Der Aufpasser
Erlöse mich„Ich habe mich verliebt, und ich bin ihr gefolgt, mehr müsst ihr nicht wissen. (…) Ich bin ihr namenloser Streiter, ihr unbesungener Held und Dirigent ihrer Sinfonie. Ich bin der, der aufpasst.“
Marnella ...
„Ich habe mich verliebt, und ich bin ihr gefolgt, mehr müsst ihr nicht wissen. (…) Ich bin ihr namenloser Streiter, ihr unbesungener Held und Dirigent ihrer Sinfonie. Ich bin der, der aufpasst.“
Marnella Logan hat ein hartes Los getroffen. Seit mehr als einem Jahr ist ihr Mann Daniel spurlos verschwunden und sie sitzt mit zwei minderjährigen Kindern alleine da. Langsam gerät sie in echte Geldnöte, denn ihr Mann hat einige Spielschulden bei ein paar harten Jungs hinterlassen und die soll sie nun auftreiben. Doch bald ist Geld nicht mehr das einzige Problem, denn einer der Gangster wird tot aufgefunden und Marnie gerät unter Verdacht. Einziger Hoffnungsschimmer ist ihr Psychologe Joe O’Loughlin, der zusammen mit seinem guten Kumpel Vincent Ruiz Nachforschungen anstellt. Doch wie es scheint hat Marnie auch noch einen anderen Helfer. Oder er lässt ihr zumindest das angedeihen, was er unter Hilfe versteht…
Michael Robotham hat schon einige Geschichten um Joe und Vincent geschrieben, auch mit „Erlöse mich“ hat er mich wieder voll überzeugt. Gekonnt spinnt er ein Netz von wagen Andeutungen, Halbwahrheiten und Vermutungen, in dem sich der Leser sofort verfängt und bis zum Ende nicht mehr rauskommt. Wie alles zusammenhängt, wer die Finger im Spiel hatte und welche Rolle Marnie nun genau spielt, bleibt sehr lange im Dunklen. Man lässt sich von Robotham auf zahlreiche falsche Fährten locken, zieht falsche (oder doch richtige) Schlüsse und rätselt lange mit. Doch trotzdem bleiben die Charaktere nicht auf der Strecke, denn Robotham skizziert bekannte und unbekannte Gesichter sehr gut. Die Figur der Marnie ist ihm grandios gelungen, auf der eine Seite die verzweifelte Ehefrau, die sich einfach nur nach einer Nachricht von ihrem Mann sehnt, die nicht weiß wie sie morgen das Frühstück bezahlen soll. Auf der anderen Seite, die taffe Frau, die in jeden noch so sauren Apfel beißt um sich und ihre Kinder durchzubringen. Und dann gibt es noch… tja, wird nicht verraten. Lest selbst!
In letzter Zeit wird die Bezeichnung Pageturner ja geradezu inflationär gebraucht, hier ist sie jedoch mehr als angebracht. Durch die ständigen Neuentwicklungen und unerwarteten Wendungen ist man so im Lesefluss, dass man gar nicht so schnell lesen kann wie man umblättern will. Robothams Schreibstil und seine genialen Dialogen tun ihr Übriges dazu. Immer spannend, immer nervenaufreibend und manchmal regelrecht gruselig, wird nach der Auflösung am Schluss wohl jeder Leser mit einem unbehaglichen Gefühl auf dem Sofa zurückbleiben und mal einen vorsichtigen Blick über die Schulter werfen.
Fazit: ein ausgezeichneter Psychothriller, in dem der Autor dem Leser gekonnt den Kopf verwirbelt und für massig Gänsehaut sorgt.