen für die Atmosphäre, und so streift man mit den Brüdern durch die Hitze, schnippst Steine am Fluss und lässt die Beine von der Brücke baumeln. Frank fungiert als Erzähler, ihn lernt man besonders gut kennen und schnell auch schätzen. Im Laufe des Sommers muss der 13jährige erwachsen werden, und der Leser ist hautnah dabei. Seine Entwicklung zu verfolgen hat mindestens genauso viel Spaß gemacht wie den Tätern der Freveltaten auf die Spur zu kommen. Der Kriminalfall ist spannend, drängt sich aber nie in den Vordergrund. Der Fokus liegt meist auf den Beziehungen der Figuren untereinander. Es ist eher ein Roman der leisen Töne, der trotzdem sehr eindringlich und mitreißend ist. Das Leid, das sich durch die Familien dieses Städtchens zieht ist sehr vielgestaltig, erst nach und nach versteht man alle Zusammenhänge. Ich habe diesen Roman trotz des schweren Themas sehr genossen, denn Krueger lässt in allem Elend auch immer ein Fünkchen Hoffnung durchblitzen.

Veröffentlicht am 27.10.2019

High Fantasy vom Feinsten – kleine Verwirrungen nicht auszuschließen

Der Untergang der Könige
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Ein junger Mann sitzt im Kerker, bewacht von einem Monster in wunderschöner Frauengestalt. Das beginnt sich zu langweilen, und stellt ihn vor die Wahl: gefressen werden, oder doch die eigene Geschichte ...

Ein junger Mann sitzt im Kerker, bewacht von einem Monster in wunderschöner Frauengestalt. Das beginnt sich zu langweilen, und stellt ihn vor die Wahl: gefressen werden, oder doch die eigene Geschichte erzählen. Wie kommt ein Dieb und Musikant dazu, in den höchsten Adelskreisen von Quur zu verkehren? Kihrin beginnt zu erzählen…

Jenn Lyons hat ohne Frage einen epischen High Fantasy Roman geschrieben. Bis ins Letzte durchdacht, gut konstruiert, die Zusammenhänge haben Hand und Fuß, es gibt Magie, Dämonen und natürlich Drachen. Aber ich hätte ihn mehr genießen können, wäre ich nicht des Öfteren verwirrt gewesen: von den zwei Zeitsträngen mit in sich verschachteltem Aufbau. Von zig Personen, die ähnlich heißen, deren Verwandtschaftsverhältnisse sich alle naselang ändern, oder die gleich einen Seelentausch mit anderen vornehmen. Von Herrschaftsverhältnissen, die mir viel zu lange nicht klar waren. Usw. etc. pp. Dass ich den Roman trotzdem sehr mochte, spricht für die Erzählkunst der Autorin, die mich wirklich begeistert hat. Kihrin als Hauptfigur ist sehr gut gewählt. Er hat das Herz am rechten Fleck, aber trotzdem keine blütenweiße Weste. Auf den Mund gefallen ist er erst recht nicht, und so haben die Dialoge immer Pepp und auch Humor. Humor beweisen auch die Fußnoten des Chronisten, der die zwei Erzählungen immer wieder kommentiert und ergänzt. Auch wenn das nicht immer zum besseren Verständnis beiträgt, fand ich dieses Stilmittel wirklich originell und sehr gut gemacht. Überhaupt hat die Autorin viele gute Ideen, sodass die Handlung nie langweilig wird; trotz mancher Fragezeichen habe ich wunderbare Lesestunden mit Kihrin und Konsorten verbracht.
Fazit: Ein gewaltiger, ausschweifender, actionreicher und sehr mitreißender Roman. Ich will wissen wie es weitergeht… und lese bis zum Erscheinen von Band 2 diesen hier einfach noch mal, um auch die letzten Verwicklungen richtig zu verstehen ; )

Veröffentlicht am 18.10.2019

Moderne, etwas einfach gehaltene Klassikeradaptation

We Will Fall
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Die sechzehnjährige Izzy zieht mit ihren Eltern nach Brooklyn. Während ihr Zwillingsbruder Hull davon überhaupt nicht begeistert ist, findet sie sich schnell zurecht. In Brianne findet sie eine gute Freundin, ...

