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Veröffentlicht am 03.10.2019

Melmoth

Melmoth
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Helen ist Mitte 40, arbeitet als Übersetzerin von Bedienungsanleitungen in Prag, und bleibt gerne für sich. Karel, einer ihrer wenigen Freunde in der fremden Stadt ist es dann auch, der sie auf die Legende ...

Helen ist Mitte 40, arbeitet als Übersetzerin von Bedienungsanleitungen in Prag, und bleibt gerne für sich. Karel, einer ihrer wenigen Freunde in der fremden Stadt ist es dann auch, der sie auf die Legende von Melmoth aufmerksam macht. Melmoth, die einsame Frau, die auf der Suche nach Mitreisenden durch die Lande zieht. Angezogen von Unglück, Unrecht und vor allem Schuld. Helen ist fasziniert, und gräbt in Bibliotheken nach weiteren Hinweisen auf Melmoth. Denn über ihrem eigenen Leben liegt ebenfalls ein Schatten.
Sarah Perry überzeugt mit einer wirklich runden Geschichte, die jedoch sicherlich nicht für jeden etwas ist. Helens Geschichte in gerade zu Beginn undurchsichtig, man erfährt nicht sonderlich viel über sie, und sie bleibt einem bis zum Schluss etwas fremd. Die wenigen anderen Figuren sind ebenfalls nicht hundertprozentig ausgearbeitet, bleiben so dezent auf ihre Funktion reduziert, was mich aber überhaupt nicht gestört hat, weil es einfach zu der etwas geheimnisvollen Aura der Handlung gepasst hat. Mir war die Legende von Melmoth bis dato nicht bekannt, ich fand es aber sehr spannend mehr darüber zu erfahren. Eine außergewöhnliche und düstere Erzählung, die eine gute Basis für diesen Roman bildet. Ein großer Teil der Handlung wird von Erfahrungsberichten und Briefen mit und über Melmoth bestimmt; für mich hätte das etwas kürzer ausfallen dürfen, gerade im Mittelteil verliert die Handlung dadurch etwas von ihrem schaurigen Glanz. Apropos schaurig… sooo schaurig wie zuvor vermutet/erhofft war es leider doch nicht, da hätte es für mich ein bisschen mehr sein dürfen.
Sprachlich ist dieses Buch allerdings wirklich ein Genuss. Sehr poetisch, lebendig und bildgewaltig entführt die Autorin den Leser nach Prag. Jede Schneeflocke, jeden Papierschnipsel am Wegesrand macht sie zum Ereignis. Ich mochte ihren Stil schon bei der Schlange von Essex sehr, doch hier hat Perry sich noch einmal gesteigert. Gerade die letzten Kapitel fand ich unglaublich gut geschrieben. Auch wird man als Leser immer wieder direkt angesprochen, was mich natürlich erst recht in die Geschichte gesogen hat.
Insgesamt mochte ich diesen Roman mit kleinen Abstrichen sehr gerne, und ich bin schon jetzt gespannt wohin uns die Autorin als nächstes entführt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
Veröffentlicht am 22.09.2019

Gefangen auf Blackheath - Mitdenken definitiv erwünscht

Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
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Die junge Evelyn Hardcastle wird ermordet. Jeden Tag aufs Neue, denn das Herrenhaus Blackheath sitzt in einer Zeitschleife fest. Solange bis Aiden, der nach jedem Schlaf in einem neuen Körper erwacht, ...

