Profilbild von Fornika

Fornika

Lesejury Star
offline

Fornika ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Fornika über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.12.2022

Köstlicher Krimi

Die Dreitagemordgesellschaft
1

In Mallowan Hall ist Haushälterin Phyllida Bright gerade besonders gefragt: mehrere Gäste sind zu einer Festgesellschaft im Hause der berühmten Schriftstellerin Agatha Christie geladen. Da müssen nicht ...

In Mallowan Hall ist Haushälterin Phyllida Bright gerade besonders gefragt: mehrere Gäste sind zu einer Festgesellschaft im Hause der berühmten Schriftstellerin Agatha Christie geladen. Da müssen nicht nur Haus und Personal auf Hochglanz getrimmt werden, sondern auch allerlei kleine und große Unannehmlichkeiten bewältigt werden. Ein Toter in der Bibliothek ist Phyllida in ihrer Karriere bestimmt noch nie begegnet, trotzdem nimmt sie sich auch dieser Aufgabe an. Schließlich ist sie ein begeisterter Fan von Hercule Poirot und hat von diesem sicherlich mehr gelernt als die versammelten Dorfpolizisten zusammen.
Colleen Cambridge hat bei mir mit diesem Auftaktband einen Volltreffer gelandet, dabei bin ich weder ein großer Fan von Agatha Christie, noch stürze ich mich regelmäßig auf Cosy Crimes. Bei der Dreitagemordgesellschaft war ich aber schon nach wenigen Seiten begeistert. Ein köstlicher Humor zieht sich durch die Seiten, der Stil der Autorin erinnert an A.C., kopiert ihn aber nicht mutwillig. Bezüge zu deren Krimis gibt es einige, aber erfreulicherweise wirkt das natürlich und nicht unbedingt gewollt. Natürlich taucht die berühmte Autorin immer mal wieder auf den Buchseiten auf, aber der Fokus liegt ganz klar auf Phyllida und dem übrigen Hauspersonal. Phyllida ist clever, schlagfertig und weiß ihren Kopf ebenso anzustrengen, wie sie sich zurücknehmen kann, wenn es ihrer Sache dient. Ich mochte sie sehr, und bin natürlich gespannt welche Geheimnisse aus ihrer Vergangenheit noch ans Tageslicht kommen werden. Denn Phyllida ist eine Dame, die sich nicht gerne durchschauen lässt, auch wenn Butler Dobble das zu gerne täte. Er ist ihr in der Hausordnung ebenbürtig, und so herrscht zwischen beiden ein liebevoll gepflegter Zwist. Die kleinen Sticheleien (erfreulicherweise ganz kitschfrei) amüsieren immer wieder. Überhaupt hat es mir sehr gefallen, dass das Hauspersonal so viel Raum bekommt, die Gäste, ja selbst Hausherr und –herrin sind eher nebensächlich. Man erfährt einiges über Struktur und Organisation des Haushalts, ebenso wie über gesellschaftliche Normen. Bei alledem kommt aber der Kriminalfall mitnichten zu kurz, im Gegenteil. Cambridge entspinnt einen sehr cleveren Mordfall, der trotz der großen Figurenfülle nicht verwirrt, sondern beständig an Spannung gewinnt (mit Minidämpfer im letzten Drittel) und mich hervorragend unterhalten hat. Miträtseln lässt es sich ganz wundervoll, trotzdem lässt man sich von der Autorin immer wieder auf falsche Fährten locken oder von kleinen Informationshäppchen in ganz neue Richtungen lenken. Ein wirklich hervorragend konstruierter Fall, der vermutlich auch den berühmten und von Phyllida so verehrten Hercule Poirot in Atem gehalten hätte. Die nächsten Bände werde ich definitiv lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 26.11.2022

Magischer Auftakt mit orientalischem Feeling

Die Stadt aus Messing
0

Nahri schlägt sich im Kairo des 18ten Jahrhunderts als Wahrsagerin und Heilerin durch. Bei einem Ritual beschwört sie quasi aus Versehen einen Dschinn, der sie direkt mal noch vor einem mordlustigen Ifriten ...

