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Veröffentlicht am 17.04.2019

Ich habe es trotz Schwächen gerne gelesen

Große Freiheit
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Rocko Schamoni beschreibt in "Große Freiheit" Wolli Köhlers junge Jahre in den 1960er Jahren auf St Pauli bis zu dem Zeitpunkt, als er dort Bordellbetreiber wird. Geplant ist vom Autor insgesamt eine Trilogie ...

Rocko Schamoni beschreibt in "Große Freiheit" Wolli Köhlers junge Jahre in den 1960er Jahren auf St Pauli bis zu dem Zeitpunkt, als er dort Bordellbetreiber wird. Geplant ist vom Autor insgesamt eine Trilogie über das Leben der legendären Rotlicht-Größe – Wolfgang "Wolli" Köhler hat es nämlich wirklich gegeben.
Schamonis Stil ist nüchtern, kurz angebunden und nicht wertend oder interpretierend. Teilweise las sich das Buch durch diese berichtsartige Form für mich eher wie ein Sachbuch als wie ein Roman. In Episoden erfährt man als Leser, welche Stationen Wolli bei seinem Aufstieg im Mikrokosmos St Pauli geprägt haben. Einblick in Wollis Gedankenwelt erhält man als Leser allerdings nur sehr oberflächlich. Klar wird, dass er ein ungewöhnlicher Charakter für Ort und Zeit war, dennoch bleibt er dabei unscharf und nicht zu greifen.

So wie mir manchmal eine Einordnung der einzelnen Episoden aus Wollis Leben fehlte, so fehlte mir im Buch insgesamt auch die Information, wie es überhaupt zu dem Buch kam. Meine Internetrecherche ergab, dass Rocko Schamoni und Wolli Köhler bis zu Köhlers Tod befreundet waren und Schamoni seinen Nachlass geerbt hat. Ob Schamoni hier aber nur das erzählt, was Köhler selbst preisgeben wollte oder noch eigene Recherchen angestellt hat, bleibt offen. Genauso wie mir Informationen über das reichhaltige illustre Nebenpersonal fehlen. Wen gab es wirklich und was wurde aus ihnen? Manch eine dieser Figuren würde Stoff für ein eigenes Buch abgegeben und sie kommen hier fast zu kurz. So endet "Große Freiheit" sehr offen. Ein Nachwort mit den entsprechenden Informationen wäre wünschenswert.

Trotz aller Kritik habe ich "Große Freiheit" gerne gelesen. Den Einblick in das St Pauli der 1960er Jahre fand ich faszinierend und auch über Wolli Köhler würde ich gerne noch mehr erfahren.

Veröffentlicht am 16.04.2019

Authentischer Briefroman

Zeilen ans Meer
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Sarah Fischer hat mit "Zeilen ans Meer" einen stimmigen Briefroman geschrieben. Die Briefe klingen nach einem authentischen Briefwechsel zwischen zwei Menschen, die sich auf diesem Weg kennen und lieben ...

Sarah Fischer hat mit "Zeilen ans Meer" einen stimmigen Briefroman geschrieben. Die Briefe klingen nach einem authentischen Briefwechsel zwischen zwei Menschen, die sich auf diesem Weg kennen und lieben lernen. Andere Briefromane wirken oft aufgesetzt und gekünstelt – dies ist hier überhaupt nicht der Fall.
Die Figuren Lena und Sam wurden für mich lebendig und wuchsen mir ans Herz. Ihre Liebesgeschichte ist realistisch mit Zweifeln und Problemen dargestellt – hier ist das Buch vielleicht für manche Geschmäcker an der Grenze zur Langatmigkeit, aber wie gesagt: eingedenk der Umstände, wie sich Lena und Sam kennen lernen und wie weit sie voneinander entfernt leben, ist das auch wirklichkeitsnah.

Der Schreibstil des Buches ist locker und sehr gut lesbar. Gefällt mir sehr gut.