Die junge Evelyn Hardcastle wird ermordet. Jeden Tag aufs Neue, denn das Herrenhaus Blackheath sitzt in einer Zeitschleife fest. Solange bis Aiden, der nach jedem Schlaf in einem neuen Körper erwacht, dem Mörder auf die Spur gekommen ist, bleibt es auf Blackheath ein und derselbe Tag. Aiden erhält so die Möglichkeit aus unterschiedlichen Sichtweisen und mit verschiedensten Fähigkeiten zu ermitteln. Man ist also als Leser nicht nur an den Mordermittlungen interessiert, sondern die wechselnden Figuren und ihre Eigenarten machen ihren ganz eigenen Reiz aus. Immer steckt ein Stück Aiden, aber eben auch ein Stück vom „Wirt“ in dem Tun und Lassen des Detektivs des Tages. Klingt höllisch verwirrend, aber man kann dem Puzzle trotz allem recht gut folgen; mitdenken sollte man aber schon ; ) Nach und nach werden Hintergründe und Geheimnisse aufgedeckt, vermeintliche Paradoxa aufgeklärt und lose Fäden zusammengeführt; natürlich ist nichts so wie es zunächst scheint. Lediglich mit der Auflösung am Ende war ich etwas unglücklich, was aber hinter dem Gesamtkonstrukt des Vorherigen gar nicht mehr so wichtig war. Mich hat der Autor auch mit seinem Stil überzeugt, gerade die düstere Atmosphäre des Herrenhauses ist greifbar nah. Alles steht einem bildlich vor Augen, sei es das knisternde Feuer im Kamin, seien es die herbstlichen Wälder um das Anwesen. Turton kann erzählen, und das hat er mit diesem ungewöhnlichen Krimidebüt mehr als bewiesen.

Veröffentlicht am 21.09.2019

Zurück in Björnstadt

Wir gegen euch
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Nach den Ereignissen im Frühjahr ist das Leben in Björnstadt nicht mehr dasselbe. Nach der Vergewaltigung eines jungen Mädchens durch DEN Star der Eishockeyjunioren ist nicht nur das Team, sondern auch ...

Nach den Ereignissen im Frühjahr ist das Leben in Björnstadt nicht mehr dasselbe. Nach der Vergewaltigung eines jungen Mädchens durch DEN Star der Eishockeyjunioren ist nicht nur das Team, sondern auch der Zusammenhalt der ganzen Stadt gefährdet; hatte man sich doch zunächst vor den Täter gestellt, um ihn zu schützen. Vergessen kann keiner, trotzdem muss das Leben weitergehen.

Ich mochte „Kleine Stadt der großen Träume“ wirklich sehr, hatte nach der Lektüre einige offene Fragen und habe mich deswegen sehr über diesen Nachfolger gefreut. Wirklich enttäuscht wurde ich nicht, begeistern konnte mich der Autor aber dieses Mal nicht. Ich fand die Story oft sehr plakativ und z.T. auch künstlich aufgebauscht. Auf jeden Fall dreht sich die Handlung zu oft im Kreis oder wird künstlich verlangsamt, um die Seitenzahl zu rechtfertigen. Mit seinen Charakteren kann Backman hingegen wieder punkten, man sollte jedoch auf jeden Fall Teil 1 gelesen haben, um ihre Handlungen und Gedanken nachvollziehen zu können. Neue Figuren fügen sich gut ins Gesamtbild ein, auch wenn bei einigen doch kleine Ungereimtheiten auffallen.
Was mich bereits im ersten Band gestört hat, hat sich hier leider wiederholt: ständige Vorwegnahmen und düstere Aussprüche wie „Wenn sie immer ein Paar geblieben wären“, „Das sollte sich noch rächen“, etc. sind inflationär vertreten. Nach einer Weile war ich davon mehr als genervt. Die Handlung bietet ja durchaus genug, um den Leser an die Seiten zu binden, da hätten derart billige Mittelchen nicht sein müssen. Abgesehen davon hat mir der Erzählstil aber gut gefallen, Emotionen und Stimmungen werden sehr gut transportiert, man kann sich Land und Leute sehr gut vorstellen.
Unterm Strich fand ich „Wir gegen euch“ zwar angenehm zu lesen, bin aber trotzdem der Meinung, dass es diese Fortsetzung nicht zwingend gebraucht hätte, zumindest nicht in vorliegender Länge.

Veröffentlicht am 18.09.2019

Miroloi

Miroloi
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Auf einer kleinen Insel im Meer lebt eine verschworene Gesellschaft. Mit einfachsten Mitteln bestreiten sie ihren Alltag, Frauen haben ihren Männern zu gehorchen, die wiederum halten sich an die hausgemachten ...

