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Veröffentlicht am 26.03.2017

Getrieben

Die Zeit der Ruhelosen
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Ein Elitesoldat, der nach seinem Einsatz in Afghanistan mit sich und der Welt zu kämpfen hat. Ein erfolgreicher Geschäftsmann, dem der Erfolg zwischen den Händen zu zerrinnen droht. Ein aufstrebender Politiker, ...

Ein Elitesoldat, der nach seinem Einsatz in Afghanistan mit sich und der Welt zu kämpfen hat. Ein erfolgreicher Geschäftsmann, dem der Erfolg zwischen den Händen zu zerrinnen droht. Ein aufstrebender Politiker, der die Fallstricke der eigenen Herkunft nicht sehen will. Eine Journalistin, die am Puls der Zeit arbeitet und dabei den eigenen Puls nicht mehr zu fühlen scheint. Jeder ist getrieben, von den eigenen Wünschen, dem Druck der Gesellschaft, der Vorgabe „erfolgreich“ zu sein. Von „leben“ war nicht die Rede.
Karine Tuil hat in ihrem mitreißenden Gesellschaftsroman verschiedene brandaktuelle Themen aufgegriffen, die sich trotz ihrer Diversität zu einem großen Ganzen verbinden lassen. Sie streift mit dem Leser durch die Amtszimmer von Paris, lässt Einblicke in das Leben von großen Geschäftsmännern zu und zeigt gleichzeitig das Leben des „kleinen Mannes“, der an vorderster Front gekämpft hat und dafür mit nichts zurück in den normalen Alltag geworfen wird. Ihre Charaktere sind sehr lebendig geraten, vielschichtig und spielen mit so manchen Vorurteilen. Vorurteile, gegen die sie einen ähnlich erfolgreichen Kampf kämpfen wie einst Don Quijote gegen seine berühmten Windmühlen. Tuils Roman ist kein Wohlfühlroman, es werden harte Fakten und unbequeme Wahrheiten auf den Tisch gelegt, erzählt in einem nüchternen Ton, der seinen Teil zu der fast soghaften Wirkung der Geschichte beiträgt. Klug geschrieben, authentisch erzählt und geschickt konstruiert; Die Zeit der Ruhelosen bereitet dem Leser so manchen ruhelosen Moment, gilt es doch viele Denkanstöße zu verarbeiten. Ein Roman, der unterhält und bewegt.

Veröffentlicht am 06.03.2017

Am Anfang war dein Ende

Am Anfang war dein Ende
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Ein junger Student wird tot in einem Waldstück aufgefunden; nackt; neben seinem Kopf eine Pistole. Alles sieht nach Selbstmord aus, doch der Ermittler Decker zweifelt. Schnell wird klar, dass es sich bei ...

Ein junger Student wird tot in einem Waldstück aufgefunden; nackt; neben seinem Kopf eine Pistole. Alles sieht nach Selbstmord aus, doch der Ermittler Decker zweifelt. Schnell wird klar, dass es sich bei dem toten Eli um einen brillanten Kopf handelte, der dabei war sich auf dem Gebiet der angewandten Mathematik einen Namen zu machen. Tragen Neider Mitschuld an seinem Tod?

„Am Anfang war dein Ende“ war für mich das erste Buch aus der Reihe um das Team Decker/McAdams, ich bin aber trotzdem schnell mit den beiden vertraut gewesen. Das fast väterliche Verhältnis der beiden wirkt sehr realistisch und ich fand sie durchweg sympathisch. Immer wieder wird Bezug auf die Vergangenheit der beiden genommen, jedoch so, dass sich auch der Neuleser gut zurecht findet.
Der mathematische Hintergrund von Eli bringt es mit sich, dass einige Inhalte der höheren Mathematik eine Rolle in der Geschichte spielen. Leider hat es die Autorin nicht ganz geschafft, diese verständlich an den Leser zu bringen, zudem wiederholt sie einige Aspekte völlig unnötig. Ansonsten fand ich den akademischen Rahmen sehr gut gewählt und die Klüngelei und das Konkurrenzdenken unter den schlauen Köpfen sehr spannend und authentisch gemacht. Der Fall wird spannend aufbereitet und Kellermans ansprechender Erzählstil fesseln zusätzlich an die Seiten. Insgesamt ein Buch, das mich gut unterhalten hat und das Lust auf die vorherigen und noch kommenden Bände macht.

