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Veröffentlicht am 10.03.2021

Coming of Age statt Revolution

Fürchtet uns, wir sind die Zukunft
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Der Klappentext von "Fürchtet uns, wir sind die Zukunft" ließ mich ein anderes Buch erwarten – ein Bericht in Romanform aus einer Musikhochschule, der Missstände aufzeigt, revolutionäre Zukunftsvisionen ...

Der Klappentext von "Fürchtet uns, wir sind die Zukunft" ließ mich ein anderes Buch erwarten – ein Bericht in Romanform aus einer Musikhochschule, der Missstände aufzeigt, revolutionäre Zukunftsvisionen junger Menschen entwirft. Die Handlung kreist stattdessen aber um die Befindlichkeiten des Ich-Erzählers Theo, erste eigene Wohnung, Start des Studiums, erste Liebe. Die Revolution bleibt da auf der Strecke.
Vieles wird nur angedeutet oder garnicht gesagt. Was genau will die Gruppe Zukunft? Was liegt in der Akademie im Argen? So genau erfährt man das nicht. Jetzt hätte man natürlich auch auf die etwas unklare Agenda und darauf wie manche Gruppen auch so Leute beeinflussen und anziehen, eingehen können. Das wäre in Corona-Zeiten auch sehr aktuell gewesen. Aber auch das passiert nicht.
So finde ich, dass das Buch sein Potenzial nicht ganz ausschöpft. Vielleicht erwarte ich auch fälschlicherweise, dass Jugendbücher eine klare, möglicherweise erzieherische Aussage haben sollten.

Ich gebe zu: das Buch hatte bei mir aber auch erschwerte Ausgangsbedingungen. Zufällig habe ich es direkt nach "Hard Land" von Benedict Wells gelesen. Immer wieder fielen mir sehr ähnliche Motive auf: junger/jugendlicher musikbegabter Mann, Sommer, erste Liebe, Coming of Age. Lustiger Zufall, dass ich zwei einander so ähnelnde Neuerscheinungen direkt nacheinander gelesen habe. Da blieb ein Vergleich nicht aus und ich muss sagen, dass B. Wells den gewinnt.

Typografisch, teils auch sprachlich interessant umgesetzt.

Empfohlen ab 14 Jahren.

Veröffentlicht am 10.03.2021

Hommage

Hard Land
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Der Verlag bezeichnet Benedict Wells' neuen Roman "Hard Land" selbst als "Hommage an 80’s Coming-of-Age-Filme". Wenn man das Buch unter diesen Voraussetzungen liest, wird man gut unterhalten – liest man ...

Der Verlag bezeichnet Benedict Wells' neuen Roman "Hard Land" selbst als "Hommage an 80’s Coming-of-Age-Filme". Wenn man das Buch unter diesen Voraussetzungen liest, wird man gut unterhalten – liest man das Buch hingegen unvoreingenommen, ist es doch etwas klischeehaft und erwartbar ... genauso wie diese Filme es ja meist auch sind.

Sam ist ein sympathischer 15-jähriger Underdog, der Mitte der 1980'er Jahre mit seiner todkranken Mutter und seinem Vater in einer Kleinstadt in Missouri/USA lebt. An den Sommer 1985 geht er ohne große Erwartungen heran – aber dann folgt ein Wechselbad aus Freundschaft, Liebe und Trauer.

Das alles ist stimmungsvoll beschrieben, wenn auch die Handlung wie gesagt wenig überraschend ist. Wie oft bei Benedict Wells viele Bezüge zur Musik der Zeit. Ungewöhnlich (und leider etwas lasch) vielleicht das widerkehrende Motiv des Stadtdichters.

Als Sommerlektüre bestimmt gut geeignet.

Veröffentlicht am 16.02.2021

Die Suche nach der Bundeslade

Tunnel - eine israelische Satire
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In Rutu Modans neuer Graphic Novel "Tunnel" trifft eine illustre Schar Menschen (und eine Kuh) zusammen, die gemeinsam auf der Westbank auf die Suche nach der Bundeslade gehen. Dabei passiert natürlich ...

