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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.04.2023

Money makes the world go round

3000 Yen fürs Glück
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"3000 Yen fürs Glück" von Hika Harada ist weniger heiter als das Cover vermuten lässt. Der Roman hält dafür aber ein, was Untertitel und Klappentext versprechen: eine Familiengeschichte, in der Geld der ...

"3000 Yen fürs Glück" von Hika Harada ist weniger heiter als das Cover vermuten lässt. Der Roman hält dafür aber ein, was Untertitel und Klappentext versprechen: eine Familiengeschichte, in der Geld der rote Faden ist. Das war für mich teilweise schon an der Grenze zu zu monothematisch, weswegen man das Buch auch nur lesen sollte, wenn man sich zumindest ein wenig für haushalten und finanzielle Absicherung interessiert, sonst wird man das Buch vermutlich bald frustriert aus der Hand legen.
Es startet mit eher oberflächlichen Charakteren und sprachlich und inhaltlich ziemlich nüchtern mit Spartipps, die man auch schon woanders gelesen hat. Die beiden Töchter in den Zwanzigern, mit denen man in das Buch einsteigt, fand ich charakterlich oberflächlich und unsympathisch. Interessanter wird es dann aber mit der Großmutter, dem (ich sag mal) Nachbarn und der Mutter der Familie. Diese waren (teilweise) sympathischer und in jedem Fall aber interessantere Charaktere. Alle handelnden Personen gehen unterschiedlich mit dem Thema Geld um, was wohl auch der Tatsache geschuldet ist, dass sie aus unterschiedlichen Generationen stammen, die wirtschaftlich und gesellschaftlich anders konditioniert wurden. Gemeinsam ist ihnen aber ein eher sorgenvoller Blick in die Zukunft und die eigene finanzielle Absicherung. Man kann das Buch deshalb auch als Abgesang auf die Mittelschicht lesen, die auch in Japan zu kämpfen hat.
Das Buch schafft es nicht immer, selbst über den beschriebenen Oberflächlichkeiten zu stehen, und als deutsche Leserin fand ich es auch nicht wirklich innovativ, aber dennoch hat die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Positionen durchaus etwas interessantes und lesenswertes.

Veröffentlicht am 19.04.2023

Hat mich nicht gepackt

Mr. Goebbels Jazz Band
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Die Handlung des Buches klingt absurd, ist es in Teilen auch, aber sie greift reale Begebenheiten auf: die Jazz-Band gab es wirklich. Sie war Teil der Radio-Propaganda, die die Nazis Richtung England sendeten.

Die ...

Die Handlung des Buches klingt absurd, ist es in Teilen auch, aber sie greift reale Begebenheiten auf: die Jazz-Band gab es wirklich. Sie war Teil der Radio-Propaganda, die die Nazis Richtung England sendeten.

Die Sprache des Romans sticht hervor. Sie ist sehr ungewöhnlich und machte die Lektüre nicht gerade einfach. Das liegt nicht nur an der insgesamt gesteltzten Sprache, sondern noch mehr daran, dass auf wörtliche Rede fast vollständig verzichtet wird. Für mich deshalb ziemlich sperrig und den Lesefluss behindernd - andererseits ist das Buch dadurch natürlich etwas besonderes und hat für manch Lesenden bestimmt einen gewissen Reiz.

Statt Gesprächen zwischen den Figuren sollte man also direkt Einblicke in die Gedankenwelt der einzelnen Protagonisten erhalten. Mir blieben trotzdem alle Figuren fremd und unnahbar. Die Band ist eher Hintergrund als dass sie die tatsächliche Geschichte wäre - das hatte ich anders erwartet. Interessant aber das illustre Leben von William Joyce alias Wilhelm Froehlich, einem englischen Nazi, der aus Deutschland heraus Radiopropaganda machte. Der Roman konzentriert sich in der ersten Hälfte auf sein bewegtes Leben, seinen Werdegang, bevor er 1939 nach Deutschland migrierte und Teil der Propaganda wurde. Auch die surreale Realität, in der die Band sich in Kriegszeiten bewegt, hatte etwas faszinierendes: nah an der Macht, dabei aber Krieg, Verfolgung, Ermordung gekonnt ignorierend. Die Bandgeschichte blieb aber eher blass und die Figur Fritz Mahler, im Gegensatz zu den anderen offenbar eine fiktive Person, die kurioserweise einen Roman über die Band schreiben soll, blieb für mich völlig undurchsichtig.

In Erinnerung wird mir William Joyce bzw Wilhelm Froehlich bleiben und ich frage mich, warum der Autor sich nicht einfach auf diese doch recht dankbare Figur konzentriert hat, denn der Rest des Buches hat mich nicht überzeugt.


Mich hat das Buch leider nicht richtig gepackt. Es hat mich weder amüsiert, noch hatte ich das Gefühl, auf andere Art und Weise mit Gewinn aus der Lektüre gegangen zu sein. Schade.

Veröffentlicht am 05.04.2023

Erbärmliche Männer

Mindset
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Ja, Sebastian Hotz alias El Hotzo kann auch mehr als 280 Zeichen am Stück schreiben, und obwohl da noch Luft nach oben ist, ist Mindset doch ein recht passables Debüt geworden. Die Geschichte fasst Aspekte ...

Ja, Sebastian Hotz alias El Hotzo kann auch mehr als 280 Zeichen am Stück schreiben, und obwohl da noch Luft nach oben ist, ist Mindset doch ein recht passables Debüt geworden. Die Geschichte fasst Aspekte auf, die auch in El Hotzos Tweets immer wieder vorkommen: Kritik an unserer Gesellschaft, der Arbeitswelt und nicht zuletzt an Social Media. In Romanform ist das weniger pointiert als in seinen Tweets, aber dennoch stark vorhanden. Vordergründig ist es die Geschichte zweier junger Männer, die in ihrer Selbstüberschätzung und gleichzeitigen Erbärmlichkeit auch einem Heinz-Strunk-Roman entsprungen sein könnten, inkl. Kalendersprüche – vielleicht aber dann doch etwas sympathischer oder zumindest menschlicher als bei Heinz Strunk. Wollte ich jetzt mehr über Maximilian und Mirko schreiben, müsste ich spoilern. Ein bisschen konstruiert sind die beiden weiblichen Nebenfiguren – es wirkte auf mich, als hätte das Buch noch unbedingt eine weibliche Note haben sollen. Dann lieber gar nicht als so.

Das Buch erfindet das Rad nicht neu, aber man kann es bis auf wenige Längen gut lesen. Vielleicht etwas zu fern meiner Realität um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Veröffentlicht am 30.03.2023

Gut - aber anders als erwartet

PUNKED
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Cover und Titel von "Punked" lassen vermuten, dass man mit dem Buch in die Punk- und/oder Musikszene abtaucht, aber das stimmt nur bedingt. Einen Großteil des Buches nimmt nämlich die Geschichte rund um ...

Cover und Titel von "Punked" lassen vermuten, dass man mit dem Buch in die Punk- und/oder Musikszene abtaucht, aber das stimmt nur bedingt. Einen Großteil des Buches nimmt nämlich die Geschichte rund um einen Kurierdienst ein, der [[[sowohl Spoiler- und Triggerwarnung, da der Verlag dazu in der Kurzbeschreibung nichts sagt]]] kinderpornografisches Material vertreibt. Der Ring, der dahinter steht, kam mir übertrieben absurd vor, genauso wie die privaten Ermittlungen der Protagonistin Bey, aber beides lasse ich mal als dichterische Freiheit gelten. Der Autorin gelingt meiner Meinung nach aber der haarscharfe Spagat, dieses Thema in einem eher unterhaltenden Roman angemessen zu behandeln.
Die Schilderungen der Punkszene holen die Lesenden gut ab, wenn man überhaupt keine Ahnung von Punk hat. Anfangs war mir das ein bisschen zu oberflächlich und die Selbstverständlichkeit von harten Drogen in der Szene konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Andererseits hat mir der für die Punkszene immer noch ungewohnte Fokus auf zwei starke (dabei aber sehr unterschiedliche) Frauen - Bey und Karina - gefallen. Auch die später im Buch folgenden Charakterisierungen einzelner Punks sind dann komplexer als anfangs gedacht. Interessant auch, später Hacker auftreten zu lassen, die man in gewisser Weise als Nachfolger der Punks sehen kann. Dieses Zusammenspiel fand ich sehr gelungen.
Trotz kleiner Kritikpunkte vor allem zu Beginn hat mich das Buch spätestens dann gefesselt, als die Szenebeschreibungen tiefer gingen und aber auch als die Ermittlungen in Sachen Kinderporno-Ring an Fahrt aufnahmen. Die beiden Themen fügen sich auch besser ineinander als ich zwischenzeitlich befürchtet hatte.
Sprachlich intelligent und gleichzeitig sehr gut lesbar.

Veröffentlicht am 30.03.2023

Potential nicht ausgeschöpft

Polnischer Abgang
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Episodenhaft erzählt der Autor aus dem Leben des jungen Jareks, der mit seinen Eltern 1990 aus Polen nach (West-)Deutschland übersiedelt. Man erfährt einiges über den Prozess der Migration mit all seinen ...

Episodenhaft erzählt der Autor aus dem Leben des jungen Jareks, der mit seinen Eltern 1990 aus Polen nach (West-)Deutschland übersiedelt. Man erfährt einiges über den Prozess der Migration mit all seinen Unsicherheiten, Absurditäten und häufig unerfüllten Erwartungen. Das war zwar interessant, aber oft hatte es für mich einen lehrerhaften Ton, was ich schade fand. Vielleicht auch deshalb bin ich nicht richtig warm geworden mit der Geschichte und den zudem blass bleibenden Charakteren. Es ist bestimmt eine authentische Beschreibung, aber leider hat mich sie mich nicht berührt bzw. abgeholt.