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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.12.2016

Toller Ausflug in die Bismarckzeit

Der Jahrhundertsturm (Jahrhundertsturm-Serie 1)
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Paul hat einen großen Traum, er will nach England und dort beim Meister der Eisenbahn persönlich lernen. Doch sein Traum wird jäh zerstört, auch wenn ihn die Macht und Möglichkeiten der Dampfloks in den ...

Paul hat einen großen Traum, er will nach England und dort beim Meister der Eisenbahn persönlich lernen. Doch sein Traum wird jäh zerstört, auch wenn ihn die Macht und Möglichkeiten der Dampfloks in den nächsten Jahren nicht loslassen sollen. Alvin hat ebenfalls einen Traum, der bald auf tönernen Füßen steht. Die Wege der beiden kreuzen sich, ebenso wie sie immer wieder auf die junge Französin Louise treffen. Und auf einen gewissen Otto von Bismarck, der diese Zeit ebenso prägen soll wie die Bahn und die deutsch-französischen Querelen.

Die Bismarckzeit ist wirklich eine spannende Epoche, viele Veränderungen prägen diese Zeit. Dübell hat seine Protagonisten geschickt gewählt, sodass man sowohl beim industriellen Fortschritt als auch bei politischen Umbrüchen live dabei ist. Es handelt sich dabei aber beileibe nicht um bloße Statisten, die der Darstellung von historischen Gegebenheiten dienen, alle sind sehr gut getroffen und geben ein plastisches Bild ab. Was mir an der Geschichte so gar nicht gefallen hat, war die Ménage à trois, die sich zwischen Louise, Paul und Alvin entspinnt. Das entwickelte sich für mich etwas unrealistisch und hat die Charaktere auch nicht wirklich vorangebracht. Das ist aber auch so ziemlich mein einziger Kritikpunkt, ansonsten habe ich sehr wohl gefühlt in der Geschichte. Der Autor schreibt sehr ansprechend, hat auch immer eine Portion Humor mit im Gepäck und so sind die gut drei Jahrzehnte, die die Handlung umspannt, doch sehr schnell ausgelesen. Ein aufregender und trotzdem informativer Ausflug in die deutsche Vergangenheit, der mich sehr neugierig auf die Fortsetzung gemacht hat.

Veröffentlicht am 16.12.2016

Zeitlos gut

1933 war ein schlimmes Jahr
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Dominic hat seinen weiteren Lebensweg genau vor Augen, nämlich sein Talent als Baseballspieler zum Beruf machen. Der Armut daheim entfliehen, vor der kaputten Ehe seiner Eltern weglaufen, sein Leben als ...

Dominic hat seinen weiteren Lebensweg genau vor Augen, nämlich sein Talent als Baseballspieler zum Beruf machen. Der Armut daheim entfliehen, vor der kaputten Ehe seiner Eltern weglaufen, sein Leben als Spaghettifresser hinter sich lassen. Doch sein Vater hat andere Pläne, Dominic soll ins Maurergeschäft einsteigen. Und da wäre auch noch seine heimliche, unerreichbare Liebe in Gestalt der Schwester seines besten Freundes…

1933 war wirklich kein gutes Jahr für den Ich-Erzähler von Fantes Roman. Mit seinen hochfliegenden Träumen und typischen Teenieschwärmereien ist Dom ein ganz normaler Jugendlicher, der mit dem Erwachsenwerden und der Welt der Erwachsenen hadert. Seine naive Art, aber auch sein sturer Trotz machen ihn zum Inbegriff eines Heranwachsenden, dessen Figur zeitlos ist. Der Roman spielt im Jahre 1933, Dom hätte aber ebenso ins Jahr 2016 gepasst. Fante erzählt in einer recht einfach gehaltenen Sprache, die den bodenständigen Hintergrund von Dom widerspiegelt und den Leser trotzdem mitnimmt. Mir hat der kurze, aber starke Roman gut gefallen, es wird sicherlich nicht das letzte von Fantes Werken sein, das einen Weg in mein Regal findet.

Veröffentlicht am 16.12.2016

Baxter rules

Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town
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Baxter ist ein ganz normaler Jugendlicher, der mit seiner Familie in Kapstadt lebt. Sofern es normal ist, an der Schule einen blühenden Pornohandel zu betreiben und wirre, mystische Träume zu haben. Doch ...

Baxter ist ein ganz normaler Jugendlicher, der mit seiner Familie in Kapstadt lebt. Sofern es normal ist, an der Schule einen blühenden Pornohandel zu betreiben und wirre, mystische Träume zu haben. Doch als seine Freundin Esmé entführt wird, muss Baxter noch ganz anderes durchstehen, denn seine Träume waren nicht nur nächtliche Hirngespinste.