Nahri schlägt sich im Kairo des 18ten Jahrhunderts als Wahrsagerin und Heilerin durch. Bei einem Ritual beschwört sie quasi aus Versehen einen Dschinn, der sie direkt mal noch vor einem mordlustigen Ifriten retten muss. Dschinn Dara erkennt in Nahri eine Verbindung zu den legendären magischen Heilern aus Daevabad. Genau dorthin will er sie bringen, in die Stadt aus Messing. Dort wird Ali gerade darauf vorbereitet einst seinem Bruder als Berater zur Seite zu stehen, wenn der den Herrscherthron besteigt.
Die Autorin kann wirklich wunderbare Bilder zeichnen, alles wirkt sehr lebendig und echt. Egal ob heißer Wüstensand, knarrende Taue auf einer kurzen Schifffahrt oder der Prunk des Palastes, man hat alles sofort vor Augen. Der Erzählstil ist nicht nur bunt und detailreich, sondern ebenfalls sehr angenehm zu lesen, Perspektivwechsel zwischen Nahri und Ali ermöglichen ganz unterschiedliche Blickwinkel. Auch die komplizierten Gesellschaftsverhältnisse und deren Geschichte werden verständlich erklärt, sinnvoll ergänzt durch Karten und ein erklärendes Glossar. Auch wenn die Geschichte in einer fiktiven Gesellschaft spielt, sind die dargestellten Strukturen doch sehr realistisch. Mit Vorurteilen und Gerüchten werden die einen gegen die anderen aufgehetzt, die Mächtigen halten die Zügel auch dank einiger Tricks fest in den Händen, Minderheiten werden unterdrückt… Bei aller Phantasie und Abenteuer klingen also durchaus gesellschaftskritische Töne an. Das spiegeln die Charaktere ebenfalls wieder, es gibt kein eindeutiges Gut oder Böse, jede Figur hat auch negative Eigenheiten. Da sind Dara, Ali und Nahri keine Ausnahme. Ich bin wirklich gespannt wie sich die facettenreichen Charaktere weiterentwickeln werden. Chakrabortys Roman besticht mit einer phantasievollen, komplexen Handlung, die mich wirklich völlig in den Bann gezogen hat. Mit manchen Entwicklungen war ich nicht ganz glücklich, trotzdem hat mich dieser erste Band der Reihe gefesselt und definitiv Lust auf den Fortgang der Geschichte aus 1001 Nacht gemacht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.11.2022

Bird

Unsre verschwundenen Herzen
0

Vor fast drei Jahren ist Birds Mutter verschwunden, hat ihn und seinen Vater einfach verlassen. Als Dichterin asiatischer Abstammung hat sie besonders unter den Bestimmungen der PACT zu leiden, die die ...

Vor fast drei Jahren ist Birds Mutter verschwunden, hat ihn und seinen Vater einfach verlassen. Als Dichterin asiatischer Abstammung hat sie besonders unter den Bestimmungen der PACT zu leiden, die die „Unterwanderung“ der amerikanischen Gesellschaft durch asiatische Einflüsse verhindern soll. Doch ist sie wirklich die Radikale, als die sie verschrien wurde?
Die Geschichte von Bird und seiner Mutter Margret zeigt beispielhaft, wohin Rassismus und Populismus auch in unseren modernen Zeiten führen können. Einen Sündenbock finden und diesen dann vorschieben, das geht leicht. Wenn dann noch die Angst vor Bestrafung dazukommt, sind Blockwartmentalität, Denunziantentum und Misstrauen gegen alle und jeden Tür und Tor geöffnet. Natürlich zeigt Ng das überspitzt, aber einige Situationen kann ich mir erschreckenderweise genau wie dargestellt auch heute schon vorstellen. Die Autorin erzählt meist aus Birds Sicht, der zwar schon zwölf Jahre alt ist, trotzdem doch eher kindlich wirkt. Man merkt, wie gut ihn sein Vater behütet, vor vielem beschützt hat. Bird erkennt das ganze Ausmaß der PACT-Auswirkungen erst mit der Zeit, ein erschreckender und angsteinflößender Prozess, nicht nur für ihn, sondern auch für den Leser. Die Autorin erzählt die z.T. sehr beklemmende Geschichte trotzdem sehr leicht, ihren Stil mochte ich sehr. Trotzdem hat mich Unsre verschwundenen Herzen irgendwie nicht so berührt wie vorherige Romane der Autorin, ich grüble noch, woran das gelegen hat. Denn insgesamt ist der Roman rund und auch das Ende passt zu dieser aufwühlenden Geschichte, mit der die Autorin gerade zwischen den Zeilen sehr viel aussagt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2022

Simon

Simón
0

Simon ist 8 Jahre alt, als sein wunderbar verrückter Cousin Rico von einem auf den anderen Tag aus Barcelona und seinem Leben verschwindet. Zurückgelassen hat er seine Bücher, seine exzentrischen Klamotten ...