Auf einer kleinen Insel im Meer lebt eine verschworene Gesellschaft. Mit einfachsten Mitteln bestreiten sie ihren Alltag, Frauen haben ihren Männern zu gehorchen, die wiederum halten sich an die hausgemachten Gesetze des Ältestenrats. Dazwischen findet sich ein namenloses Mädchen, das als Sündenbock für die ganze Gesellschaft herhalten muss. Nicht einmal einen Namen gestehen sie ihr zu, und nur ihrem Ziehvater verdankt sie etwas Schutz. Doch eines Tages bröckeln die alten Strukturen; zumindest ein bisschen.
Karen Köhlers Roman liest sich wirklich intensiv. Man muss sich zunächst an den eigenwilligen Stil gewöhnen, einfache, aber dennoch ausdrucksstarke Sätze bestimmen die Geschichte. Als Erzählerin fungiert das namenlose Mädchen, deren mangelnde Bildung sich eben auch in ihrer Sprache wiederfindet; vieles kann sie nicht benennen, denkt sich dafür neue Worte aus, Gefühle kann sie oft gar nicht in Worte fassen. Ihr Leben ist wirklich hart, die sinnlose Ächtung der Dorfbewohner spürt man mit jeder Zeile, der Autorin gelingt es hervorragend jedes noch so kleine bisschen Schmerz schonungslos an den Leser weiterzugeben. Mich hat ein wenig gestört, dass Veränderungen der Situation immer nur von außen angestoßen wurden bzw. von recht vorhersagbaren Ereignissen, die manchmal doch eher künstlich herbeigeführt wurden. So lebt der Roman weniger von überraschenden Wendungen, sondern eher von den transportierten Emotionen und eben auch davon, dass man als Leser gehörig ins Grübeln kommt. Insgesamt bleiben mir am Ende zu viele Fragen unbeantwortet; ein offenes Ende finde ich völlig in Ordnung, aber das ein oder andere Warum hätte die Autorin für meinen Geschmack noch beantworten müssen. So bleibt die gehaltvolle Geschichte leider etwas im luftleeren Raum hängen. Schade.

Veröffentlicht am 11.09.2019

Frankie 2

Todeslügen
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Eine Leiche im Priesterornat; doch es ist nicht der Priester. Eine weitere Leiche, halbnackt, doch es liegt kein Missbrauch vor. Ein Killer, der seine gerechte Strafe für den Mord an seinen Eltern abgesessen ...

Eine Leiche im Priesterornat; doch es ist nicht der Priester. Eine weitere Leiche, halbnackt, doch es liegt kein Missbrauch vor. Ein Killer, der seine gerechte Strafe für den Mord an seinen Eltern abgesessen hat. Oder war er es am Ende doch nicht?

Frankie Sheehan hat in diesem Band viele Rätsel zu lösen. Vielleicht war es die ein oder andere Verstrickung zu viel. Oder ich war nach dem ersten Band „Zu nah“, der mir super gefallen hat, mit zu hohen Erwartungen ans Buch gegangen. Oder ich bin mit dem falschen Lesebein aufgestanden… Oder, oder, oder. Warum auch immer, der Funke ist bei mir nicht übergesprungen. Die Figuren stimmen, die etwas düstere Atmosphäre stimmt auch. Aber der Fall/die Fälle haben mich nicht mitgerissen. Zündstoff wäre genug da, doch die Autorin schafft es einfach nicht mich dauerhaft für die Story zu begeistern. Es kommen immer mal spannende Momente auf, doch dann wird das Potential nicht ausgeschöpft, ein spannungsdämpfender Blick in die Vergangenheit geworfen, oder irgendwas wiederholt. Ich mag Frankie, ich mochte Band 1, somit würde ich der Reihe noch mal eine Chance geben. Aber der vorliegende Band hat mich doch etwas enttäuscht zurückgelassen.