Charlie Human schmeißt den Leser mittenhinein in Baxters Welt. Die ist bei weitem nicht die eines schnöden Vorzeigeteenies und so mutet die Geschichte anfangs wie ein Werk aus z.B. John Nivens Feder an. Es wird geflucht, gedisst und gef***t, trotzdem war mir Baxter sofort sympathisch (was das über mich aussagt, stellen wir jetzt mal lieber nicht zur Diskussion ; ) Humans Ton ist ironisch, sarkastisch, vulgär und voller schwarzem Humor, trifft bei mir also absolut ins Schwarze. Auch der Aufbau der Story hat mir gut gefallen, sie ist spannend, überraschend und abwechslungsreich. Die Ausflüge in die afrikanische Mythologie, in die Welt der magischen Außenseiter, in das Denken und Fühlen von Kapstadt haben mir sehr gut gefallen. Ich habe nichts gegen abstruse Wendungen, allerdings hat Human für mich hier gerade gegen Ende den Bogen überspannt. An einigen Ecken wirkt die Story nicht mehr rund, man hat das Gefühl der Autor wollte um jeden Preis unbedingt noch eine Schippe drauflegen, was er meiner Meinung nach dann lieber hätte lassen sollen. So wirkt die Geschichte dann leider doch etwas überspannt. Trotzdem hat mir Band 1 mit Baxter unterm Strich gut gefallen, und auch wenn ich das Buch nicht in höchsten Tönen loben will, bin ich doch schwer an Band 2 interessiert.

Veröffentlicht am 10.12.2016

Dem Geheimnis auf der Spur

Die Seidendiebe
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Im Jahre 552 n. Christus entscheidet eine kleine Expedition über die Zukunft eines ganzen Reiches. Byzanz ist vom Seidenhandel abhängig, durch seine Feinde aber vom Import ausgeschlossen. Das Geheimnis ...

Im Jahre 552 n. Christus entscheidet eine kleine Expedition über die Zukunft eines ganzen Reiches. Byzanz ist vom Seidenhandel abhängig, durch seine Feinde aber vom Import ausgeschlossen. Das Geheimnis der Herstellung würde dieses Problem lösen. Taurus und Olympiodorus machen sich auf die gefährliche Reise nach Asien, um das Geheimnis zu stehlen. Denn ohne Seide wird Byzanz untergehen, ist sie doch „das Blut, das durch die Adern des Reiches floss und den Koloss am Bosporus am Leben erhielt.“

Dirk Husemann hat einen spannenden historischen Roman um eine ausgewöhnliche Forschungsreise geschrieben. Die Handlung hat einen ordentlichen Spannungsbogen, gerade gegen Ende flacht das Ganze leider etwas ab. Die Charaktere haben mir gut gefallen, Husemann zieht keine klare Grenzen zwischen Schwarz und Weiß, was mir immer gut zusagt. Sonderlich nahe kommt man den Figuren nicht, die Erzählweise ist da doch eher distanziert. Überhaupt mutet die Sprache teilweise etwas schwerfällig und sperrig an, man gewöhnt sich aber mit der Zeit daran und so liest sich das Buch dann doch sehr flüssig. Ich hätte mir ein bisschen mehr Input über die Seidenherstellung gewünscht, so ganz nah kommt man dem Geheimnis dann doch nicht. Insgesamt fand ich die Thematik aber gut umgesetzt, die politischen Zusammenhänge waren mir vorher nicht so geläufig und so habe ich hier auf unterhaltsame Art und Weise wieder etwas dazu gelernt.

Veröffentlicht am 02.12.2016

The wife

Eine treue Frau
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Betty ist als Raj-Waise aufgewachsen und fühlte sich in Hongkong immer wohler als im „heimischen“ England. Umso perfekter scheint der Heiratsantrag von Edward Feathers zu sein, der eine ähnliche Kindheit ...

Betty ist als Raj-Waise aufgewachsen und fühlte sich in Hongkong immer wohler als im „heimischen“ England. Umso perfekter scheint der Heiratsantrag von Edward Feathers zu sein, der eine ähnliche Kindheit durchgemacht hat. Inzwischen ist er angesehener Anwalt und hat sich einen Namen gemacht. Betty nimmt den Antrag an, doch eigentlich gehört ihr Herz einem anderen.
„Eine treue Frau“ ist der zweite Band über die Feathers und der Fokus liegt klar auf Betty. Leider erfährt man über sie nicht gar so viel wie erhofft. Die spannende Vergangenheit in Bletchley Park wird immer wieder nur angerissen, stattdessen ergeht sich Gardam in z.T. langatmigen Beschreibungen ihrer Gefühlswelt. In der ich bis zum Schluss nicht wirklich klar gesehen habe. Man erfährt nicht wirklich viel Neues über Betty, vieles war schon im vorherigen Band erwähnt worden. Klar ist, dass Betty – ebenso wie ihr Mann – eine Frau ist, die nach dem lebt was angemessen ist, die sich den sozialen Zwängen unterordnet und dabei doch das eine oder andere Schlupfloch findet. Gardams Stil war wieder sehr ansprechend und klar, allein der Inhalt hat mich nicht so ganz überzeugt; der untadelige Mann hat mich doch mehr begeistern können. Ich bin gespannt was der dritte Teil noch zu bieten hat, dieses Buch hat doch eher den Beigeschmack eines relativ unbedeutenden Mittelstücks. (3,5 Sterne)