Simon ist 8 Jahre alt, als sein wunderbar verrückter Cousin Rico von einem auf den anderen Tag aus Barcelona und seinem Leben verschwindet. Zurückgelassen hat er seine Bücher, seine exzentrischen Klamotten und die Frage, warum er überhaupt gegangen ist. Simon bleibt mit seiner z.T. zerstrittenen, aber durch die gemeinsamen Kneipe aneinander gefesselte Familie zurück, und muss sich im Leben behaupten lernen, denn die Bücherblase, die Rico um ihn errichtet hat, die hält nicht ewig.
Otero beschreibt mehrere Jahrzehnte aus Simons, aber auch aus dem Leben jeden Spaniers. Geprägt werden alle von den Olympischen Spielen, der Wirtschaftskrise, dem Kampf um Kataloniens Unabhängigkeit, u.v.m. Von diesem Gesichtspunkt aus gelesen, gibt die Geschichte gesellschaftlich einiges her. Auch die Stammtrinker in der Familienkneipe spiegeln viel wider, wie z.B. der Taxifahrer, der sich zur Zeit der Olympischen Spiele reichlich geistige Getränke, in der Wirtschaftskrise jedoch kaum das kleine Schnäppschen leisten kann. Ich mochte das Baraja wirklich gern. Durch Simon darf der Leser außerdem einen Blick in die Küchen edler Restaurants werfen, ein hartes Leben ganz ohne Glanz und Gloria. Ich fand es ein bisschen schade, dass die Liebe zur Literatur mit der Zeit nachlässt, auch wenn das natürlich Simons Ernüchterung auf einer weiteren Ebene versinnbildlicht. Er, der als Kind sogar z.T. in Zitaten gedacht hat, wird als Erwachsener kaum noch lesen, ist ganz in der Wirklichkeit angekommen. Ich kann auch nach Ende der Lektüre nicht sicher sagen, ob ich ihn sympathisch fand, aber seine Figur wirkt auf jeden Fall echt, wenn auch manchmal distanziert. Zu Beginn hat mich Oteros Geschichte bezaubert und begeistert, doch im weiteren Verlauf wird nicht nur Simon entzaubert, sondern auch für mich hat die Geschichte an Kraft verloren. Sie wirkt etwas müde, und scheint sich manchmal sogar über die Seiten zu schleppen. Auch Barcelonas ganz eigene Atmosphäre kommt nicht so wirklich rüber, nur szenenweise erschafft Otero kraftvolle Bilder der Stadt. Sprachlich ist der Roman toll, aber die Handlung ist zwar stark gestartet, hat dann aber leider immer weiter verloren, sodass ich letztendlich das Buch etwas ernüchtert zugeklappt habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.10.2022

Zurück in der Redaktion

This Charming Man
0

Hannah ist noch keine 10 Minuten aus ihrem Scheidungsurlaub zurück in der Redaktion der Stranger Times, da wird sie schon von den Ereignissen (und ihrem cholerischen Chef) überrollt. Der hat mal eben in ...

Hannah ist noch keine 10 Minuten aus ihrem Scheidungsurlaub zurück in der Redaktion der Stranger Times, da wird sie schon von den Ereignissen (und ihrem cholerischen Chef) überrollt. Der hat mal eben in seiner charmanten Art die Handwerker hochkant herausgeworfen, weil er sie der versuchten Entführung der Praktikantin bezichtigt. Als wäre dieser Wahnsinn nicht schon genug, taucht eine brutal zugerichtete Leiche auf. Der Verdacht: Vampire. Doch die gibt es nicht, und wer sollte das besser wissen als die Mitarbeiter der Stranger Times, oder?
Ich mochte den Witz, die Schlagfertigkeit und den breit gestreuten Sarkasmus schon beim Vorgängerband, und der Autor hat auch diesmal wieder nicht damit gespart. Trockener britischer Humor und die etwas abgedrehte Story haben mich stundenlang gut unterhalten, der lockere Erzählstil passt hervorragend zu der Geschichte. Hannah & Co kennt man schon aus dem ersten Band (den man schon vorher gelesen haben sollte, wenn auch der Mordfall ohne Vorwissen zu verstehen ist), doch natürlich entdeckt man immer wieder neue Facetten. So sehr Chef Banecroft auch ein Ekel sein kann, so sehr wächst er einem als Leser ans Herz; er bildet einen wunderbaren Kontrapunkt zu Hannah. Die restlichen Redaktionsmitglieder haben ebenfalls so ihre liebenswerten Eigenheiten, sodass es viel zu schmunzeln gibt. Die Handlung rund um den Mord entwickelt sich spannend, aber in eine Richtung, die mir persönlich nicht ganz so zusagt. Trotzdem habe ich mitgefiebert, und finde auch die Auflösung schlüssig; also Stranger-Times-schlüssig, denn natürlich muss man sich auf das Absurde einlassen. Zwischenzeitlich sind zur weiteren Auflockerung einige Artikel aus der Stranger Times eingestreut, die die ganze Bandbreite des Kuriosen abbilden. Diesen Kniff mochte ich schon im ersten Band, auch wenn es für meinen Geschmack noch mehr hätten sein dürfen. Vielleicht sollte ich die Zeitung einfach doch abonnieren…
Band 2 kommt für mich nicht ganz an den Vorgänger heran, ich habe mich aber trotzdem oft köstlich amüsiert und bin schon sehr auf den Abschluss der Trilogie gespannt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere