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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.02.2018

Anspruchsvolle, harte Lektüre

Die Stadt der Blinden
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"Die Stadt der Blinden" ist kein Buch, das man einfach so runter lesen kann. Sprachlich ist es oft anspruchsvoll mit langen Sätzen, die mich manchmal an Kleist erinnerten, und ohne Anführungszeichen bei ...

"Die Stadt der Blinden" ist kein Buch, das man einfach so runter lesen kann. Sprachlich ist es oft anspruchsvoll mit langen Sätzen, die mich manchmal an Kleist erinnerten, und ohne Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede. Letzteres finde ich oft anstrengend und unnötig, in diesem Fall ist es aber irgendwie passend. Hieran schließt sich an, dass die Geschichte aus Zeit und Raum gefallen scheint: die Geschichte könnte in fast jeder Stadt irgendwann im 20. Jahrhundert spielen - nähere Beschreibungen gibt es nicht. Auch die Protagonisten bleiben namenlos. Obwohl man der Handlung auch so gut folgen kann, erzeugen diese Stilmittel bei mir ein Gefühl, nicht alles greifen oder sehen zu können - vielleicht ein wenig der Blindheit der Protagonisten ähnlich.
Die Schilderung einer Gesellschaft im Ausnahmezustand ist schonungslos und drastisch - nichts für zart Besaitete.
Im Mittelteil hatte das Buch seine Längen. Ansonsten habe ich das ungewöhnliche Buch aber gerne gelesen.

Veröffentlicht am 14.02.2018

Bewegendes literarisches Zeitdokument

Der Reisende
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Die vorliegende Ausgabe von "Der Reisende" ist die deutsche Erstausgabe des 1938 von Ulrich Alexander Boschwitz geschriebenen Romans. Eine Zusammenarbeit zwischen Lektor und Verlag war hier nie möglich: ...

Die vorliegende Ausgabe von "Der Reisende" ist die deutsche Erstausgabe des 1938 von Ulrich Alexander Boschwitz geschriebenen Romans. Eine Zusammenarbeit zwischen Lektor und Verlag war hier nie möglich: der Autor verstarb bereits 1942, also bevor an eine Veröffentlichung auf Deutsch überhaupt zu denken war. Dadurch ist es ein authentisches, nahezu unverändertes Zeitdokument, was es in meinen Augen zu einer interessanten und wichtigen Lektüre macht.
Der Leser erlebt die rastlosen Gedankengänge, die Unsicherheit, die Sorgen um sich und seine Familie, aber auch um seine Firma und sein Vermögen mit. Otto Silbermann befindet sich im Zwiespalt: es fällt ihm auch nach fünf Jahren Nazi-Herrschaft schwer, die neue Realität mit dem Deutschland in Einklang zu bringen, das ihm seit seiner Geburt Heimat war. Man kann durch die Person Otto Silbermann nachvollziehen, warum es auch in der Realität leider so viele Juden gab, die Deutschland trotz aller Warnungen nicht verlassen haben. Während seiner Odysee trifft Otto Silbermann eine Vielzahl von Mitbürgern, die sich alle unterscheiden und so wohl ein gutes Abbild der Deutschen 1938 geben.
Sprachlich ist es in seiner Zeit verhaftet und manchmal vielleicht nicht ganz ausgereift, was sich hin und wieder etwas ungewohnt liest.
Insgesamt aber ein interessantes und wichtiges Zeitzeugnis!

Veröffentlicht am 31.01.2018

Mir fehlte irgendwas

Bauchlandung
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Alle Geschichten werden von Ich-Erzählerinnen erzählt. Hierbei hat jede ihre eigene Sprache, was ich interessant fand. Die Protagonistinnen, das Setting und die Handlung unterscheiden sich stark. Es gibt ...

Alle Geschichten werden von Ich-Erzählerinnen erzählt. Hierbei hat jede ihre eigene Sprache, was ich interessant fand. Die Protagonistinnen, das Setting und die Handlung unterscheiden sich stark. Es gibt absurde Momente, etwas Erotik, Zwiespalte und einiges mehr. Viele Geschichten handeln von einem (potentiellen) Wendepunkt im Leben der Ich-Erzählerinnen, lassen hierbei am Ende aber meist viel offen.

Ich habe die Geschichten interessiert gelesen, aber hundertprozentig haben sie mich nicht überzeugt - ich hätte mir mehr Ergebnisse und/oder Überraschungsmomente gewünscht.

Veröffentlicht am 29.01.2018

Liebenswert und lesenswert

Zusammen ist man weniger allein
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Ich habe den Bestseller von Anna Gavalda schon vor ca zehn Jahren gelesen und hatte "Zusammen ist man weniger allein" als gutes Buch in Erinnerung. Jetzt lese ich es nochmals und stelle (wieder) fest, ...

Ich habe den Bestseller von Anna Gavalda schon vor ca zehn Jahren gelesen und hatte "Zusammen ist man weniger allein" als gutes Buch in Erinnerung. Jetzt lese ich es nochmals und stelle (wieder) fest, was für ein liebenswertes, teilweise witziges Buch es doch ist, das vier schrullige, einsame Menschen sehr einfühlsam beschreibt. Erst nach und nach lernen die zwei Frauen und zwei Männer sich kennen, ziehen zusammen und bauen Beziehungen zueinander auf. Die 550 Seiten werden dabei lange Zeit nicht langweilig - nur im letzten Viertel schwächelt es in meinen Augen manchmal ein wenig(!) und hat dann doch ein paar Längen. Ganz kleine Abzüge auch für die extravagante Setzung der Absätze (durch Autorin oder deutschen Verlag?). Sprachlich ist es (im positiven Sinne) besonders und passend. Nur hin und wieder grenzen einige Sätze für mich ans Schwer- bis Unverständliche (durch Autorin oder Übersetzerin?).
Insgesamt ein tolles Buch, das man durchaus mehrmals lesen kann.

Veröffentlicht am 26.01.2018

Ungewöhnliche Geschichte - ungewöhnliche Ich-Erzählerin

Bananama
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Bananama - eine verheißungsvolle Utopie oder nur eine wohlklingende Worthülse?

Die sechsjährige namenlos bleibende Ich-Erzählerin lebt mit ihren Eltern ziemlich isoliert in Bananama, in einem Haus abseits ...

Bananama - eine verheißungsvolle Utopie oder nur eine wohlklingende Worthülse?

Die sechsjährige namenlos bleibende Ich-Erzählerin lebt mit ihren Eltern ziemlich isoliert in Bananama, in einem Haus abseits der umliegenden Dörfer, vermutlich in Österreich. Die Eltern nennen sich "Aussteiger" - was das für sie bedeutet wird nach und nach erklärt, bleibt zu einem weiten Teil aber offen. Die Eltern bleiben in vielfacher Hinsicht undeutlich und widersprüchlich, was umso bemerkenswerter ist, da die Ich-Erzählerin ja die aufgeweckte, klug beobachtende Tochter ist, die die beiden am besten kennen sollte. So ergeben sich im Laufe der Handlung immer kuriosere Situationen - mal zum grinsen, mal zum Kopf schütteln, mal zum fürchten. Gerade in den unheimlichen Situationen fühlt man sehr mit dem jungen Mädchen mit. Es baut sich durch diverse Begebenheiten und Andeutungen eine unheilvolle Spannung auf, die am Ende leider nicht aufgelöst wird.

Das Buch hat mir insgesamt sehr gut gefallen, aber das Ende hätte ich mir weniger offen gewünscht.