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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2019

Interessante Thematik, leider teilweise etwas langamtig

Ein wirklich erstaunliches Ding
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"Ein wirklich erstaunliches Ding" wird von einigen für ein Jugendbuch gehalten; ich glaube, es wurde auch anfangs als ein solches angekündigt. Jetzt ist es ja als 'Roman' bezeichnet und ich würde es auch ...

"Ein wirklich erstaunliches Ding" wird von einigen für ein Jugendbuch gehalten; ich glaube, es wurde auch anfangs als ein solches angekündigt. Jetzt ist es ja als 'Roman' bezeichnet und ich würde es auch eher ab dem jungen Erwachsenenalter empfehlen.

Hank Green verknüpft in seinem Debüt zwei verschiedene Geschichten: die phantastische Geschichte des plötzlich in New York auftauchenden, titelgebenden "wirklich erstaunlichen Ding" Carl und die Geschichte der 23-jährigen, sympathischen April, die im Zusammenhang mit diesem Vorfall zu einer (Internet-)Berühmtheit wird. Die Kombination dieser zwei Geschichten finde ich eigentlich sehr gelungen, da sich ein Buch ergibt, das die Problematiken Auftreten im Internet, den Zwang, ständig neuen content zu generieren, und die Schattenseiten der Berühmtheit mit einer spannenden Rahmengeschichte verknüpft.
Leider hat das Buch aber trotz dieses gut gedachten Ansatzes seine Längen. Es gibt immer wieder längere Abschnitte im Buch, bei denen ich mich gefragt habe, was dort denn nun passiert ist, das entweder die Handlung voran treibt oder aber die Denkanstöße, die der Autor geben möchte, unterstützt.
Außerdem fiel mir die zeitliche Einordnung schwer. Wie viel Zeit ist im Laufe der Handlung vergangen? Irgendwann wird erwähnt, dass ein ganzes Jahr vergangen sei ohne dass mir richtig klar wurde, wie April ihren fame so lange halten konnte. Was für neuen content entwickelte sie in dieser Zeit, in der unter dem Strich scheinbar nicht viel berichtenswertes passiert ist?

Ansonsten wird das Leben als Internet-Star (soweit ich das beurteilen kann) gut und realistisch beschreiben: Berühmtheit, plötzlicher Reichtum, Einfluss, die Suche nach Bestätigung und so weiter. Manches hätte vielleicht noch mehr in die Tiefe gehen können.
Einige Stellen kann man auch als knappen Kommentar auf die heutige politische Situation in den USA und das raue Klima in der weltweiten Politik lesen.

Geschrieben ist das in einer etwas schnodderigen Sprache, die ich passend zur Ich-Erzählerin April fand und die sich gut und flüssig liest.

Leider mit leichten Schwächen und nicht durchgängig spannend, aber dennoch eine interessante Lektüre.

Veröffentlicht am 29.12.2018

Anders

Der Narr und seine Maschine
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Ein Krimi? Nein. Eine Detektivgeschichte? Schon eher, aber wirklich eine ungewöhnliche. Tabor Süden ist allerdings schon eine eher typische literarische Ermittlerfigur, die Alkohol- und Probleme mit Vorgesetzten ...

Ein Krimi? Nein. Eine Detektivgeschichte? Schon eher, aber wirklich eine ungewöhnliche. Tabor Süden ist allerdings schon eine eher typische literarische Ermittlerfigur, die Alkohol- und Probleme mit Vorgesetzten zu haben scheint. Seine Vergangenheit bleibt für mich als Ani-Erstleserin etwas unscharf, was aber nichts macht: der Geschichte von "Der Narr und seine Maschine" kann man auch ohne Vorkenntnisse gut folgen. Die Geschichte mit zwei Hauptpersonen - einer Ermittler, der andere der Gesuchte - fand ich aufgrund der Ähnlichkeit der beiden Charaktere interessant, wenn auch nicht herausragend. Wirklich spannend, überraschend oder aufregend wird es aber nicht - muss es auch nicht, aber man könnte das anders erwarten. In der ersten Hälfte hat das Buch mit seinen 143 großzügig gesetzten Seiten mich nicht richtig fesseln können. Irgendwann packte mich das Buch, dessen düstere Stimmung und Handlung im Kontrast zum an den Sommer 2018 erinnernden lähmend heißen Setting steht, dann doch etwas mehr, sodass ich es gerne zu Ende gelesen habe.
Sprachlich interessant und wechselhaft.

Veröffentlicht am 04.12.2018

Wird Vorschuss-Lorbeeren nur bedingt gerecht

Der Apfelbaum
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Der Schauspieler Christian Berkel legt mit "Der Apfelbaum" sein Debüt-Buch vor – ein biografischer Roman. Im Mittelpunkt der Familiengeschichte steht Berkels mittlerweile verstorbene Mutter Sala. Der Autor ...

