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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.02.2019

Der Patriot

Der Patriot
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Angst geht um in Schweden. Die einen fürchten sich, dass durch die vielen Einwanderer das „echte“ Schweden ausstirbt, fürchten Islamisierung, Massenvergewaltigungen und Terror. Die anderen fürchten sich ...

Angst geht um in Schweden. Die einen fürchten sich, dass durch die vielen Einwanderer das „echte“ Schweden ausstirbt, fürchten Islamisierung, Massenvergewaltigungen und Terror. Die anderen fürchten sich vor der immer größer werdenden Gefahr von rechts. Und wieder andere geraten als Mitglied der „Lügenpresse“ mitten in deren Visier…

Autor Pascal Engman hat selbst einiges von dem erlebt, wovon er in diesem Thriller erzählt. Als Journalist war er selbst massiven Drohungen aus dem rechten Milieu ausgesetzt; das merkt man seiner Geschichte an, die gerade in entsprechenden Szenen unglaublich realistisch wirkt und wohl leider auch ist. Leider kann er diese Authentizität nicht komplett durchhalten, einiges wirkt doch sehr konstruiert und an den Haaren herbeigezogen. Seine Tätersicht ist ebenfalls nicht immer realistisch, auch wenn er den Ton sicherlich gut getroffen hat. Ich fand das quasi völlige Fehlen von ernsthaften Polizeiermittlungen sehr störend, man sollte doch annehmen, dass bei mehreren Morden in Serie zumindest irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden. So bleibt zwar während der Story klar, dass der Autor ein Zeichen gegen rechts und für klares Denken setzen, sowie auf die Gefahren der Anonymität im Internet hinweisen will, allerdings wirkt eben die darum gestrickte Geschichte… naja gestrickt eben. Den Erzählstil fand ich oft etwas plump, wie sehr das an der Übersetzung liegt, kann ich natürlich nicht beurteilen. Insgesamt ein Thriller, der mich nicht recht überzeugen konnte, auch wenn er ein sehr aktuelles und wichtiges Thema behandelt.

Veröffentlicht am 02.02.2019

Die rothaarige Frau

Die rothaarige Frau
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Der junge Cem verdient sich als Aushilfe bei einem Brunnenbauer Geld, um anschließend seine Studien finanzieren zu können. Der Vater hat seine Familie schon lange im Stich gelassen, und so wird Meister ...

Der junge Cem verdient sich als Aushilfe bei einem Brunnenbauer Geld, um anschließend seine Studien finanzieren zu können. Der Vater hat seine Familie schon lange im Stich gelassen, und so wird Meister Mahmut schnell zur Vaterfigur. Doch Cem findet in Öngören nicht nur einen Ersatzvater, sondern auch seine erste große Liebe: die rothaarige Frau, Mitglied einer kleinen Theatergruppe.

Pamuks Roman lässt mich ein bisschen zwiegespalten zurück. Einerseits mochte ich die Geschichte über Väter und Söhne, über Liebe und Gleichgültigkeit. Andererseits hat mich quasi die komplette erste Hälfte kaum berührt. Pamuk lässt sich Zeit, viel zu viel Zeit. Das hätte ich in Ordnung gefunden, würde man so Cem als Hauptfigur besonders intensiv kennenlernen, doch das gelingt irgendwie nicht. Obwohl er als Ich-Erzähler dem Leser ständig Einblicke in seine Gedankenwelt gewährt, bleibt er mir fremd. Die Handlung ist recht gemächlich, auch über Land und Leute erfährt man nicht sonderlich viel. Erst in der zweiten Hälfte kommt etwas Schwung in die Sache, Legenden und Erzählungen spielen eine große Rolle, was ich sehr spannend fand. Trotzdem hat mich der Autor einfach nicht fesseln können, vielleicht bin ich auch einfach mit zu großen Erwartungen an die Lektüre gegangen.

Veröffentlicht am 31.01.2019

Es war einmal der Stoff, aus dem die Märchen sind

Schund und Sühne
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Groschenromanschreiberin Kat verschlägt es auf Schloss Rosenbrunn. Sie hat ein Literaturstipendium bekommen, und darf sich nun in der adeligen Umgebung tummeln, mit der Fürstin Tee trinken und durch den ...

Groschenromanschreiberin Kat verschlägt es auf Schloss Rosenbrunn. Sie hat ein Literaturstipendium bekommen, und darf sich nun in der adeligen Umgebung tummeln, mit der Fürstin Tee trinken und durch den Park flanieren. Doch schnell wird klar, dass auch Adels ihr Päckchen zu tragen haben, egal ob das jetzt das Aussterben der eigenen Linie oder der ökologische Fußabdruck der prinzessinneneigenen Rose ist. Doch die Ungeborene Kat ist nun wirklich nicht auf den Mund gefallen, und mischt auf ihre ganz eigene quirlige Art den Alltag der von Schells gehörig auf.

