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Veröffentlicht am 14.03.2019

Bleib doch, wo ich bin

Bleib doch, wo ich bin
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Kaya scheint angekommen: nach einem abgebrochenen Studium verschlägt es sie wieder in ihren kleinen Heimatort, zurück zu ihrem Pony Achterbahn, ihren Jugendfreundinnen und zu ihrem bestem Freund Rob. Sie ...

Kaya scheint angekommen: nach einem abgebrochenen Studium verschlägt es sie wieder in ihren kleinen Heimatort, zurück zu ihrem Pony Achterbahn, ihren Jugendfreundinnen und zu ihrem bestem Freund Rob. Sie baut sich eine Existenz als Buchhändlerin auf, und ist mit ihrer Unabhängigkeit mehr als glücklich, einen Mann im Leben braucht sie nicht. Dachte sie immer. Bis es Lasse in ihren Heimatort verschlägt, den Kaya eigentlich nur aufgrund einer Wette anspricht. Mit ungeahnten Folgen…

Ich bin eigentlich kein Liebesromanleser; wenn ich doch einen zur Hand nehme, lege ich ihn am Ende meist mit dem Gefühl weg definitiv zu viel Zuckerguss und rosaroten Sahnebaiser abbekommen zu haben. Hier war das nicht so. „Bleib doch, wo ich bin“ ist ein Roman rund um eine Liebesgeschichte, aber das artet nie in zu viel Kitsch aus. Auch pikantere Details, die bei manchem Autor eher zum Fremdschämen sind, werden frei von abgedroschenen Phrasen stimmig in Szene gesetzt. Lisa Keil erzählt außerdem mit einer gehörigen Portion Humor nicht nur von Kayas Liebesleben, sondern auch von dem Leben auf dem Land. Da, wo es zwar ein Minikino und einen Supermarkt gibt, wo aber das örtliche Schützenfest quasi der Höhepunkt des kulturellen Lebens und nichts vor dem Dorfklatsch sicher ist. Die Darstellung hat mir sehr gut gefallen, sie trifft den Kern und zeigt, dass das Leben auf dem Land neben vielen guten, eben auch seine weniger schönen Seiten hat. Die Figuren sind jung und frisch, die etwas flippige Kaya wirkt ebenso authentisch wie z.B. ihr bester Freund Rob. Der teilt sich den Beruf mit der Autorin, sein Berufsalltag wird mit allen Sonnen- und Schattenseiten dargestellt, ohne, dass der Roman mit Anekdoten aus dem eigenen Praxisalltag vollgestopft wirkt. Mir hat dieser Roman abgesehen von Kleinigkeiten wirklich sehr gut gefallen, gut geschrieben und konstruiert; eine kurzweilige Geschichte mit Herz, aber ohne Kitsch.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Etwas undurchsichtiger Spionagethriller

Schatten der Toten
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Judith Kepler könnte ein einfaches Leben haben, wäre ihr Vater nicht Bastide Larcan; einst Doppelagent der BRD & DDR, jetzt völlig abgetaucht in halbseidene Geschäfte und handfeste Verbrechen. Eigentlich ...

