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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.11.2017

Anders als erwartet

Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt
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Der Titel und das Cover haben mich gleich angesprochen. Ich erwartete eine etwas abgefahrene, osteuropäische Geschichte. Daran dass der Autor schon seit seiner Jugend in den USA lebt, soll das auch nicht ...

Der Titel und das Cover haben mich gleich angesprochen. Ich erwartete eine etwas abgefahrene, osteuropäische Geschichte. Daran dass der Autor schon seit seiner Jugend in den USA lebt, soll das auch nicht unbedingt scheitern. Es fing auch vielversprechend an: eine ganz schön absurde Geschichte, die in einer sehr nahen Zukunft angesiedelt ist. Tschechien schickt das erste Mal ein Raumschiff los, besetzt mit nur einem Astronauten. Klar, dass der irgendwann spinnt.

Es war aber selten witzig und auch nicht so absurd, locker und abgefahren, wie ich erwartet (gehofft?) hatte. Das Buch von Jaroslav Kalfař ist oft eher nachdenklich und arbeitet zudem die böhmisch-tschechische Geschichte auf: von Jan Hus über die Wende bis zur Jetzt-Zeit. Der Ich-Erzähler arbeitet in der Einsamkeit des Weltalls seine persönliche (Familien-)Geschichte - wenn nicht sogar die jüngere Geschichte seines ganzen Landes - auf. Das ist zwar interessant, wirkt auf mich aber manchmal etwas lang und schwermütig. Verpackt ist das vom Autor (und Übersetzerin) aber in eine flüssige, gut zu lesende Sprache.

Das Buch war nicht schlecht (keinesfalls!), aber ich hatte etwas anderes erwartet und vielleicht auch deshalb hatte das Buch für mich zwischendurch Längen.
Wenn man sich nicht auf eine phantastievolle Raumfahrtgeschichte einstellt, sondern auf eine Aufarbeitung der neueren tschechischen Geschichte, wird man gut und durchaus ungewöhnlich unterhalten.

Veröffentlicht am 27.10.2017

"Und immer wieder sind es dieselben Lieder ..."

Die Toten Hosen - Bis Zum Bitteren Ende- inklusive „Laune der Natur“
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Das Buch umfasst wirklich alle (ALLE!) Songtexte der Hosen - auch z.B. eher unbekannte B-Seiten. Inhaltlich will ich die Texte hier gar nicht weiter bewerten - ich denke, die Zielgruppe weiß, was sie erwartet. ...

Das Buch umfasst wirklich alle (ALLE!) Songtexte der Hosen - auch z.B. eher unbekannte B-Seiten. Inhaltlich will ich die Texte hier gar nicht weiter bewerten - ich denke, die Zielgruppe weiß, was sie erwartet. Es gibt halt sehr gute und auch ein paar schwächere Texte.
Hier sind sie alphabetisch sortiert gesammelt - leider mit Berücksichtigung von der-die-das: das finde ich nicht ganz glücklich, aber nun gut.

Über dem Text stehen für die Musiker, die die Lieder gerne auch nachspielen möchten, jeweils die Akkorde.

Kleiner Wermutstropfen: das sehr kleine Schriftbild. Ich bin kein Experte für Gitarrespielen am Lagerfeuer, aber das stelle ich mir mit diesem Buch recht schwierig vor. Aber natürlich muss man als Hersteller mit den Komponenten Format, Seitenumfang, Inhalt und Schriftgröße jonglieren - anders als mit dieser Umsetzung wäre es wohl nicht möglich gewesen, das Buch halbwegs handlich zu gestalten.

Veröffentlicht am 23.10.2017

Vielschichtiges Debüt

Außer sich
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Viele sehen bei "Außer sich" die Transgender-Thematik im Vordergrund. Für mich ist aber die sowjetisch-jüdische Familiengeschichte, die über vier Generationen hinweg erzählt wird und einen Hauptteil des ...

Viele sehen bei "Außer sich" die Transgender-Thematik im Vordergrund. Für mich ist aber die sowjetisch-jüdische Familiengeschichte, die über vier Generationen hinweg erzählt wird und einen Hauptteil des Romans ausmacht, fast noch interessanter.

Ali(ssa), die einen ähnlichen biografischen Hintergrund wie die Autorin Sasha Marianna Salzmann hat, ist auf der Suche: vordergründig nach dem verschwundenen Zwillingsbruder, im Grunde aber auch nach der eigenen Identität. Das umfasst nicht nur die geschlechtliche Identität, sondern auch den familiären und kulturellen Hintergrund.

Die Geschichte des ersten Teils (ca. Zweidrittel des Buchs) springt zwischen den Zeiten und Personen hin und her ... ebenso in der Erzählperspektive: ist die Geschichte vorwiegend in der dritten Person verfasst, gibt es doch auch Abschnitte, die von einem Ich-Erzähler erzählt werden. Der zweite Teil des Buches konzentriert sich dann auf die Zeit von Ali und Anton in Istanbul: eine rastlose Suche in einem Land im Umbruch. Die Familiengeschichte Alis, ihre Transgender-Identität, das Leben in der Sowjetunion, das Leben als Migrant in Deutschland und die aktuellen Entwicklungen in der Türkei - hieraus ergibt sich ein thematisch vielfältiger Roman.

Erzählt wird das auch sprachlich außergewöhnlich, in einer oft ganz eigenen Grammatik. Teils abenteuerliche Schachtelsätze und immer wieder eingestreute kyrillisch geschriebene russische Worte und Sätze mögen auf den ersten Blick abschrecken - für mich war es aber ein besonderes Leseerlebnis. Bitte nicht irritiert sein, sondern sich einfach darauf einlassen!

Insgesamt ein beeindruckendes, aktuelles Roman-Debüt! Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.10.2017

Gut geschriebene Zukunftsvision

Die Optimierer
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Die Bundesrepublik Europa im Jahr 2052: eine technisierte, vernetzte Realität, in die der Leser mit dem Hauptprotagonisten Samson eintaucht. Ein Leben zwischen Optimalwohlökonomie, bedingungslosem Grundeinkommen, ...

Die Bundesrepublik Europa im Jahr 2052: eine technisierte, vernetzte Realität, in die der Leser mit dem Hauptprotagonisten Samson eintaucht. Ein Leben zwischen Optimalwohlökonomie, bedingungslosem Grundeinkommen, einer Agentur für Lebensberatung und ständiger Überwachung. Samson ist ein enthusiastischer Bürger dieser Welt, der dann aber in einen Abwärtsstrudel gerät, der sein ganzes Leben umkrempelt. Viel mehr möchte ich hier über die Handlung nicht verraten.

Das Leben außerhalb der BEU (der Zusammenschluss einiger weniger europäischer Staaten) wird nur im Nebensatz erwähnt - auch dies wäre sicher spannend, würde aber ein zu großes weiteres Themenfeld öffnen.

Das Buch regt zum Nachdenken an: Wie wird sich unsere aktuelle technisierte, vernetzte Gesellschaft entwickeln? Wo positioniert man sich hierbei selbst? Welche Möglichkeiten für persönliche Entscheidungen gibt es dabei überhaupt noch? Kann es so kommen, wie im Buch beschrieben?

Ein gelungenes Debüt und eine gut geschriebene Zukunftsvision!

Veröffentlicht am 18.10.2017

Wilder, männlicher Westen heute

Der letzte beste Ort
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Callan Wink hat Geschichten von Männern - und einer Frau - im heutigen ländlichen (wilden) Westen der USA geschrieben. Es gibt wiederkehrende Motive, gemeinsam ist auch das Setting in ländlichen Nordwesten ...

Callan Wink hat Geschichten von Männern - und einer Frau - im heutigen ländlichen (wilden) Westen der USA geschrieben. Es gibt wiederkehrende Motive, gemeinsam ist auch das Setting in ländlichen Nordwesten der USA - dem ehemaligen wilden Westen. Das merkt man: Waffen sind selbstverständlich und es treten auch Indianer auf.

Für mich oft ein Einblick in eine fremde Welt. Durchaus lesenswert!