Veröffentlicht am 04.03.2017

Mau

Es klingelte an der Tür
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Archie Goodwin und sein Chef Nero Wolfe haben einen brisanten Fall auf den Tisch bekommen: eine taffe Dame hat sich mit dem FBI des J. Edgar Hoover angelegt, zigtausend Exemplare eines Enthüllungsbuches ...

Archie Goodwin und sein Chef Nero Wolfe haben einen brisanten Fall auf den Tisch bekommen: eine taffe Dame hat sich mit dem FBI des J. Edgar Hoover angelegt, zigtausend Exemplare eines Enthüllungsbuches unter die Leute gebracht. Nicht unbedingt die beste Idee, denn jetzt klebt ihr das FBI an den Fersen. Wolfe soll‘s richten…

Ich liebe „klassische“ Detektive, egal ob es sich dabei um Miss Marple, Sherlock Holmes oder Dupin handelt. Nero Wolfe war mir bisher noch nicht in die Finger gekommen; leider muss ich nach der Lektüre dieses Buches auch sagen: verpasst hab ich nichts. Wolfe war eine absolut nichtssagende Figur, die angeblich superschlau ist, in der Geschichte aber eigentlich nicht viel mehr tut als zu essen, zu lesen oder an der hauseigenen Orchideenzucht zu schnibbeln. Die Hauptermittlungsarbeit liegt bei Archie, dem ich die ganze Zeit doch eher distanziert begegnet bin; auch dessen ermittlerische Qualitäten konnten mich nicht so recht überzeugen. Zwei Hauptfiguren also, die mich schon mal nicht mitreißen konnten. Der Fall (kleiner Mann vs. übermächtiges FBI) hätte da noch einiges rausreißen können, es hätte spannend, beklemmend, ungerecht etc. zugehen können. Tut es aber nicht. Die Story plätschert vor sich hin, das FBI tritt hauptsächlich durch wage bedrohliche Figuren auf und ist ansonsten v.a. dann Thema, wenn die Sprache zum gefühlt 35ten Mal auf die abgehörten Telefone in Wolfes Büro kommt. Dann muss das kleine Dickerchen nämlich die Treppe in ein anderes Stockwerk nehmen und das geht ja nun gar nicht. Sprachlich ist der Krimi (wenn man ihn denn überhaupt so bezeichnen will) recht ansprechend, auch die Aufmachung ist sehr schön geworden. Sonst konnte ich leider nicht viel Positives am Buch finden, sodass dies hier für mich der erste und letzte Krimi mit Wolfe gewesen sein dürfte und ich mich ehrlich frage, mit welchem Recht der Autor damit so große Erfolge gefeiert hat.

Veröffentlicht am 26.02.2017

Glücksmädchen

Glücksmädchen
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Nach dem Tennistraining verschwindet die 8jährige Lycke spurlos. Während sich Mutter, Vater und dessen neue Frau gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, scheint nur die Reporterin Ellen wirklich ...

Nach dem Tennistraining verschwindet die 8jährige Lycke spurlos. Während sich Mutter, Vater und dessen neue Frau gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben, scheint nur die Reporterin Ellen wirklich an Lyckes Suche mitzuwirken. Diese wird jedoch immer wieder durch Parallelen zu ihrer eigenen Vergangenheit aus der Bahn geworden. Bald wird zudem klar, dass Lycke durchaus gute Gründe zum Verschwinden gehabt hätte…
Mikaela Bley hat eine spannende Geschichte geliefert, die mich durchweg gut unterhalten hat. Die Spannung wird gut aufgebaut und gehalten, kleine Cliffhanger lassen einen schnell weiterlesen. Bley entwickelt die Story langsam, aber stetig, man braucht eine Weile bis man die wahren Verhältnisse durchschaut hat. Die Figuren sind ihr recht gut gelungen, gerade Lyckes Familie fand ich sehr gut skizziert. Die Beziehungen untereinander, die chaotischen Gefühlswelten und vor allem das Verhalten gegenüber Lycke werden sehr authentisch dargestellt und lassen den Leser so manches Mal schlucken. Ellen ist mir als Person nicht sympathisch, sie ergibt aber eine interessante Protagonisten, die einen immer wieder überrascht. Die Verstrickungen mit ihrer eigenen Vergangenheit hätte ich persönlich nicht gebraucht, sie fügen sich aber halbwegs gut in die Handlung. Die Autorin hat einen sehr angenehmen Schreibstil, der sich sehr flüssig lesen lässt, wobei sie trotzdem mit mancher Ausdrucksweise überraschen kann.
Insgesamt ein spannendes Buch, das mit ungeahnten Tiefen aufwartet, die so manche Unregelmäßigkeit kaschieren können. Ein Psychothriller ist es allerdings beileibe nicht, auch wenn man so mancher Figur gerne Psycho auf die Stirn schreiben würde ; )

Veröffentlicht am 13.02.2017

The american dream

Das geträumte Land
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Der Kameruner Jende Jonga hat mit Hilfe seines Cousins den Absprung nach New York geschafft. Nachdem er sich als Taxifahrer durchgeschlagen hat, konnte er sogar Frau und Sohn nachholen. Einziges Manko: ...

Der Kameruner Jende Jonga hat mit Hilfe seines Cousins den Absprung nach New York geschafft. Nachdem er sich als Taxifahrer durchgeschlagen hat, konnte er sogar Frau und Sohn nachholen. Einziges Manko: bisher hat Jende nur eine Arbeitserlaubnis, seine Frau nur ein Studentenvisum. Wenn sie langfristig in Amerika bleiben wollen, brauchen sie dringend richtige Papiere. Das Glück scheint auf ihrer Seite, als Jende einen Job bei Clarke Edwards bekommt. Der ist bei Lehman Brothers ganz oben mit dabei und so scheint Jende endlich eine Perspektive zu haben.

Imbolo Mbue hat mich mit ihrem Debut absolut überzeugt. Eine warmherzige Geschichte, die gleichzeitig nachdenklich macht, sozialkritisch ist, hochaktuelle Themen wie eben der Fall von Lehman Brothers und dessen Folgen aufgreift. Mbue erzählt authentisch vom Leben der Jongas, ihren Bemühungen sich zu integrieren, ihrem Kampf mit den Behörden. Dem Leser wird wehmütig ums Herz, wenn man sieht welche Früchte die harte Arbeit tragen (wenige), wie die Jongas an ihrem Leben in New York hängen (sehr), wie sie ihre Zukunft in den USA planen (zuversichtlich). Auf der anderen Seite weiß man was Lehman Brothers droht, welche Folgen sich für das ganze Land ergeben werden. Und trotzdem hofft man mit aller Kraft für Jende und seine Frau Neni. Auf der anderen Seite hofft man auch für Clarke Edwards und seine Familie, die zwar einen anderen Ausgangspunkt haben (sie gehören zur High Society), aber trotzdem auch ihr Päckchen zu tragen haben. Diese Gegensätze der beiden Familien, der sozialen Schichten und Kulturen machen einen großen Reiz des Buches aus. Ebenso natürlich der Erzählstil der Autorin, der mich wirklich begeistert hat. Authentisch, bilderreich und warmherzig, weise und doch nicht belehrend. Eine hervorragende Mischung, die mich durch die Seiten des Buches hat fliegen lassen.
Ein wunderbarer Roman, der die harte Wirklichkeit nicht verheimlicht, aber trotzdem Zuversicht und Hoffnung ausstrahlt. Der alte amerikanische Traum, neu erzählt.