Ein schöner Unterhaltungsroman in ungewöhnlicher, gelungener Form.

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Stimmung
  • Figuren
Veröffentlicht am 08.04.2019

Persisch-amerikanische Familiensaga

Als die Tage nach Zimt schmeckten
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"Als die Tage nach Zimt schmeckten" von Donia Bijan erzählt eine persisch-amerikanische Familiengeschichte. Teils ungewöhnlich, teils mit den üblichen, erwartbaren Elementen eine Familiensaga. Geschrieben ...

"Als die Tage nach Zimt schmeckten" von Donia Bijan erzählt eine persisch-amerikanische Familiengeschichte. Teils ungewöhnlich, teils mit den üblichen, erwartbaren Elementen eine Familiensaga. Geschrieben ist das nicht übermäßig anspruchsvoll, aber auch nicht kitschig oder belanglos. Hin und wieder wird es sogar auch wortgewaltig – allerdings nicht durchgängig, was das Buch insgesamt sehr gut lesbar macht. Teilweise blieben die Personen trotz ausführlicher Charakterisierung für mich etwas blass bzw unscharf.

Ich habe Donia Bijans Buch trotz aller Kritik gerne gelesen – die Stärke des Buches liegt in meinen Augen vor allem in den Beschreibungen, wie sich die Familienmitglieder mit dem reglementierten Alltag im Iran arrangieren.

Veröffentlicht am 08.04.2019

Schöne französische Unterhaltungsliteratur

Ein Tropfen vom Glück
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Antoine Laurains "Ein Tropfen vom Glück" ist eine schöne Geschichte mit fantastischen Elementen. Eine bunt gemischte Gruppe von vier Personen reist unvermittelt aus dem Jahr 2017 ins Jahr 1954, nachdem ...

Antoine Laurains "Ein Tropfen vom Glück" ist eine schöne Geschichte mit fantastischen Elementen. Eine bunt gemischte Gruppe von vier Personen reist unvermittelt aus dem Jahr 2017 ins Jahr 1954, nachdem sie gemeinsam eine Flasche Wein getrunken haben. Das Paris des Jahres 1954 wird vom Autor liebevoll und gut beschrieben, ohne dass er sich dabei in Details verliert. Die vier Zeitreisenden und ihre persönlichen Geschichten werden nach und nach aufbereitet. Dabei treffen sie auf einige Schauspieler, Schriftsteller und andere Künstler – hier war die Geschichte in meinen Augen etwas zu dick aufgetragen, aber ich sehe großzügig darüber hinweg.

Sehr gute Unterhaltungsliteratur – nicht belanglos oder kitschig, sondern intelligent und kurzweilig.

Veröffentlicht am 24.03.2019

Abgefahrene, am Ende nicht ganz abgeschlossene Geschichte

Scharnow
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Das Romandebüt des umtriebigen Bela B habe ich mit Spannung erwartet und wurde nicht enttäuscht. Die Handlung ist schwer zusammen zu fassen und ich möchte nicht spoilern, deshalb nur so viel: es gibt eine ...

Das Romandebüt des umtriebigen Bela B habe ich mit Spannung erwartet und wurde nicht enttäuscht. Die Handlung ist schwer zusammen zu fassen und ich möchte nicht spoilern, deshalb nur so viel: es gibt eine Vielzahl von Protagonisten (mit einem vorangestellten Personenverzeichnis zum Nachlesen) und eine Reihe ungewöhnlicher Ereignisse im fiktiven brandenburgischen Örtchen Scharnow, von denen hier berichtet wird. Irgendwie ist alles miteinander verbunden. Eigentlich auch voraussehbar, dass am Ende nicht alles aufgelöst wird und nicht alle Geschichten zuende erzählt werden. Das finde ich etwas schade, obwohl es andererseits natürlich zum eigenen Spekulieren und Fabulieren einlädt.
Sprachlich solide und gut lesbar.

Wer abgefahrene, schräge Geschichten mag, wird hier gut unterhalten.