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Veröffentlicht am 15.07.2019

Barudis letzter Fall

Die geheime Mission des Kardinals
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In Damaskus fiebert Kommissar Barudi seiner Pensionierung entgegen, nur noch wenige Wochen trennen ihn vom wohlverdienten Ruhestand. Doch sein letzter Fall verlangt ihm noch einmal alles ab. In der italienischen ...

In Damaskus fiebert Kommissar Barudi seiner Pensionierung entgegen, nur noch wenige Wochen trennen ihn vom wohlverdienten Ruhestand. Doch sein letzter Fall verlangt ihm noch einmal alles ab. In der italienischen Botschaft wird die Leiche eines Kardinals in einem Fass Olivenöl aufgefunden. Zusammen mit seinem extra aus Italien eingeflogenen Kollegen Mancini macht sich Barudi auf Spurensuche, und verstrickt sich in einem Netz aus Glauben und Aberglaube, Macht und Korruption.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich vom Klappentext mehr als angetan war. Ein Krimi mit Gehalt wurde versprochen. Im Prinzip habe ich vor allem letzteres auch bekommen, trotzdem konnte mich das Buch nicht recht überzeugen. Ich mochte die Auszüge aus Barudis Tagebuch sehr, hier kann man ihn denken hören. Die restliche Handlung ist sehr distanziert erzählt, die Protagonisten agieren ein bisschen im luftleeren Raum, das Geschehen kam einfach nicht an mich heran. Natürlich gibt es viele Konflikte, zwischen Muslimen und Christen, zwischen dem tiefverwurzeltem Glauben und denjenigen, die an gar nichts mehr glauben können. Auch die Übermacht der Obrigkeit kommt gut rüber, wenn hier etwas vertuscht werden soll, wird es für Barudi und Kollegen schnell lebensbedrohlich. Die Unsicherheit, die ständige Bedrohung von verschiedensten Seiten und die Stimmung in der Gesellschaft werden gut wiedergegeben. Ich war v.a. von den Figuren enttäuscht, gerade Barudi handelt sehr unglaubwürdig. Er, der sich seiner Bedrohung durch falsche Freunde ständig bewusst ist, ausgerechnet er schließt quasi auf den ersten Blick Freundschaft mit einem Ausländer? Auch seiner großen Liebe trauert er seit Jahren hinterher, wird dann aber doch innerhalb von Minuten im Sturm erobert? Glatter und konstruierter geht es kaum. Auch der Krimiaspekt war eher enttäuschend, Spannung gibt es kaum, eher verliert sich die Handlung in nüchternen und eher langatmigen Schilderungen. „Die geheime Mission des Kardinals“ punktet mit Beschreibungen zu Land und Leuten; ansonsten aber eher nicht.

Veröffentlicht am 13.07.2019

Musik

Der Klavierspieler vom Gare du Nord
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Ein altes Klavier steht im Gare du Nord, wird täglich von Pendlern und Reisenden mehr schlecht als recht bespielt. Eines Tages lauscht Pierre einem jungen Musiker, der ihn mit seinem feinfühligen Spiel ...

Ein altes Klavier steht im Gare du Nord, wird täglich von Pendlern und Reisenden mehr schlecht als recht bespielt. Eines Tages lauscht Pierre einem jungen Musiker, der ihn mit seinem feinfühligen Spiel beeindruckt. Und das will etwas heißen, ist Pierre doch Direktor des Musikkonservatoriums. Doch Mathieu will von Pierres Anliegen bei ihm zu studieren nichts wissen, sein Leben in der Pariser Vorstadt bietet keinen Platz für die hohe Kunst der Musik.

Der Roman von Gabriel Katz hat mich wirklich gut unterhalten. Er lebt von seiner anschaulichen Beschreibung der Musik, denn dem Autor gelingt es ganz hervorragend den Leser in die Klangwelt eintauchen zu lassen. Klassische Stücke werden zum Leben erweckt und begeistern allein schon auf dem Papier. Die zwei Hauptfiguren könnten unterschiedlicher nicht sein, trotzdem kommen sie quasi mühelos miteinander aus. Die wenigen Konflikte wirken konstruiert, insgesamt war mir das Geschehen einfach etwas zu glatt, was unrealistisch wirkte. Allgemein ist die Handlung recht vorhersehbar, wenn auch gut erzählt. Das Pariser Lebensgefühl kommt sehr gut rüber, die Atmosphäre passt zur charmanten Geschichte. Ich mochte Katz‘ Roman gerne, auch wenn ich mir etwas mehr Ecken und Kanten gewünscht hätte.