Die sechzehnjährige Izzy zieht mit ihren Eltern nach Brooklyn. Während ihr Zwillingsbruder Hull davon überhaupt nicht begeistert ist, findet sie sich schnell zurecht. In Brianne findet sie eine gute Freundin, in Schachspieler Tristan einen Schwarm. Doch der steht unter der Fuchtel seines Cousins Marcus, quasi der Boss des Viertels. Ausgerechnet der wirft jetzt ein Auge auf Izzy.

Die Geschichte der beiden ist an Tristan und Isolde angelehnt, dementsprechend war der grobe Handlungsverlauf schon vorher klar. Trotzdem hat die Autorin dem bekannten Stoff neues Leben eingehaucht, mir hat ihre Adaptation ganz gut gefallen. Einen gewissen Hang zum Kitsch und zur Dramatik muss man allerdings hinnehmen können ; ) Die Figuren sind modern, Izzy und Tristan sind sehr sympathisch. Leider ist Marcus recht klischeehaft geworden, und von dem aufmüpfigen Hull hätte ich mir einfach etwas mehr erwartet; da hat die Autorin definitiv Potential verschenkt. Der Erzählstil ist locker und flüssig, Emotionen werden gut transportiert. Selbst zum Schach, Tristans großes Hobby, wird dem Leser nebenbei Zugang gewährt; und das ganz ohne Belehrungen oder langwierige Erklärungen. Das Ende ist, wie man es bei dieser Geschichte erwarten kann, trotzdem fiebert und hofft man mit. Ein runder Jugendroman über die erste große Liebe und ihre Widrigkeiten.

Veröffentlicht am 16.10.2019

Interessanter Künstlerroman

Die Zeit des Lichts
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1929 laufen sich in Paris zwei Menschen zufällig über den Weg: Man Ray, Künstler und Fotograf trifft auf die junge Lee Miller, die zwar ebenfalls künstlerische Ambitionen hat, diese bisher aber nicht ausleben ...

1929 laufen sich in Paris zwei Menschen zufällig über den Weg: Man Ray, Künstler und Fotograf trifft auf die junge Lee Miller, die zwar ebenfalls künstlerische Ambitionen hat, diese bisher aber nicht ausleben kann. Sie geht bei ihm in die Lehre, macht ihr Talent zur Fotografie zum Beruf. Bald verbindet die beiden nicht nur die Liebe zur Kunst, sondern auch zueinander.
Lee Miller war ein Name, den ich mit dem Foto in der Hitlerbadewanne verbinde, ansonsten wusste ich über sie aber quasi nichts. Scharer bringt dem Leser die Künstlerin näher, auch wenn sie sicherlich keine ganz einfache Person war. Ebenso Man Ray, der in diesem Roman ebenfalls viel Platz einnimmt. Die Beziehung der beiden ist natürlich geprägt von Kunst und ihrem Schaffen, aber auch von Eifersüchteleien und alten Liebesgeschichten. Die Autorin beschreibt gerade ihre Kunst sehr detailreich, man bekommt große Lust sich mit der Arbeit der beiden zu befassen. Ich finde es ein bisschen schade, dass über Lees Zeit als Kriegsreporterin nur sehr kurz berichtet wird. So definiert sich ihre Arbeit immer in Abhängigkeit von Man Ray, ihre eigenständige Arbeit geht einfach unter, wird nicht so richtig gewürdigt. Der Erzählstil ist etwas eigenwillig und distanziert, zwischenzeitlich empfand ich die Handlung auch etwas zäh. Trotzdem war die Zeit des Lichts ein interessanter Ausflug ins wilde Paris der 1930er, und ein guter Einblick in die frühen Schaffensjahre von Lee Miller.