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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.08.2019

Definitiv Horror

Harz
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„Ich weiß nicht, ob ich unser Leben als Märchen oder als Horrorgeschichte bezeichnen soll. Vielleicht ein bisschen von beidem?“
Die 7Jährige Liv lebt mit ihrem Bruder und ihren Eltern auf einem verborgenen ...

„Ich weiß nicht, ob ich unser Leben als Märchen oder als Horrorgeschichte bezeichnen soll. Vielleicht ein bisschen von beidem?“
Die 7Jährige Liv lebt mit ihrem Bruder und ihren Eltern auf einem verborgenen Hof im Norden einer Insel. Der Vater bringt ihr vieles bei, erklärt ihr viel zu der örtlichen Flora und Fauna, bringt ihr Fischen und Bogenschießen bei. Dafür nutzt er auch gerne Dinge, die andere einfach so entsorgt haben, schließlich kann man im Sinne der Nachhaltigkeit viel upcyclen.
Klingt so erst mal ganz normal. Doch der Leser merkt sehr viel schneller als Liv, dass in ihrem Leben gehörig etwas falsch läuft. So circa auf Seite eins, da wird nämlich erst mal die Großmutter ermordet. Doch die Isolation von anderen Menschen verhindert eben auch, dass Liv lernen kann was richtig und falsch ist. Die Ansichten des Vaters sind dazu eben – naja – speziell. Man sieht als Leser hilflos zu wie der Hof und die Menschen darin im absoluten Chaos und Elend versinken. Die Hoffnung gibt man nie auf, schon alleine deswegen, weil einem Liv so schnell ans Herz gewachsen ist. Bei der Lektüre wird man von Ane Riel nicht geschont, Ekel, Abscheu, Angst, Verzweiflung, viele Emotionen prasseln auf einen ein. Aber auch die wenigen Lichtblicke sind von der Autorin so unglaublich intensiv geschildert wie sie eben auch die negativen Seiten zeigt. Mich hat ihr Stil völlig gefesselt. Harz ist sicherlich kein typischer Thriller, sondern eher ein Psychogramm eines sehr kranken Mannes, und die Auswirkungen auf seine Familie. Mir hat die Geschichte trotzdem sehr gefallen.

Veröffentlicht am 04.08.2019

Rahel und das Eichhörnchen

Wir von der anderen Seite
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Gerade noch steckte Rahel in den Weihnachtsvorbereitungen, da findet sie sich plötzlich im Krankenhaus wieder. Tagelang hat sie im Koma gelegen, ihr Leben steht immer noch auf Messers Schneide. Wirre Fieberträume, ...

Gerade noch steckte Rahel in den Weihnachtsvorbereitungen, da findet sie sich plötzlich im Krankenhaus wieder. Tagelang hat sie im Koma gelegen, ihr Leben steht immer noch auf Messers Schneide. Wirre Fieberträume, medikamenteninduzierte Halluzinationen von freundlich winkenden Eichhörnchen bestimmen ihre kurzen Wachphasen genauso wie die Besuche ihrer Familie.

Ich bin absolut kein Fan der geradezu inflationär auf den Buchmarkt geworfenen Ich-bin-ach-so-krank-Stories, aber Anika Deckers Roman ist einfach anders. Schonungslos ehrlich erzählt Rahel von ihren Ängsten, aber auch ganz pragmatisch von ihren Tagen im Krankenhaus. Man fühlt jederzeit mit, freut sich über den ersten gegessenen Löffel Joghurt, leidet mit beim Warten auf Ergebnisse, schämt sich bei den doch entwürdigenden Details wie Bettpfanne & Co. Die Autorin beschreibt all das sehr detailliert, gleichzeitig aber auf eine sehr flappsige, frische und humorvolle Art und Weise. Aber auch melancholische Töne kommen zum Tragen, je mehr Rahel ihre Situation versteht, desto mehr setzt sie sich auch mit ihrem alten Leben auseinander. Der Leser tut das natürlich auch, und fragt sich immer mehr, auf was es im Leben denn wirklich ankommt. Stoff zum Nachdenken, zum Lachen und Daumen drücken. Ein Roman, der wirklich mal anders ist. Ich mochte ihn sehr.

Veröffentlicht am 04.08.2019

Jelena – Elena - Lena

Die Leben der Elena Silber
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Von dem kleinen russischen Dorf, in dem sie geboren wurde, ist es ein weiter Weg bis nach Berlin, wo sie mit ihren vier verbliebenen Töchtern schließlich wohnen bleibt. Elena Silbers Leben ist geprägt ...

Von dem kleinen russischen Dorf, in dem sie geboren wurde, ist es ein weiter Weg bis nach Berlin, wo sie mit ihren vier verbliebenen Töchtern schließlich wohnen bleibt. Elena Silbers Leben ist geprägt von Verlusten, Krieg, Missgunst und dem Gefühl nicht reinzupassen. Diesem Leben spürt ihr Enkel Konstantin nach. Auf der Suche nach der verborgenen Wahrheit seiner Familie treibt es ihn quer durch Europa.