Veröffentlicht am 11.07.2019

Bei mir völlig durchgefallen

Die Magdalena-Verschwörung
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Vor dem Tower of London taucht eine geköpfte Frauenleiche auf; pikanterweise verkleidet als Anne Boleyn. Die Tote stand kürzlich in Verbindung mit Maureen Paschal, ihres Zeichens Journalistin mit einem ...

Vor dem Tower of London taucht eine geköpfte Frauenleiche auf; pikanterweise verkleidet als Anne Boleyn. Die Tote stand kürzlich in Verbindung mit Maureen Paschal, ihres Zeichens Journalistin mit einem Faible für Maria Magdalena. Ausgerechnet sie findet neue Dokumente aus Anne Boleyns Zeiten. Gibt es da etwa eine Verbindung zum Mord?
Nach der Lektüre kann ich das beantworten: Nö. Also augenscheinlich schon, denn Anne Boleyns Name wird sowohl in der Gegenwart wie auch in der Vergangenheit genannt. Inhaltliche Verbindungen sucht man vergebens. Wie so vieles in diesem „Thriller“. Eigentlich handelt es sich hier um einen historischen Roman über Anne Boleyn. Um einen recht trockenen, manchmal auch langatmigen Roman, der das Schicksal von Heinrichs zweiter Ehefrau mit einer geheimen, Maria Magdalena verehrenden Glaubensgemeinschaft verknüpft. Leider ist irgendjemand auf die Idee gekommen, aus dem mittelmäßigen historischen Roman dann doch lieber einen Thriller zu machen, indem eine lieblos gestrickte, hanebüchene, völlig vorhersehbare Rahmenhandlung drumrumgebastelt wurde. Spannung gibt es nicht, dafür Leichen in Akkordarbeit, damit sich die Genrebezeichnung vielleicht doch irgendwie lohnt. Es werden Fragen aufgeworfen, die auch am Ende des Buches unbeantwortet bleiben, die Auflösung des Falles grenzt eher an einen schlechten Scherz; will heißen: das Konzept vom Genremix ist so dermaßen gefloppt ; ) Der Stil der Autorin ist eigentlich gar nicht so schlecht (von sinnbefreiten 3-Wort-Sätzen mal abgesehen), aber inhaltlich konnte ich mit diesem Buch so gar nichts anfangen. Verleidet wurde mir die Lektüre zunehmend auch durch die Feminismuskeule, die die Autorin leidenschaftlich und übertrieben häufig schwingt. Im krassen Gegensatz dazu steht ihre Hauptfigur Maureen, die sich hauptsächlich durch ihre Schönheit und ihren sicherlich ebenfalls schönen + superreichen Mann auszeichnet. Da ist der feministische Ansatz dann wohl unter der ganzen Schönheit untergegangen. Auch die Charaktere konnten bei mir also nicht punkten. Anne wird etwas besser gezeichnet, hier ist aber der Wunsch der Autorin deren schlechten Ruf zu retten überdeutlich. Wie in so vielem schießt McGowan hier einfach mal wieder über das Ziel hinaus, sodass auch diese Figur unter zu viel Konstruktion leidet.
Fazit: ich kann keine neutrale Rezension zu diesem Buch schreiben. Erstens weil ich es nicht ernst nehmen kann, zweitens weil es mich dazu viel zu sehr genervt hat. Wer gute Unterhaltung sucht, sollte im Laden besser zu einem anderen Buch greifen (der Rest der Maureen-Reihe soll vom Hörensagen gar nicht so schlecht sein). Wer sich anschauen will, wie man eine gute Romanidee völlig in den Sand setzt, darf gerne zugreifen.

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Veröffentlicht am 06.07.2019

Dschungel

Dschungel
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„Wenn ein Mensch verschwindet, hinterlässt er ein Loch. So unendlich tief und dunkel, man kann hineinfallen und nie wieder auftauchen.“ (S. 327)
Der beste Freund unseres Erzählers ist so ein spurlos Verschwundener. ...