Anna Baseners Roman hat mich schon mit seinem Klappentext überrascht und sehr neugierig gemacht. Die Welt des Adels und erst Recht der Groschenromane, romantischer Wegelchen in Rosengärten und der frühmorgendlichen Pirsch im eigenen Jagdgebiet, all das ist mir eigentlich fremd und irgendwie abseits meines üblichen Leseschemas. Warum sollte man Schund und Sühne trotzdem lesen? Weil es witzig ist. Ich habe selten so oft beim Lesen gelacht, geschmunzelt und gekichert. Originelle Szenen, kleine verschmitzte Seitenhiebe und der lockere, oft süffisant bis sarkastische Erzählstil haben mich wirklich begeistert. Die Dialoge sind schlagfertig, lassen sich aber auch bei ernsten Themen gut lesen. Die Figuren sind einerseits überspitzt gezeichnet, andererseits aber auch realistisch. Sie überraschen, und bewegen sich abseits der üblichen 08/15-Charaktere. Die Autorin spielt gekonnt mit Klischees, zeigt auf, wo sie wirklich zutreffen, und widerlegt sie an anderer Stelle. Der Alltag auf Schloss Rosenbrunn ist einerseits so alltäglich wie der von Otto Normalverbraucher, hat aber auch so seine Eigenheiten. Es hat Spaß gemacht die zu entdecken. Man hat lange Zeit sich in Rosenbrunn einzuleben, langweilig wird es nie. Selbstredend ist dann auch der Showdown so überraschend, wie die vielen kleinen Wendungen zuvor. Ich hatte mächtig Spaß mit Schund und Sühne, und kann den Roman nur jedem empfehlen, der Lust auf eine skurrile Geschichte der etwas anderen Art hat.

  • Einzelne Kategorien
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  • Humor
  • Idee
  • Geschichte
  • Figuren
Veröffentlicht am 22.01.2019

Nicht ganz so gut wie Band 1

Der Hunger der Lebenden (Friederike Matthée ermittelt 2)
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Im Jahrhundertsommer `47 muss Friederike Matthée den Fall der ermordeten Ilse Röder lösen. Die ist auf ihrem Hof tot aufgefunden worden; pikanterweise hat sie früher bei der Polizei gearbeitet. Zwischen ...

Im Jahrhundertsommer `47 muss Friederike Matthée den Fall der ermordeten Ilse Röder lösen. Die ist auf ihrem Hof tot aufgefunden worden; pikanterweise hat sie früher bei der Polizei gearbeitet. Zwischen sengender Hitze und Staub macht sich Matthée auf Spurensuche.

„Der Hunger der Lebenden“ ist der zweite Band mit Friederike Matthée und spielt ca. ein halbes Jahr nach Band eins. Die Lage in Köln hat sich nur unwesentlich verbessert, Mangel an allem außer Trümmern ist nach wie vor Gang und Gäbe. Die Autorin gibt diese Situation ganz gut wieder, man kann sich nicht nur die Entbehrungen, sondern auch die unbarmherzige Hitze sehr gut vorstellen. Auch anhand des Anhangs kann man sehen, dass in diesem Krimi auch viel Recherchearbeit steckt. Friederikes Fall entwickelt sich recht spannend, so richtig fesseln konnte er mich aber nicht. Kleine Unstimmigkeiten haben mich sehr viel mehr gestört als sie das in Band 1 getan haben. Auch fehlte mir gerade zu Beginn das Wechsel spiel zwischen Friederike und Richard, sodass ich lange das Gefühl hatte, dass die Geschichte noch nicht richtig in Fahrt gekommen ist. Der Krimi ist sehr angenehm geschrieben, kurze Kapitel und Perspektivwechsel sorgen für ein flüssiges Lesen. Auch wenn mir „Der Hunger der Lebenden“ nicht 100%ig gefallen hat, bin ich doch auf weitere Fälle gespannt.

Veröffentlicht am 21.01.2019

Underground Railroad

Underground Railroad
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„Das Sonderbare an Amerika war, dass Menschen Dinge waren.“
Cora wird als Sklavin auf einer Baumwollplantage ausgebeutet; nicht einmal familiärer Rückhalt ist ihr gegönnt, denn die Mutter floh als Cora ...

„Das Sonderbare an Amerika war, dass Menschen Dinge waren.“
Cora wird als Sklavin auf einer Baumwollplantage ausgebeutet; nicht einmal familiärer Rückhalt ist ihr gegönnt, denn die Mutter floh als Cora gerade 10 Jahre alt war. Die Willkür und Grausamkeit ihrer Herren ist kaum zu ertragen, doch eines Tages ergibt sich auch für Cora plötzlich die Möglichkeit zur Flucht. Zusammen mit Cäsar versucht sie mithilfe der Underground Railroad in den Norden zu gelangen, in die Freiheit.

Colson Whitehead wurde für seinen aufwühlenden Roman u.a. mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, und ich kann schon verstehen warum. Das Drama um Coras und Cäsars Flucht steht beispielhaft für viele Sklaven, die den Mut (und die Möglichkeit) hatten um zu fliehen. Der Autor macht jedoch auch mehr als deutlich, dass Flucht nicht immer auch Freiheit bedeutete, Sklavenfänger, Widrigkeiten und der ganz alltägliche Rassismus machen den Sklaven das Leben mehr als schwer. Man fiebert natürlich mit den beiden mit, trotzdem bleibt dabei auch immer eine gewisse Distanz. Die meisten Kapitel handeln von Cora, es wird aber auch immer wieder kurz berichtet wie es Figuren ergangen ist, die ihren Weg kreuzten, was das Gesamtbild abrundet. Ich habe es dem Autor ein bisschen übel genommen, dass er den Begriff Railroad wörtlich genommen hat und Cora hauptsächlich auf unterirdischen Schienen auf die Reise schickt. Das macht ihre Reise sehr viel weniger gefährlich als sie in Wirklichkeit war, auch geheime Eisenbahnstationen mit Plüschsesseln und Gemälden an den Wänden fand ich mehr als unpassend. Zwar erlebt Cora auf ihrer Reise trotzdem genug brenzlige Situationen, trotzdem hätte ich mir eine etwas authentischere Herangehensweise gewünscht. Trotzdem hat der Roman natürlich seine starken Seiten, und beleuchtet ein wichtiges Kapitel der Geschichte.