Alexander Osang erzählt seinen Familienroman auf mehreren Zeitebenen, trotzdem fällt es einem erstaunlich leicht, immer wieder anzuknüpfen. Elenas Leben ist sehr interessant, ihre Figur eine Herausforderung. Richtig nah kommt man ihr und ihrem Leben trotzdem nicht, bis zuletzt bleiben manche Wahrheiten im Dunkeln. Konstantin fand ich sehr blass, er ist und handelt sehr ziellos, auch wenn er sich jetzt gerade mal in den Kopf gesetzt hat, die Familiengeschichte aufzuarbeiten. Seinen Befragungen der Familienmitglieder, seinen Besuchen an früheren Wohnorten fehlt das echte Herzblut, und so konnte ich ihn einfach nicht ernst nehmen. Ich hatte vielleicht einfach etwas Anderes von diesem Roman erwartet, eine Familie, die vergangenes und aktuelles Geschehen wiederspiegelt; doch obwohl Elena viel erlebt, hatte ich nie das Gefühl Geschichte zum Anfassen zu haben. Dazu trägt natürlich auch der distanzierte Erzählstil bei, der sich zwar gut lesen lässt, aber eben echte Nähe verhindert. Die eine oder andere Länge schleicht sich auch ein, und da man das Ende schon relativ früh erfährt, bleibt die Handlung zwar abwechslungsreich, aber ohne echten Höhepunkt. Ich fand den Roman unterm Strich ganz ok, begeistern konnte er mich leider nicht.

Veröffentlicht am 01.08.2019

Ein würdiger 10ter Fall

Jagd auf die Bestie (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 10)
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Lucien Folter, Serienmörder, Psychopath und pikanterweise ehemaliger Zimmergenosse von Robert Hunter ist wieder auf freiem Fuß. Aus dem Hochsicherheitsgefängnis entflohen, verkriecht er sich jetzt nicht ...

Lucien Folter, Serienmörder, Psychopath und pikanterweise ehemaliger Zimmergenosse von Robert Hunter ist wieder auf freiem Fuß. Aus dem Hochsicherheitsgefängnis entflohen, verkriecht er sich jetzt nicht etwa um die wiedergewonnene Freiheit zu genießen. Nein, Lucien muss seine Mordstudien beenden; dafür spielt er nicht nur mit dem Leben seiner Opfer, sondern auch mit Hunter.

Dieser Band knüpft an den vorherigen (Blutrausch) an und bezieht sich außerdem stark auf Band 6 (Die stille Bestie). Zumindest letzteren sollte man also vor der Lektüre des neuesten Bandes rund um Hunter und Garcia gelesen haben. Lucien Folter ist also kein neuer Bösewicht, zeigt sich in diesem Buch aber von einer neuen, noch scheußlicheren Seite. Gerade die Tatsache, dass er den schlauen Hunter so klein hält, macht einen besonderen Reiz aus, dieser Fall hat eine zutiefst persönliche Note. Ich fand das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden sehr spannend und mitreißend, Carters Stil macht einfach Spaß. Seine Thriller gefallen mir eigentlich immer, dieser hier war der erste, den ich in einem Rutsch durchlesen musste. Ein toller zehnter Band, der jetzt schon Lust auf den elften macht.

Veröffentlicht am 18.07.2019

Eine etwas andere Lovestory

Die einzige Geschichte
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Jeder Mensch erlebt in seinem Leben DIE eine Lovestory, DIE eine Liebe, die alles bedeutet. Paul trifft seine große Liebe mit 19 im Tennisclub. Er ist gerade mit der Schule fertig, sie ist Ende 40 und ...

Jeder Mensch erlebt in seinem Leben DIE eine Lovestory, DIE eine Liebe, die alles bedeutet. Paul trifft seine große Liebe mit 19 im Tennisclub. Er ist gerade mit der Schule fertig, sie ist Ende 40 und verheiratet. Trotzdem brechen sie mit allen Konventionen, und bleiben jahrelang ein Paar.
Barnes‘ Roman klingt auf den ersten Blick äußerst kitschig, wenn, ja wenn es eben nicht ein Roman aus seiner Feder wäre. Es folgen keine süßlichen Schmachtszenen, sondern zarte und z.T. sehr witzige Situationen aus der Beziehung zwischen Paul und Susan. Auch auf die Probleme, auf die ein so ungleiches Paar trifft, wirft der Autor ein Auge, mal verständnisvoll, mal kritisch. Ich mochte seine Betrachtungen sehr, immer wieder bringt einen der Autor zum Nachgrübeln. Sein Stil war wie bei seinen bisherigen Romanen ein ganz besonderer, ich konnte mich aber diesmal nicht völlig in seinen Formulierungen verlieren. Die beiden Hauptfiguren Paul und Susan sind sehr gut gelungen, gerade Paul lernt man sehr gut kennen, wird doch aus seiner Perspektive erzählt. Er wird im Laufe der Handlung immer erwachsener, sodass die Entwicklung dieser Figur besonders interessant zu verfolgen ist. Ich hätte mir etwas mehr Einsicht in Susans Kopf gewünscht, ebenso einen etwas weniger klischeehaften Ehemann, der mir doch viel zu stereotyp geraten ist. Trotzdem tragen die vorhandenen Figuren sehr gut durch die Handlung, und ich habe v.a. Pauls Gedanken gerne verfolgt. Insgesamt war die einzige Geschichte vielleicht nicht Barnes‘ allerbestes Buch, aber trotzdem ein sehr gutes, das zum Nachgrübeln und Versinken einlädt.