„Wenn ein Mensch verschwindet, hinterlässt er ein Loch. So unendlich tief und dunkel, man kann hineinfallen und nie wieder auftauchen.“ (S. 327)
Der beste Freund unseres Erzählers ist so ein spurlos Verschwundener. Zu einem Trip durch Asien aufgebrochen, hören weder seine Mutter noch sein bester Freund wochenlang auch nur ein Sterbenswörtchen von ihm. Als die Mutter völlig zu verzweifeln scheint, macht sich sein Freund aus Kindertagen auf ihn zu suchen. Widerwillig, überhaupt nicht abenteuerlustig, und bockig, weil der verrückte Felix ihn mal wieder zu etwas zwingt. Zu einer Reise ins ferne Asien, zu einer Reise in die gemeinsame Vergangenheit.

Dieser Roman kommt recht unscheinbar daher, und dann entwickelt er doch eine erzählerische Kraft und einen Sog, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Einerseits weil man natürlich unbedingt wissen will, wo Felix steckt. Andererseits erfährt man häppchenweise von der Kindheit und Jugend der zwei Jungs, sodass sich erst nach und nach die gesamte Geschichte entfaltet. Dem namenlosen Erzähler folgt man gerne auf seiner exotischen Odyssee, die nicht nur von der spannenden Suche, sondern eben auch von Land und Leuten lebt. Gerade die Beschreibungen der Natur fand ich sehr bildhaft, man wähnt sich sofort am heißen Sandstrand oder im schwülen Dschungel. Das Ende kommt dann nicht ganz so bildgewaltig und wuchtig daher wie der Spannungsbogen vorher vermuten ließ, trotzdem war dieser Roman für mich ein großes Vergnügen.

Veröffentlicht am 04.07.2019

Panah

Die Geschichte der schweigenden Frauen
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„Man kann sich niemals den Regeln von Green City beugen, wenn man im Herzen rebelliert.“
Sabine ist so eine Rebellin. Sie lebt mit anderen Frauen in der Panah, einem sicheren Refugium unter der Wüste vor ...

„Man kann sich niemals den Regeln von Green City beugen, wenn man im Herzen rebelliert.“
Sabine ist so eine Rebellin. Sie lebt mit anderen Frauen in der Panah, einem sicheren Refugium unter der Wüste vor Green City. So entgeht sie dem Schicksal aller Bürgerinnen der Stadt, die gleich mit mehreren Männern verheiratet werden, um möglichst viele Kinder in den Welt zu setzen.

Bina Shah zeigt in ihrer feministischen Dystopie ein düsteres Bild, in dem die Beziehung zwischen Mann und Frau auf das Nötigste reduziert wird: den Fortbestand der eigenen Art zu sichern. Staatlich organisiert, gefühllos und ohne den Frauen überhaupt einen eigenen Willen zuzugestehen. Die werden zwar in Watte gepackt, gehegt und gepflegt, aber natürlich nur, wenn sie sich dem System unterwerfen. Diese Situation birgt natürlich viel Konfliktpotential und Stoff zum Nachdenken. Die wenigsten Leser können sich wahrscheinlich mit den Frauen in der Brutmaschinerie identifizieren, sondern fühlen eher mit den Rebellen mit. Genau das fand ich dann viel zu einseitig dargestellt, gerade Einblicke in die „normale“ Welt von Green City hätten gewiss noch Potential gehabt. So erlebt man einfach zu wenig vom Alltag, wodurch die Botschaft der Autorin etwas untergeht. Auch ist mir die Entstehung dieser Gesellschaft nicht recht klar geworden, die Männer waren und sind die Tonangebenden. Warum das auch in den Zeiten vor Konflikten, Kriegen und Epidemien schon der Fall war, warum es keine Aufstände der Frauen gegen die gesellschaftlichen Entwicklungen gab, all das bleibt irgendwie im Dunkeln und zumindest für die westliche Welt doch etwas unlogisch. Nichtsdestotrotz hat mir Shahs Roman gut gefallen, denn er liefert nicht nur einige Denkanstöße, sondern kann mit glaubhaften Charakteren eine spannende und gleichzeitig düstere Geschichte erzählen. Den Stil der Autorin mochte ich sehr, sie entwirft sehr lebendige Bilder, die man sofort vor Augen hat, egal ob es sich dabei um den Unterschlupf der Rebellen oder einen ausgewachsenen Sandsturm handelt.
Unterm Strich also ein lesenswerter Roman mit kleinen Schwächen.