Judith Kepler könnte ein einfaches Leben haben, wäre ihr Vater nicht Bastide Larcan; einst Doppelagent der BRD & DDR, jetzt völlig abgetaucht in halbseidene Geschäfte und handfeste Verbrechen. Eigentlich haben die beiden keinen Kontakt, und doch holt Judith jetzt die Verbindung zu ihm ein.
„Die Schatten der Toten“ ist der Abschlussband der Trilogie rund um die Tatortreinigerin Judith Kepler. Ich kenne die vorherigen Bände nicht, da scheint mir dann doch das eine oder andere zum großen Verständnis gefehlt zu haben. Was mich aber mit oder ohne Vorwissen wirklich gestört hat ist, dass zwar groß mit Keplers Beruf „geworben“ wird, es aber quasi null Einblick in die Welt eines Tatortreinigers gibt. Vielleicht naiv, das zu erwarten, aber im Endeffekt hätte Judith auch eine 08/15-Putzfrau sein können, das hätte an der Handlung nichts geändert. Die entwickelt sich mehr und mehr zu einem Verwirrspiel rund um Spione, Spionage, Doppelagenten, Verrat und… erwähnte ich schon kaltgestellte Spione? Ich hatte ziemlich schnell den Spionageoverload, und nach mehreren hundert Seiten auch zunehmend den Überblick verloren. Vielleicht habe ich nicht gut genug mitgedacht, vielleicht hätte die Handlung auch etwas weniger labyrinthartig konzipiert sein können, ich war auf jeden Fall nicht so recht überzeugt. Der Schreibstil der Autorin hat mir sehr zugesagt, sie hat ein Auge für Details und legt ihren Figuren immer das richtige Wort in den Mund. Trotzdem war „Die Schatten der Toten“ für mich einfach nicht das richtige Buch.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Ist das Kunst, oder kann das weg?

Die Gesichter
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Pinch ist eines von vielen Kindern, die der große Künstler Bear Bavinsky mit verschiedensten Frauen in die Welt gesetzt hat. Umso mehr strengt er sich an, um diesem zu gefallen, auch künstlerisch eifert ...

Pinch ist eines von vielen Kindern, die der große Künstler Bear Bavinsky mit verschiedensten Frauen in die Welt gesetzt hat. Umso mehr strengt er sich an, um diesem zu gefallen, auch künstlerisch eifert er ihm nach. Doch Bear hält nichts von Pinch’s Talent, was diesen in eine Lebenskrise stürzt.

Rachmans Geschichte über Vater und Sohn fand ich sehr gelungen. Der Autor versteht es sehr gut, auch noch die feinste Nuance der Beziehung aufzuzeigen, als Leser freut man sich über Lob und Zuneigung, ist bedrückt und verletzt von Ablehnung und Gleichgültigkeit. Pinch ist ein sehr sympathisches Kind, und das bleibt ihm auch im Erwachsenenleben. Sein Lebensweg ist sehr interessant, aber auch steinig. Bear wirkt als Figur immer etwas distanziert, er wird v.a. über seine Kunst und seine Liebschaften charakterisiert. Die Kunst von Bear, aber auch von anderen nimmt einen großen Raum im Roman ein, und dem Autor gelingt wirklich ganz hervorragend sie so zu beschreiben, dass man als Leser die Werke vor Augen hat. Auch über Kunstgeschichte bzw. zeitgenössische Entwicklungen erfährt man wie nebenbei sehr viel. Rachmans Erzählstil hat mir schon in früheren Romanen sehr gut gefallen, so auch hier. Trotzdem konnte ich mich nicht ganz so gut in die Geschichte fallen lassen wie sonst.

Veröffentlicht am 10.03.2019

Russisch Roulette auf dem OP-Tisch

Der Horror der frühen Medizin
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Noch im 19ten Jahrhundert kam die Einlieferung in ein Krankenhaus quasi einem Todesurteil gleich Der Begriff Hygiene war zwar erfunden, so wirklich interessiert hat das aber niemanden. Da trug man doch ...