In Rutu Modans neuer Graphic Novel "Tunnel" trifft eine illustre Schar Menschen (und eine Kuh) zusammen, die gemeinsam auf der Westbank auf die Suche nach der Bundeslade gehen. Dabei passiert natürlich nichts nach Plan der Ausgrabungsleiterin, sondern allerlei Unvorhersehbares.

Die politischen, gesellschaftlichen, religiösen Konflikte des Nahen Ostens werden humorvoll aufgenommen, ohne sie dabei zu harmlos darzustellen.

Zeichenstil und die Schatzsuchenthematik erinnern an Tim und Struppi von Hergé – ein bisschen Indiana Jones klingt wohl auch an. Das war es aber auch schon mit der Nostalgie: die Geschichte spielt im Hier und jetzt.

Ich fand die Graphic Novel auf intelligente Art und Weise überaus unterhaltsam.

Veröffentlicht am 16.02.2021

Zwei Mütter

Die Verlorenen
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Der Text, mit dem dieses Buch angekündigt bzw. beworben wird, greift etwas kurz und dadurch ist es schwer, hier nicht zu spoilern. Ich hoffe, ich verrate nicht zu viel.
"Die Verlorenen" ist für mich die ...

Der Text, mit dem dieses Buch angekündigt bzw. beworben wird, greift etwas kurz und dadurch ist es schwer, hier nicht zu spoilern. Ich hoffe, ich verrate nicht zu viel.
"Die Verlorenen" ist für mich die Geschichte von zwei sehr unterschiedlichen Müttern. Bess und Alexandra leben beide im London des 18. Jahrhunderts, aber doch in unterschiedlichen Welten: Bess in der armen Arbeiterklasse, Alexandra in der behüteten Oberschicht. Die Gegensätze zwischen der Unter- und der Oberklasse Londons werden durch Stacey Halls eindrücklich dargestellt. In beiden Schichten mangelt es dabei nicht an Abgründen.

Ich fand die Geschichte gut und packend erzählt. Gegen Ende wurde es dann vielleicht etwas konstruiert und glatt gebügelt. Wenn man darüber großzügig hinweg sieht, wird man gut unterhalten und bekommt einen bildhaften Eindruck vom Leben im 18. Jahrhundert in London.

Veröffentlicht am 09.02.2021

Satteltaschenbibliothek

Wie ein Leuchten in tiefer Nacht
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Mein erstes Buch von Jojo Moyes und ich war positiv überrascht, hatte ich doch eine allzu kitschige Geschichte befürchtet, in der es nur um Liebesschnickschnack geht. In "Wie ein Leuchten in tiefer Nacht" ...

Mein erstes Buch von Jojo Moyes und ich war positiv überrascht, hatte ich doch eine allzu kitschige Geschichte befürchtet, in der es nur um Liebesschnickschnack geht. In "Wie ein Leuchten in tiefer Nacht" greift die Autorin die sogenannten Satteltaschenbibliotheken (Pack Horse Libraries – gerne mal googlen!) auf, die es in den 1930'er und 1940'er Jahren in Kentucky gab. Eine Arbeitsbeschaffungs- und Bildungsoffensive der US-Regierung, bei der vor allem Frauen tätig waren, die auf dem Pferderücken Bibliotheksbücher zu den teils sehr abgelegen wohnenden Menschen brachten. Jojo Moyes lässt in ihrem Roman eine Handvoll ganz unterschiedlicher junger Frauen zu einer solchen Satteltaschenbibliothek zusammen kommen und hat daraus eine abwechslungsreiche, nette, gut lesbare Geschichte gemacht. Wie die Frauen sich in ihre Aufgabe reinfinden, daran reifen, ihren Mitmenschen begegnen – das war interessant und unterhaltsam zu lesen. Irgendwo ab der Mitte wurde es mir dann aber etwas zu langwierig mit einigem Hin und her in Sachen Liebe und einem Mordprozess. Das war für mich überflüssig oder zumindest zu ausschweifend beschrieben. Mich interessierten die Geschichten rund um die Bibliothek, die Frauen, die Mitmenschen mehr als dieses erwartbar ausgehende Hickhack gegen Ende.
Insgesamt aber doch unterhaltsam!