Der Schauspieler Christian Berkel legt mit "Der Apfelbaum" sein Debüt-Buch vor – ein biografischer Roman. Im Mittelpunkt der Familiengeschichte steht Berkels mittlerweile verstorbene Mutter Sala. Der Autor maßt sich nicht an, die Geschichte seiner Eltern bis ins Detail wahrheitsgemäß wieder zu geben, sondern wählt für seine persönliche Familiengeschichte den Roman als literarische Form, womit er sich die Möglichkeit gibt, eine runde Geschichte zu erzählen und unbekannte Details frei zu ergänzen. Die Geschichte seiner Eltern Sala und Otto, insbesondere die seiner Mutter ist eine besondere – mit Charakteren, die durchweg außergewöhnliche Lebensläufe und Eigenschaften haben. Die unbewusste 'halbjüdische Abstammung' der Mutter und die Konsequenzen, die sich dadurch in der Zeit des Nationalsozialismus ergeben, tragen zu einer Geschichte bei, die ich so noch nie gehört hatte. Zu viel möchte ich hier über die Handlung aber nicht verraten. Am Anfang des Romans springt der Roman zwischen den Figuren, Zeiten, Liebespaaren, sodass es mir hier schwer fiel, den Überblick zu behalten. Das wurde aber besser, als sich die Handlung auf Sala und Otto konzentrierte und somit nur eine Generation an Protagonisten im Mittelpunkt stand.

Christian Berkel schreibt meist flüssig – es finden sich aber kleine Stellen, die sprachlich nicht ganz gelungen sind, Sätze die nicht ganz eingänglich waren oder klischeehaft klingen.

Die Vorschuss-Lorbeeren, die das Buch des berühmten Schauspielers erhielt, kann ich als Leserin deshalb nur in Teilen nachvollziehen. Es ist ein gutes Buch mit interessanten Charakteren und Themen, aber eine literarische Sensation ist es nun auch nicht. Gerade im Detail wäre hier sprachlich und inhaltlich Kleinigkeiten verbesserbar.

Durchaus lesenswert, aber bitte nicht zu viel erwarten.

Veröffentlicht am 04.10.2018

Toller Rahmen für eine eher schwache Geschichte

Der lächelnde Gott
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Auch wer den "Welcome to Night Vale"-Podcast und das erste Buch von Joseph Fink und Jeffrey Cranor ("Willkommen in Night Vale", im gleichen Verlag erschienen) noch nicht kennt, wird der Handlung von "Der ...

Auch wer den "Welcome to Night Vale"-Podcast und das erste Buch von Joseph Fink und Jeffrey Cranor ("Willkommen in Night Vale", im gleichen Verlag erschienen) noch nicht kennt, wird der Handlung von "Der lächelnde Gott" problemlos folgen können – vorausgesetzt man lässt sich auf die herrlich abgefahrene und absurde Geschichte ein. Night Vale ist eine Stadt irgendwo in einer US-amerikanischen Wüste, in der die Realität ganz anders aussieht als bei uns. Es ist gefährlich, übersinnlich, unvorhersehbar – es gibt nicht existierende Häuser, Formwandler, Menschen die nicht an Berge glauben, Überwachung durch die Regierung und einiges mehr. In Zeiten von Fake News und Verschwörungstheorien kann man dieses Buch auch ganz wunderbar als Satire lesen.
Die Absurditäten in Night Vale werden gleichzeitig fantasievoll, witzig und nebenbei erzählt – das finde ich insgesamt einfach großartig. Für mich sind diese Erzählweise und die eigentlich nebensächlichen Details die Stärke sowohl dieses Buches als auch der gesamten Night Vale-Welt.
Leider kann die eigentliche Geschichte rund um den lächelnden Gott und die Wissenschaftlerin Nilanjana hier nicht mithalten. Die Geschichte verspricht Spannung, kann diese aber nur in wenigen Szenen bieten. Ich fand die Story leider schwach und sie hatte zudem für mich Längen.
Night Vale-Fans kann ich das Buch dennoch empfehlen – Night Vale-Neulingen würde ich eher zum ersten Buch "Willkommen in Night Vale" raten.

Veröffentlicht am 06.09.2018

Eine andere Kriminalgeschichte

Ed ist tot
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Die üblichen aktuellen Krimis langweilen mich meist schon beim Lesen des Klappentextes. Das war hier nicht der Fall – im Gegenteil: die Beschreibung klang nach einer ungewöhnlichen Geschichte. Die war ...

Die üblichen aktuellen Krimis langweilen mich meist schon beim Lesen des Klappentextes. Das war hier nicht der Fall – im Gegenteil: die Beschreibung klang nach einer ungewöhnlichen Geschichte. Die war es dann auch. Russel D McLeans Geschichte um die schottische Buchhändlerin Jen, die auf Abwege gerät ist definitiv anders als die meisten Krimis.
An "Ed ist tot" geht man aber vielleicht leicht mit falschen oder zu hohen Erwartungen heran – wenn man weiß, was einen erwartet, wird man meiner Meinung nach gut unterhalten. Es ist kein Krimi im herkömmlichen Stil. Die Handlung orientiert sich nicht an einem Detektiv oder einer Polizistin, die den Fall lösen wollen Stattdessen berichtet die die Buchhändlerin Jen, wie sie in eine Kriminalgeschichte verwickelt wird und immer mehr auf Abwege gerät. Es ist ein skurril-makabres, manchmal schon morbides Buch, mit zahlreichen Opfern, ohne viel Mitleid und Moral – aber auch ohne ausführliche Gewaltdarstellungen. Für mich hätte der vom Verlag versprochene "rabenschwarze Humor" allerdings etwas ausgeprägter sein können.

Wen das und die Aussicht auf eine ziemlich abwegige Geschichte nicht abschreckt, der findet in "Ed ist tot" eine ungewöhnliche, unterhaltsame Kriminalgeschichte mit britischem Humor, die sich gut und flüssig liest.