Noch im 19ten Jahrhundert kam die Einlieferung in ein Krankenhaus quasi einem Todesurteil gleich Der Begriff Hygiene war zwar erfunden, so wirklich interessiert hat das aber niemanden. Da trug man doch lieber stolz jahrelang den versifften OP-Kittel seines großen Vorbildes, anstatt sich einmal die Hände zu waschen oder auch nur das Blut des vorherigen Patienten abzuwischen. Umso besser für uns, dass irgendwann ein unscheinbarer und oft von Zweifeln geplagter Quäker namens Joseph Lister das medizinische Parkett betrat. Lindsay Fitzharris bringt uns in ihrer sehr lesenswerten Biografie nicht nur dessen Leben und Wirken näher, sondern erläutert auch Vieles zu Bakterien und Septik. Das tut sie auf sehr ansprechende Art und Weise, auch ohne großes Vorwissen kann man ihr sehr gut folgen; ganz so zartbesaitet sollte man nicht sein, die Autorin beschreibt die ekelerregenden Zustände sehr realistisch. Tiefe Einblicke in die viktorianische Gesellschaft, die Ausbildung der Ärzte in jener Zeit (bzw. das Fehlen derer) und in die damals gängigen Lehrtheorien runden das Bild um Listers Forschungsarbeit ab. Trotz des sehr informativen Inhalts wird „Der Horror der frühen Medizin“ nie belehrend oder staubtrocken, ich fand das Buch sehr gut zu lesen. Ab und an verliert sich die Autorin leider in Wiederholungen, vielleicht nötig um den Leser ohne Vorbildung abzuholen, mir jedoch zu viel des Guten. Das ist aber auch wirklich mein einziger Kritikpunkt, ansonsten ist Fitzharris‘ Biografie sehr zu empfehlen.

Veröffentlicht am 09.03.2019

Mittelmäßiger Auftakt

Das gefälschte Siegel
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Vor vielen Jahrhunderten war die Gegend um Neraval von einem Dämonen geknechtet bis eine Zauberin ihn schließlich in einer Schriftrolle bannte. Diese steht unter der Aufsicht von Tymurs Familie, streng ...

Vor vielen Jahrhunderten war die Gegend um Neraval von einem Dämonen geknechtet bis eine Zauberin ihn schließlich in einer Schriftrolle bannte. Diese steht unter der Aufsicht von Tymurs Familie, streng bewacht von den Steinernen. Doch jetzt scheint das Siegel gebrochen, und keiner weiß so recht, ob der Dämon noch sicher verwahrt ist. Zusammen mit Lorcan, einem Steinernen, Enidin, einer Magierin und Kevron, dem Fälscher macht sich Tymur auf die Suche nach der Wahrheit.

Ich war vom Klappentext und auch dem Beginn der Story wirklich angetan, leider hat sich die Begeisterung im Verlauf der Geschichte etwas abgekühlt. Die Grundidee rund um die Schriftrolle fand ich echt gelungen, aber die Handlung zieht sich zwischenzeitlich dann leider doch etwas. Zudem neigt die Story etwas zu Wiederholungen, seit es inhaltlich oder in der Ausdrucksweise; manche Begriffe gingen mir aufgrund ihrer Häufung regelrecht auf die Nerven. Ansonsten fand ich den Erzählstil aber recht angenehm, nicht immer wird der Ton getroffen, doch unterm Strich liest sich das Buch sehr flüssig. Mit den Figuren war ich nur teilweise glücklich, richtig gelungen finde ich nur Kevron (der Kev genannt wird, was in Zeiten des Kevinismus eine mehr als unglückliche Namenswahl ist – zumindest für meinen Geschmack). Kevron also, den versoffenen und todunglücklichen, trotzdem aber genialen Fälscher mochte ich wirklich gerne. Er wirkt sehr echt, man kann sein Handeln immer nachvollziehen und das macht ihn mir mehr als sympathisch. Auch Lorcan finde ich sympathisch, er bleibt aber einfach noch zu blass als dass man sich wirklich eine Meinung bilden kann. Blass ist auch die einzige Frau im Bunde, man kann nur hoffen, dass Enidin in den nächsten Bänden etwas mehr Fleisch auf die literarischen Rippen bekommt. Tymur ist eine undurchsichtige Nervensäge, auch wenn er dafür seine Gründe hat. Wegen mir darf er gerne demnächst den Heldentod sterben, und das Heldenzepter an Kevron weitergeben. Insgesamt fand ich diesen Trilogieauftakt doch eher durchwachsen, zwar interessiert mich schon das ein oder andere, so richtig gepackt hat mich die Story aber nicht.